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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.10.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101020018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910102001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910102001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-20
-
Monat
1910-10
-
Jahr
1910
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Anzeiqcn-Prei- ISr Jalerale aa« irirug und Umgebuaq die ageipalien» io MW beeil, Letilzeil« L «1 die 74 ou» deeu» HeUamrzeU« l M» aabwän« Ov ch. «ieNamea. 1.L) ^U, Jaleraie ,»» «ebbrde» a» »mrlichen Lei» bi, 74 ww breit« Veiittril» «0 »eichbireungeiueu <a« v -»»orlchrilte» »M t» der »oendaubaad« im tireiie rrhohl. lliabati nach Laut, ürilagegedüde L ». laulead «xtl. Pollgedlldr. FelkrirUt« »ultra,« ktna,n mchi iarLck- gezoge» werden. 7-ür da« Lricheine» an beuunEu Lage» und PlL»ra nnr» ich« ÄaranN, üdernomuim. »nMigen- «nnahwe, »ugnanIplaH «g dei lLmkluden Filialen u. alle» »nnince» itM«dltu>nru de« In» und Liu«lande«. S«u,r - Siltal, verli»! »arl Lnncker H«r,»ql. Saar. Hasdetch» ha»dl»n^ Lü^nvv>atz« I(X tr«levüoi> Vt. «r. «MI). Sauvt-Stliale Lre«de»r keesiras- «. t (Lelevhon 46M« Nr. 2S0. vonnerswg, aen 20. Dklover lSlv. 124. Jahrgang. Oss Dlchügktr. * König Friedrich August hat sich zum Be such der grobherzoglichen Familie nach Neustrelitz begeben. (S. Dischs. R.) * Der Führer des Evangelischen Bundes in Sachsen, Geh. Kirchenrat v. Meyer- Zwickau, voll endet am heutigen Tage sein 70. Lebensjahr. (S. Dtschs. R.) * lleber die Unruhen in Bremen liegen wettere ausführlichere Meldungen vor. (S. Dtschs. N.) » Die Gefahr einer Kabinettskrise in der Türkei wird als behoben bezeichnet. (S. Ausl.) - Die Lage in Persien verschärft sich im mer mehr. Die Haltung Deutschlands zu dem englischen Ultimatum ist noch nicht bekannt. Jspahan ist von bewaffneten Nomadenbanden bedroht. (S. Leitart.) Persien. England sieht einmal wieder eine Kultur aufgabe vor sich, deren Erfüllung es sich nicht weigern darf: das ist die Befriedung Süd persiens. Seit den Tagen Disraelis ist, wie man bei dieser Gelegenheit feststellen kann, die Sprache der englischen Diplomatie bei solchen Gelegenheiten nicht geändert worden. Immer noch die alte Weise: England tut es gar nicht gern. Aber die Anarchie, die in dem Lande herrscht, wird es dazu zwingen. Es hat in diesem Falle dem Lande sogar noch eine Frist gestellt, innerhalb deren es selbst für Ordnung sorgen mag. Auf ein Vierteljahr ist sie bemessen. Daß diese Frist zu dem gedachten Zwecke ausreichen könnte, wird merkwürdiger weise nicht einmal in der englischen Presse be hauptet. 2m Gegenteil, auch in ministeriellen Blättern findet sich die „Befürchtung", sie werde das nicht tun. 2st aber innerhalb, dieses Quartals die arge südpersische „Anarchie" nicht beseitigt, so muh eben England im Interesse der Menschlichkeit und seines Handels eingreifen. Britisch - indische Polizei wird zunächst dorthin dirigiert werden. Sollten — wie wahrscheinlich ist; im Notfälle kann mit ein paar Guineen leicht und billig nachgeholfen werden —, die Perser für diese Kultursegnung nicht das zu verlangende Ver ständnis bekunden, sollten sie sich vielmehr zu dem Satze bekennen wollen, daß auf ihrer Väter Boden die indische Polizei nichts zu suchen habe, so wird eben England, immer sehr ungern, aber in getreulicher Wahrnehmung seiner kulturellen Verpflichtung, die Mühe nicht scheuen, durch die Entsendung von Truppen die selbst gestellte Aufgabe zum erwünschten Ende zu führen. Soweit wird all dies von England zuge geben. Hinrugefügt wird weiter, daß natürlich nicht die Absicht besteht, von Südpersien Besitz zu ergreifen. Natürlich nicht. Wollte England das etwa von Aegypten? Aber blutenden Herzens werden die Engländer sich dann vor folgende Entwicklungskette