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Zweites Blatt. TharM Wu, Sikbenlehli md die Umgegenden. Imtsblnlt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne ! Nummern 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommm. JnsertionsvreiS 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. No. 22. Freitag, den 17. März 1893. LandwirUchaftttches. Die Hühnerzucht in -er Landwirthschaft. Obwohl ich schon oft gesonnen war, meine Erfahrungen in der Geflügelzucht weiteren Kreisen milzutheilen, so hat es mir aber immer widerstrebt, von mir selbst zu sprechen. Ich bin Landwirth und verkehre täglich mit Kollegen meines Berufs. Das Bekannlsein meiner langjährigen Thätigkeit' in der Ge flügelzucht führt in gesellschaftlichen Kreisen oft auch das Ge spräch auf die Geflügelzucht. Dadurch ist es mir zur Gewiß heit geworden, daß kaum 10 Prozent der Herren Landwirthe sich um die Geflügelzucht kümmern, zu 90 Prozent liegt diese bei dem Landwirth der Hausfrau ob. Nach den von mir bis jetzt gemachten Erfahrungen bin ich zu dem Entschlusse gekommen, daß ein gutes Legehuhn in der Landwirthschaft die erste Nolle spielt. Auf dem Ritter- gute, im Bauernhof und bei dem kleinen Wirthschaftsbesitzer wird das Huhn nur zur Eierproduktion geha'ten. . Seit Anfang der 70er Jahre betreibe ich die Hühnerzucht. Meine Hübnerhöfe hatten oft 300 bis 500 Stück aufzuweiscn. Ich kaufte " mir 1875 einen Stamm Minorka. Diese Hühner stellten mich sehr zufrieden, denn sic legten das ganze Jahr hindurch. Im Jahre 1876 kaufte ich noch einen Stamm reb- huhnsarbiger Italiener, welche sich ebenfalls als gute Leger er wiesen, nur waren die Eier nicht so groß wie die der Minorka! Um beide Rassen getrennt zu halten, wurden die Italiener auf das Beigut gebracht. Die Rassen wurden rein gezüchtet. Die Italiener waren bereits nach 5 Monaten legereif und schon im September und Anfang Oktober singen die jungen Jlaliener- hennen an zu legen. Die Minorka, obgleich diese gleichzeitig mit den Italienern ausgebrütet waren, begannen aber erst Ende November und Dezember. Auch waren die Italiener den Minorkas den ganzen Winter hindurch überlegen, denn sobald einigermaßen Kälte kintrat, war d'e Legefähigkeit der Minorka zu Ende, während die Italiener weiter legten, wenn nicht ganz große Kälte herrschte und diese längere Zeit hindurch anhielt. Ich züchtete beide Rassen bis zum Jahre 1879 fort und er gaben die Beobachtungen immer das gleiche Resultat. Im letztgenannten Jahre war die Pachtung des Gutes zu Ende. Noch ohne Besitz, mußte ich auch meinen ganzen Hühnerbestand verkaufen. So wurden die Hühner in und außer dem Ort verbreitet und fanden schon zu dieser Zeit besonders die Italiener ihrer guten Wintcrlegefähigkeit halber große Anerkennung und wurden sehr gesucht. Nach Ankauf meines jetzigen Besitzes und als Geflügel freund und Mitglied des Freiberger Geflügelzüchtervereins wurden auch wieder Rassehühner angeschafft. Da ich nun einmal eine besondere Vorliebe für Italiener hatte, stellte ich einen größeren Stamm dieser Rasse ein und gab Bruteier und junge Thiere davon- ab. Im Jahre 1881 wurden größere Umzäunungen und Stallungen hergestellt, um auch andere Rassen anzuschaffen und betreffs ihres wirlhschaftlichen Werthes zu prüfen. So habe ich in den 80er Jahren alle Rassen, welche mir