Volltext Seite (XML)
Zweites Blatt. WaM für Mckufs Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis ' vierteljährlich 1 Mk., durch die Post ' bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne i Nummem 10 Pf. ThmM, Uchen. Menlehn md die Umgegenden. Imtsblatt Inserate werden MentagS und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. JnsertionSpreiS 10 Pf. pro dreigespaltene CorpuSzeile. für die Kgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Freitag, den 29. September No. 78 1893. Ein btrechtigtcr Rothlchrei in Sachen -er deutschen Rechtschreibung. Die Klage über niangclhafte Kenntnisse der Schüler in der Rechtschreibung ist eine stehende; dem ortbographischen Unterrichte fehlen zumeist die rechten Erfolge. Und wer trägt die Schuld? Man ist schnell bei der Hand, die Schuld der Schule auszubürden, und doch liegt die Ursache zum allergrößten 2 heile außerhalb des Machtbereichs der Schule. Schon das nnricht'ge und mangelhafte Deutsch, welches vielfach im engsten häuslichen und gesellschaftlichen «erkehrskreise der Schüler herrscht, ist ein gewaltiges Hindernis; zur Erlernung einer richtigen Sprache, und einer fehlerfreien Schrift. Dazu kommt die große Willkür und Unzweckmäßigkeit der deutschen' Rechtschreibung in ihrer jetzigen Form überhaupt; hierher gehört der Gebrauch der großen Anfangsbuchstaben, ferner die willkürliche Berdoppelnng der Konsonanten, so heißt es Ge winn und Gewinnst, spinnen und Gespinst rc. Bald schreibt man mit c, bald mit k, bald mit z, Accord, Akkord, Censur, Zensur — Sekretär, dagegen Affaire, baldschreibtman Brennnessel, Betttuch, Schifffahrt mit drei, bald mit zwei Konsonanten rc. Der hauplsächlichste Grund der mangelnden Erfolge liegt eben in der Verschiedenheit zwischen der Rechtschreibung der Schule und der außeramtlichen Kreise. Nachdem vor ein bis zwei Fahrzehnten die Reformirung der Orthographie Tagesgespräch zweien war und zwar keineswegs nur in pädagogischen Kmsen; die neue Orthographie kam von oben —, ist es all- A/zZ/N^/ZL. Dio unliiNLOildnoto löxpvchjtiov InlUt kivn- 'lunck Lu rockt rmklreivkom ^ou-^liounimont uul clti8 mit llom 1. Oktober bOFinnoncie 4. tjuurtul clo8 Amisbistt kür ciio li^l. ^mt>kiruptmunn8<!k»kt Zivilen, tun ü»8 XzZ. ^mt8xorickt unci cieu 8tucjtintk Lu VVii8«iru1k 8ovio t'i'ir cl»8 si'or-ctrontnmt L» Iknnunclt. V«i l»reitet in «Iv» <d» t8« Irni tv» ?eIttLiaiasbsrA, Lirksnkain, ölanksnstsiQ, Lrnuiasäorf, llurkkarcktswaläs, Osutscksnbora, CroitLsck, 6rum- kacti, IlLlbiAsäorf, blerLo^sevLiäs, Mknäorf, Xaut- kack, Xsssolsfiorf, XIPpkaussn, XisinsckönksrA, Xamporsäarf. Ximback, XotLen, iVIotaoru, ö-lunxi^, XLukircksn, XüutLnnsbsrA, Xiofisrwartkg, Xokrsfiorfl KoilLgck, XotksckonksrA mit ksrias, LLclasUorf, Lckmioctswallls, Lorn, Ltsinback b. Nola., Ltsinback b>. Xsssslschorb. Naubsnksim, t-nicorsdork, Wsistropp, V/ilcidsr^ u. a. O. m. Li« 8lLÜni«^vi« vvoräen von cior untorLoick- nston löxpsciition, von allen kaissrl. Postämtern, cien ürioftiüAsrn und unseren Cesclläktsstsllsn in lisssslsclort (?osta^snt XokI) unä bisrrogZwalclo (Xaulmann sallniollen) jsäsrLsit sntAs^en^snom- men. I'ür auswärts ciurck ciis kost bsLOAen bs- trüAt cier kreis 1 M<. 