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Erstes Blatt. WocheMM für Wilsdruff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post ' bezogen 1 ML 25 Pf. — Einzelne i Nummem 10 Pf. TharM Men, Mkillkhn und die Umgegenden. Imtsölull Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Kgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 20. Freitag^den 10. März 18S3. V-kanntinaehung, die Zurückstellung vou Maunschafte« der Reserve, Marinereserve, Landwehr, Seewehr, Ersatz- reservc «nd Marine-Ersatzreserve, sowie von ausgebildeten Landfturmpflichtigen des zweiten Attsgebotes Wege» häuslicher oder gewerblicher Verhältnisse betreffend. Die Königliche Ersatz-Commission des Aushebungsbezirkes Nossen wird im Anschlusse an das diesjährige Musterungsgeschäft über etwaige Anträge von Militärpflichtigen der in der Ueberschrift bezeichneten Gattungen auf Zurückstellung wegen ibrer häuslichen, gewerblichen und Familienverhältnisse Montag, den 20. März dieses Jahres, Vormittags 10's Uhr, im Gasthofe „zum Deutschen Haus" in Nsssen Entschließung fassen. Alle diese Mannschaften, welche auf Grund von § 122 der Deutschen Wehr-Ordnung vom 22. November 1888 (S. 752 des Gesetz- und Verordnungsblattes vom Jahre 1888) auf Zurückstellung wegen vorgedachter Verhältnisse Anspruch erheben zu können glauben, haben ihre Gesuche unter Beifügung ihrer Militärpapiere bei dem Stadtrathe resp. Gemeindevorstande ihres Aufenthaltsortes anzubringen. Von diesem sind die fraglichen Gesuche zu prüfen und darüber spätestens bis zum 18. dieses Monats eine Nachweisung anher einzureichen, aus der nicht nur die militärischen, bürgerlichen und Vermögensvcrhältnisse der Bittsteller, sondern auch die obwaltenden besonderen Umstände ersichtlich sind, durch welche eine zeitweise Zurückstellung bedingt werden kann. Die Reclamanten haben in dem anberaumten Termine zur Eröffnung der Entscheidungen auf ihre Gesuche persönlich zu erscheinen. Meißen, am 6. März 1893. Dev Civil-Borsitzende der Königlichen Ersatz-Commission des Aushebungsbezirkes Nossen. v. Airchbuch. Tagesgerichte. Das deutsche Kaiserpaar gedenkt den Festlichkeiten des am 22. April bevorstehenden silbernen Hochzeits-Ju- bilaums des Königs Humbert und der Königin Margarita von Italien beizuwohnen. Die Theilnahme der kaiserlichen Majestäten an dieser Jubelfeier des italienischen Herrscherpaares würde aufs Neue von den herzlichsten Beziehungen zwischen dem deutschen Kaiserhause und der italienischen Kö nigsfamilie Zeugniß ablegen. Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt einen Aufsatz des sächsischen Landwirthes Fritz Arndt-Oberwartha, der die Frage, ob die deutsche Landwirthschaft in den Stand gesetzt werden könne, den einheimischen Bedarf zu decken, bejaht. Herr Arndt kommt, was die Handelspolitik betrifft, zu folgendem Schluffe: „So lange die Getreidepreise so niedrig sind, daß wir oft unsere Produkte unter unserem Selbstkostenpreise ver kaufen müssen, so lange wird der fehlende Bedarf Deutschlands an Brvtkorn von außen her durch billigere Einfuhr gedeckt werden und gedeckt werden müssen. Die aus den niedrigen Getreidepreisen hervorgchende Unfähigkeit unserer Landwirthschaft, unsren vollständigen Bedarf an Brotfrucht selbst zu decken, wird durch Minderung der Getreidezölle naturgemäß eine immer größere. Man mache von unserem Standpunkte aus Handels verträge, so viel man wolle, lasse aber unserem Berufe, den wir als eine der sichersten Grundlagen eines Staates auffassen, zum mindesten die bisherigen mäßigen Getreidezölle, ohne daß ich hierbei verneinen möchte, daß der Weltmarkt unter Umständen nicht ihre Wirkung abzuschwächen oder gar ganz aufzuheben vermöge, denn wir haben bei hohen Zöllen die billigsten und bei niedrigeren Zöllen sehr hohe Getreideprcise gehabt. Bei -oEunheilnng der Wirkung der Zölle wird seitens der Gegner derselben aber das Moment häufig übersehen, daß sie nicht blos dire.t vermögen, unsere Produkte