als gute Leghühner bekannt wurden, als: Minorka, Spanier, Ramelö- H°udan, Laflecbe, Hamburger, Brabanter und Paduaner auch gekreuzt. Aber keine dieser Rassen wobl Beachtung gefunden, wie die Italiener, ob- " Bruteier der genannten Rassen gratis ab- uute Italiener Freiberger Bezirk sind allenthalben u ^lOOO Stück verbreitet. Trotzdem ich einige Jahre b« Restellunaen ^tte, konnte ich doch nicht immer ? ^nge Jlalienerhühner, sowie Italiener Bruteie ' - ist daraus zu ersehen, daß bei dem Landwirth E nach guten Legehühnern ein Verlangen vorhanden 'st und selbige ""ch gern gekauft werden, wenn diese zu einem billigen Preis zu haben sind. (Gut und billig w,rd sich nicht immer vereinbaren lassen denn wer z. B. -inen guten Zucht stamm haben will, wird auch einen höheren Preis dafür an legen müssen. Deshalb kommt eben die Geflügelzucht auf dem Lande noch nicht recht vorwärts, weil sich der Landwirth bei der ersten Anschaffung zu sehr an das Billige hält. D. Red.) Ich errichtete im Jahre 1884 in Freiberg eine Bruteierver- kaufSstelle, welche immer stark in Anspruch genommen worden ist. Wer die Zucht der Italiener Hühner betreibt, — diesen einen guten Winterstall beschafft und das Futter rationell zu sammenstellt, der wird keine Ursache haben, mit dieser Rasse unzufrieden zu sein, denn sie ist gegen jede Aufmerksamkeit, die ihnen zu thcil wird, dankbar durch die große Legethätigkeit. Es ist aber nicht gut gcthan, ein Italiener Huhn länger als 3 Legeperioden zu benutzen. Noch bevor die Hühner die Zweite beziehentlich dritte Legeperiode beendet haben und in die Mauser übergehen, werden diese geschlachtet oder zum Schlachten verkauft. Die beste Zeit zu dieser Ausmusterung sind die Monate August und September, in diesen Monaten werden die Hühner auch gerne gekauft. Der Preis ist hier 1,80 bis 2 Mark, das Gewicht einer 2jährigen Henne gewöhnlich 2 Kilo. In den letzten Jahren habe ich auch Kreuzungen mit Langshanhenne und Jtalienerhahn vorgenommen. Ich hatte hierbei die Absicht, Bruthennen zu erzielen, welche eine größere Legefähigkeit besitzen, als die von mir zu diesem Zwecke ge haltenen Langshanhennen. Ich habe auch meinen Zweck voll ständig erreicht, denn die Resultate sind sehr zu gunsten dieser Hühner ausgefallen; sie legen anhaltend und brüten sehr zeitig, so daß man gut zwei Bruten im Jahre haben kann, ohne in den Spätsommer hineinzukommen. Im Jahre 1892 habe ich auch Langshanhahn mit Minorka- und rebhuhnfarbigen Jtalicnerhennen gekreuzt. Die Kreuzungs hühner von den Italienern haben seit November, die der Minorka seit Mitte Dezember ununterbrochen gut gelegt. Die Eier beider Kreuzungen zeigen keinen wesentlichen Unterschied. Ich bin gesonnen, die verschiedenen Ergebnisse meiner Kreuzungen auf der Verbandsausstellung in Wolkenstein in Stämmen ausznstellen. Bei Vornahme meiner Kreuzung habe ich nur die besten Legehennen verwendet, auch ist die Kreuzung immer erst nach der Reinzucht vorgenommen worden, was leider sich mitunter an der Entwickelung der Kreuzungsprodukte gerächt hat. Ich will nur noch bemerken, das dies, was ich hier ge sagt habe, nur auf unsere Gebirge sich bezieht. Auch ist wohl noch kein Versuch hier gemacht worden, die Hühnerzucht in Hinsicht auf Fleischproduktion auszunützen, denn mein Streben zielte bisher nur dabin, gute Legehühner zu schaffen, wonach hier das Verlangen stets nur gewesen ist. Alle meine Kreuzungen, welche ich mit vorstehenden Rassen vorgenommcn habe, waren nicht imstande, das reinrassige Jtalienerhuhn zu verdrängen. Ein Versuch mit einer Zuchtstation des Landesverbandes wäre in diesem Bezirk gewiß am Platze. Lichtenberg, den 3I. Januar 1893. A. Barthel, Gutsbesitzer. Der letzte Odenstein. Originalroman von Henrik Westerström. