Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.10.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101021010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910102101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910102101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-21
-
Monat
1910-10
-
Jahr
1910
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezuqS-Prei» —M—< m B«i«« Zttülea, >««»«I»««I«»>4»«»t» »<r M»r« «ulga»« l» d«r «»«»-«»gib« » . «edaktt»» «d Or<»tft»»rü« J-b-um«g-ff« 8. ««»wrrchkri 14SVL 14««, 14»». « ««rE«. ».«» ^s, . nMchl. V«st1x<kügkll> g«»«r >i»«, D4n«»arr, d«n D-aa-ItL-Ir«, , L»v»»d«ra, «tidirlaad«, Si»r» megen, Oiftrrr«UH-Ung«r», «»tUmd, Schweb«», Schweiz ». kpani«. Au alle» übrig«« ktiaie» uur dtrrü durch di» »eichtst»!!«:!« d— «la«s «rhtirltch. r-i Lrivziger Lqirbl»« «1ch«i»i dwot lügltch, Sdua- u. Arter««* >» migent. »douu«Mrui-»nu-l!w«. U»,»>»4»l«tz 8, Morgen-Ausgabe riWgcrTllgMM Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Rolizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeiqen.PrciS ittr Juirraie au« rcir»ig »nd Umgeduug di« Ngew-'ren« b<) mm drrtt» V»til»«,I« 2L ch, di« 74 Mw dr«u« dtkklumrzeU« > d»u »U«w4r«4 8«n«iar» l.L> ^U, Julerake »»« Srbdrden '» »miltchen r«U di, 74 ww trrU« Vrtitteil« 40 Geta>4N«-n^eiq«!> wn « -dd-rlchriiir» »M t» der AdeuLauta-d« ii» tirrNe «rdohl. »iadall nach t-r>«. Ärilagegrbüd« b ». Lau!««» «xü. P-Kgrbüb«. stefterleill« «uitrtg« kennen mchl ,ur»L- »«zogen werden. Für da« 4r1chetnen an brinmmrrn Lage« and Petzen wir» t«ia« G-ranrw üdrrnommru. Unzeigen. »nnadme, «ug»lt»4ftI»H b«i ILmiluh«« FiluUr« a. allen «nnonc»»- ErvrdMonrll d«« In» und Lutlande». -«uor-Atlial« ««rlt», T«rt »uack««. H«r,»gl. Sayr. -^b»ch» Vaud laug, Lü»»w-iab« lüi (Irievdon V i. «r. 4«xi). Hiuvt-Kilial« Oretbem Saeftrub« 4,1 A-i«l>hon 46M, klr. 2Sl. /rrUag, »en si. vkloder ISIS. 104. Jahrgang. Oss Dichllgfte. * Zn einem Steinbruch auf Seeling. städter Flur wurden durch einen vorzeitig los gehenden Sprengschuß zwei Arbeiter getötet. (S. Lpzg. Umg.) * Zn der Donnerstagsfitzung des Bundesrats wurde der Entwurf eines Gesetzes betreffend die durch die neue Strafprozeßordnung veranlaßten Aenderungen des Gerichtskostengesetzes angenommen. * Zm französischen Ministerrate berichtete Briand, daß die Vorkommnisse, die auf Sabotage zurück zuführen sind, sich immer weniger ereignen und daß der Dienst auf den Eisenbahnen wieder normal verlaufe. * Das Reuterfche Bureau berichtet über den Zn- Halt der Antwort der persischen Re gierung auf die englische Note, aus dem hervorgeht, daß die politischen Bedingungen für ein anglo-russisches Darlehen unannehmbar gewesen seien. (S. Ausl.) Sin üopvelter ilmksll. In den letzten Tagen hat die Iustizkommission des Reichstags, die sich in sauren Wochen wäh rend der Sommermonate mit der Vorlage zur Reform der Strafprozeßordnung beschäftigte, zwei Beschlüsse gefaßt, die in weitesten Kreisen des deutschen Volkes Aufsehen und Widerspruch Hervorrufen müssen. In der ersten Kommissions lesung des Entwurfs war beschlossen worden, in den Strafkammern als Berufungsinstanz Laienrichter Mitwirken zu lassen und den Volksschullehrern endlich das lang vorent haltene Recht zum Schöffenamt in voller Aus dehnung zu geben. Beide Beschlüsse entsprachen oft geäußerten Wünschen von Berufsorganisationen, von politischen Parteien, ja selbst von Parlamen ten der Einzelstaaten. Beide Beschlüße sind aber jetzt