25 kk., für ciie Ltnät Wils- 6006° ciurck unsere kxpsäition bsLo^su 1 Nk. kür e5nkün(iiAun°;sn aller ^rt ist unser Illatt r»l8 «tu8 > « i < in, K»»i8- zxc i i< Ui8i»v!eii it HVil «Ii »ti von besoullsrer Wirkung; wir llsrecllnen bei sorA- fältiAster ?eusfükrunA fier uns überwiesenen ^ut- trü^s billigste lusertionsprsise unll ^ewübren bei entspreckenäen 'MsäerlloiunAsu llolleu kabatt. LxpsrHiivn «les kmLs- unrl V/ssksrrkSNtzies ^üi' Wilsicknu^L sie. mählich damit ruhiger geworden, nicht etwa, weil inzwischen die Reformation eingetreten ist, nein! weil der Eifer für die Sache erlahmt ist. So haben wir für Sachsen eine behördlich ver ordnete „deutsche Rechtschreibung" bei deren Abfassung zwar die für Bayern und Preußen maßgebenden Rcgelbücher zu Grunde gelegt und zu Rathe gezogen worden sind, die aber auch ge wisse Abweichungen als Reservatrecht in Anspruch nimmt; auch > Oesterreich hat eine besondere deutsche Rechtschreibung. Die ^Kleinstaaten haben sich nun bald dieser, bald jener Orthographie . angeschlossen. Es fehlt uns eben noch eine einheitliche deutsche Rechtschreibung, eine Rechtschreibung, die in allen ihren Theilen, in Haupt- und Nebensachen, in allen deutschen Ländern die gleiche ist. Bei der Verschiedenheit die hier noch herrscht, darf es uns nicht Wunder nehmen, daß die Zeitungen und andere Preßerzeugnisse (wie die Bücher der Volks- und Schüler bibliotheken, Jugendschriften, selbst die Bibel nicht ausgenommen) gewöhnlich die landesübliche Orthographie beibehalten, daß in folge dessen ein Einleben in die sogenannte neue nicht statt finden kann. Ja — tragikomisches Mysterium! — die Be hörden, welche der Schule die neue Orthographie verordnet haben, bedienen sich selbst Veralten, und sogar behördliche Verfügungen, die für die Schule gegeben, Plakate, die in Schulhäusern an gebracht sind und welche die Schüler täglich lesen können, sind in der alten Orthographie geschrieben. Wenn nun auch die Unterschiede zwischen der alten und neuen Rechtschreibung nicht gerade himmelweite sind, so erzeugen sie doch bei dem Schüler Unklarheit und Unsicherheit, zumal die verschiedene Schreibweise gerade bei den vielgebräuchlichen Wörtern uns entgegentritt. Man denke nur an die Wörter Rath, roth, Wirth; ferner die auf ieren, thum, thüm, die inkonsequente Weglassung oder Bei behaltung des Dehnungs-h rc. Wenn nun die Schule noch einen Schritt weiter geht und erwägt, daß sie ihre Schüler nicht für die Schule, sondern fürs Leben erziehen soll, so muß sie die Mühe, die sie gerade auf denjenigen Theil der Rechtschreibung verwendet, welcher sich auf die Ungleichheit der alten und neuen bezieht, als eine Danaiden arbeit' ausehcn. Denn sobald der Schüler in das Leben tritt, kommt ihm eben ausschließlich die alte Rechtschreibung zu Ge sichte, er wird sich ihrer selbst wieder bedienen oder doch mindestens unsicher und inkonsequent werden. Die Arbeit der Schule war also umsonst. In Anbetracht dieser Verhältnisse hat jetzt die Gesammtkonferenz des Lehrerkollegiums der Mannheimer Schulen eine beachtenswerlhe Kundgebung gegen die neue Orthographie erlassen. In den Verhandlungen wurde hervorgehoben, daß mehr als ein volles Jahrzehnt seit der amtlichen Einführung der neuen Orthographie in sämmtlichen Unterrichtsanstalten Deutschlands verflossen sei und noch mangele jeder Erfolg hin sichtlich ihrer Anwendung im praktischen Leben. In den un zähligen Bureaux und Geschäftsstuben unserer Klein- und Groß