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02-Abendausgabe Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 05.05.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-18930505020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-1893050502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-1893050502
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1893
-
Monat
1893-05
- Tag 1893-05-05
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Monat
1893-05
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Jahr
1893
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fragte er Engländer giebt zu Schloß Reuth Dein schon gewiß?" fragte den und daß seine Geldtasche, in der sich eine Summe von Ruffus erstaunt. Glaubst Du, ich würde sonst zu Dir darüber reden?! 2000 M. befand, aufgeschnitten und das Geld daraus entwendet den Doktor der Freiherr gebracht, da war. Der Bestohlene stieg sofort aus, um von der Beraubung Anzeige zu erstatten und die Nachforschungen nach dem Räuber aufzunehmen. * Nach Vollendung des 102. Lebensjahres ist in Itzehoe der pensionirte Briefbote Meyer gestorben. Lebenslust, Humor und Appetir verließen den Alten erst kurz vor seinem Tode. Als sein Vater vom Telegraphenamt zurückkehrte, kurz: „Weißt Du, wo Dr. Vogel wohnt?" „Ja, doch kann ich Dir mittheilen, daß sein ihm aufs Neue entflohen ist." „Ah, weil er die Schwester erkannt hat, das übrig, wenn Falkenhagen verloren, da Eigenthum ist." „Bist Du Deiner Sache bei ihr Schlimme vsrbsten. Viele Menschen fühlen sich gerade nicht ernstlich krank, aber auch weit weniger als gesund. Man weiß eben selbst nicht so recht, wo es eigentlich fehlt, dennoch läßt der Gesund heitszustand im Allgemeinen viel zu wünschen übrig. Energie und Thatkraft fehlen, mürrischen Charakters, nervös und aufgeregt, von Kopfschmerzen und ruhelosen Nächten geplagt, launischer Appetit, mangelhafte Verdauung rc. rc. Es sind dies Symptome von Erkrankungen der Leber und Nieren und die Vorboten von ernsten und oft unheilbaren Krankheiten. Es ist deshalb von größter Wichtigkeit, daß, wenn sich oben erwähnte Symptome zeigen, sofort die nkthigen Maßregeln zu treffen, um diese Erkrankungen in der Ent stehung richtig zu behandeln und deren Erweiterungen zu ver hindern. Wenn diese Rathscyläge beherzigt würden, so würden viele chronische Krankheiten und schwere Krankenlager verhütet werden. Nun wird sich Jeder fragen, welche Maßregeln und welche Mittel können als zuverlässig betrachtet werden, um sich gegen solche Gefahren zu schützen? Dieser Frage werden wir gerecht, indem wir Warners Safe Cure als das zuverlässigste und einzige Mittel erwähnen, welches die positive Wirkung besitzt, eine normale Funktion der Leber und Nieren herzustellen und in kurzer Zeit oben erwähnte Krankheitserscheinungen beseitigt. Die vielen Dankesschreiben bieten volle Garantie für die Heilkraft dieses Mittels und berechtigen dessen eindringlichste Empfehlung, wie auch Herr H. Heiterprehn in Sternberg, Mecklenburg schreibt: „Ich habe lange gewartet, ehe ich öffentlich meinen Dank ausspreche, um zu sehen, ob ich auch ganz gesund bleiben würde und ob die Heilung eine permanente ist, worüber ich jetzt die freudige Mittheilung machen kann und daß