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WmM für MMff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstagS und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post ' bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne I Nummem 10 Pf. WmM, Mm, Mmlehn md die Umgegenden. l lz Imtsblsü Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. JnsertionSpreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, No. 40. sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Dienstag, den 20. Juni 1803. Nächsten Donnerstag, den 22. und Freitag, den 23. dieses Monats soll in hiesiger Stadt eine Nattenvergistung durch Phosphorpillen und dergleichen Latwerge vorgenommen werden, was hiermit den hiesigen Einwohnern und insbesondere denjenigen Grundstücksbesitzern, welche Hausschleußen haben, zur Vorsichtnahme bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 17. Juni 1893. Der Bürgermeister. Licker. Wilsdruff, am 19. Juni 1893. Donnerstag, den 22. ds. Mts. Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Stadtgemeinderathssitzung Der Stadtgemeinderath. Li«Ler, Brgmstr. Tagesgeschichte. In der gegenwärtigen Wahlbewegung hat die wohldenkenden Kreise des Volkes nichts so sehr verletzt, wie der erschreckliche Mangel an den einfachsten patriotischen Grundsätzen, der in bedauerlich weiten Volksschichten zu Tage getreten ist. Aeußerungen wie sie in diesen Tagen von sozialdemokratischer, von ultra- montaner, selbst von freisinnig-volksparteilicher Seite gefallen sind, müssen Entrüstung und' Unwillen erregen. Erst das- Centrum, dann das Vaterland spricht Herr Lieber; besser fran zösisch als preußisch, sagen die Sozialdemokraten; wenn erst der Feind im Lande steht, werden wir den letzten Mann und Groschen bewilligen, sagen zahlreiche Volksparteiler; die Aus lieferung von Elsaß-Lothringen ist die erste Vorbedingung für die Gesundung der europäischen Verhältnisse, erklärt Herr Liebknecht. Wo irgendwo ein abgestorbener Legitimus noch kümmerlich fortlebte, jetzt hat er wieder zuversichtlich sein Haupt erhoben; in Hannover verbünden sich gegen den Willen ihres der Pflichten eines deutschen Fürsten sich noch bewußten Hauptes die Welfen mit den Sozialdemokraten zum Sturz der Militär vorlage; in Mecklenburg glaubt eine „Rechtspattei" die Selbst ständigkeit ihres verwitterten Feudalstaates bedroht; in Posen und Westpreußcn lassen die deutschen Katholiken die Polen im Stich, weil diese ihnen zu patriotisch und reichstreu gesinnt sind. Was in Süddeutschland die ultramontanen Blätter und Redner an giftiger Hetze gegen das Reich und seine Vormacht sich er lauben, das trägt kein altbayerischer Heuwagen mehr fort. Wir in Deutschland sind das ja gewohnt, wir wissen, was für häßliche Würmer an dem herrlichen Baum unseres nationalen Reichs unaustilgbar nagen. In dem uns feindlich gesinnten Ausland aber greift angesichts solcher wüsten Ausbrüche eines vaterlandslosen, reichszersetzenden Fanatismus mehr und mehr die freudige Hoffnung um sich, daß das Auseinanderfallen des Reiches nur noch eine Frage naher Zukunft sei, daß im deut schen Volke selbst die nationale Schöpfung mehr und mehr den Boden verliere. Und wer möchte solchen Betrachtungen, auch wenn sie von nationalem Haß und ungenügender Kenntniß der deutschen Verhältnisse noch über das richtige Maß hinaus auf geschwellt sind, jede Berechtigung absprechen! Es wird wirklich höchste Zeit, daß das deutsche Volk, soweit eö noch für patriotische und nationale Gefühle empfänglich ist, diesem Treiben endlich sin energisches Halt! zuruft. Sonst wuchern alle die bösen Erbfehler, die Jahrhunderte hindurch eine gesunde Gestaltung oer politischen Verhältnisse in Deutschland verhindert haben, zu einer unsere gesammte nationale Entwickelung aufs neue gefähr denden Ausdehnung aus. Das charakteristische Merkmal der jetzigen Wahlbewegnng war, wie bereits mehrfach hervorgehoben, die Zersplitterung; die übergroße Zahl von Stichwahlen ist deren Ergebniß. Weniger denn je lassen daher die Nachrichten über den ersten Wahlgang einen Schluß auf den Gesammtausfall der Wahlen zu. ES kommt also jetzt nur darauf an, aus der Masse der Einzel erscheinungen einige besonders charakteristische Züge bervorzuheben. Zunächst scheint die Wahlbetheiligung sich überall in mäßigen Grenzen gehalten zu haben und zumeist hinter der von 1887 