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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.09.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100907024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910090702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910090702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-09
- Tag 1910-09-07
-
Monat
1910-09
-
Jahr
1910
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Bezugt-PreiS M» -»» «-r-x«, durch uut« lräaee und Spcdtleure >»«l »tellch tu« Heu« ,«drachl: vü mouatl., t.70 »««rttljäbrl. vel «nfer» NUtaüm ». Tn» »utzmr-eürn edqebolt! 7a 4 «uuatl^ ».« ul el»a«lt«del. Durch »t« V»k r tuudrhalb Deuilchtand« und d«r deayche» kolonxn »tenel,ädrl. US» ul, monatl. 12l« ul audlchl. Postbestellgtü,. Ferner in Belgien, DLnrmark, den Doneukluatr», Italien, Luremdurg, Sliederland«, Nor wegen, Oesterreich- Ungarn, dt-tland, kchwcdeu, Schwetj ». Spanten. In alle« übrigen Staaten nur direkt durch dt» »eichültdsielle del Blattre «rhäuiich. Da« Letpgiger Dauedtatt erscheint lloM täglich. Sann- u geteriaa« »ur morgen«. Vdounelneni-Annalim«. lluguku.platz 8, bet unirre« Dräger», Filiale«, Spediteure» und Annahmestelle», sowie Postämter» »»d Briefträger». Itn>el»»rt»»f«pr»t« der lstorgen» «chgab« lv der iliben»<iu«gab« l N «Lektion and Seschäfirstell« J»ha»m«,aste 8. Feruchrmherl I««» t««tt, I«««. Abend-Ausgabe lNWgcr Tagcblaü Handelszeitung. Amtsblatt des Rates and des Nolizeiamtes Ser Stadt Leipzig. Anzeigen-PreiS fchr Icherak« au« Uewug und Umgebung die Sgeinaltene Ü0 mw breit« Petit,eil, 2ü ch. dt» 74 nun breite lteklame«eUe i ul »»« »»«wärt» äv H, Nellamen O2U ul« Aasrraie »»« Bebbrde« m amtlichen Teil dt« 74 au» drrtte Petir^tl« 40 »eichtii«an,elqen mit P agoorlchrilten UN» t» der Avrndausgab« im Lreiie erhol». Maden nach Lern- Peilagegebühr ü ul p. Dausen» exkl. Postgedühr. Festeri eilt« Auiträge kännen nicht «urülk. ättogen werden. Für da« -erscheinen an bestimmten lagen und Plähen wird kein« Haranne übernommen. Anzeigen-Annahme 1 Augustuäplatz 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annonce»» StpedUlonen de« In» und Autlande«. Haupt-Filiale Berlin: Tarl D n nckei. Serwg!. vn>«. Hotbach» Handlung, L»vowst:abe Kl (Lelevnon VÖ Nr. 4ooU). Hauvl-Siltale Dre«brnr Seeltrahe 4,1 (Telephon 4621). Nr. 247. MMwach, äen 7. September ISIS. t04. Jahrgang. «Met kür tSll! Bei den allgemeinen Reichstagswahlen des Zahres 1903 hatten von rund 12Vs Millionen Wahlberechtigten 9^ Millionen ihr Wahlrecht aus geübt, davon stimmten etwas mehr als 3 Millionen für di« Sozialdemokratie, die gegenüber der Wahl von 1898 fast eine Million Stimmen gewonnen hatte. BeidenBlockwahlenvon 1907 verzeichnete die Sozialdemokratie zwar eine weitere Zunahme um eine Diertelmillion Stimmen, ihr Anteil an der Ee- famtziffer der abgegebenen Stimmen im Reiche war aber von 31,7 auf 29 v. H. zurückgegangen und der Verlust von Mandaten auf nahezu die Hälfte. Die Zahl derNichtwähler war im Zeichen des Bülowblocks von 3 auf 2 Millionen zusammengefchrumpft und be trug 1907 nur noch 15,3 v. H. Nur noch? An sich wird man ja zugestehen muffen, daß es für die Be tätigung des politischen Bürgersinns einigermahen beschämend ist, wenn von je 100 Wählern 15 auf die Ausübung ihres