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29V müßten die Ortsbehörden die Verluste bescheinigen können. — Bekanntlich hatte die preußische Regierung eine Anleihe im Betrage von 80 Millionen von den Abgeordneten verlangt und dabei die Kosten des Krieges auf 108 Millionen angegeben. Die Com mission, die über die Anleihe zu beratben hatte, ist zu dem Beschlusse gekommen, dem Hause die Ver werfung der Anleihe zu empfehlen, da nach Prüfung der Vorlagen Lie Regierung blos 30 Millionen brauche. Der Finanzminister rvar aber damit durchaus nicht zufrieden und verlangte allein 22 Millionen zur Füllung des Staatsschatzes, der für unvorcergesehene Falle die besten Dienste leiste. Die Abgeordneten werden nächstens darüber zu emscheiden haben. — Sämmtliche preußische Feldwebel, welche auf dem Schlachtfelde das Ofsiuerspalent sich er worben haben, erhalten ein königliches Geschenk und zwar jeder von 200 Thlr., um sich damit die Offtziersuniform anzuschaffen. Das preußische Herrenhausist ungehalten darüber, daß im Abgeordnetenhause der Friede wie der hergestellt ist. Man hätte es lieber gesehen, wenn der Conflict noch länger fortgedaucrt hätte. Bei jeder Gelegenheit lassen nun die Herren ihren Groll merken, haben die Aufhebung der Wucher- gesetze nicht genehmigt und drohen, auch noch in anderen Dingen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Als in diesen Tagen Graf Bismarck ein Miltagsessen gab, wurden außer den Ministern nur die Präsidenten und die hervorragendsten Mit glieder des Abgeordnetenhauses cingeladen. Darüber schüttelten die Herren auch den Kopf. Dem Herrenhause lagen kürzlich die An nexionen zur Beschlußfassung vor. Vor Beginn der Debatte protestirte das Mitglied, Freiherr v. d. Bussche-Streithorst iköniglich hannöverischer Kammerberr zu Thäle bei Quedlinburg) gegen die Beschlußfassung. Derselbe äußerte: „Ich kann ein sogmannns Ecoberungsrecht nicht anerkennen, ich kann das R'cht, deutsche Fürsten von Land und Leuten zu v.ilrciben und ihnen die Selbstständigkeit zu nedm> n, nicht anerkennen. Ich kann daher auch dem priußlschen Landtage, wie diesem hohen Hause das Rechr nicht einräumen, über die im vorliegen den G,setzkntwürfe aufgeführten Länder zu beschlie ßen. Ich bin infolge meines Grundbesitzes gleich zeitig Preuße und Hannoveraner und habe gleich mäßig dem Könige von Preußen und dem Könige von Hannover den Huldigungscid geleistet. Ich prolestire daher vor Gott und diesem Hause gegen die projectirte Einverleibung. Ich weiß, daß, wenn Hannover jetzt der Gewalt weichen muß, es nie auf hören wird, seinem angestammten Herrscherhause treu zu bleiben und auf Gott zu vertrauen, der Hilse zu rechter Zeit gewähren wird.^ Der Ober bürgermeister voy Magdeburg, Hastelbach, er widerte darauf, daß Hannover in dem Falle, wenn Benedek in Berlin cingezogen wäre, gewiß nicht so gesprochen haben würde.— In Wtca ist eine Brochüre erschienen, worin dem Commandanten der badischen Armee, Prinz Wilhelm, geradezu Verrath an den Bundestruppen vorgeworfen wird. Wenn sein Oberer, Prinz Alexander von Hessen, ihm den Befehl zugehen ließ, sich an einem bestimmten Orte aufzustellen, so marschirte er an einen anderen, wo keine Preu ßen waren. Die Mißerfolge deS 8. Buntesaimee corps werden größtenteils auf diese Quelle zurück geführt. — In Bayern soll die preußische Militärordnung eingeführt werden: keine Stellvertretung, drei jährige Dienstzeit, zwei Landwedraufgebote, bis zum >10. Jahre. Nur eine Acnderung will man vornehmen: alle verheiralheten Männer sollen inS 2. Aufgebot kommen. — Der Herzog von Nassau hat seine Truppen, 3 Regimenter, in die Heimath entlassen. Er hielt noch eine Ansprache an sie, worin er ihnen fernen Dank für ihre Treue und zugleich die Hoffnung aussprach, sie würden auch in bösen Tagen die alte Mannszucht bewahren. — Der Herzog von Nassau ist einer der reichsten Fürsten, denn ihm gehört der 9. Theil des Lande-, wenn man die Domänen, die eigentlich StaatS- eigenthum find, ihm zuspricht. Er Hal sie immer al- Privateigenthum betrachtet und den Einspruch der Kommern verlacht. Jetzt haben sich nun die Stände nach Berlin gewandt und eine Untersu chung beantragt. -- In der preußischen Provinz Sachsen haust die Cholera fürchterlich: In Erfurt ist sie in so be denklicher Weise verbreitet, daß sowohl in Weimar als auch in Gotha die Abhaltung eine- Bogel schießens verboten worden ist. Auch ist vor der Hand der Einzug der Truppen in Erfurt fistirt, Leipzig batte in einer Woche bei 48 Geburten 285 Todesfälle. Wenn man bisher annahm, daß die Seuche mehr die nieder» Schichten ergreife, weil diese sowohl in ihrer Ernährung als in ihrer Wohnung nicht immer den ärztlichen Vorschriften genügen können, so trifft das in Leipzig gar nicht. Vorzugsweise wohlhabende Leute sind hinweggerafft worden. Die Michaelismesse wird trotzdem abge halten und hofft man auf starken Absatz. — Ja Zwickau find seit dem 25. August 189 Cholerafälle vorgekommen; der Stadtrath hat bis auf Weitere- alle Tanzmusiken verboten, auch wird der auf den 18. d. M. fallende Jahrmarkt nicht abgehalten. In Hohenstein starb am 5. d. M. der Todtengräber, 3 Tage später seine Frau an der Cholera, während weder die Stadt noch die Umgegend einen Cholera- sall aufzuweisen hat. — Das unter dem Vorsitz deS Generalmajor» Frhrn. v. Reitzenstein in Dresden wirkende Directorium des internationälen Verein» zur Pflege verwundeter und erkrankter Soldaten hat unterm 31. August seinen ersten Bericht versendet. Unterstützt ist er worden durch die Provinzialvereine und ComitöS in 39 Orten Sachsens sowie durch auswärtige Vereine und Co- mitös in Altona, Altenburg, Bremen, Berlin, Gera, Greiz, Hamburg, Kiel, Lütjenburg, Osnabrück, Prag,