ich, nächst dem lieben Gott, Warners Safe Cure mein Leben und Gesundheit verdanke. Ich habe vorher verschiedene Aerzte ge braucht, aber ohne ein zufriedenes Resultat erzielt zu haben. „Ich bitte diese Zeilen der Oeffentlichkeit zu übergeben und bin gern bereit jedem Leidenden nähere Auskunft zu ertheilen." Warners Safe Cure ist zu beziehen von den bekannten Apotheken in Wilsdruff und Engel Apotheke in Leipzig. Während dieser aufregenden Vorfälle hatte v. Gräfenreuth seinen Sohn nach dem Bahnhof dieser wirklich mit dem bereits zur Abfahrt fertigen Zuge nach Deutschland zurückkehren sollte. Es war ein Telegramm vom Dr. Rehfeldt an Ruffus gekommen, das ihm von Heidelberg, wo er fürsorglich seine Adresse hinterlassen, nachgesandt worden war. Dieses Telegramm lautete: „Kommen Sie sofort hierher, seltsame Dinge vorgefallen." Bedingung allein heimkehren werde." j „Gut, es soll sein, wie Du es wünschest," sprach der 'Freiherr nicht ohne eine gewisse Herzlichkeit, „es ist mein auf- - (Forts, folgt.) Vermischtes. * Eine offene im Wahnsinn begangene Blutthat macht in Düsseldorf großes Aufsehen. Die Frau eines am Derendorfer Bahnhofe angestellten Bahnwärters wurde vor geraumer Zeit wahnsinnig und mußte deshalb in die Irrenanstalt in Grafen berg gebracht werden. Aus dieser ist sie am Montag voriger Woche als geheilt entlassen worden und ging sofort wieder zu ihrem Manne. Am Dienstag Abend, als dieser zum Nachtdienst gegangen war, ergriff die Frau ein Beil, trennte damit ihren einzigen, vier Jahre alten Söhnchen den Kopf vom Rumpfe, lief dann zur Bahn und ließ sich von dem nächsten Zuge überfahren. Sie wurde buchstäblich in zwei Theile getheilt und war sofort eine Leiche. Man glaubt, daß sie die schaurige That in einem neuen Anfall von Geistesstörung begangen hat. * Der „Pos. Ztg." wird aus Bromberg berichtet: „In Lehrerkreisen und auch darüber hinaus macht die Verfügung eines hiesigen Kreisschulinspektors an die Lehrer seines Jntpek- tionsbezirks viel von sich reden. In dieser Verfügung verlangt der Herr Kreisschulinspektor, welcher Leutnant d. R. ist, daß die Lehrer vor ihm „stramm" stehen. Auch mündlich hat der selbe Herr das „Strammstehen" vor ihm anbefohlen. Ein anverer Kreisschulinspektor des Bezirks fügt den vor ihm erlas senen Verfügungen rc. an die Lehrer neben seine Unterschrift und dem amtlichen Charakter noch seine militärische Charge: „Leutnant der Reserve" bei. Ein Lehrer seines Bezirks ahmte sein Beispiel nach und setzte bei dem Vermerk: „Gelesen" neben seinen Namen ebenfalls auch seinen Charakter: „Gefreiter der Reserve". * In der Nacht zum 24. ds. wurde in der Nähe von Astrachan ein im Schnee stecken gebliebener Bahnzug von einer ungeheuren Schaar hungriger Wölfe angefallen. Sechs russische Reisende, zwei Schaffner und der Heizer, die nicht Zeit ge funden hatten, sich in den Waggons einzuschließen, wurden zerfleischt und aufgefressen. Die gräßlich heulenden Wölfe be lagerten den Zug während der ganzen Nacht. Kurz vor Sonnen aufgang ergriffen sie die Flucht; gegen 20 Wölfe waren von den Schüssen der mit Revolvern versehenen Reisenden ge- tödtet worden. * Eine große Feuersbrunst ist am 27. April in dem Städtchen Kreutzberg nächst Zdiretz in Böhmen beim Kaufmann Wilhelm