bei der zweiten Lesung der Strafprozeß novelle in der Justizkommission umgestoßen worden, und zwar vornehmlich auf Betreiben der Vertreter des führenden Bundesstaates Preußen. Zur Begründung ihres Verlangens, die Schöffen aus der Berufungsinstanz aus zuschalten, beriet sie sich auf den Mangel an einer genügenden Zah l geeigneter Laien richter. Wenn das wirklich ihre Meinung ist. dann stellt sie sich damit selbst ein schlechtes Zeugnis aus. Sie rechtfertigt damit eigentlich nur die landläufige Ansicht von der „Welt fremdheit" der Regierung. Denn in einem Volk von über 60 Millionen würde sehr wohl die erforderliche Zahl von Laienrichtern auch für die Berufungssenate aufzubringen sein. Der ausgesprochene Grund verhüllt aber nur schlecht den unausgesprochenen eigentlichen Grund: die absolute Abneigung gegen das Laienrichtertum. Und doch ist die Forde rung, Laienrichter auch in der Berufungsinstanz sprechen zu laßen, nur eine Konsequenz der Tatsache, daß Schöffen in der ersten Instanz zur Rechtsfindung mit herangezogen werden. Das Vertrauen des Volkes beruht ja gerade auf den Laiengerichten und deshalb ist es dringend nötig, daß man derartigen Gerichten die nötige Förderung angedeihen läßt, ihrer Entwickelung aber nicht unnötige und unzweck mäßige Hemmnisse bereitet. Damit soll nicht etwa ein generelles Urteil gegen die Berufs richter gesprochen werden. Denn wir wissen sehr wohl, daß auch im Laienrichtertum, ebenso wie im Berufsrichtertum Fehler vorkommen kön nen und vorgekommen sind. Das letzte Wort über diese Frage ist ja mit dem unter dem Druck der Regierung zustande gekommenen Kom missionsbeschluß noch lange nicht gesprochen, denn das Plenum wird vielleicht anders ent scheiden. Wenn aber die Regierung wirklich Wert darauf legt, daß das im Volke zweifellos erschütterte Vertrauen zur Rechtsprechung wieder die unerläßliche Kräftigung und Stärkung er fahren soll, dann mag sie sich nicht auf ihr unverständliches „Unannehmbar" versteifen, sondern mag der Gegenwart eine dringend er wünschte Konzession machen, um sich selbst damit zugleich eine beßere Zukunst zu sichern. Nicht minder unbegreiflich ist der Beschluß, daß die Volksschullehrer, wie es in der Regierungsvorlage vorgesehen war, nur zum Schöffendienst bei den Jugendgeri chten herangezogen werden dürfen, im übrigen aber vom Schöffenamt ausgeschlossen bleiben müßen. Am intereßantesten ist bei dem Umfloß des früheren, die — Rechte der Lehrer erweitern den Beschlußes der Iustizkommission und bei deren geradezu unglaublichem Umfall die Be gründung der Regierungsvertreter, die diesen Umschwung verursachten. Der Vertreter des preußischen Kultusministeriums war es, der eifrig auf die schon bestehenden Mängel im Nolksschulwesen hinwies und aus eine weiteren Beschränkung des Unterrichts einer Verstärkung dieser Mängel befürchtete. Läge es da nicht viel näher, daß der preußische Staat für eine Verbesserung seines Schulwesens einträte, vor allen Dingen für eine Umgestaltung des Schul unterhaltungsgesetzes, damit eben den Lehrern, denen man doch die Fühlung mit allen Schichten der Bevölkerung wahrhaftig nicht absprechen kann, eine Teilnahme am Schöffendienst ermög licht werde? Auch bei dieser Verteidigung des Regierungsstandpunktes scheint jedenfalls die Abneigung gegen eine Erweiterung der Rechte der Lehrer keine geringe Rolle gespielt zu haben. Konservative, Ultramontane und Polen fanden sich in der Vertretung des Standpunkts der