gestellt sehn: Der Aufenthalt englischer Truppen in Süd persien wird Kosten machen und zu Kämpfen führen. Kann man verlangen, daß England diese Kosten selbst trägt? Das wäre offenbar auf das höchste unbillig. England verdiente von Persien für die Erfüllung jener Kultur aufgabe eigentlich noch eine Extrabelohnung. Das mindeste ist aber doch, daß es seine Unkosten ersetzt bekommt. Es wird also zur gegebenen Zeit eine Rechnung aufmachen. Wieder kann eine schmerzliche Wahrscheinlichkeit nicht von der Hand gewiesen werden; diesmal die: die Rech nung möchte so hoch werden, daß sie Persien nicht bezahlen kann. Dann wird sich England natürlich ein Faustpfand verschaffen müssen. Was natürlicher, als daß dies Südpersien selbst sein wird? Und dann wird England geduldig warten, bis Persien bezahlen wird. O, Eng land wird beileibe nicht drängen. Dazu ist es ein viel zu anständiger Gläubiger. Mit Engels geduld wird es warten; immer warten, Jahr vor Jahr wird es, wenn dies von der Oppo sition verlangt werden sollte (genau wie einst im Falle Aegypten), die Versicherung abgcben, daß es an eine dauernde Besetzung nicht denke, und daß es mit tausend Freuden das Faustpfand auf geben werde, sobald ihm die Kosten ersetzt seien und es die Ueberzeugung erlangt habe, daß das Interesse der Kultur die Anwesenheit englischer Truppen in Südpersien nicht mehr erfordere. Und wenn dann eines schönen Tages genügend Wasser die Themse und den Karun hinunter geflossen sein wird, dann wird es den Vorschlag machen, den tatsächlichen Zustand zu legalisieren. Niemand wird widersprechen — außer den Persern, auf die es dann aber genau so wenig ankommen wird wie heute auf die Aegypter. Und dann wird eines Tages Südpersien auch offiziell zu dem britischen Kolonial reich gehören. Nordpersien wird zu der angegebenen Zeit dann dem Russischen Reich auch offiziell inkorporiert sein oder werden. Vielleicht schon etwas früher. Rußland ist ein Barbarenland, das sich nicht in der Weise wie England auf die Pflege des politischen „Cant" versteht. Es steckt ihm wünschenswerte Länder in der Regel einfach tatsächlich ein, ohne über Grund und Zweck weiter viel Redensarten zu machen. In diesem Falle aber handelt es sich um ein russisch britisches Konsortialgeschäft. Und wenn es so weiter geht, wie es begonnen hat, so wird Rußland von den feineren Näubersitten des Jnselreichs sich beeinflussen lassen. Hat es sich doch, als Vorbedingung für die beiderseitige Annexions politik, zu jenem Vertrag mit England bereit gefunden, der die Integrität des Persischen Reiches und die offne Tür für alle Nationen verbürgt. Damit ist das Kompaniegeschäft vor allem Einspruch gesichert. Gegen so lobenswerte Grundsätze kann natürlich keine Macht Einspruch erheben wollen. Und wenn sich das Tatsächliche im Widerspruch zu den Grundsätzen befinden sollte, so sind das durch die Entwicklung er zwungene Dinge provisorischen Charakters. Petersburg und London werden darüber stets vollkommen einig sein. Und wenn zwei Groß mächte übereinstimmend etwas versichern — wer wollte dann an der Wahrheit des Versicherten Zweifel hegen? Eins steht fest: Wir, das deutsche Reich, ganz gewiß nicht. Wir treiben zwar grundsätzlich keine Politik der Schwäche und Nachgiebigkeit. — „Nennen Sie mir bitte einen einzigen Fall", sagt Herr von Bethmann Hollweg —; aber ebensowenig treiben wir eine Politik der Herausforderung. Wenn daher deutsche Banken in Persien Geld geschäfte treiben wollen, so ist das absolut ihre Sache. Und wenn England das verbietet, so ist das absolut seine Sache. Zumal es den Grundsatz der offenen Tür feierlich anerkannt hat. Sollte etwa Deutschland sich für Privat interessen von ein paar Eeldleuten einsetzen? Sollen wir vielleicht einen Krieg mit England führen? Dieselbe Frage wurde im Falle Mannesmann wegen Frankreichs gestellt. Und alle Reinen schauderte es. Und Herr von Bethmann Hollweg forderte unter dem leb haften Beifall eines sehr hohen Hauses den Abgeordneten Liebermann von Sonnenberg auf, er solle ihm einen einzigen Fall nennen, in dem die deutsche Auslandspolitik unter seinen Auspizien Schwäche oder Nachgiebigkeit gezeigt habe. Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte, Ganz schnell noch ein paar Daten, die Deutsch land angehn. Deutschlands Handel mit Persien war seit 1900 langsam unter kleinen Schwankungen in der Ausfuhr aus Persien von 1,3 Millionen Mark auf 5,5 Millionen 1907 ge stiegen; in der Einfuhr nach Persien in der gleichen Zeit von 0.8 auf 3,6 Millionen. Dann rollten Rubel und Guineen im Parsenlande. Konstitution. Innerer Krieg. Staatsstreich. Revolution. Zerrüttung. Russische Besetzung Nord-Persiens. Und nun: Persische Ausfuhr nach Deutschland: 1907 5,5, 1908 3,6, 1909 2,7 Millionen Mark, deutsche Einfuhr nach Persien: 1907 3,5, 1908 0,9, 1909 0,7 Millionen Mark. Die Tür ist offen; aber wir dürfen keine deut sche Bank in Persien errichten. Die Tür ist offen, und unser Handel fliegt durch sie hinaus. Nennen Sie mir einen einzigen Fall, sagt der Herr Reichskanzler, in dem Deutschland unter meiner Kanzlerschaft . . . und so weiter. Und beschämt muß alles schweigen. Deutschland und das englische Borgehen in Persien. 0. Berlin, 19. Oktober. lPrivattel.) Das von englischer Seite an die persische Regierung gerichtete Ultimatum, dessen Wortlaut hier übrigens immer noch nicht bekannt ist, stellt den neuen Staatssekretär des Auswärtigen Amtes v. Kiderlen-Wüchter vor die erste große, nach außen sichtbare Aufgabe. Der hiesige Korrespondent des konservativen eng lischen „Standard" meldet heute seinem Blatt, daß die englische Note in amtlichen deutschen Kreisen Mißfallen errege und daß Deutschland kein passiver Zuschauer der Ereignisse in Mittelasien bleiben werde. Wie weit die deutsche Opposition gegen die britische Politik gehen werde, könne man zwar noch nicht sagen: unter den Mitgliedern des diplo matischen Korps in Berlin gebe es jedoch Pessimisten, die einen ungünstigen Einfluß auf die deutsch englischen Beziehungen von dem im Ultimatum an gekündigten Borgehen Englands befürchten. — Ob der Vertreter des englischen Blattes die Empfin dungen des deut chen auswärtigen Amts richtig oder unrichtig wiedergibt, ist eine Frage für sich. Bisher ist in offiziösen Kundgebungen nach außen nicht kenntlich geworden, daß das amtliche Deutichland aus der Passivität herauszutreten gedente, vielmehr ist kaltes Blut, oder, wenn man will, gleichgültige Ruhe gezeigt und durch den Hinweis be kräftigt worden, daß im englischen Ultimatum eine Fristbestimmung von drei Monaten enthalten sei. Diese Frist tatenlos abzuwarten, wird wohl nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Nach Verlauf der drei Monate könnte es zu spät sein, Forde rungen anzumelden. Diese Forderungen müßen vor allem dahin gehen, daß die freie Ausübung des Handels vor jeder Anfechtung gesichert wird. Ob freilich überhaupt noch von einem freien Handel die Rede sein tann, wenn die Verlehrswege in aus schließlichen Besitz anderer "Nationen übergehen, kann bezweifelt werden. Englische Preßstimmen gegen die englische Politik. * London, 19. Oktober. (Tel.) ,^Oaily News" und „Daily Graphic" fahren fort, die Politik Englands in Persien zu bekämpfen. „Daily News" meint, es sei unvermeidlich, daß die britische Okkupation permanent bleibe: sie bedeute die Teilung Persiens, die das schlimm st e Unglück der auswärtigen Politik sein würde. England und Rußland würden unmittel bare Grenznachbarn, und die Vernichtung der per- fischen Unabhängigkeit werde das englisch« Prestige in der mohammedanischen Welt ver nichten. Die Aufgabe Englands sei nicht, Süd persien zu okkupieren, sondern der russischen Okku pation in Norüpersien ein Ende zu machen. „Daily