Still ausgebrochen. Von 190 Häusern sind 141 nebst Neben gebäuden völlig niedergebrannt. Auch viel Vieh ging zugrunde. Hunderte von Menschen sind obdachlos und in größter Nothlage. * Das Brautbouquet. Ein interessanter Prozeß wurde in diesen Tagen in Konitz zu Ende geführt. Ein Lehrer hatte bei einem Gärtner ein Brautbouquet bestellt, welches 7 M. kosten sollte. Da es im Herbste aber wenig Rosen u. s. w. gab, so nahm der Gärtner weiße Georginen dazu. Als der Lehrer seiner Braut das Bouquet überreichte, machte sie ihm die bitter sten Vorwürfe über die Georginen, weil diese Blume für eine Braut zum Kirchgänge eine Beleidigung sei. Der Lehrer schickte das Bouquet sofort zurück und verweigerte die Bezahlung. Der Gärtner verklagte nun den Lehrer. Dieser aber schlug Sach verständige, welche bekundeten, daß die Blume nicht in ein Brautbouquet gehörte, vor. Kläger war mit dem Urtheil nicht zufrieden und legte Berufung ein. Aber auch jetzt lautete das Urtheil dahin, daß die Georgine nicht ins Brautbouquet gehöre. Das Landgericht erkannte demgemäß in zweiter Instanz auf Abweisung der Klage und legte dem Kläger alle Kosten zur Last, welche die Summe von etwa 300 M. erreichten. * Ein Raub ist am Montag auf der Eisenbahnstrecke Halle-Dobrilugk an einem Reisenden ausgeführt worden. Der Reisende kam aus Köln a. Rh. und wollte über Halle nach Bentschen fahren. In Halle gesellte sich zu ihm, der bis da hin allein im Abtheil gesessen hatte, ein Herr, mit dem er sich unterhielt. Bald aber verfiel der Reisende in einen tiefen Schlaf, aus welchem er erst auf Station Dobrilugk wieder erwachte. Hier mußte er nach dem „Cottb. Anz." die unliebsame Ent deckung machen, daß sein unterhaltender Reisegefährte verschwun weil Ruffus jede laute Scene haßte und zu hochmüthig war, um sich vor fremden Ohren eine Blöße zu geben. Aber der Freiherr war leichenblaß und in seinem Gehirn tobten die Worte, des Sohnes, als er diesen zum Bahnhofe begleitete. Bevor er das Billet gelöst, hielt ihn Ruffus zurück. „Halt," sprach er, „ich habe mich anders besonnen. Te- legraphire an Deinen Helfershelfer, daß wir beide mit dem nächsten Zuge kommen werden. Ich reise nicht ohne Dich." Der Freiherr fuhr erschreckt zurück, seine Augen irrten unstät umher. „Was soll das nun wieder?" fragte er rauh. — „Es ist Dein Erbe, was auf dem Spiele steht, willst Du uns beide zu Bettlern machen ? Ich kann die Millionen der Engländerin gewinnen, und muß deshalb hier bleiben, auch Deinethalben, mein Sohn!" setzte er heuchlerisch hinzu. Ruffus lachte verächtlich. „Spare Deine Künste mir ge genüber, ich denke, wir beide brauchen keine Masken. Hätte ich nur Bestimmtheit, der Schuft von Advokat konnte sich klarer ausdrücken." Ruffus blickte finster grübelnd vor sich hin. „Es kommt auf einige Stunden früher oder später nicht an," sagte er plötzlich entschlossen. „Ich will Dich nicht um die Millionen bringen, Papa — telegraphire, daß ich hier bin und noch heute abteisen werde. Der Freiherr athmete erleichtert auf, und beeilte sich, die Depesche aufzugeben, hütete sich jedoch, seine eigene Anwesenheit darin zu verrathen. Ruffus hatte in kalter Ueberlegung seine Berechnungen bereits gemacht. Daß der Vater über die Zerrüttung des Odensteinschen