Regierung zusammen und verhalfen ihrem Wunsche zum Siege. Dem schwarz-blauen Block verdankt also die Regierung ihre Erfolge in der Justizkommission. Sie zeigt sogar ein gewisses Interesse, daß diese Koalition ihren Vorschlägen den parlamentarischen Segen gibt. Aber hoffentlich laufen die Dinge auch hier im Plenum des Reichstags anders. Die Regierung entwickelt jedenfalls ein erstaunliches Geschick, die Motive für die Verstimmung und Verärgerung des Volkes zu vermehren. Anstatt auf wohl gemeinte, aus tiefer Kenntnis der Sachlage entspringende gute Ratschläge zu hören, setzt sie sich über die Tagesmeinungen hinweg. Sie wird sich deshalb auch allein verantwortlich fühlen müssen, wenn sich die schlimmen Folgen solcher Nichtachtung berechtigter Forderungen einstellcn. Die Anwort -es Sanladunües. Der Präsident des Hansabundes, Geheimrat Rießer, erwidert in den „Münchn. Neuest. Nachr." auf die Kritik der „Nordd. AUg. Ztg." am Hansabund mit folgenden ternigen Worten: „Die „Nordd. AUg. Ztg." wendet sich in ihrer Nummer oom 16. Oktober gegen eine Stelle in den oom Präsidium des Hansabundes festgesteüten Wahlfondsaufrufen und ebenso gegen die dort sich findenden bildlichen Darstellungen, die selbst verständlich statistische Zahlen nicht ersetzen können, aber auf Grund von ihnen entworfen worden sind. Es wäre nach meiner Ueberzeugung notwendiger und richtiger gewesen, wenn die „Nordd. Allg. Ztg.", die in der ganzen letzten Zeit nie ein Wort des Tadels gegen weit schärfere Wen dungen des Bundes der Landwirte, nicht einmal gegen dessen Boykottierungspolitik ge funden hat, einmal die allein wichtige ernste Frage untersucht hätte, woher es denn kommt, daß selbst Männer, die sich ihrer Verant wortung voll bewußt sind und ebensowenig wie ihre Gegner daran denken, der Arbeit aller Er werbsstände den ihr notwendigen Schutz zu versagen, sich in ihrem Gewißen verpflichtet fühlten, so scharf und so rückhaltlos zu reden. Sie hätte endlich einmal die Frage aufwerfen sollen, ob denn nicht in der Tat ein großer Teil der auch in solchen Kreisen herrschenden Erbitterung daher kommt, daß eine große Reihe von Gesetzen, Verord nungen und Enqueten der letzten Zeit, also von „Maßregeln der Gesetzgebung und Verwaltung", die Gewerbe, Handel und Industrie nicht zur Ruhe kommen ließen, von der agrar-demagogischen Richtung teils aus Unkenntnis der gewerblichen Bedürfnisse, teils aus rein egoistschen Sonderinteressen heraus sowohl der Regierung wie der Nation „diktiert" und aufgedrängt worden sind. Zch erinnere hier an überaus zahlreiche Vorschriften der Fabrik- und Ee- werbegesetzgebung, an das letzte Branntwein- steuergesetz, an den Feldzug gegen das für die Industrie unentbehrliche Kanalsystem, an die zähe Aufrechterhaltung der preußischen Wahl kreis e i n t e i l u n g, die für viele Landesteile die absolute Herrschaft des Großgrundbesitzes sichert und den Einfluß der Industrie und Gewerbetreibenden sowie der städtischen Bevölkerung überhaupt nahezu ausschaltet, ferner an die Ablehnung des Ausbaues der Besitzsteuern durch eine Erbschaftssteuer. Hätte die „Nordd. Allg. Ztg." dem Ernste der Lage entsprechend diese Fragen erörtert, so wäre wohl auch sie zu der Erkenntnis gelangt, daß es nur einen Ausweg aus der heutigen Zerfahrenheit und nur einen Weg gibt, die utopistischen Ziele der Sozial- ! demokratie mit Erfolg zu bekämpfen: wenn es näm lich gelingt, eine offene und entschiedene Abkehr von der