Graphic" bezweifelt cs, daß der Zeitpunkt geeignet sei für ein persisches Abenteuer, welches England schwere Verantwortung aufbürden würde, während es in Indien gäre, die Schwierigkeiten an der indischen Nordwestgrenze wüchsen und die euro päische Lage größte Wachsamkeit und sorgsames Haus halten mit Englands Mitteln fordere. Die Lage in Südpersien könne verbessert werden ohne das Risiko eines Eroberungskrieges. (Zn England spielt man oft erst den Entrüsteten, um dann um so sicherer zu greifen zu können!) Jspahan bedroht. * Jspahan, 19. Oktober. (Meldung der Peters burger Telegraphen-Agentur.) Vier große, hundert Werst von hier entfernte Ortschaften sind durch Banden bewaffneter Nomaden ausgeplündert worden. Die halbnackten und hungrigen Bewohner flüchteten sich hierher. Da Jspahan ohne Besatzung ist, droht ihm das gleiche Schicksal. Nach Sen Lanütagserlstzmahlen. Die Preßstimmen, die zu den beiden Land tagsersatzwahlen bis jetzt vorlregen, bieten nur zu geringen Bemerkungen Anlaß. Zuerst ist sestzustellen, daß in der Bewertung des Wahlaussalles in Leip zig V Zwei hiesige Blatter entgegengesetzter Richtung üoereinstimmen, was uns recht charakteristisch er scheint. Die „Leipziger Volkszeitung" und ein bür gerliches Blatt konstatieren den Rückgang in der Zahl der bürgerlichen Stimmen, ossenoar, weil es beiden, wenn auch aus verschiedenen Gründen, höchst unangenehm ist, daß die Nationalliberalen einen beispiellosen Erfolg zu verzeichnen haben, den sie lieber den ihnen Höherstehenden Parteien — dort den Sozialdemokraten, hier den rechtsstehenden Parteien — gegönnt hätten. Weiter ist es recht in teressant, daß die sozialdemokratische „Dresdner Volkszeitung" sich zu folgendem Eingeständnis vcrsteht: „Dagegen müssen wir gestehen, daß wir einen wesentlichen Strmmenrückgang auch nicht erwartet hatten. Er zeigt, daß uns ein Teil der Mitläufer von 1909 verlassen hat." Das sozialdemokratische Organ Dresdens ist aber in seinem Urteil viel aufrichtiger als die „Leipziger Volkszeitung", die für die Stichwahl trotz der starken Stimmenspannung immer noch Siegeszuversicht markiert. Die Chemnitzer Allgemeine Zeitung", die seit einiger Zeit eine unbegreifliche Neigung für die Beth- mannsche Sammelpolitrk an den Tag lcgr, sucht den Wahlausfall in diesem Sinne auszunutzen, was aber nach Lage der Dinge mißglückt ist. Viel richtiger wird das Leipziger Wahlergebnis von den „Dresdner Neuesten Nachrichten" be urteilt: „Die Ursache für den nationallibcralen Erfolg vom 18. Oktober in Leipzig dürfte die erfreuliche Selbständigkeit sein, die der national- liberale Kandidat nach rechts und links be wiesen hat. Der gestrige Wahlausfall in Leipzig dürfte aufs deutlichste zeigen, wie das Vertrauen des Bürgertums zu gewinnen ist: Glicht mit falschen Sammlungsparolen, sondern in der offenen und mutigen Bekämpfung derieniaen. denen wir die politische Verdrossenheit dieser Tage verdanken." Das Berliner Bundesorgan, die „Dtsch. Tagesztg.", schweigt sich noch aus, dagegen läßt sich die „Kreu z- zeitung" zur Leipziger Wahl aus Dresden fol gendes schreiben: „Für die Ersatzwahl hatten die Konservativen den früheren konservativen Abgeordneten Dr. Brückner als Kandidaten aufgestellt. Allgemein wurde erwartet, daß die Reformer diesen Kandidaten unterstützen würden. Erst am letzten Sonntagmorgen traten die Reformer plötz lich mit einer eigenen Sonderkandidatur Schnauß auf den Plan. Der Erfolg dieser Zer splitterung ist ein übler gewesen. Die reformerischen Quertreibereien er gaben 2324 Stimmen weniger als 1909. Dagegen haben die Nationalliberalen für ihren Kandidaten Dr. Zöphel diesmal 975 Stimmen gewonnen. Die Sozialdemokratie hat dagegen einen Stimmenrück- ganq von 1114 zu verzeichnen. In der Stichwahl dürfte dem nationalliberalen Kandidaten in Leip zig das Mandat gesichert sein." Man müßte doch in Dresden