handels- und Fabrikstädte, wie im gesammten wirthschaftlichen und gewerblichen Leben, sei die neue Schreibweise noch heute in Acht und Bann erklärt. Die Schäden und Mißstände, die sich für die Schule an die Erfolglosigkeit in der angedeuteten Weise knüpften, zeigten sich hauptsächlich nach zwei Richtungen: sie erschwerten zunächst den Unterrichtserfolg während der Schul zeit selbst und machten denselben in seiner Bedeutung und Ver- werthung für das spätere praktische Leben hinfällig. Die Konferenz verlieh der Ueberzeugung Ausdruck, daß ein Zustand auf die Dauer unhaltbar sei, der auf der einen Seite die Schule gesetzlich verpflichtet, etwas zu lehren, was im öffentlichen Leben, auf den Index gesetzt, verfehmt und und geächtet sei. Sie sprach ferner den Wunsch und die Hoffnung aus, daß sich die ganze deutsche Lehrerschaft ihrem Noth- und Hilferuf aus Schule und Leben bereitwillig und kräftig anschließen möge. (Auch die Vertreter der graphischen Gewerbe werden sich diesem Hilfe- rufe gern anschließen.) Wahrheit und Dichtung. Original-Erzählung von Mary Dobson. < Nachdruck verboten.) (Fortsetzung und Schluß.) „Davon hat Otto mir erzählt, doch wie wenig ahnte ich damals, daß er das Ende auch unseres Vaters beschrieb," rief schmerzlich erregt der junge Mann, während in den Augen seiner Schwester Thränen glänzten. „Er kann sich seines Vaters noch erinnern und hat mir auch beschrieben, wie er ihn im Sarge ge sehen. Aber Großmutter, wie hat er nur von uns sich trennen und allein von Dir erziehen lafsen können?" „Du wirst gleich Alles verstehen, Friedrich," erwiderte schmerzlich ergriffen Frau Bornhorst und begann dann die Ge schichte seiner und Magdalena's Eltern zu erzählen, wie sie sich vor Jahren in New-Jork zugetragen. Ihre Enkel hörten ihr mit der größten Aufmerksamkeit zu, in ernstem Schweigen aber saßen Claus Schmidt und seine Gattin da. . Nach einer kurzen, von Niemand unterbrochenen Pause berichtete sie von ihrer Ueber- siedelung mit ihnen nach Deutschland und dem Städtchen, wo bisher ihr Bruder gewohnt und das sie seitdem nicht wieder ver lassen. „Und bat auch unser Vater niemals nach uns geforscht?" konnte, als sie schwieg, Friedrich sich nicht enthalten zu fragen. „Es mag in New-Jork geschehen sein," antwortete Frau Bornhorst, „allein in Deutschland jedenfalls nicht, denn von einer öffentlichen Aufforderung hätten wir gewiß Kunde erhalten!" „Und hast Du nicht die Absicht gehabt, uns je wieder mit ihm zu vereinigen?" fuhr ihr Enkel fort, während Magdalena traurig und nachsinnend dasaß. „Ich wollte dazu einen geeigneten Zeitpunkt abwarten und vor allen Dingen mein Eurer sterbenden Mutter gegebenes Wort halten, erwiderte mit Nachdruck seine Großmutter. „Als Ihr, im siebenten und neunten Jahre stehend, an einem Sonntag 'Nachmittag des Maiinonats mit Euren Gefährten vor unseren Augen spieltet, kam uns der Gedanke, daß es richtiger sei, uns nach Eurem Vater zu erkundigen, defsen Aufenthalt wir nicht einmal kannten, da wir nie den Namen des Gute- in Westfalen erfahren, allein ehe wir noch zu einem bestimmten Entschluß ge langen konnten, kam uns die Hand deü Allmächtigen zu Hilfe - „Wie aber?" unterbrachen voll Spannung die Geschwister. „Durch einen müden Reisenden, der bei Onkel Claus über nachtete," antwortete Frau Bomhorst und erzählte ihren aufmerk