agrar-demagogischen Rich tung, sowie ferner herbeizusühren, daß nicht mehr fast ausschließlich oder überaus vorwiegend einzelnen Schichten der Bevölkerung, sondern der Gesamtheit des Bürgertums die diesem gebührende Stellung in der Verwaltung und Leitung des Staates gesichert wird. Eine Politik des Zuredens und Abwartens ist nicht geeignet, den bürgerlichen Kreisen, worauf es vor allem ankommt, Vertrauen und neuen Mut einzuflößen." An -le Arbeit! Eindringlich redet Abg. Naumann in dem neuen Hefte der „Hilfe" den politisch Trägen ins Ge wißen. Denkt er zunächst an die Fortschrittler, so paßen seine Worte doch auch fast genau auf die Natio nalliberalen. Wir machen uns die Freizügigkeit und Allgemeingültigkeit des Geistes zunutze und eignen uns, was der Wortgewaltige in „seinem Aufrufe zur Arbeit" sagt, kühnlich an. Es lebt etwas von Kants unerbittlichem „Du sollst" und zugleich etwas von Zarathustras freundlich lockender Weisheit in seinen Worten. Er schreibt: „Laßt mich mit Euch offen und ohne Nachsicht reden! Ihr seid zu bequem oder zu klein mütig oder beides zusammen! An Erkenntnis der Notwendigkeit fehlt es Euch nicht; so klug ist jeder von Euch, daß Ihr wißt, Laß der deutsche Liberalis mus bei der nächsten Reichslagswahl rettungslos hereinfällt, wenn nicht jeder, Mann und Frau, die innerlich zu ihm gehören, nun auch alles tun, um der guten Sache zum Siege zu verhelfen. So klug seid Ihr alle, um das zu wißen, und Ihr nehmt es vor lauter Gebildetheir fast übel, wenn man es Euch noch mals sagt. Aber welcher weite Weg ist von Eurem Verstände bis zu Eurer Tatkraft! Ihr seid Polt- tikernur als Konsumenten : das heißt, Ihr wollt schöne politische Artikel lesen und verlangt, daß die Schriftsteller tapfer sind und daß die Abgeordneten sich müde arbeiten, aber selberrührtJhrnicht den Finger, denn höher als der Staat und als die Partei steht Euch Eure eigene liebe Beharrlichkeit -Ihr legt die Zeitung beiseite: ja, ja, es ist entsetzlich mit diesem schwarzblauen Block! Was aber tut Ihr dann? Ihr lest noch ein wenig über die Kultur der Irokesen oder über die Volkstrachten in den Karpathen oder über das Melodische in Platens Ge dichten, und dann verschwindet Zhr im Hintergrund. So wollt Zhr weitertrotten, bis Ihr eines Tages zu Ende seid. Es wird aber über ein solches Leben geschrieben werden: ruhe weiter! Das ist die Erabschrift derer, die nur für sich und ihren Kleinkram existiert haben. Ueberlegt Euch, ob eine Partei etwas leisten kann, wenn sie nicht von allen Gesinnungsgenossen mate riellunter stützt wird? Don der Luft lebt keine Agitation. Ueberall habe ich gehört: der Partei vorstand sollte mehr tun! Er soll mehr Sekretäre anstellen, Redner schicken, aufklärende Schriften verbreiten und was noch alles dem ähnlich ist. Die Partei soll Wahlkreise bearbeiten. Mindestens jede Woche schreibt uns ein guter Freund, daß in seiner Gegend noch fast alles daniederliege, die Partei solle kommen! Wer ist die Partei? Sind das die paar Männer in Berlin? Ihr seid es. Ihr alle! Wenn Zhr von morgen an dieHand nicht ganz anders aufmacht,sobleibtalles.wieesge st ern gewesen ist. Das aber sollt Zhr dann nicht dem Parteivorstande vorwerfen." Das alles, das auch die Fürsorge für die Presse als selbstverständlich einschließt, ist so eindringlich ge sagt, daß es die Wirkung nicht ganz verfehlen kann. Fichte schärfte unermüdlich den Deutschen ein, es sei die Seligkeit des Zchs, sich der Gattung zu opfern. Naumann