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34 Geldausgaben knapp." „Er selbst", wandte der Jesuit ein, „vergeudet doch vieles Geld für des Teufels Zwecke; da giebt er für Schleswig-Holstein, für den neugegründeten protestantischen Gesellen- verein, für liberale Zeitungen, diese Werkzeuge des Satans; er ist Mitglied der gottlosen Narhalla und anderer Umstunvereine — und Ihnen will er Geld für Gottes Zwecke verweigern!" „Ja, ja", er widerte die Dame, „ich darf Pit meinen Angelegen heiten gar nicht vor ihn treten, für diese will er keinen Kreuzer geben." So gingen die Klagen eine Zeit lang fort. „Wo hat er sein Geld?" fragte auf einmal der fromme Mann. Die Dame sah erstaunt auf. „In seinem Secrctär", entgeg nete sie. „Und Sie können nickt an diesen Secre- tär gelangen?" „Nein." Wo hat er den Schlüs sel dazu?" „Den tragt er bei sich." „Und des Nackls?" „Liegt er in der Schublade seines Nacht tisches." Der Jesuit überlegte einen Augenblick. „Gut", sagte er dann, „wenn er Ihnen kein Geld für der Kirche Nutz und Frommen geben will, so nehmen Sie cs, wie und wo Sie cs bekommen können!" Die Dame sprang erschreckt auf. Der Jesuit legte lächelnd seine Hand auf ihren Arm und drückte sie sanft auf ihren Sitz zurück. „So will es die Kirche", sagte er mit gehobener Stimme. „Ihr Mann verwendet das Gut, das ihm durch des Allmächtigen Hülfe geworden, als Feind der Kirche; an Ihnen ist es, diese Habe — soviel Ihnen möglich — dem WeOe zuzufübreM für bas der Himmel es bestimmt hat. Kann es nicht auf dem gewöhnlichen Wege geschehen, so müssen wir die List zur Hülfe nehmen." „Und ich sollte mei nen Mann bestehlen, ist das nicht Sünde? warf die Dame schüchtern ein. „Sünde", rief der Je suit, „Sünde wäre es, wenn Sie es nicht thälen. Erbeben Sie sich des Nachts von Ihrem Lager, wenn Ihr Mann schläft, beten Sie zu Golt um Beistand, nehmen sic dann den Schlüssel und öff nen Sie damit den Sccretär. Ich ermächtige Sie, der Kasse Ihres Mannes so viel Deld zu entneh men, als Sie — bei freier Verfügung — dem ka tholischen Gesellenverein zu geben gewillt gewesen wären. Sie erhalten Gottes Lohn dafür!" Hier brach durch eine unliebsame Störung die Unterhaltung ab." Die ersten Anträge der Abgeordneten ha ben den preußischen Ministern nicht gefallen; sie haben sich daher trotz wiederholter Einladung in den Commissions-Sitzungen noch nicht sehen lassen. Der Antrag Virckow's namentlich, daß die Verei nigung Lauenburgs mit der Krone Preußen rechts ungültig sei, so lange der Landtag leine Zustim mung nicht gegeben habe, ist der Regierung ein schwerer Stein des Anstoßes. Sie behauptet, diese Zustimmung sei durchaus nicht nüthig, während die Commission entgegengesetzter Meinung ist und sich auf die Einverleibung Hohenzollerns beruft, bei welcher noch vor Abschluß die Genehmigung der Kammern eingeholt wurde. Die Abfindungssumme von 1,800,000 Tblrn. für Lauenburg (an Oester reich) scheint der König aus Privatmitteln gezahlt zu haben. — In den größeren Städten Italiens haben sich bereits eine Anzahl katholische Geistliche verebelicht; in Genua nahm jedoch die Behörde Anstand, einen Priester auf dem Wege der Eivilehe zu trauen, nicht etwa wegen religiöser Bedenken, sondern nur, well die Geistlichen noch nicht zur Rekrutirung heran gezogen sind. Wahrscheinlich schloß der Beamte so: Wer nicht alle Lasten des StaateS trägt, hat auch nicht aus alle Reckte Anspruch. Man sieht, Italien macht Fortschritte! — In Kronstadt kam in einer hölzernen Baracke, in welcher 250 Arbeucr schliefen, Feuer aus und griff so rasch um sich, daß 54 Menschen in den Flammen umkamen. — In Amerika wächst die Wuth gegen Frankreich und daS neue Kaisertdum Mexiko mit jedem Lage und es wird kaum möglich sein, den Krieg zu verm<iken. Die Amerikaner sagen: Wir können keinen Soldaten- staal an unsern Grenzen dulden; er würde unS zwingen, ebenfalls eine große Armee zu ballen, dazu haben wir aber weder Gelb, noch Leute. Beide können wir nützlicher verwenden. „An der Spitze derer, welche Krieg mit Maximilian und Napoleon wollen, steht der General Grant. Der sonst so schweigsame und nüchterne Feldherr wird Feuer und Flamme, wenn die Rebe auf Mexico kommt und macht nicht das mindeste Hebt aus seinen Ansichten. Einmal müsse es da unten doch zum Kriege kom men, und je eher, desto b.sser! Es seien noch über 150000 Mann unter Waffen, altgediente und er probte Truppen, die alle gern einen Spaziergang nach Mexico machen und lckncll alles rein fegen würden. Er, ber General, wolle sich anbeischig machen, den ganzen „Job" in Ms Monaten zu besorgen. Jetzt sei er halb so tbeuer, als er später zu stehen kommen würbe. Ehe nur ein französisches EorpS nach Mex co gelangen könne, sei die ganze Arbeit gelhan, und an eine „Landung fcanzösilcher Regimenter sei bei dem ausgezeickneien Stande der Flotte gar nickt zu denken." Nach den neue sten Nachrichten hat der Tanz bereits begonnen. Ein amerikanischer General hat den Grenzfluß Rio-Grande überlckrttlen und eine Anzahl kaiser licher Soldaten gefangen genommen. — Die Stadt Meißen, die im Jahre 1865 11 Feuer gehabt hat, wurde am 30. wieder durch die Feuerglocke erschreckt. Die Tischlerwerkstatt in der Bebrlich'ichen Malchinenbauanstalt aus ber Lo renzgaffe war in Brand geraihen; das Feuer wurde jedoch, trotzdem der beceuteude Holzvorrath die Gluth ungewödnlich nährte, glücklich gedämpft ohne daß weiteres Unglück erwuchs. -- Locales. Einer unserer geachtesten Mitbürger, Hr. Stadt- kämmerer Fischer, feierte am 31. Januar seine silberne Hochzeit. Aus der Nähe und Ferne erhielt das rüstige Jubeipaar Zeichen der Liebe und Tbeilnahme; besonders hatte eS sich die veiel- nigte Sckützcngesellschaft zur Aufgabe gemacht, daS Fest ihres hochgeehrten, verdienstvollen Eommanban-