sam lauschenden Enkeln in umständiger Weise, was sie durch diefen, der aus Westfalen gekommen, erfahren. Als sie dann hinzuge fügt, daß sie beschlossen, Emer von ihnen solle nach Hau« Grön wohld reisen, um sich selbst von dortigen Verhältnissen zu über zeugen, wandte sie sich mit der Aufforderung an ihren Bruder: „Das Folgende berichte Du, Claus, der Du es selbst er lebt und erfahren — - " „Wie Du meinst, Magdalena," erwiderte ruhig Claus Schmidt, und seinen Blick auf die Geschwister heftend, begann er von seiner Reise noch Westfalen uno seiner Fahrt von dem Städtchen und nach Haus Grönwohld zu erzählen. Bald schilderte er ihnen den Anblick des wie rasend dahin galoppireuden schönen Reitpferdes, welches sein in der Gegend bekannter Kutscher ihm als das ihres Vaters bezeichnete, dann des Thieres Sturz und darauf folgenden Tod, und wie sie in großer Besorgniß um den Reiter gewesen." „Und unser Vater war bereits gestürzt und ebenfalls todt," unterbrach ihn Magda mit stockender Stimme. „Ja, Kind, was wir, als wir unseren Weg fortsetzten, bald erfahren," antwortete ihr Großonkel mit unverkennbarer Bewegung. „Ich sah ihn von seinen Leuten auf ein« mit Matratzen und Decken versehene Bahre und in'« Herrenhaus tragen, wo seine Frau bereit« auf da« Unglück vorbereitet war. Er war, wie ich von dem in Grönwohld wohnenden Wirth er fuhr, allgemein beliebt, und ward sein Tod auch wegen seiner Frau und den beiden kleinen Kindern schmerzlich beklagt. Da ich in der Gegend Holzeintäufe übcmommen, hielt ich mich auf dem Gute nicht lange auf, doch war mein Entschluß, zur Be erdigung Eures Vaters zurückzukommen, und Euch einstmals davon erzählen zu können, " „Und hast Du das gethan, Onkel Claus?" fragte mit tiefer Stimme sein Großneffe, während dessen Schwester ihre Augen trocknete. „Ja Friedrich. Es war mir nicht schwer, den Tag der selben zu erfahren, und ehe noch der Leichenzug mit seinen vielen Begleitern zu Wagen und zu Fuß anlangte, war ich be reits auf dem Kirchhof. Ich sah, wenn auch aus einiger Ent fernung, den Sarg Eures Vaters in da« prächtige Familien grab sinken und blieb als das Leichengefolge sich zurückgezogen, an der offenen Gruft, bis die Todtengräber kamen, sie durch die schwere Steinplatte wieder zu schließen." „In Grönwohld angelangt, erfuhr ich durch den mir schon bekannten Wirth Alles, was ich in Bezug auf da- Gut und die Familie Deines Vaters wissen wollte, und trat dann mit den so unerwarteten Nachrichten die Rückreise hierher an!" Diesem Bericht folgte eine längere Pause, die Magda unterbrach, indem sie, ihre Großmutter durch Thränen an blickend, sagte: „Großmutter, der Tod unseres Vaters hat doch auch Dich gewiß schmerzlich getroffen —" „Das hat er in der That," erwiderte Frau Bornhorst, „obgleich wir erst später erfuhren, aus welcher Veranlassung er im kräftigen Mannesalter um'« Leben gekommen. Sein Tod aber brachte uns bisher nicht erforderlich gewesene Verpflichtungen, denn wir mußten Eure Rechte al« Friedrich Erdmann'S Kinder erster Ehe geltend machen! Den Anordnungen Deines Groß onkels zu Folge bist Du, Friedrich als ältester Sohn Deines Vaters, bei Deiner Mündigkeit der Besitzer von Haus Grön wohld " „Ich ?" fragte überrascht der junge Mann und seine Wangen färbten sich leicht. „Ja, doch sind Deine sämmtlichen Geschwister, wie auch