wirkt für die Partei. Aber eine rechte Partei enthält den Gedanken an das Vaterland in sich; sie ist nichts anderes als eine Organisation zur Förderung des Vaterlandes. „Wir wollen Deutsch land nach unseren Idealen gestalten", dieses stolze und doch ungemein liebenswürdig anmutende Wort sprach ein von Kleinmut und Gleichgültigkeit noch nicht angekränkelter Vertreter Zungdeutschlands auf der nun verrauschten Berliner Universitätsfeier, die im Zeichen Fichtes stand. Mittel zur Verwirk lichung dieser Ideale müßen die Parteien sein, zumal eine, die als obersten Grundsatz aufstellt: Das Vater land überdie Partei. Vie KeichsoerlicherungskommiMn begann am Mittwoch nach Erledigung des Buches über die Beziehungen der Versicherungsträger zuein ander und zu den Gemeinden und Armenoerbänden die Beratung des letzten Buches, das vom Ver fahren handelt. Zn einer allgemeinen Besprechung trug ein Mitglied der nationalliberalen Partei noch einmal die bekannten Bedenken vor, die gegen die Mitwirkung der Versi cherungs- ämter als untere Instanz in strittigen Fällen bei der Unfallversicherung erhooen werden. Staatssekre tär Delbrück bezeichnete das als Etikettcnsroge. Das Reichsversicherungsamt müße entlastet, dem Ver sicherten aber doch die Möglichkeit geboten werden, zweimal vor einer paritätisch besetzten Instanz seine Interessen zu vertreten. Ein anderes nationallibr- rales Kommissionsmitglied erwiderte hierauf, man möge den ehrenamtlich tätigen Herren der Berufs- genoßenschaften nicht durch Einschränkung der Selbstverwaltung die Arbeitsfrendigkeit nehmen. Das Reichsversicherungsamt müße Rekursinstanz I sein. Ministerialdirektor Caspar legte dar, daß I der Umfang des Apparates des Reicksoersicherungs- amtes keine weitere Belastung dulde. 165 Personen seien dort schon an der Rechtsprechung beteiligt, trotz dem seien kolossale Reste zu erledigen. Die Einheit lichkeit der Rechtsprechung sei bei solchem Umfang nicht gewährleistet. Es sei vielleicht zu empfehlen, Nichtbeachtung von Erkenntnißen des Reichsoersiche rungsamtes als Revisionsgrund anzusehen. Ein Zentrumsredner hält eine Entlastung des Rcichs- versicherungsamtes für untunlich, solange nicht das Versicherungsamt die von der Regierung vorge schlagene Form erhalte. Der Staatssekretär gibt sich der Hoffnung hin, daß ein Ausgleich der konkurrieren den Interessen bei der Ausgestaltung der Versiche rungsämter sich erzielen laßen werde. Es werde sich darum handeln, in welcher Form der „ständige Stellvertreter" beschloßen wird. Ein Vertreter der Konservativen begründete nochmals die ablehnende Haltung seiner Fraktion gegenüber den Versicherungs ämtern. Oss amtliche Wahlergebnis kür Leipzig V wurde am Donnerstag früh verkündet. Es erhielten Stimmen: Lagerhalter Bammes (Soz.) 7712, Sanitätsrat Dr. Brückner (Kons.) 1934, Zustizrat Schnauß (Mittelst.) 1520, Rechtsanwalt Dr. Zöphel (Natl.) 10763. 149 Stimmen waren un gültig. Unsere Ziffernangaben stimmen also mit den amtlichen überein. Mit einem Urteil über den Wahlausfall wartet nun auch noch die „Dtsch. Tgsztg." auf: „Einzelne liberale Blätter machen aus diesen Wahlresultaten einen glänzenden nationalliberalen Sieg und sehen zumeist in ihnen eine schwere kon servative Niederlage. Das heißt die Dinge un gefähr auf den Kopf stellen. (Nach unseren statistischen Feststellungen von gestern ist diese Be hauptung leidlich unverfroren. D. Red.) Gewiß bedeutet die Zunahme der nationalliberalen