Erbes die volle Wahrheit gesprochen, bezweifelte er nicht, doch war er eben so fest davon überzeugt, daß der Mitvormund sich am besten dabei versorgt habe, und daß dieser deßhalb vors Brett gezogen werden müsse. Auch mtt dem Testament mußte es seine Richtigkeit haben, es war immerhin der Mühe werth, sich die Erbin, welche aus guter Familie war, anzusehen. Dann hatte er, Ruffus Gräfenreuth, ein volles Recht, den Advokaten zur Rechenschaft zu ziehen. Dec Vater war ein Narr, ein solches Gut wie Falkenhagen verloren zu geben, es war ja gar nicht umzubringen. Freilich Paris — Monte Carlo — die Spielhöllen konnten Millionen ver schlingen. Ruffus stampfte mit dem Fuße, hatte aber auch sofort seinen Plan gemacht und demgemäß zu handeln beschlossen. hinausgeleitend. Vierundzwanzigstes Capitel. Selbstsucht und Leidenschaft. „Von dem Engländer Drummond? Ja, Herr Doktor, von ihm weiß ich bestimmt, daß er todt ist." Graf Braunitz sprach diese Worte langsam und mit starker Betonung. Dr. Vogel erhob sich bestürzt, sein Gesicht war blaß geworden, und die Stimme zitterte merklich, als er um eine nähere Erklärung dieser Worte bat. „Nun, die Erklärung ist sehr einfach," sagte der Graf, „jener Mr. Drummond wars, welcher sich vor sieben Jahren auf dem Abhang des Monto Mono bei Nervi erschoß und dann als Graf Magnus Odenstein in der Ahnengruft zu Falkenhagen beigesetzt worden ist." Dr. Vogel starrte den Grafen vollständig verblüfft an, das Gefühl der Einladung eines Wahnsinnigen gefolgt zu sein, erfüllte ihn mit einem unbestimmten Schrecken, zumal der Graf die Thür, wie er sich erinnerte, mit Berechnung verschlossen hatte, Braunitz errieth seine Angst und lächelte. „Natürlich halten Sie mich für verrückt, Herr Doktor!" sagte er ruhig, „kanns Ihnen ja nicht verdenken, obgleich ich es nicht fasse, wie Sie den jungen Odenstein, Ihren einstigen Zögling, der Ihnen vor Allen doch genau bekannt sein mußte in seinen Ge wohnheiten und Eigenthümlichkeiten, für jenen Engländer haben halten können." „Aber, Herr Graf!" rief Vogel verwirrt. „Sie sprechen doch nicht im Ernst? Wollen Sie mir zumuthen, ein solches Märchen zu glauben?" „Lassen Sie sich dieses Märchen kurz erzählen, Herr Doktor!" Der Graf berührte ohne Ausschmückung in der knappsten Weise die Vorgeschichte jenes Dramas, und berichtete dann ebenso kurz die darauf folgenden Thatsachen. „Ich hielt ihn bei unserer Begegnung im Urwald für Graf Odenstein," setzte er hinzu, „und konnte mich nur schwer von meinem vermeintlichen Jrrthum überzeugen. Als er jedoch fort während behauptete, ein Mr. Mond zu sein, da wäre es doch am Ende eine Beleidigung gewesen, sein Wort zu bezweifeln. Hier in Wien, wo der Zufall uns wieder zusammenführte, als er auf der Flucht vor seiner Pseudoschwester sich befand, und sich jeder Ausweg aus diesem jammervollen Zwiespielt vor dem Unglücklichen zu verschließen schien, öffnete er mir sein Herz, und ich, der einen ziemlichen Schatz an Menschenkenntniß ein gesammelt, ich, Herr Doktor, glaubte ihm aufs Wort, obwohl ich ihren Engländer nie gesehen habe." Dr. Vogel blieb nach diesen Eröffnungen einige Minuten wie betäubt sitzen, und strich sich mehrere Male über die Stirn, um seine Gedanken zu ordnen. „Er ist also hier im Schloß, Herr