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413 kgl. Hofapotheke in München liefen im verflossenen Jahre täglich 15 — 30 Briefe mit Aufträgen auf Fleischextract ein, und manche waren so dringlich gehalten, daß sie den Artikel um jeden Preis ver langten. Diese großartige Steigerung der Nachfrage war zwar vorauszuschcn, da schon seit Jahren bei dem Absatz dieses Artikels die Beobachtung gemacht wurde, daß die Kundschaft niemals wechselte, son dern sich stetig nur vermehrte; wer den Artikel ein mal kennen gelernt hatte, der behielt ihn bei trotz des hohen Preises. Bei nur einiger Bekanntschaft mit Ler Natur des Handels mit Nahrungsmitteln ist cS einleuchtend, daß bei einem Artikel von so anerkannter Wirksamkeit eine Production von vielen hunderttausend Pfunden wie ein Tropfen in einem Glas Wasser ist. Zur Production von einer Million Pfund Ertract sind, da ein Ochse ungefähr 8—8 Pfb. Extract liefert, etwa 175,000 Stück Hornvieh erfor derlich. Am La Plata und in Brasilien werden jährlich 3^—4 Millionen Stuck geschlachtet, so Laß eS also nirgends an Material für die Fabrikation im Großen fehlen dürfte, und da ein Ochse daselbst durchschnittlich nur 12 Thlr. kostet, so sind diese Länder offenbar die einzigen in der Welt, wo zu sehr niedrigem Preis der Ertract fabricirt werden kann. Die englisch-belgische Acticn-Gesellschaft wird mit einem Capital von 500,000 Pfd. Sterl, die Fabrik in Fray-Bentos wesentlich vergrößern und außerdem noch zwei neue Fabriken in der argenti nischen Conföderatio» und in Brasilien errichten; sic hat um 165,000 Pfd. Sterl, das ganze Besitzthum der Socivte Fray-BcntoS übernommen; dieses besteht in einer Fleischextract-Fabrik mit vollständigen Ma schinen und Apparaten, einem Etablissement zum Schlachte» und zum Ginsalzen der Häute, wo jähr lich 60 — 80,000 Stück Vieh geschlachtet werden, nebst vollständigen Gebäulichkeiten, Maschinen, Eisen bahn bis an den Fluß, Landungsbrücke zum Ein- und Ausladen von 3—4 Seeschiffen, und ferner 25,000 Acres des werthvollstcn Wiescnlandes mit ausgedehnter Flußfronte, dem besten der La Plata- Staatcn mit einer Heerde von 21,000 schönen Mcstizo- Schafen, 5000 Stück Hornvieh, 250 Pferden -c. Außer der Ausbeute an Fleisch-Ertract hofft man noch namhafte Vcrwcrthung dcr Salzhänte und dcS bedeutenden Quantums feine» Kuchcnsettcs und all- mälig auch Nutzbarmachung der 20,000 Tonnen oder 40 Millionen Pfund betragenden thicrischen, durch die Schlachtungen sich anbäufenden Substanzen. Man hofft da- Problem zu lösen, dieselben in transpor table und benutzbare Form zu bringen, so daß man dadurch einen Guano von großem Werth gewinnen könnte. — In Luzern gebar eine brave, blutarme Frau, die von ihrem Manne verlassen worden war, ein Büblcin. Sic wußte nicht, wovon sie cs taufe» lasse» sollte. Da meldete sich der Säagervercin „Frohsinn" als Pathe, ließ daS Knäblein taufen, sang bei dcr Feier seine schönsten Lieder, Einer spicltc die Orgel wic ein rechter Meister und Alle richteten dcr Muttcr ein frohcS Mahl aus und vergaßen auch nicht ein schönes Eingcbindc. Jährlich am Tauftag werden die fröhlichen Sänger eine Summe !n die Sparkasse legen, um ihren Pathcn zu erziehen und sein Fortkommen zu bahnen. — Ein junger 26jähriger Mann, seines Zeichens Kaufmann z» Berlin, lebte in Saus und Braus und dachte nicht au's Arbeiten. Ich habe einen einzigen Vater, sagte er, und dcr ist reich und alt; wozu arbeiten! Er lebte auS des Vaters Tasche. Dcr Alte ließ den Notar kommen und machte sein Testament. Mein leichtfertiger, arbeitsscheuer Sohn soll mein Universalerbe sein, diktirte er, aber nur unter einer Bedingung: ehe er daS Vermögen über kommt, muß er drei Jahre zuvor durch eigene Tha- tigkeit jährlich wenigstens 600 Thaler verdient haben; wenn nicht, so behält er nur seinen Pflichtteil und das Andere erhalten die und die Scitcnverwandten. Die bedenkliche Clausel blieb nicht geheim und scheint auS dem Müssiggänger einen fleißigen Mann zu machen; denn Noch bricht Eisen, sagt er. — Für idas Ablicfern eines genau beschriebenen Rat tenpinschers wird in Maueranschläge» in Wien 200 Gulden geboten. Diese Anzeige hat ihre eigene Geschichte. Der Hund gehörte einer jungen schönen Danie, die ihn nebst einer halben Million Gulden von ihrer Tante geerbt hatte. Die reiche, schöne Dame hatte auch einen Courmacher, den das häß liche, bissige, verwöhnte Thier oft ärgerte. Die ein zigen Stceitigkcitcn zwilchen Ihr und Ihm gab'S über den Hund. Eines TagcS war er verschwunden, dcr Diener dcr Dame hatte ihn auf dcr Straße auSgcsetzt und vorher von dem Bräutigam ein gutes Trinkgeld rc. erhalten. Die Braut war trostlos, todtunglucklich. „Aber warum, meine Thcure? Ein so häßliches Thier!" Weißt Du's denn nicht? Meine Tante hat mir das Geld nur unter der Bedingung vermacht, daß ich den Hund bis an sein natürliches Ende treu verpflege; wenn nicht, so fällt die Erb schaft an die Armenkasse. — Der Mann erschrak, das hatte er nicht gewußt und daher die Prämie. Leider läßt aber auch die Armenkasse nach dem Hunde suchen. Da sitzt der Haken. — Einer dcr berüchtigstcn Gauner, auch der Ber liner Polizei wohlbekannt, der Hausirer MarcuS Löb frei, hat Anfangs dieses Monats in Oester reich sein Ende gefunden, indem er sich während drr Nacht Patronen in den Mund steckte und diese an- zündctc. Wege» Einbruchs in das königliche Schloß zu Potsdam war er zu 10 Jahren Zuchthaus ver- urthcilt, spater in Berlin noch einmal zu 20 Jahren, nachdem er durch Einbruch im Schlosse zu Boitzen burg 70,000 Thlr., bei Bethmann in Frankfurt am Main 22,000 Thlr. gestohlen hatte. Hier entsprang er den, Schutzmann« bei», Aussteigcn aus den, Zcl- lcnwqgen, wurde seitdem steckbrieflich verfolgt und trieb sein Handwerk in allen großen Städten Deutschlands, bis er am 5. zufällig 'n Straubing erkannt und verhaftet wurde. — Der weist König Salomo, dcr behauptet hat, alleö Irdische sei eitel, hatte 12 Speise-Intendanten, von welchen jeder je 1 Monat die königliche Tasel versehe» mußte. Diese war nicht klein, da nach den Ueberliefcrungen der heil. Schrift ohne die Höflinge