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Jetzt kam cs vor allen Dingen nur darauf an, ungesehen nach Hause zu kommen. Nach Hause! — Krause schauderte bei diesem Gedanken zusammen, doch mußte er unter allen Umständen heimkehrcn. Er raffte sich also auf und trat auf die Straße, welche still und völlig menschenleer erschien. Sich an den Häusern hin brückend, im Schutze der Dunkelheit, gelangte er endlich nach seiner Höhle. Seine zitternden Hände suchten in allen Taschen nach dem Schlüssel, sollte er ihn zum ersten Male vergessen haben? Das wäre ja geradezu ein hohnvolles Verhängniß! Nein, gottlob, da war das alte rostige Möbel, welches er jetzt mit einer Art Zärtlichkeit handhabte. Geräuschlos trat ersetzt ein und ebense unhörbar verschloß er die Thür von innen wieder. Seine Frau schlief bereits, wie er aus den fürchterlichen Schnarchtönen entnehmen konnte; jedenfalls hatte die Gute einen tüchtigen Schlaftrunk zu sich genommen. Eine Schachtel Zünohölzchen aus der Westentasche herausziehend, suchte er Licht zu machen, was ihm erst nach verschiedenen vergeblichen Ver suchen gelang. „Wie die Hände mir zittern," murmelte er zornig, „Hols der Henker, ich glaube, die Geschichte hat mich wohl gar noch nervös gemacht!" Er zog eine alte Tombackuhr aus der Tasche und horchte. Draußen schlugs vom Thurm, es mußte wohl halb zwölf sein; seine Uhr ging zu früh, er zog sie auf und stellte sie dann zurück. Die Frau redete jetzt im Schlafe lallende Töne, ab scheulich heiser klingend. Krause trat an ein primitives Lager und schüttelte sie am Arm. „Was fehlt Dir, Martha?" Sie schlug die Augen auf und schaute wirr um sich. „Trinken!" rief sie. „Ihr erstes und letztes Wort am Tage und in der Nacht," murmelte Krause, böhnisch lachend. „Bist zu früh ins Bett gegangen," setzte er mit starker Stimme hinzu. Martha schien sich zu ermuntern. „Bist du endlich wieder einmal da, Du alter Saufaus, häßliches Borstenthier?" knurrte sie, sich mühsam von ihrem Lager erhebend. „Ein netter Empfang, wenn man sich draußen den ganzen Taz müde gequält hat," sagte Krause, den Rock ausziehend und auf sein Bett legend, „mein Himmel, es ist eben zehn vorbei. Horch, draußen schlägt noch die Glocke von St. Annen, welche regelmäßig fünf Minuten nachhinkt." „Weiter ists noch nicht?" fragte die Frau, verwundert nach den Glockenschlägen horchend. „Dummes Zeug, ich ging um neun Uhr zu Bett, da bin ich um zehn gar nicht zu wecken." „Freilich, lachte der Gatte, „je nachdem der Schlaftrunk ist, Alte! — wirst deshalb wohl schon vor acht Uhr ins Nest gekrochen sein, wozu denn auch Licht verbrennen, ich kenne deine Sparsamkeit." „Willst Du mich utzcn, Mann? Zeig Deine Uhr her, will doch wissen, ob der gelehrte Rechtsverdreher micy wieder mal zum Besten hat." Bereitwilligst ergriff Krause Uhr und Licht, und Martha überzeugte sich, daß er Recht, die Thurmuhr soeben zehn ge schlagen