Graf!" fragte er endlich, tief athmend. „Augenblicklich sitzt er im Pavillon meines Parks neben seiner alten Freundin, Fräulein Luisa v. Erminger, welche ihn sofort als ihren Magnus erkannt", erwiderte Braunitz lächelnd. „Großer Gott, auch sie ist hier? Es scheinen sich also augenblicklich alle Mispieler in dem Odensteinschen Drama in Wien ein Stelldichein gegeben zu haben, da außer der Miß Drumond auch Baron Gräfenreuth und sein Sohn sich hier in der Stadt befinden." „Was mag denn die Beiden hierher geführt haben?" fragte der Graf überrascht. „Ich glaube ein Brief der Engländerin, welche, durch einen Bekannten von der Ankunft ihres Bruders in Kenntniß gesetzt, den Beistand des Freiherrn zu seiner Auffindung in Anspruch genommen hat. Mich wundert, daß der stolze Edelmann einer solchen Bitte abseiten jener englischen Cityprinzen so rasch Ge hör gegeben hat." — „Ja, das wundert mich selbst," bemerkte Braunitz kopf schüttelnd. Sie ist wohl sehr reich?" „Mehrfache Millionärin, und durch ihres Bruders Tod doppelt oder gar dreifach so reich." „Nun, dann ist die Sache erklärlich", sagte der Graf lachend, „Gräfenreuth wird mit Falkenhagen bereits aufgeräumt haben und die Cityprinzessin begehrenswerth finden. Es wäre niir übrigens lieb, wenn Onkel und Neffe nicht zusammen träfen, obwohl ich Lust hätte, dem würdigen Freiherrn sowohl, wie seinem hoffnungsvollen Sohne eine Lektion mit der Reit peitsche zu geben." „Verdient hätten Beide es schon, Herr Graf!" erwiderte der Doktor, „doch vernünftiger ists jedenfalls, sich nicht daran zu besudeln. Auch wird Herr Ruffus bereits auf dem Heim wege sich befinden, da er, wie ich zufällig von Miß Drummond erfuhr, ein Telegramm erhalten hat, das ihn sofort nach Hause berief. Jetzt aber werde ich mich zu meiner Engländerin fahren lassen," setzte er, sich erhebend hinzu, „um ihr die wundersame Mittheilung zu machen und sie mit Ihrer Erlaubniß hierher zu bringen. „Thun Sie das, Herr Doktor!" sprach der Graf, ihm die Hand reichend, „mag die Miß sich selber überzeugen, ob es ihr Bruder ist." „Ach", seufzte Dr. Vogel, „mir fällts jetzt wie Schuppen von den Augen, wie konnte ich so blind sein! Mr. Drummond besaß hellbraunes Haar, wie ich mich jetzt deutlich erinnere und ausgeprägte Citymanieren, während Graf Odenstein mit seinem goldblonden Haar und der vornehmen Haltung und Gesinnung selbst noch als Kunstreiter ein Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle blieb. Das blonde Haar fiel mir allerdings gleich auf, doch glaubte ich naiv genug, es sei durch den Klimawechsel und das viele Umherstreifen in der Sonnengluth des amerikanischen Südens gebleicht worden, während ich die vortbeilhafte Um wandlung seiner Manieren auf Rechnung der Zeit und Um stände setzte. Eine Frau sieht schärfer in solchen Dingen. Uebrigens freut's mich doch, daß Graf Magnus am Leben ge ¬ blieben ist, anstatt jenes spleenigen Mr. Richard Drummond. „Mich ebenfalls", sagte Graf Braunitz, Eben deshalb wäre es mir lieb, wenn Du allein reisen würdest, mein Sohn! Die Rechnungsablage möchte ich dem Advokaten allein überlassen." „Der nicht verabsäumen wird, Dir alles aufzubürden und unseren Namen an den Pranger zu stellen," sprach Ruffus finster. „Ich begreife, daß