wichtigsten, durch die Verfassung ver liehenen Rechtes verzichten; nur darf man bei einer summarischen Zusamenstellung der Ziffern nicht un beachtet lassen, daß Wahlenthaltung zum überwiegen, den Teile in solchen Wahlkreisen Platz zu greifen pflegt, die sich von vornherein im unanfechtbaren Be sitze einer Partei befinden. Hierdurch erklärt es sich daß die Wahlbeteiligten in den einzelnen Wahl kreisen im Jahre 1903 Schwankungen zwischen 40 und 92 v. H., im Jahre 1907 solche zwischen 55,2 und 95,1 v. H. aufwiesen. Mit Befriedigung darf fest gestellt werden, daß bei der letzten Wahl die Wahl kreise mit höchster Beteiligungsziffer zumeist national gerichtete Bewerber in den Reichstag entsandt haben, und zwar nach heißem Kampfe mit der Umsturzpartei; alte sozialdemokratische Hochburgen wie Breslau, Magdeburg, Braunschweig, Neuß ä. L., Sonneberg- Saalfeld, Gotha u. a. fielen teils in der Haupt-, teils in der Stichwahl. Die letzten Monate haben leider mit erschreckender Deutlichkeit erkenne» lassen, daß sich in der Gesinnung des deutschen Volkes eine Wandlung vollzogen hat, die nicht nur den Schwarzsehern starke Besorgnisse einflöhen muh. Zu einem erheblichen Teil ist es der unleugbar stark verbreitete politischeJndiffe- re n t i s m u s, der unserem Reiche verderblich werden muh; überdies läßt sich di« Bevölkerung zeitweilig von einem Pessimismus beherrschen, der durch die Verhältnisse doch nicht gerechtfertigt erscheint. Man muh ja ohne weiteres zugeben, dah die politischen Vorgänge seit der vorigen Reichs tagswahl den Patrioten zumeist recht wenig Freude bereitet haben; aber das berechtigt doch nicht zur Vernachlässigung unserer politischen Pflich ten oder gar zur Wahl eines Umsturzkandidaten. Man betrachte doch nur einmal den Gang unserer Entwick lung, wie er hauptsächlich durch die Schuld des " Die Frau im Spiegel. Don E. W. A p p l e t o n. (Autorisierte Uebersetzung.) Erstes Kapitel. Don einer benachbarten Kirche kamen, langsam nacheinander durch die Nacht hinrollend, zwölf Schläge, als wir zwei — Richard Hamilton und lch — den „Savaaellub^ verliehen und gemächlich dem Strande zuschlenderten. Bei der Kreuzung mit der Adamsstrahe blieben wir stehen, da uns hier unser Weg trennte. Richard besah eine Junggesellenwohnung im Middletemple, woraus zu ersehen ist, dah er Advokat war, ich da gegen hatte vor kurzem in Oxford mein Bakkalaureat bestanden und hatte, da ich außer meinem aka demischen Grade wenig besah, in Westkensington ein bescheidenes Zimmer inne. „Und nun, Teddy", sagte er, „wirst du wohl ein- sehen, dah ich persönlich nichts von dem Manne weih. Der Rechtsanwalt Baldwin, der mir zu meinem er ten Prozesse verhalfen hat, führte ihn gestern zu mir. Er wollte ein Gutachten Über die Rechtsgültig leit gewMer Ansprüche, die er zu machen hat, ein holen. Wie das Thema vom Privatsekretär aufs Tapet kam, weiß ich nicht mehr. Irgendwie kamen wir eben im Verlaufe unserer Unterhaltung darauf zu sprechen, und sofort dachte ich an dich." „Das steht dir wieder gleich, lieber Freund", be merkte ich. ..Laß doch das! Wie gesagt, ich weih persönlich nichts von dem Manne. Aber schon sein Aeuheres spricht zu seinen Gunsten. Er hat silberweißes Haar, ein glattrasiertes Gesicht, rote Wangen und eine wohlerhaltene weihe Hautfarbe. Ein oberflächlicher Blick allein gibt dir den Eindruck von feinem schwarzen Tuch, einer Goldbrille und Wohlwollen — du kennst ja den Typus!" „Gewiß. Das klingt ja vielversprechend!" „Allerdings. Baldwin sagt, er sei ein Ameri kaner. Auch ich halte ihn dafür, nach seiner Aus sprache zu urteilen, die gerade eine Spur de« ameri- kanischen Akzentes an sich hat. Baldwin behauptet ferner, er sei reich, besitze Silber- und Kupferminen drüben und dergleichen. Auf jeden Fall rate ich dir, ihn aufzusuchen. Du kannst dir ja dann selbst «in Urteil über den Mann bilden, und tun, was dich gut dünkt." Reichstages bestimmt wird. Fast jede Reichstags session legt unserem Wirtschaftsleben neue Fesseln an, bis in die kleinsten Verhältnisse hinein erstreckt sich der unselige Einfluß, der im letzten Grunde als schwächliche Nachgiebigkeit gegenüber den demokra tischen und sozialistischen Forderungen anzusehen ist. Dieser Zustand wird nachgerade unerträglich und ver hängnisvoll auch für die gewerblichen Arbeiter selbst, die sich durch die Gaukeleien der Umsturzapostel über den Ernst ihrer Lage nur zu leicht hinwegtäuschcn lassen. Sie hören unausgesetzt von Freiheit und merken nicht, dah sie tributpflichtige Sklaven unver antwortlicher Hetzer geworden sind. Was bitter not tut, ist eine über die weitesten Volkskreise sich er streckende Aufklärung über die Solidarität der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinter essen zur Erkenntnis des bekannten Kruppschen Grundsatzes: „Der Endzweck aller gewerblichen Ar beit ist das Gemeinwohl!" Dazu bedarf es an gestrengtester Tätigkeit; man darf nicht warten, bis die Reichstagswahlen „vor der Tür stehen". Die zeit weise, namentlich nach dem Dresdner Parteitage ge nährte Hoffnung, dah die Sozialdemokratie an ihrem eigenen Widersinn zugrunde gehen werde, hat sich als trügerisch erwiesen. Mehr als jemals zuvor haben wir Veranlassung, die Reichstagswahlen des nächsten Jahres zu fürchten. Die Sozialdemokratie verfügt über Geldmittel und eine Organisation, wie keine einzige der bürgerlichen Parteien; sie weih auch, dah sie ihre Erfolge hauptsächlich der rastlosen Agitation zu danken hat. Es sind nicht mehr die industriellen Arbeitermaffen allein, die der politischen Verseuchung zum Opfer gefallen sind, auch breite Kreise der länd lichen Arbeiterbevölkerung hat sie in ihren Netzen ge fangen und systematisch mit den Gefühlen des Haffes und der Erbitterung gegen die Arbeitgeber erfüllt. Mit Schrecken hat man auch erfahren, daß Handlungs gehilfen. Angestellte mit auskömmlichem Einkommen und kleine Beamte in großer Zahl Mitläufer der Umsturzpartei geworden sind. Hier böte sich ein dankbares Feld für den Hansabund, um mit der Werbetätigkeit und Organisation einzusetzen, aber selbstverständlich dürfen auch die Arbeitgeber und die Organisationen der bürgerlichen Parteien ihre Hände nicht untätig in den Schoß legen. Es soll gewiß anerkannt werden, dah auf dem Ge biete der Organisation auch seitens der nationalen Parteien in letzter Zeit etwas geleistet worden ist, aber gegenüber der Umsturzpartei bei weitem noch nicht genug. Es fehlt dem Bürgertum auch an Opferfreudigkeit, namentlich auch in materieller Hin sicht. Zum Kriegführen gehört Geld; das weiß die Sozialdemokratie. Die büraerlichen Parteien täten gut, wenn sie diesen Grundsatz in vollem Maße an erkennten, zugleich sich aber straff organisierten und an die Arbeit gingen. Ich zog den Empfehlungsbrief aus der Tasche, den Richard vorhin im Klub für mich aeschrieben, und besah mir noch einmal die Adresse. Sie lautete: Nahum Eoliby Villa Rabcnhorst Elsinore Road St. John's Wood. „Einverstanden, Richard", sagte ich, „ich will den alten Knaben morgen aufsuchen. Bin dir sehr ver bunden. Ein Geschenk vom Himmel bedeutet das für mich — 250 Pfund Sterling sagtest du, nicht?" „Soviel hat er mir gegenüber geäußert. Ver such s auf jeden Fall, ob du nicht mehr aus ihm herausschlagen kannst." „Ich werde es schon tun, mein Junge. Ein neu gebackener Bakkalaureus läßt sich nicht über die Schulter ansehen, was meinst du, Nivard? Gute Nacht also, ich werde mich beeilen muffen, um meinen Omnibus noch zu erreichen." „Gute Nacht und viel Glück!" erwiderte er. — Damit trennten wir uns und venolgten jeder seinen Weg. Pünktlich um die Mittagszeit des folgenden Tages fand ich mich in der Elsinorestraße ein. Auf beiden Seiten der Straße waren hohe Backstein mauern sichtbar, über die das heitere Grün des Laub werkes herabhing; nirgends konnte ich ein Haus er blicken. Auch begegnete ich keiner Seele, mit Aus nahme eines Postbeamten, der einen schweren Sack auf dem Rücken trug und sich zum nächsten Briefkasten begab. Ich faßte jede Zufahrt ins Auge, an der ich auf der Suche nach meinem Bestimmungsort vorüber kam. Aber erst am Ende der Straße gelang es mir, ein Schildchen mit der Inschrift „Villa Rabenhorst" in goldenen Lettern zu entdecken. Es war an einem Tore von beträchtlicher Höbe und unverkennbarer Stärke angebracht. In dem großen Tore war, wie an allen anderen dieser Stadtgegend, ein kleines Pförtchen mit einem Guckloch und daneben ein Elockenzug, eine Kett« mit einem Ring am Ende, an gebracht. Trotzdem es in den ersten Tagen des Juni war, spürte ich die Sonne schon ganz gehörig auf meinen Rücken brennen, so ungebührlich lange dauerte es, bis man auf mein Läuten rea"'<"^e. Endlich Härte ich auf dem Kies de» Fußwegs drinnen Schritte, ich batte das Gefühl, daß mich jemand durck» das Guck loch beobachtete, und dann flog das Pförtchen auf. politische Nachrichten. Das diesjährige Kaisermanöoer wird, wie man uns aus militärischen Kreisen schreibt, im Gegensatz zu den beiden letzten sehr teuren Kaiser- manövern, im Zeichen der jetzt so beliebten Reichs sparsamkeit stehen. Es ist alles vermieden worden, was größere Kosten vcrursack)cn könnte, vor allem wird auf die Vermeidung größerer Flurschäden hoher Wert gelegt. Die Zuteilung von Truppen eines dritten Korps ist diesmal nicht erfolgt, die Verhält nisse werden einfach und klein sein, so daß das dies jährige Kaisermanöver zu den kleinsten der letzten 10 Jähre gehören wird. Der obligate Zug für die Manöverleitung fällt ebenfalls fort, die Bagage ist eingeschränkt worden, um Kosten zu vermeiden. Lenk bare Luftschiffe dürften nicht zur Verwcndung»kom- men oder im Hintergründe bleiben. Die Dauer des Manövers wird 3 Tage nicht überschreiten, an die Leistungen der Truppen werden demnach, zumal da die Terrains ganz eben sind, verhältnismäßig ge ringe Anforderungen gestellt werden. Die Zahl der fechtenden Truppen und der Umfang des Manöver terrains stehen in direktem Kontrast zum vorjährigen süddeutschen Kaisermanöver. Das letzte ostpreußische Kaisermanöoer sand 1901 statt und verregnete voll ständig. Ob die Flotte diesmal eingreift, ist noch ungewiß, wahrscheinlich werden die Truppen das Frische Haff kaum zu Gesicht bekommen. Die Aufklärung! Berlin, 7. September. (Tel.) Lord Roberts und seine Begleiter sollten Fxeitag von Wien abreisen und Sonnabend kurz nach 8 Uhr früh in Berlin ein» treffen. Durch ein Unwohlsein wurde Lord Roberts im letzten Augenblick genötigt, die Abreise zu ver- schieben. Diese Abänderung des Reise programms war von Wien aus der Berliner englischen Botschaft telegraphisch ange zeigt worden, allein der englische Botschafter ist auf Urlaub und von den übrigen Herren der Botschaft kam des Abends keiner mehr in die Amts- räume. Am nächsten Morgen begaben sie sich, ehe sie die Botschaft besuchten, auf den Bahnhof. Was ihnen selbst noch nicht bekannt war, konnte von ihnen auch nicht zur Ucbermittelung an die militärischen und Hofbehörden weitergegeben werden. Die Folge war die allgemeine lleberraschung, als der Zug eingefahrcn war, ohne dah Lord Roberts und seine Begleiter ihm entstiegen. Zur Rede des bayrischen Thronfolgers. München, 7. September. (Tel.) Prinz Ludwig von Bayern hat, wie die „Mnch. Reuest. Nachr." erklären, sich mit der Wiedergabe seiner Altöttinger Rede ausdrücklich einverstanden erklärt. Gegen die Fleischteuerung! Wien, 7. September. (Tel.) Gestern abend fand eine gemeinsame Versammlung von 25 Beamlenvereinen statt. Den Organisationen gehören insgesamt mehrere hunderttausend Mit glieder an. Auf der Tagesordnung stand die Fleisch frage. Die Versammlung erklärte, dah die öster reichische Beamtenschaft mit der passiven Re sistenz einsetzcn oder den Generalstreik proklamie ren werde, wenn die Regierung nicht binnen Mo natsfrist die Einfuhr von argentinischem Fleisch durchführe. Beim Zusammentritt des Parlaments wollen die Beamten vor dem Reichstagsgebäude eine Massendemonstration veranstalten. Ich sah mich einem Manne geaenuoer, der augen scheinlich weder ein Diener, noch ein Hausmeister war, einem kleinen, etwas verrunzelten Manne, der ähnlich wie ein Geistlicher gekleidet war und mich mit seinen Luchsaugen betrachtete und mit einem einzigen scharfen und fachkundiaen Blick einschätzte. Er überließ es mir, das Gespräch zu beginnen. „Ich habe einen Empfehlungsbrief an Herrn Gcliby" sagte ich daher. M er zu sprechen?" — Mit diesen Worten überreichte ich ihm meine Karte. Er warf einen Blick darauf und entgegnete augenblicklich: „Bitte, wollen Sie »übertreten!" ^ch trat durch das Pförtchen, das sich geräuschlos und selbsttätig hinter mir schloß, und folgte dem Manne. Der Garten war mit hohen Räumen und dichtem Gesträuche bestanden, so daß ich schließlich beinahe an das Haus anstieß, das bis dahin unsicht bar geblieben war. Es war ein etwas luxuriöser Bau mit doppelter Front und einer Säulenhalle. Das Portal war geöffnet. Ich stieg die Stufen hinan und folgte dem Manne in eine geräumige Halle. Von da führte er mich in ein kleines Vor zimmer. „Wollen Sie so freundlich sein und Platz nehmen", sagte er. „Ich werde Ihre Karte Herrn Eoliby über bringen." Ich brauchte diesmal nicht lange zu warten. Die Türe