zurückgeblieben zu sein. Sodann ist neben der weiten Ausdehnung der Sozialdemokratie auch ein absolut und relativ starkes Anwachsen ihrer Anhänger in den Wahlkreisen zu kenstatiren in denen sie für den Wahlausgang überhaupt in Betracht kommt. Sie hat auf zwei Verluste zwei, vielleicht drei Gewinne zu verzeichnen, bereits jetzt einige zwanzig Mandate sicher und steht in zahlreichen Wahlkreisen, in denen sie noch 1890 ausfiel, zur Stichwahl, zum Theil mit günstigen Aussichten. Paralcll damit geht der Rückgang der freisinnigen Volkspartei. In einer ganzen Reihe schlesischer, märkischer, thüringischer, nas- Mischer rc. Wahlkreise, welche bisher freisinnig vertreten waren, gelangt der freisinnige Kandidat gar nicht zur Stichwahl. Zahlreiche bisherige Sitze, darunter die Mehrzahl der Berliner, werden schwerlich in der Stichwahl behauptet werden. Und dabei ist bisher nicht die mindeste Aussicht auf Ersatz wahrzunehmen. Während alle übrigen Parteien bereits eine Reihe von sicheren Sitzen errungen haben, ist der freisinnigen Volsparei zur Zeit noch kein einziges Mandat definitiv zugefallen. Selbst Herrn Eugen Richter'« Wahl hängt von den Stimmen der Mittel parteien ab. Der Nam e „Volkspartei", welchen die Partei sich selbst beigelegt, ist überaus bezeichnend gegenüber der Thatsache, daß die Partei nach allen bisherigen Meldungen auch nicht ein en Wahlkreis aus eigener Kraft zu erhalten, geschweige denn zu erobern gewußt hat. In welcher Weise die Sozialdemokraten ihre Kriegsfüsse zu füllen verstehen, ist bekannt. Die Arbeiter „haben" einfach eine bestimmte Rate ihres Lohnes abzugeben und müssen sich schließlich die „Zwangsvollstreckung" gefallen lassen, wenn sie nicht freiwillig zahlen. Es giebt aber auch noch andere Mittel, der Parteikasse „freiwillige" Beiträge zuzuwenden, man hält Auktionen ab und spekulirt auf den Vergnügungssinn der „Genossen " In der gegenwärtigen Wahlbewegung war aber noch die „Genossin" als Sammlerin als Novum hinzugetreten. Fordert der Aufruf der „Frauenagitationskommission" dringend auf, zum sozialdemokratischen Wahlkampf das „Scherflein der Wittwe" beizutragen, so sind die „Genossinnen" nebenher auch bemüht, manch „Scherflein" aus Bourgeois-Taschen heraus zulocken. So ist gar nichts Seltenes, daß sozialdemokratische Frauen beim Einkauf von Waaren bei Schlächtern, Gemüse händlern re. die Sammellisten vorlegen und Beiträge ein- heimsen. Wer nichts zeichnet, der wird boykottirt, und darum fügen sich die Händler. Wir meinen, das sei eine Ausbeutung die ihres Gleichen sucht. Allein der Charakter der Ausbeutung tritt erst ins rechte Licht, wenn man untersucht, in welcher Weise die sozialdemokratischen Parteileiter die gesammelten Gelder verwenden. Fragen sich die sozialistischen Anhänger, die ihre „Arbeitergroschen" nach Berlin schicken, was ihnen das fortwährende Zahlen bisher genützt, so müssen sie sich selber sagen: Nichts hat ihre Opferwilligkeit genützt. Man hat die Arbeiter ausgebeutet und geinißbraucht, ohne auch nur ein positives Resultat erzielt zu haben. Dagegen befinden sich die Parteileiter, Agitatoren, die Delegirten rc., die an der ge füllten Parteikasse partizipiren, sehr wohl. Das Schimpfen be kommt ihnen und sie tauschten um alles in der Welt nicht mit einem „Bourgeois-Ausbeuter". Noch weniger freilich mit einem Arbeiter. Saß da beispielsweise eine große Anzahl solcher tonangebender Sozialdemokraten Berlins vor kurzem in der feinsten und theuersten Weinhandlung der Reichshauptstadt, bei Dressel, und ließ sich die Delikatessen und feinen Getränke wohlschmecken. „Schlemmerei" nennt der „Vorwärts" der» gleichen bei Bourgeois, bei „Genossen" nennt er es „Prole tarierelend". Einige der ausgebeuteten Arbeiter aber bekamen Wind von dieser Verwendung der gesammelten „Groschen" und stellten die „Proletarier" zur Rede. Wie lautete die Antwort? „Wir wollten einmal di^ Bourgeois beim Prassen und Schlemmen studiren!" Dem Anschein nach glaubten das die Neugierigen und das wäre kein Wunder, denn es wird ja noch viel größere Unwahrscheinlichkeiten zu glauben den „Genossen" zugemmhet. Wenn aber ein Arbeiter mit offenen Augen das Treiben der von ihm bezahlten Parteiagitatoren betrachten wollte, dann müßte er gewahr werden, daß es keinen größeren Ausbeuter giebt, als die Sozialdemokratie. Die „Franks. Ztg.", die im übrigen über