die einzige Möglichkeit, mir mein Vermögen zu sichern, in einer Heirath mit dieser Erbin liegt, weil das Gericht sich nicht lange bedenken würde, mir nicht allein Schloß Reuth zu nehmen, sondern auch, wenn das nicht genug wäre, mein mütterliches Erbe dazu. In der That, Papa, Du bist ein Virtuose im Verschwenden, Miß Drummond ist zu gratuliren!" Als der Freiherr auf diesen Ausfall Nichts erwiderte, fuhr Ruffus mit seiner harten Stimme fort: „Ich hoffe, Du wirst jetzt nicht mehr Hinterm Berge damit halten, wem von uns beiden Falkenhagen eigentlich zugekommen wäre, mir oder Dir?" „Von Rechtswegen Dir," versetzte der Freiherr ohne Zögern, „weil das Erbe von mütterlicher Seite herrührte. Allerdings kam auch mir ein gewisser Antheil zu, der Haupt erbe aber konntest nur Du sein. Ich habe nie meinen klugen Sohn begreifen können, der schon in dem mir zur Seite ge setzten Mitvormund die gesetzliche Bestimmung hätte erkennen müssen. Ist Dir bei Deinen Studien niemals ein Licht darüber aufgegangen?" Ruffus biß sich auf die Lippen. Er ärgerte sich, daß er, der sich fast an alle Wissenschaften herangewagt, nur bas Korpus juris ungenießbar gefunden hatte. „Wenn wir endlich einmal ein deutsches Reichsgesetzbuch erhalten, wird auch das Erbrecht Klarheit bekommen," sagte er nach einer Weile. „Gut, also, dann sitze ich ja richtig vor dem Reste mit Vermögen und Ehre. Wenn ich die Erbin heirathe, mein theurer Papa!" setzte er mit beißendem Hohn hinzu, „dann wirst Du mir nach Deiner Millionenheirath einen anständigen Ersatz für mein von Dir vergeudetes Erbe geben müssen." „Daran habe ich schon selber gedacht," erwiderte Gräfenreuth rasch. „Ich gebe Dir mein Wort —" „Eine Verschreibung ziehe ich vor," fiel Ruffus ein, „wir wollen das vor meiner Abreise noch ordnen, da ich nur unter dieser Als Ruffus ihn erstaunt angeblickt, hatte er Dinge hören richtigster Wunsch, Dich zufrieden zu stellen, müssen, die den jungen Mann mit Entsetzen und grimmiger Wuth erfüllt und ihn jede Rücksicht gegen den Vater hatte . vergessen lassen. Es war zwischen ihnen nicht laut hergegangen, „Das Testament," hatte der Freiherr erblassend ausge-, rufen, „Du mußt auf der Stelle heim, wenn Du Schloß' Reuth retten willst." denken." Ruffus verließ jnach diesen Worten den Bahnhof, von dem Freiherrn gefolgt. „Du willst also die Erminger besuchen, Papa?" fuhr er, rasch weiterschreitend, fort. „Es ist zwecklos, mein Sohn," erwiderte Gräfenreuth achselzuckend, „da Du von jener Verbindung nichts wissen willst" „Freilich, darin stimme ich Dir bei," bemerkte Ruffus nachlässig, „doch könnte es nicht schaden, sich die vermeintliche! Erbin einmal anzusehen, zumal ein Besuch der alten Schachtel uns den genügenden Vorwand dazu geben könnte." Der Freiherr blickte seinen Sohn prüfend an. Er glaubte also jetzt an das Testament und wollte sich die Erbin sichern,' wenn der kluge Ruffus nur etwas hübscher gewesen wäre.! Doch gleichviel, er war keck und verwegen und mußte deshalb nach Göthes Wort sein Glück bei den Frauen machen. „Noch eins, Papa!" begann Ruffus nach einer Weile, „bist Du zu einer Heirath mit der Engländerin entschlossen?" „Ich denke wohl, mein Sohn, was bleibt mir anders
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