ging auf, und ein wohlwollender alter Herr kam mit ausgestrecktcr Hand und einem Lächeln, das mich sehr angenehm berührte, aus mich zu. „Freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, Herr Lart, begann er. „Sie sind, wie ich annehme, der junge Herr, von dem mir Herr Hamilton gestern ge sprochen hat." Ich verbeugte mich und händigte ihm Richards Schreiben ein. Während er damit beschäftigt war, betrachtete ich ihn mit kritischem Blick und fand Richards Beschreibung von ihm in jeder Kleinigkeit bestätigt. Ehrenhaftigkeit sprach aus jedem seiner Züge. Ich hatte das Gefühl, daß ich hier einem Menschen gegenüberstand, dem man seine lkrau, seine innersten Geheimnisse, sein Geld, ohne es m zählen, anvertrauen konnte. Nur etwas berührte mich eigen tümlich. Ohne Zweifel war es seine unaewöhnlich zarte Gesichtsfarbe. Abgesehen von seinem weißen Haar und einigen Runzeln auf der Stirne und um den Mund, der volle Lippen aufwies, hatte er ein sehr jugendliches Aussehen. Seine Augen glänzten Keine deutschen Militärinstrutteure für Brasilien. Paris, 7. September. (Tel.) „Matin" erfährt bezüglich der deutschen Militärinstrukleure, die nach Brasilien gehen sollten, um in der brasilianischen Bundesarmee als Instrukteure zu dienen, daß diese nicht nach Brasilien gehen werden. Die Franzosen waren bekanntlich wegen der Entsendung deutscher Militärinstrukteure sehr betroffen und wiesen darauf hin, daß der Staat Sao Paulo mit den französischen Militärinstrukteuren sehr zufrieden sei. Es heißt hier, daß der Präsident Fonseca, der augenblicklich noch in Berlin weilt, Gegner der deutschen Militär instrukteure sei. Auf seine Initiative hin sei der Beschluß der Nichteinstellung deutscher Militär instrukteure zurückzuführen. Wahlen in Amerika. Boston, 7. September. (Tel.) Die ersten Gou vernements- und Kongreßwahte» in den Neu-England-Staaten werde» heute vorge- nommcn. Die bisher eingetroffenen Nachrichten über die Wahlergebnisse in Vermont, wo die republika nische Mehrheit gewöhnlich über 20 000 Stimmen be trug," zeigen, daß die Republikaner in diesem Staate mit Leichtigkeit die Mehrheit be hauptet und den Gouverneur wie auch ihre beiden Kongreßkandidaten gewählt haben. Die erste» Ergeb nisse der Urwahlen für den Eouverneurposten in Newhampfhire zeigen einen Vorsprung des Kandi daten der Fortschrittlichen Republikaner mit 807 Stimmen vor dem Kandidaten der regulären Republikaner mit 316 Stimmen. Man nimmt an, daß das Verhältnis vieler Zahlen die Stärke des neuen Flügels der republikanischen Partei zum Aus druck bringen wird. Roosevelt auf der Agitationstour. New York, 7. September. (Tel.) Im Staate Minnesota und dessen Hauptstadt St. Paul, wo Roosevelt aus einer Agitationstonr angekommen ist, um große Reden zu halten, wurde der Expräsi- dent von der Bevölkerung ungemein stür misch gefeiert. Stürmische Ovationen wurden Roosevelt von der dichtgedrängten Menge dar gebracht. In der Halle, wo er sprechen sollte, hatten sich mehr als 20 000 Menschen eingefunden, die den Expräsidenten bei seinem Erscheinen mit tosendem Beifallssturm begrüßten. Vom eucharistischen Kongreß. Montreal, 7. September. (Telegramm.) Kardi nal Vannutelli sandte an den König von England ein Telegramm, in dem er dem König die achtungsvolle Huldigung und tiefe