uns etwas höher verkaufen zu lassen, sondern auch, daß sie im stände sind, das massenhafte Angebot einer Waare zu verhindern, das selbst die billigsten Preise wecker drückt und die betreffenden Märkte noch flauer macht. Also, vermögen die Zölle auch nicht immer gegen die allgemeine Tendenz des Weltmarktes für Getreide hinsichtlich der Preisbildung anzukämpfen, so scheint es doch klar zu sein, daß dem Auslande es um den Zollbetrag unmöglich gemacht ist, billiger zu verkaufen und der Importeur gezwungen ist, um denselben Zollbetrag theurer einkaufen zu müssen. Hierin liegt eine indirekte Hilst für uns, wenn auch noch keine große. Jedenfalls müssen wir aber ehrlich sein und dem Grafen Caprivi aeaenüber uns für verpflichtet halten, daß er entgegen dem An stürme der Sozialdemokratie und des Freisinns angesichts der hohen Kartoffel- und Roggenprelse des vorigen Jahres uns einen Tbeil der Zölle überhaupt noch rettet- und w,r dürfen di- ^stm.na noch nicht verlieren, daß der Handelsvertrag mit m wkder ganz auf unsere Kosten abgeschlossen werde; ?R E Usch b « 2ickeluna Deutschlands zum Industriestaat- noch ein bis zur Entw'ck S Das offiziöse Blatt begnügt sich damit, weier Schritt s - ^Verfasser sei darin mit ihm emver- LÄ V» -Mdmtthl«.!! d-n B-d-„ -n Mh,- stüchtm nicht i» d-ck-" -°-m» Hundertfünfzig Briefträger verhaftet. Man meldet dem „N. W. T." ans Bukarest: „Die hiesige Polizei ist einem der seltsamsten Diebsverbände auf die Spur gekommen. In der letzten Zeit wurden von allen Seiten aus dem Publikum Reklamationen wegen nicht erhaltener oder nicht an ihre Be stimmung angelangter Briefe, Geldsendungen, Zeitungen und dergleichen bei der Postdirektion erhoben. Mit Hülfe der Polizei wurde ermittelt, daß nicht weniger als hundertfünfzig Briefträger von Bukarest eine Diebsgesellschaft bildeten, die Briefe und Postsendungen systematisch stahl. Bei sämmtlichen Verdächtigen nahm die Staatsanwaltschaft letzten Sonnabend Hausdurchsuchungen vor; bei hundert Briefträgern sand man entwendete Postsendungen. Die Untersuchung ist im Gange." Der Zollkrieg zwischen Frankreich und der Schweiz hat auch dem Gewerbe des Schmuggels wieder auf die Beine geholfen und die alte Fehde zwischen Condrebandiers und Grenz wächtern wieder frisch angefacht. Am vorigen Freitag stieg in Bellegarde ein Italiener aus dem von Lyon ankommenden Zuge und holte sich aus dem Gepäckwagen seinen Karren, der einen riesigen, klavierähnlichsn Leierkasten trug und schob ihn durch den Kontrolsaal. „Haben Sie etwas zu versteuern?" fragte der Steuerbeamte. Der Italiener schüttelte heiter den Kopf verneinend und begann die Kurbel zu drehen zur Verwunderung und Freude der übrigen Reisenden und des Zollpersonals. Allein der Beamte ließ das Instrument genauer untersuchen. Während die Ausseher den Deckel abschraubten, schlich der Italiener sachte der Thür zu und gab Fersengeld, wurde aber schnell eingeholt und zurückgeführt. Das Piano erwies sich als ein wahrer Tabakladen, es enthielt Cigarren, Cigaretten, Rauch- und Schnupftabak. Alles von den besten Sorten. Auch der Spielmann, der nun genau untersucht ward, trug einige Hundert Havana auf dem Leibe. Selbstverständlich wurde Alles kon- äscirt, doch gestattete man großmüthig dem Italiener, zuvor noch ein Stück auf einer Walze abzuleiern und die übliche Tellersammlung vorzunehmen. Petersburg. Der „Regierungsbote" veröffentlicht eine amtliche Mittheilung, in welcher eS heißt: Die kaiserliche Re gierung habe schon mehrmals Gelegenheit genommen, ihre An sichten über die Umwälzungen in Bulgarien und über die Prin zipien zu äußern, von denen sich die Regierenden in Sofia leiten ließen, seitdem der Prinz Ferdinand zur Macht gelangt sei. Nachdem diese Leiter der Regierung nunmehr beabsichtigten die Sobranje einzuberufen, um den Artikel 38 der Verfassung von Tirnowo abzuändern und auch der Religion des Landes Eintrag zu thun, könne die kaiserliche Regierung, wenn sie auch an