hatte. „Hast Du nichts mitgebracht, Theo?" fragte sie besänftigt. „Ich habe einen gottlosen Durst." Krause setzte das Licht auf den Tisch, hing die Uhr über sein Bett auf und griff nach seinem Rock, aus welchem er eine kleine Flasche zog. „Etwas Feines," sagte er, ein Schnaps glas halb füllend. „Gieß es nur ganz voll," krächzte sie zornig, warum hast Du denn bloß so einen Fingerhut voll davon mitgebracht?" „Weil eS theuer und dies Fläschchen ein Präsent ist. Siehst Du, wie gut ich bin! Hätte den Tropfen für mich allein behalten können. Es ist echter Benediktiner!" Erreichte ihr das gefüllte Glas, welches sic zögernd rrgriff. „Weshalb trinkst Du es nicht allein?" fragte sie, ihn starr anblickend. „Es ist Gift, was? — Du willst mich wohl um bringen ?" Krause fuhr zusammen. „Tolles Weib!" sprach er nun zornig, wenn ich frei sein wollte, gäbe es für mich andere Wege. „Hast von mir nichts zu fürchten. Dich bringt ein anderer Feind um, der Fusel!" „Ach, vor dem ist mir nicht bange," knurrte sie mit einem heiseren Lachen, „aber trink mir doch lieber zu, mein Schatz! - " Krause nahm das dargereichtc Glas und leerte es in einem Zuge. „Bist Du nun beruhigt?" „Das bin ich, Schatz, gieb mir den Rest von dem Zeug, ich sehe, daß es Dir geschmeckt hat und kein Gift ist." Sie riß ihm gierig das Fläschchen aus der Hand und leerte es bis aus den letzten Tropfen. „Mehr davon, was soll ein Finger hut voll?" „Na, Martha, schlaf jetzt nur wieder ein," redete Krause ihr zu, „ich habe Dir den Gefallen gethan, wollte den guten Tropfen eigentlich auf morgen zum Frühstück ausbewahren, aber nun ists ja auch gleich. Gute Nacht!" Er machte sich noch mit seinem Rock zu schaffen, aus welchem er das Testament nahm. Als er merkte, daß seine Frau eingeschlafen war, stellte er rasch die Uhr wieder richtig, überflog das Dokument und steckte es dann in eine Blechkapsel, welche er sorgfältig verschloß. Auch er hatte für dergleichen Geheimnisse ein Versteck so gut wie der kleine Kitt, nur mit dem Unterschiede, daß er allein darum wußte und selbst seine Frau keine Ahnung davon hatte. Noch einmal überzeugte er sich von ihrem Schlaf. Dann schob er geräuschlos seine Bett stelle zur Seite, bückte sich und nahm ganz unten einen Stein aus der Mauer. Eine Oeffnung wurde sichtbar, welche ganz bequem die Blechkapfel aufnehmen konnte. Nachdem er diese hineingelegt und den Stein wieder kunstgerecht in die Mauer eingefügt hatte, löschte er das Licht und begab sich zur Ruhe. Vierzehntes Kapitel. Die neue Rolle. An demselben Abend, wo die entsetzlichen Verbrechen in dem Kittschen Keller begangen wurden, betrat Herr Alois Büttner mit dem ganzen Sclbstbewußtsein eines Mannes, welcher mit der tadellosen Haltung und dem Aeußern eine- GentlemanS sich selbstbewußt zur guten Gesellschaft zählen durfte, den Spcisesaal des Hotels „Zum Deutschen Adler", woselbst er Wohnung genommen hatte. Den goldenen Klemmer mit einer nachlässig genialen Be wegung auf die Nase werfend, musterte er die Anwesenden und nahm dann, sich die Speisekarte geben lassend, an einem Seitentischc Platz. In diesem Augenblicke betraten mehrere Herren den Saal, welche lachend und scherzend ein Souper bestellten. „Wo Rehfeldt nur bleibt?" bemerkte einer von ihnen, „er ist mir noch Genugthuung schuldig, hatte gestern ganz scheuß liches Pech."