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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das König!. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 2 Freitag, dm!2. Januar 1866. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Bierteljabrgang beträgt 10 Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmtliche KSnigl. Postämter nehme» Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, weiden in Wilsdruff sowohl (in der Redaction), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meisten bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, nach Befinden honortrt. ^ie Redaction. Umschau. Prinzessin Sophie von Bayern ist leider in Folge ihrer Entbindung nicht unerheblich erkrankt; der königl. Leibarzt, geh. Medicinalrath vr. Walther in Dresden wurde nach München berufen; in Folge seiner Berichte reiste Sr. Majestät der König sofort ' dahin ab. Ihre Majestät die Königin befindet sich ebenfalls dort. Nach den neuesten Bulletins im Dresd.Journ. sind an Stelle der Brustleiden Ver dauungsstörungen getreten, die zu ernsten Befürch tungen Anlaß geben. Gott bewahre unser Königs haus vor neuen Prüfungen. — In Berlin ist der Maurermeister Marquardt, Erbauer des eingestürzten Neubaues vor dem Kö- nigsthor, zu sechs Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Er war dem Baue durchaus nicht ge wachsen und hatte auch schädliche Aenderungen an dem genehmigten Riffe vorgenommen.— Die Juden in Pesth waren in großer Auf regung über die Frage, ob ihre Rabbiner unkoschere Speisen an der Lasel des Kaisers genossen hätten. Die ängstlichen Seelen wurden aber durch das in einer schleunig berufenen Gemeindesitzung abgegebene Zeugniß beruhigt: Die beiden Rabbiner haben von jeder Speise wohl genommen und sie auf ihre Teller gelegt, aber außer Obst und Käse keine berührt. Ein aufwarlender Diener sagte aus, die beiden Rabbiner hätten zwar Gabel und Messer gebraucht ^md die Pantomine des Essens gemacht, aber kei nen Bissen über die Lippen gebracht. — Kaiser Alexander, der große Reformator Rußlands, hat auch die Erfahrung gemacht, daß Mönche zwar das Prophezeien, aber nicht die Re formen lieben, Als er voriges Jahr in Moskau war, hörte er von einem alten Mönche, der ein großer Prophet und heiliger Mann sei. Den mußt Du über die Zukunft Deines Reiches fragen, dachte der Kaiser, und ging zu ihm. Sie unterhielten sich lange, und was prophezeite der Mönch? — Daß der Kaiser auch seinen zweiten Sohn bald verlieren und daß der dritte Sohn Sergius den Thron besteigen und unter ihm das Reich zerfallen werde. Welche Belohnung der Prophet erhalten hat, können wir nicht sagen. — In Spanien gehl's munter zu. Der be kannte General Prim hat mit 2 Kavallerieregimen tern in Aranjuez revoltirt und will die Königin, die Minister rc. stürzen. Marschall O' Donell, der jetzt Minister ist und Truppen gegen ihn ausschickt, hat's selber ein paarmal wie Prim gemacht, ,,Die Woche sängt gut an", rief jener Verbrecher, als man ihm am Montag sein Lodesurtheil ver kündigte. Mancher Spanier denkt dasselbe vom neuen Jahr. Die Revolution hat nach den Berichten deS Telegraphen, der freilich in den Händen der Re gierung ist, wenig Aussicht. Aber in Spanien ändert sich eine Sache oft über Nacht. Auch in der zweiten Stadt Spaniens, Barcelona, sind Unruhen ausgebrochen und die nächste Post kann Nachrichten vom Sturze nicht nur des Ministeri ums, sondern der Dynastie bringen. Höchst wahr scheinlich arbeitet der General Prim auf eine Ver einigung von Spanien und Portugal unter dem König des letzteren Landes hin. — Äaß ein Eisenbahnzug wegen Schulden von Gerichtswegen weggenommen wird, dürste zu den Seltenheiten gerechnet werden; so geschah eS aber kürzlich der nordspanischen Eisenbahngesell- schaft, der auf Antrag französischer Fabrikanten ein Zug mit 6 Personenwagen sammt Lokomotive