Stimmenzahl in Leipzig einen gewißen Erfolg dieser Partei, und die außerordentliche Abnahme der der rechtsstehenden Parteien einen bedauerns werten Mißerfog. Aber es liegt doch klar auf der Hand, daß an diesem Mißerfolg hauptsächlich die Spaltung der rechts st ehenden Wähler schaft die Schuld trägt, und daß diese Tatsache den Nationalliberalen Stimmen solcher Wähler zugeführt hat, die einen rechts stehenden Kandidaten lieber gewählt haben würden." (Auch das müssen wir aus beßerer Sach kenntnis bestreiten. D. Red.) Das agrarische Blatt kommt dann auf die Wahl in Plauen-Land zu sprechen und bemerkt: „Zn diesem Wahlkreis liegen die Dinge durch aus nicht günstig für die Konservativen insofern, als gegen sie ein wahres Kesseltreiben von allen Seiten veranstaltet wurde. Mit welchen Mitteln der Hetze und Demagogie man von libe raler und sozialdemokratischer Seite gegen die Konservativen gearbeitet hat, bezeugt vielleicht am besten das „Leipz. Taaebl.", wenn es selbst darauf aufmerksam macht, daß es bei der Plauener Wahl viel wüster hergegangen sei als in Leipzig." Daß wir bei der Feststellung eines äußerst hef tigen Kampfes ganz besonders auch die Demagogie des Bundes der Landwirte und der Konservativen im Auge hatten, darüber sollte sich das Berliner Bündlerorgan denn doch wohl klar sein. Anlaß zu einer Bemerkung bietet uns noch die Kritik des „Chemn. Tgbl." an unserer Behauptung, Dr. Zöphel stehe in aussichtsreichster Stichwahl. Das konservative Blatt schreibt: „Das Blatt vergißt nur zu erwähnen, warum sie für die nationalliberale Partei ,,aussichtsreichst" ist. Sie ist es, weil die Nationallrberalen auf die Stichwahlhilfe der Konservativen mit unbedingter Sicherheit rechnen dürfen. So zeigt sich auch bei dieser Wahl wieder, wie unentbehrlich den Natio nalliberalen konservative Unterstützung ist; sie würden zu einer gänzlich bedeutungslosen Partei herabgedrückt werden, wenn ihnen diese Unter stützung einmal versagt werden sollte." O nein, der Stichwahlhilfe der Konservativen be dürfen die Nationalliberalen durchaus nicht; denn die „gänzlich bedeutungslose Partei" hat bereits jetzt, ohne die Rechte, einen Vorsprung von 3000 S ti mm en vor der Sozialdemokratie. Also bitte etwas mehr Bescheidenheit und Aufrichtigkeit! Dr. Zöphel wird auf jeden Fall siegen, da die libe ralen Wähler zweifellos wie am 18., so auch am 25. Oktober ihre Pflicht tun werden. Wenn die Wähler der rechtsstehenden Parteien am Stichwahl tage auch für Dr. Zöphel votieren, lo ist das sehr erfreulich, aber bei nationalen Staatsbürgern doch schließlich selbstverständlich. Semlchrs «eich. Leipzig, 21. Oktober. * Ultramontane Frechheit gegen den König von Sachsen. Der päpstliche Baron Paul Matthles veröffentlicht in der Herderschen Verlagsbuchhandlung in Freiburg ein Buch, das den Titel ..Wir Katholiken und die — andern" trägt und apoloaetische Rand glossen zur Borromäuscnzyklika enthält. Es muß vermerkt werden, wie Herr Matthies den König von Sachsen wegen seines Verwahrungs schreibens an den P a pst zu verspotten wagt: „Für die Geschichtschreiber zur Zeit Pius XX. oder Leos XXIII. muß es dereinst zum Tot lachen sein, daß ein Duode,könia, der über noch nicht 15 000 Kilometerquadrate Kultur boden „regiert", dem Papste einen Proteitbrief schreibt, dem Papste, welcher Gläubige in fast 2000 Bistümern, Vikariaten, Präfekturen und Dele gationen leitet." Pfui Teufel!
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite