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er: „So gingst Dn doch aus jedem prüfenden Feuer als Diamant hervor, Du sagtest „nein", trotz des Drängens einer ganzen Welt, Du bist eine große Seele. O, nun ist Alles gut, ich werde Dich reich, ich Dich glücklich machen und Dir Deine Treue belohnen!" „Nein, — nein, wir sind für ewig geschieden!" hauchte Hermine; „hasse, ver achte mich — ich bin das Weib eines Andern, Du kamst zu spät!" Er sank bei diesen Worten wie vernichtet zusammen, es war, als ob fein Herz von dämonischen Mächten gepackt aus seiner Brust heraus gerissen würde, wie ein vernichtender Blitzstrahl zuckte es seinem Auge, seiner zermalmten Brust entrang sich nur noch klagend das einzige Wort „zu spät", dann brach er in ein schneidendes, schallendes Ge lächter aus, und die Nacht des Wahnsinns breitete ihren düsteren Fittig über seinen Geist. Sein Seelenleben blieb umflort, er mußte in eine Irrenanstalt abgeliefert werden. Aus seinem Tagebuche und sonstigen Notizen ent nahm ich etwa Folgendes: Er hatte in der Residenz Güster und einsam nur seiner Praxis gelebt, den Schmerz um die süße, verlorene Ver gangenheit tief in seine Brust schließend. Die Welt der Ideale war hinter ihm in Trümmer gesunken, sein schönster Blüthentraum zer stört, und mit bitterem Hohnlächeln warf er sich in das regste Ge schäftsleben, um zu vergessen und sich selbst und feinen Schmerz zu tödten. Bald war er einer der renommirtesten Advocalen der Resi denz. Er war reich und angesehen, aber das düstere Lächeln spielte noch immer um seine Lippen, zwischen den Augenbrauncn drängte sich des Schmerzes und der Sorge Linie nur noch tiefer und dichter um die bleiche Stirn. Auch über sein räthselhaftes Schweigen fand ich in folgender Stelle Aufschluß. „Der Freund hat geschrieben—armer Träumer — an Todle schreibt man nicht, und ich bin todt, jede Faser meines Herzens ist gestorben, oder wäre ich noch derselbe, dem einst das Glück lächelte, der mit trunkenem Auge in die Sonne sah. Nein, nein. Ich habe mir mit meinem Herzblut Vergessenheit er rungen, Du darfst sie mir nicht rauben, ich muß Deinen Brief ver nichten, noch eh' ich ihn gelesen." Aber aus dieser mühsam erzwungenen Ruhe riß ihn plötzlich rin Ercignß, welches das Wrack seines Lebens hoch empor in das Reich neuer Hoffnungen schnellte. Er erhielt die Nachricht, daß sein Client, der proceßlustige Graf, gestorben, und daß sein Sohn, von so manchen Handlungen seines Vaters unangenehm berührt, dort ausgleichen wollte, wo Pflicht und Ehre es erforderten. Er reiste augenblicklich hin. Der wahrhaft edlen Seele des jungen Grafen genügten wenige Andeutungen, um ihn zu überzeugen, daß auch im Proccsie mit der Willwe ein moralisches Unrecht liege. Er bat Scharff um seine Vermittelung und offerirle eine solch' anständige Summe zur Ausgleichung, daß dieser beglückt abreiste, um sofort die Freudenpost zu verkünden. In dieser Nachricht lag ja auch Ver söhnung, er wollte noch einmal mit beredten, begeisterten Worten sein Glück in die Hände der Mutter legen, sie konnte es ihm jetzt, wo er das ihre bauen geholfen, nicht versagen. Er gönnte sich nir gends Nast, und wie ein Träumender langte er an seinem Ziele an. Wie war der Sargdeckel seiner Liebe plötzlich gehoben, und eine reiche Blüthenwelt knospete ihm berauschend entgegen, doch nur auf einen einzigen, beseligenden Moment, und er schlug nur noch heftiger zu, nm ihn selbst in der Nacht der Verzweiflung zu begraben. Der Zufall wollte es, daß er gerade an dem Tage eintraf, der ihm die Geliebte sirr immer entreißen sollte, und bei dieser Nachricht seiner Sinne kaum mächtig, stürzte er in die Kirche. Das plötzliche Zer trümmern all' seiner Träume vermochte sein ohnehin verdüstertes Ge- müth nicht zu ertragen, ein einziger, ihm fürchterlich durch die Seele zuckender Blitz, und seine Vernunft war gebrochen, vernichtet, die Flammen des Irrsinns umgaukelten sein Haupt. Ironie des Schick sals, das tückisch dann uns des Glückes Zauberhorn hinzuwerfen, uns mit seinen reichsten Gaben zu überschütten sucht, wenn die Brust, hohl und leer, mit dumpfer Gleichgiltigkeit es nicht mehr zu fasten vermag. Das von dem Freunde errungene Gut fiel diesem Alltags menschen, dem jungen Ehemann in den Schooß, und als das Geld aus gepackt worden, war er wie aus den Wolken gefallen, daß er ein so gutes Geschäft gemacht, und das arme Mädchen sich so plötzlich in eine reiche Dame verwandelt. Er hatte nicht Sorge um die Schmerzen und die bleichen Wangen seiner jungen Frau, er zürnte nicht über ihre Trauer und ließ sie gewähren, denn das Zählen und Unter bringen des Geldes nahm seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Und die Alte? Sie war jetzt reich, sie hatte ihren Mammon wieder, aber an ihrem Herzen nagte doch der Grames-Gedanke, daß sie mit ihrem Starrsinn ihr Kind unglücklich gemacht, denn sie trug bei aller Härte eine unendliche Liebe sür Hermincn in der Brust und suchte mit der zartesten Sorgfalt Alles hervor, ihr ein Lächeln abzu gewinnen. Vergebens, was in der Seele dieser Unglücklichen vorging, konnte Niemand ahnen, aus ihrem Antlitz lag eine Marmorkälte, um ihre Lippen spielte ein bitterer Hohn, sie hatte die Tiefen des Schmerzes durchgekostet und schreckte vor dem Drohendsten nicht mehr zurück. In ihrem Auge aber lag ein unergründlich bodenloses Weh. Sie fühlte jetzt die nagende Qual, daß sie sich willenlos dem Geschick überliefert, und daß dadurch der Geliebte ihrer Seele gerade da scheitern mußte, wo er sich am ersehnten Ziele glaubte. Vergebens suchte ich ihren Geist aufzurichttn, sie zu trösten, ihr neuen Lebensmnth einzuflösen, sie blickte mich mit glanzlosen, starren Augen an und erwiderte mit mattem Lächeln: „Ich habe keine Hoff nung — keine, nicht einmal die auf den Tod, das Räderwerk aus meiner LebenSuhr ist herausgenommen, und kein Gedanke, nur eine tonlose Leere ist darin, selbst zum Sterben wollen fehlt mir die Kraft." Der einzige bittere Trost war ihr, die dunkeln Fäden zu verfolgen, an denen sich ihr finsteres Geschick abgewickelt. Der Mutter Starrsinn — ihre Schwäche, des Freundes Vergkssenwollen, das Alles hatte in tückischer Laune die Dissonanzen gerade da am grellsten hervorgerufen, wo sie sich zu Harmonien zu ringen versucht. Seelen schmerzen tödten nicht, sie wühlen sich nur geräuschlos ein dumpfes Grab. In immer stärkeren Wellen umspielen des Todes Elemente ihre zertretene Brust, bis sie still hinabgezogen in ihr dunkles feuchtes Reich. Kaum ein Jahr nach dem unglücklichen Trauunqstage, und sie lag, des Erdenkampfes müde, auf der Bahre. Die Mutter rang ver zweifelt die Hände, sie war mitten in ihrem Neichthum ärmer als je, denn man sargte es ein, ihr theures, durch ihre Schuld um alles Erdenglück betrogene Kind. Sie lag so still, so selig verklärt dort, als hätte sie Frieden jetzt gefunden, nur um ihre bleichen Lippen spielte Etwas, als sagten sie: „Der Theure hat Recht, — das Schick sal gönnt uns kein Glück!" Ich besuchte den unglücklichen Freund, um ihn vielleicht durch die Nachricht von Herminens Tode wach zu rütteln. „Aha!" meinte er mit trübsinnig schlauem Lächeln, „auch Dein Geschoß trifft nicht mehr. Ich habe mich als Mann der Themis mit dreifachem Erz umgürtet, die Kugeln des Schicksals sind nur Seifenblasen, sie zerplatzen alle an meinem Panzer; die Welt wäre glücklich, verrielh ich ihr mein Mittel, aber nein, tödtet sie Alle, ich allein will leben!" und er hüllte sich mit Lachen in seine Decke; ich mußte scheiden — die Thür schlug hinter mir zu — ich war allein. Vermischtes. Eisenbahnunglück. Am 7. d. ereignete sich bei Hhrpers-Ferry, einem während des amerikanischen Bürgerkrieges vielgenannten Orte in Virginien, am Zusammenflüsse des Shenandoah und Potomac ein großes Eisenbahnunglück. Die Eiscnbahnbrücke brach unter einem Bahnzuge zusammen, der Zug stürzte in eine Tiefe von 118 Fuß, und 15 Menschen blieben todt. Wchenmarkt zu Wilsdruff am 17. März. Eine Kanne Butler kostete 2 Mark 30 Pf. bis 2 Mark 40 Pf. Ferkel wurden eingebracht 43 Stück und verkauft ü Paar 27 Mark —- bis 42 Mark —. Omnibus-Fahrplan zwischen Wilsdruff, Kesselsdorf und Dresden Montags, früh ö'/z Uhr. Nachm. 44/2 Uhr. ü Billet 1 Mark. Dienstags, Mittwochs, Donnerstags, : Freitags Sonnabends früh 6'/., Uhr und Nachmittags 4'/- Uhr. Sommer-Fahrplan vom 1. März 1876 an. Abfahrt von Dresden, Gasthaus; Abfahrt von Wilsdruff, zum Sachs. Hof, Breitestr. Nr. 2/ Dresdner Straße daselbst. Sonn- und Festtags früh 6V2 Uhr Sonn- und Festtags früh b'^UHr und Nachmittags 4'/s Uhr. und Nachmittags 4'/? Uhr. Montags, früh 6V2 Uhr und Nachmittags 4^ Uhr. Denstags, i Mittwochs, Donnerstags, v Freitags, Sonnabends,! TGMKxMGMÄHN « WAGz größte Auswahl von 1 Thaler an. Herzlichen Dank. Für die vielen Beweise inniger Liebe und Theilnahme, welche uns am Begräbnißtage unsrer guten Großmutter, der Frau Uv» in Herzogswalde, zu Theil wurden, sowie für die vielen Beweise der Theilnahme, welche der Seligen schon während ihrer Krankheit bewiesen worden sind, sprechen wir hierdurch unsern wärmsten Dank aus. Ganz besonderen Dank dem Herrn Pastor Messerschmidt für die trostreichen und schmerzstillenden Worte an ihrem Krankenlager nnd am Grabe; gleichen Dank der gnädigen Frau von Schönberg und Allen, welche ihr während ihres 9wöchentlichen Krankenlagers die Schmerzen zu lindern und sie zu trösten suchten; herzlicher Dank den Herren Trägern und Denen, welche ihren Sarg mit Blumen schmück ten. Möge der allgütige Gott Sie Alle dafür mit dauernder Ge sundheit segnen und allen Schmerz von Ihnen fernhallen. Du aber, die geschieden, Nun weilst in stiller Gruft, Ruh sanft in Gottes Frieden, Bis Dein Erlöser ruft! und Usksr», zugleich im Namen de» übrigen Hinterlassenen.