die Jagd nach neuen Steuerquellen spottet, macht allen Ernstes den Vorschlag, den Neichskriegsschatz von 120 Millionen, der bestimmt ist, die ersten Kosten der Mobilmachung zu decken, einzuziehen und das Geld in die Reichskasse fließen zu lassen. An der ganzen Auseinandersetzung ist unserer Ansicht nach nur richtig, daß dieser Vorschlag nicht viele Freunde finden wird. Jedenfalls wird er den Beifall des Kriegsministers nicht haben. Man beruft sich auf eine Berechnung des Herrn Professor Wagner, wonach die Mobilmachungskosten für das preußische Heer 6 Millionen pro Tag betragen sollen und meint, das sei im Jahre 1871 wohl zutreffend gewesen. Aber jetzt, wo die Kriegsstärke Deutschlands 3 V2 Millionen Köpfe betrage, seien die 120 Millionen nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. Dabei ist nur übersehen, daß es sich bei der Mobilmachung nicht darum handelt, die sämmtlichen 3'/r Millionen auf die Beine zu bringen, sondern um das stehende Heer. Auf alle Fälle gewährt der Kriegsschatz im Juliusthurm der Heeresver waltung die Mittel zur Deckung der im Mobilmachungsfalle sofort nöthigen Ausgaben bis dahin, wo ein Theil der vom Reichstage zu bewilligenden ersten Kriegskredite flüssig gemacht werden kann. Jedenfalls sind 120 Millionen, über die sofort verfügt werden kann, besser als nichts. Die Bestände des Reichskriegsschatzes zur Deckung der laufenden Ausgaben im Reiche zu verwenden, ist doch ohnehin ausgeschlossen. Wollte man den Kriegsschatz aufheben, so könnten die Bestände nur zur Schuldentilgung verwendet werden oder, was ungefähr dasselbe ist, zur Deckung von Ausgaben, die sonst aus neuen Anleihen zu bestreiten wären. Für die Deckung der Mehr ausgaben im Falle der Annahme der Militärvorlage bliebe so wie so nichts übrig, als die dauernden Einnahmen des Reiches zu erhöhen, d. h. neue Steuern einzvführen. Berlin, 17. Juni. Die Generalversammlung des „Deut schen Bauern-BundeS", welche heute Vormittag im Archi tektenhause, Wilhelmstraße 92, unter dem Vorsitz des Herrn v. Plötz-Döllingen stattfand, war nur schwach besucht. Baron von Wangenheim-Kl. Spiegel referirte über die „Auflösung des Bundes" und trat lebhaft dafür ein, daß der Bauernbund auf gelöst und der Anschluß an den Bund der Landwitthr erklärt werde. Einige Bauern sprachen sich lebhaft dagegen aus. Bauer Elers bemerkte, man solle aufbauen aber nicht zerstören (Wider spruch!), der Adel habe bewiesen, daß er kein Interesse an dem Bauernstand habe, deshalb sei eine Vereinigung nicht möglich. Der Bauernbund habe 35000 M. Vermögen, dieses wolle der Bund der Landwirthc nur „schlucken" (heftiger Widerspruch), v. Plötz erwidert ihm, daß der Bund der Landwirthc selber 200000 Mark besitze und die 35 000 M. gar nicht gebrauche. (Sehr richtig!) Nach längeren Debatten wurde mit allen gegen 9 Stimmen beschlossen, den „Deutschen Bauern-Bund bis zum 1. Juli aufzulösen und das Vermögen und die Mitglieder dem „Bund der Landwirthc" zu überweisen. Paris, 17, Juni. Zahlreiche hiesige Blätter geben fälscht Wahlresultate aus Elsaß-Lothringen wieder und feiern, von glänzenden Erfolgen der Protestler sprechend, die Haltung dcr Elsaß-Lothringer. Die „Justice" sagt diesbezüglich: Jedesmal betonen unsere Brüder da drüben: unser Herz bleibt dasselbe, unsere Wunde ist immer noch offen, die Familienbande bleiben uns heilig. Paris, 17. Juni. Der Ministerrath beschloß, einen Kredit von 5 Millionen Francs bei der Kammer zu beantragen, um der durch die andauernde Trockenheit geschädigten Landwirth- schaft Hilfe zu bringen. Vaterländisches. Wilsdruff. Bei der übergroßen Stimmenzersplitterung durch Aufstellung der verschiedenartigsten Kandidaten in jedem einzelnen Wahlkreise ist diesmal die Anzahl der Stichwahlen eine außergewöhnlich große und beziffert sich dieselbe bei vor läufiger Zusammenstellung auf ungefähr 159. An diesen 159 Stichwahlen werden betheiligt sein: 46 konservative, 8 Candidaten des Bundes der Landwirthc, 5 Rcichspatteiler, 71 Nationalliberale, 27 Centrumsleute, 76 Sozialdemokraten, 10 Candidaten dcr freisinnigen Vereinigung, 35 Candidaten der freisinnigen Volkspartei, 7 Polen, 16 Antisemiten, 7 Welfen, 1 Elsässer und 9 Candidaten der süddeutsch. Volkspartei. Auch unser 6. sächs. Reichstagswahlkrcis bleibt nicht von einer Stichwahl verschont. Am Tage der Wahl wurden für Herrn Geh. Bergrath