dem Prinzip der Nichtintervention in die inneren An gelegenheiten des Fürstenthums festhalte, nicht stummer Zeuge diesem Versuche gegenüber bleiben, welcher einer energischen Opposition unter der bulgarischen Bevölkerung begegne. Die Mittheilung schließt, wie folgt: „Die kaiserliche Regierung spricht ihren aufrichtigen Wunsch aus, daß die Stimmen, 'welche sich unter der Geistlichkeit und den gut gesinnten Bürgern ver nehmen lassen, allen Bulgaren ohne Unterschied der Partei als Mahnung dienen und die Gefahr beseitigen werden, welche dem ganzen Volke droht, das im Begriffe steht, seine heiligsten hun dertjährigen Traditionen zu verleugnen. Die kaiserliche Re ¬ gierung ist überzeugt, daß die beabsichtigte Aenderung in dem geistigen und polnischen Leben des FürstenthumS keine günstigen Resultate erzielen und nur traurige Folgen für die Zukunft haben wird, indem sie Zwistigkeiten im Innern und tiefgehende Mißhelligkeitcn in moralischer Beziehung noch genug herbei führen wird." Neber die Trunksucht der Frauen in England werden, wie man der „Tgl. R." mittheilt, immer mehr Thatsachen be kannt, die darauf schließen lassen, daß cs sich nicht mehr um eine örtliche Erscheinung der Großstädte handele, sondern, daß hier etwas in sozialer Hinsicht für englische Verhältnisse Cha rakteristisches mit in Frage kommt. Jedenfalls tritt hier eine Erscheinung zu Tage, die in anderen Ländern nicht ihres Gleichen hat. Schon in den wenigen Jahren von 1878 bis 1884 hatte sich in England in Wales die Zahl der trunk süchtigen Frauen verdoppelt; sie betrug in jenem Jahre schon 9541. In London beläuft sich jetzt die Zahl der trunkfälligen Weiber auf 8000 Personen, die sich gegenüber dem Vorjahre um 500 vermehrt hatten. In Glasgow allein wurde» 10500 betrunkene Weiber ins Gefängniß gesperrt und für Dublin be rechnet man die Zahl solcher Fälle auf 10000. Am 4. Mär; hat Crover Cleveland sein Amt als Prä sident der Vereinigten Staaten von Amerika angetreten und alsbald die übliche Botschaft, die den europäischen Thronreden entspricht, erlassen. Die im November v. I. erfolgte Wahl Cleveland« zuni Präsidenten bedeutete die Erkenntniß, daß die Grundsätze der demokratischen Partei im Interesse der ge- sammten Union wieder zur Macht gelangen müssen. Als Harrison am 4. März 1889 sein Amt antrat, erklärte er, „er sehe der Fortdauer des Schutzzollsystems und der dadurch zu erwartenden Weiterentwicklung der Manufacturen und Berg werksinteressen voll Hoffnung entgegen." Die Wahlen im November v. I. waren die Verurtheilung des Mac-Kinley- Tarifes. In der Botschaft Harrisons hieß es „Amerika dürfe nicht aufhören, gastfrei gegen die Einwanderer zu sein." Eine der letzten Thaten der republikanischen Partei war das neue Ouarantainegesetz. Ueberaus hoffnungsvoll äußerte sich Harrison vor vier Jahren über den Stand der Finanzen und die Ein lösung der Staatsschuld. Die Silberfrage ist heute noch un gelöst. Die Verwaltung Harrisons stellt keinen Ruhmestitel der republikanischen Partei dar; sie überantwortet Cleveland eine Fülle von Aufgaben und Schwierigkeiten; der neue Präsident zieht in ein Haus, das der frühere Besitzer verlassen hat, ohne Ordnung geschaffen zu haben. Noch im letzten Augenblicke hat Harrison seinem Nachfolger eine neue Frage zur Lösung geschaffen, die Annexion Hawais. Das Programm Clevelands gipfelt in der Abänderung der Mac-Kinley-Bill, die die wirthschaftlichen Interessen Europas nachhaltig geschädigt hat. An der Durchführung dieses Programmpunktes kann kaum ge zweifelt werden, wohl aber wird man gut daran thun, sich mit Geduld zu wappnen. Cleveland ist kein politischer Heißkops, er liebt es nicht, zu hasten; er hat bereits offen erklärt, daß er diese Frage eingehend prüfen lassen werde, um die amerikanische Industrie nicht durch plötzliche Tarifänderungen Krisen auSzu- setzen. Das Vorgehen Clevelands wird überdies durch di« Rücksicht auf die Weltausstellung von Chicago geleitet werden,