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210 zuschreiben, daß die Stadt nicht dadurch in namen loses Elend gebracht wurde. Hätte nur ein Einziger für Nowack Partei genommen, so erfolgte daS schrecklichste Blutvergießen. Die Requisition nach Wein, Leinwand, Vieh, Brod und Cigarren neh men noch fortwährend ihren Fortgang. Noch gegen Abend wurden wiederholt im Kloster tief im Keller versteckt hinter geheimen Thüren 4000 Flaschen To- kayer und Malaga vorgefunden. — Cigarren sind nicht mehr zu Haden, der Wirth meines Hotels hat selbst seit drei Tagen nicht mehr das Vergnü gen des Rauchens, und selbst sein Wein (3000Fla schen) ist schon der Armee nachgesandt. — Nachdem die Elbarmee auch das Schloß Gilschin erstürmt hatte, konnten sich die drei Ar meen die Hand reichen und vereinigt auf die Fe stungen Josephstadt und Königgrätz vorrücken. Die Oesterreich» schlugen sich überall mit der größten Tapferkeit, mußten aber vor dem weittragenden Zündnabelgewehr weichen. Auch den mit der öster reichischen Arme« vereinigten sachs. Truppen wird daS größte Lob gespendet; leider sollen ihre Ver luste enorm sein. Ueberhaupt ist die Zahl der Tobten und Verwundeten so ungeheuer, daß sie mit den Erfolgen in keinem Verhältniß steht. Darf man den Berichten der Preuß. Zeitungen glauben, so hätte Oesterreich an Lobten, Verwundeten und Gefangenen bereits 60- — 60,000 Mann verloren. Wie viel Menschenleben soll dann die Entschei dungsschlacht kosten? Der König von Preußen ist zur Armee gereist. Einem Gerüchte zufolge wären die Commandanten der Festungen Olmütz und Königgrätz wegen Verraths erschossen worden. — Nach der Const. Ztg. sollen die Sachsen bei der am 4. Juli erfolgten Hauptschlacht sehr stark betbeiligt gewesen, Artilleriehauptmann Hoch und Major Grünewald unter den Getödteten sein. — Die hannöversche Armee existirt nicht mehr. Nachdem sie mehrere Versuche gemacht, sich durch die preußische Kette nach Süden durchzuschlagen und die CapitulationSbedingungen verworfen hatte, griffen sie das am meisten drängende Corps deS Generals v. Flies am 27. Juni an. Dieses Cörps, daS nur 6000 Mann zählte, während die Hanno veraner IS- — 20,000 Mann stark waren, hatte natürlich bedeutende Verluste zu erleiden und wurde zurückgedrängt, wich aber nicht so weit, daß die Straße frei geworden wäre. Als nun auf beiden Seiten überlegene Streitkräfte erschienen, mußte die Armee unter folgenden Bedingungen capitmiren: Der König und der Kronprinz wählen ihren Wohnort frei außerhalb Hannover; die Offiziere bebalten ihren Degen und versprechen, nicht gegen Preußen zu kämpfen; die Mannschaften werden in ihre Hei- math entlassen; das gesammte Material fallt an Preußen. Die hannöverschen Truppen haben sich außerordentlich tapfer geschlagen, leider ist viel Blut vergossen worden (man spricht von 4000 Verwundeten). — Das DreSd. Journal schreibt unterm 3. Juli: Gestern Abend gegen 8 Uhr sind die Red ar teure der beiden Chemnitzer Blätter, Herr Prof, Lamp recht („Chemnitzer Tageblatt") und Herr Liebig („Cbemnitzer Nachrichten'') unter Militarbedeckung (3 Mann Infanterie- hier eingebrachk und der k. preußischen Stadtcommandantur (im Blockhause) übergeben worden. Diesiloen waren am I. Juli in Chemnitz militärisch aufgehoben, per Post nach Freiberg abgesührt und von dort per Eisenbahn hierher gebracht worden. Ein zahlreiches Publikum gab ihnen daS Geleite vom AldertSbahnhofe biS zur Stadtcommandantur, wo sie sich auch beute noch befinden. Die gedachten beiden Herren haben selbst uns mitgetheilt, daß sie sowohl während deS Marsches hierher als auch beim Empfange hierselbst auf der k. Stadtcommandantur „sehr gut behandelt" worden sind. — Als Grund dieser Maßregel wird gerüchtweise gemeldet, das Cbemnitzer Tageblatt habe eine falsche Nachricht über eine von den Preußen in Bödmen verlorene Schlacht gebracht, in welcher 16000 Preu ßen gefangen worden seien. — Die Befestigung Dresdens schreitet fort. D« trotz deS hohen Lohnes (I Thlr. pro Mann) sich nicht genug Schanzarbeiter in Sachsen meldeten, so hat die preuß. Commandantur 1000 Arbeiter aus Berlin kommen lassen. Der große Garten wird auf Verwendung hoher Personen geschont und nur wenige Bäume müssen zum Opfer fallen. Am 4. Juli wurden 10! Kanonenschüsse zur Feier des Sieges an demselben Tage abg.fiuert, Königgrätz soll erobert, nach andern Gerüchten hätten die Preußen Prag genommen, waS freilich wenig glaublich scheint, da sie auf einer ganz an dern Straße vorrücken. Zahlreiche Verwundete sind in Dresden ange- kommen. Sachsen, Oestreicher und Preußen wer den zusammen in den Lazarcthen verpflegt. Leider soll schon Mangel an Verbandstücken eingetreten sein, da die früheren Vorräthe nach Böhmen ge sandt worden sind. Am 30. Juni Abend wurde von der Stadt- cowmandantur auf Befehl des preußischen Gouver nements eine Bekanntmachung angeschlagen, welche für den 2. Juli die Ablieferung aller im Privatbesitz befindlichen Schuß-, Hieb- und tLtoßwaffen sowie aller Pulvnvorrätbe, Patro nen für die Stadl Dresden und die im Bereich der Vorposten gelegenen Ortschaften Ct.ießen, Gruna, Strehlen, Räcknitz, Plauen anordnct. Der letzte Einlieferungstermin ist der 3. Juli miltag- 12 Uhr. Nach dieser Zeit zieht der Besitz von Waffen oder Munition kriegsrechlliche Bestrafung nach sich. Letztere tritt auch bereits von jetzt av für diejenigen ein, welche heimlich Waffen über die Vorposten hinaus zu führen versuchen. Bei Alar- mirung der Truppen in und um Dresden haben sich die Bewohner sofort in ihre Wohnungen zu verfügen und Haden nachts die Hauser zu erleuch ten (die früher bestantene Einrichtung, daß bei Mondschein die GaSlaternen ausgelöscht wurden, ist schon längst aufgehoben). Im Fall eines Kam pfes in und um Dresden wird denjenigen, welch« mit Waffen betroffen werden, die Strafe des Er-