ebensogut wie in Leipzig wißen, daß die „Quertreibereien" von den Konservativen ausgegangen sind, denn 1909 kandi dierte in Leipzig V ein Reformer. Die Konser vativen hätten vermutlich nicht so kläglich ab geschnitten, wenn sie von vornherein auf den Ehrgeiz einer Sonderkandidatur verzichtet hätten. Am deutlichsten spricht jedenfalls die Statistik über den Wahlausfall in Leipzig V. Ihr sei darum hier das Wort gegeben, denn die Ersatzwahl hatte eine Reihe recht intereßanter Tatsachen gezeitigt. Zunächst die Abnahme der Wählerzahl. Vor Jahresfrist betrug die Zahl der Wahlberechtigten 12 453, vor gestern nur 11735, also 718 weniger. Das ist darauf zurückzuführen, daß nach den Bestimmungen des Wahlgesetzes neue Listen nicht angefertigt wurden, weil die Ersatzwahl innerhalb Jahresfrist nach den allgemeinen Wahlen stattgefunden hat. Es konnte also nur ein Abgang (in der Hauptsache durch Ver zug, weiter aber auch durch Tod) stattfinden. Er ist recht beträchtlich gewesen, denn er beträgt 5,77 Pro zent der Wählerzahl. Weiter hat ein Rückgang in der Wahlbeteiligung stattgefunden. Bei der vorjährigen Hauptwahl erschienen 10 457 Wähler --- 84 Prozent der Berechtigten an der Wahlurne, diesmal nur 937 oder 80 Prozent der Berechtigten. Man wird mit dieser Beteiligung immerhin noch zu frieden sein können. Eine kleine Mehrbeteiligung hätte aber hingereicht, um den ganzen Stichwahl apparat überflüssig zu machen: 101 vierstimmige nationalliberale Wähler Hütten genügt, um ihrem Kandidaten Dr. Zöphel die Mehrheit zu verschaffen. Wenden wir uns nun den Parteien zu. Wir sind in der Lage, das Einzelergebnis zu veröffentlichen, und bemerken, daß unter die Stimmen der Wähler mit je 4 Stimmen, unter 8, 6 und v die mit 3 und 2 Stimmen sowie 1 Stimme summiert sind. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, ist das Ergebnis für die nationalliberale Partei folgendes: 1909 1910 1SM mehr 6 696 7 260 564 8 1524 1 674 150 6 1214 1446 232 v 368 383 15 Zusammen: 9 802 10 763 961 Ein glänzendes Ergebnis, besonders dann, wenn man berücksichtigt, daß die Zahl der Wähler, wie schon oben erwähnt, beträchtlich geringer ge worden ist. Die Konservativen und Reformer gingen 1909 zusammen, hatten aber vorgestern zwei Kandidaten aufgestellt. Wir summieren sie für 1910 ebenfalls, da so die Differenzen leichter zu ersehen sind. Das Ergebnis ist nachstehendes: 19 9 1910 !I1N weniger 4 004 2 404 1 600 777 498 279 6 762 416 346 v 235 136 99 Zusammen: 5 778 3 454 2 324 Das Ergebnis ist für die Konservativen und Re former geradezu niederschmetternd. Trotz aller Agi tation haben sie nur 60 Prozent der Stimmen von 1909 aufzubringen vermocht! Das redet Bände über die Strömung nach links. Zm einzelnen verteilten sich die Stimmen wie folgt: (1 r> zu?. Kons.: 1396 231 236 71 1934 Ref.: 1008 267 180 65 1520 Die Konservativen haben ihren geringen Ueber- schuß also hauptsächlich der )V-Klaße zu danken. Zn der L-Klaße (Dreistimmige) hatten sogar die Re former etwas mehr Mannen zur Urne gebracht. Die Sozialdemokraten endlich hatten folgendes Ergebnis zu verzeichnen: 1909 1910 1910 wen» er .4 1308 1 048 260 14 1389 1 212 .177 6 3148 2 796 352 v 2 981 2 656 325 Zusammen: 8 826 7 712 1 114 Dieser Ausgang wird die „Genoßen" wenig be friedigen. Selbst wenn man zugibt, daß diese Partei durch Verzug von ihr Angehörigen am meisten be troffen wird, so ist der Verlust doch viel zu reichlich geworden, um hierin allein seine Erklärung zu finden. Nimmt man schließlich nur die Zahl der Wähler (nicht Stimmen), so stellt sich heraus, daß die Nationalliberalen 325 Wähler ge wannen, während die Konservativen K65 und die Sozialdemokraten 625 Wähler ein- büßten. Also alles in allem: Das beste Zeugnlr für die n a t i o n a l l i b e r a l e Partei und für ihren trefflichen Kandidaten.
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