Dank barkeit des Eucharistischen Kongreßes für die Aende- rung der Erklärung bei der Thronbesteigung aus spricht. Der König erwiderte in seinem Dank telegramm, daß ihn die guten Wünsche des Kongresses mit großer Befriedigung erfüllten. Vannutelli sandte auch an den Papst ein Ergebenheitstelegramm. Der Papst antwortete, er sei tief gerührt und sende dem Kongreß den apostolischen Segen. Der Kongreß wurde mit einer glänzenden Feier und der größten Ver sammlung katholischer Geistlicher, die Amerika je ge sehen hat, eröffnet. Vannutelli teilte mit, daß der Kongreß in Zukunft abwechselnd in Europa und in andern Erdteilen abgehalten werden solle. Der Vizepräsident von Chile f. Santiago de Chile, 7. September. (Tel.) Der stellvertretende Präsident der Republik Chile, Albano, ist gestern gestorben. — Der Justiz- und Anterrichtsminister Emiliano Figueroa, das dienst älteste Mitglied des Kabinetts, hat verfassungsgemäß die Regierungsgewalt übernommen. lebhaft und hell, als er den Brief durch seine in Gold gefaßte Brille las. „Ganz gut", sagte er nunmehr, „Herr Hamilton spricht sehr warm von Ihren Fähigkeiten. Seine Empfehlung ist mehr als genügend. Ich brauche keine weitere Auskunft. Wollen Sie die Güte haben, mir nach oben zu folgen, Herr Lart?" Ich folgte seiner Einladung. Er führte mich in ein im ersten Stock gelegenes Zimmer, dessen Fenster auf den Garten gingen. Eine osfenstehende ä.ür ließ in ein kleines Schlafzimmer sehen. Ihr gegenüber stand ein großer eiserner Kaffenschrank. Karten und Entwürfe bedeckten die Wände. Ein wohlgefüllter Bücherschrank, ein amerikanisches Rollpult. Lehn stühle und ein dicker Bodenteppich, der die Schritte zur Lautlosigkeit dämpfte, vervollständigten die Ein richtung, die ebensogut in einem Bureau in der City hätte stehen können. Ich übersah alles mit einem einzigen Blicke. „Dies, Herr Lart, wird Ihr Zimmer sein, und da wir gerade bei diesem Punkte angelangt sind: darf ick' Sie fragen, ob Sie etwas dagegen haben, hier im Haufe zu wohnen?" „Nein, ketneswegs, Herr Goliby", entgegnete ich. „In diesem Falle", sagte er und deutete auf die offene Türe, „wird das da Ihr Schlafzimmer sein. Es ist klein, Herr Lart" — hierbei lächelte er wieder — „aber sehr komfortabel. Was das Essen anlangt, so glaube ich recht zu gehen, wenn ich annehme, daß Sie es am liebsten hier vorgesetzt haben werden." Bevor ich antworten konnte, fügte er hinzu: „Ja wohl, das wird das beste sein, und zwar zu den Zeiten, die Ihren Neigungen und Wünschen am besten entsprechen. Und nun zu Ihrem Honorare. Ich habe Herrn Hamilton gegenüber eine gewisse Summe genannt, ohne Zweifel hat er sie Ihnen mit geteilt. Halten Sie den Betrag für annehmbar?" Ich hatte in diesem Augenblick nicht den Mut, mehr zu verlangen, und so erwiderte ich sofort: „O ja, vollständig, Herr Eoliby." „Gut also. Und nun, Herr Lart, nehme ich an, daß Sie sich nicht beleidigt fühlen werden über das. was ich Ihnen jetzt zu sagen habe. Herr Hamilton erzählte mir von gewissen unerwarteten Schicksals schlägen, die Sie betroffen haben, und es ist leicbt verständlich, daß Ihnen ein wenig bares Geld vo» Nutzen sein möchte. Nein, nein", setzte er hinzu, als ich durch eine Bewegung verriet, daß ich nicht mit
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