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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.09.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100906010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910090601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910090601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-09
- Tag 1910-09-06
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Monat
1910-09
-
Jahr
1910
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zuweugehende Rücksichtnahme aus die Interessen der Arbeitnehmer in den Kreisen des Handwerkes de- sonders deshalb verbitternd wirken müsse, weil es trotz aller eifrigen Bcmiihunaen seiner Interessen vertretungen noch immer auf die gesetzgeberische Er jüllung von Wünschen warten müsse, die für da» Handwerk von fundamentaler Bedeutung seien. Man sage fortgesetzt, daß diese Fragen mit dem Grundsatz der Gewerbefreiheit in Widerspruch ständen, wäh rend man andererseits zugunsten der Arbeiter das Prinzip der Gcwerbesreihert mehr und mehr durch löchere und das gewerbliche Leben reglementiere. Bielsache Klagen über die Agitation der so zialdemokratischen Gewerkschaften zur Organisation der Lehrlinge und jugendlichen Arbei te? gaben Beranlossung zu einer verstärkten Be kämpfung dieser Agitation, da die verderbliche Be einflussung des Handwerkerlichen Nachwuchses eine Bedrohung der Entwickelungsmöglichkeit des Hand werks in sich schließe. Weiter wurde Stellung ge nommen gegen die neue Fcrnsprechgebührcnordnung, gegen die Konkurrenz der Gefängnisarbeit, gegen das Borgunwesen, gegen Mißstände im Freibank wesen, zur Reichsoerstcherungvordnuna, zur Arbeits losenversicherung und zur Frage der Vergebung öffentlicher Arbeiten und Lieferungen an H.indwrr kcrvereinigungen. Vie Stolper 6O0-3shr-Leier. * Stolp, 5. September. (Tel.) Stadt Stolp ist zur Feier ihres ", .. . , „_..l Be- fferpaares glänzend geschmückt. Auf Stcphansplag von Stolp, der Ge- . , , er- >en neuen Rathaus das noch standbild Kaiser Wilhelms des Ersten von Professor Johannes Bröse auf brei tem Granitsockel. Die Inschrift lautet: Kaiser Wil helm dem Großen und seinem siegreichen Heere von Stadt und Land Stolp." — Lxtrazüge bringen un geheure Mcnschcnmassen aus der Umgegend in dle Stadt. Zur Spalierbildung rücken die Kriegervereine mit Musik und Schulen mit Fahnen und laubum wundenen Reifen an. Dom frühen Morgen an durchziehen Männer und Frauen, die an dem histo rischen Festzuge teilnehmen, in Kostümen die Straßen. Um 8 Uhr wurde in der Marienkirche ei» Festgottes- Lienst abgehalten und um 11 Uhr eine Festsitzung der städtischen Körperschaften im Rathause. Hierbei wurde unter anderem beschlossen, die in der Stadt lebenden Veteranen von 1848 bis 1870/71 von der Einkommensteuer zu befreien, den Fonds der Kaiser-Wilhelm-Auguste-Diktoria- Stiftung auf 30 060 zu erhöhen, und ein größeres Gelände zur Errichtung von Einfamilien- und Zwei familienhäusern mit Gärten für Arbeiter unentgelt lich oder zu niedrigen Preisen bereitzustellen. Das Kaiserpaar traf nachmittags ^2 Uhr in Stolp ein. Auf dem Stephansplatze hatten die Kriegsvetera nen Ausstellung genommen, bei dem Kaiserzelt weiß- gekleidete Mädchen, die Vertreter der Stadt mit dem neuernannten Oberbürgermeister, dem bisherigen ersten Bürgermeister Zielke, die Spitzen der könig lichen und städtischen Behörden, sowie Bildhauer Professor Bröse, der den Roten Adlerorden dritter Klasse erhalten hat. Unter Glockengeläut, Fanfaren und Hurrarufen kam das Kaiserpaar vom Bahnhof. Eine kombinierte Eskadron Blücherhusaren erwies die militärischen Ehren. Nachdem die Majestäten «irter das Kaiserzelt getreten waren, fang ein Gym- nasialchor „Großer Gott, wir loden dich''. Hierauf hielt Oberbürgermeister Zielke die Festrede, rn der er einen kurzen Rückblick auf die sechshundert jährige Geschichte der Stadt gab und auf den über- laschenden Aufschwung hinwies, den Stolp unter dem Segen des Friedens genommen hat. Das Denkmal solle ein Zeichen dafür sein, daß König und Volk zu- lammengehörten in guten und bösen Tagen. Als die Hülle fiel, salutierte der Kaiser. Der Oberbürger meister brachte ein Hoch auf den Kaiser aus, worauf der Kaiser dem Oberbürgermeister durch einen Hände Die Stadt Stolp ist zur Feier sechshundertjährigen Bestehens und zum such des Kafferpaares glänzend geschmückt, dem weiten Stcphanspla« von Stolp, der burisstadt des Eencralpostmeisters Stephan, hebr sich vor dem stattlich verhüllte Bronze-Reiterst druck dankte und mit der Kaiserin da» Denkmal be sichtigte. Dann schritt der Kaiser die Front der Kriegs invaliden ab, nahm den Vorbeimarsch der Ehren eskadron ab und ließ den historischen Fcstzug defilieren. Der glänzende Festzug wurde durch Herolde eröffnet. Am Denkmal wurden Kränze niedergelegt. Hierauf begab sich das Kaiserpaar in das Rat haus, wo Oberbürgermeister Zielke dem Kaiser den Ehrentrunk mit einer Ansprache überreichte. Der Kaiser erwiderte mit folgender Rede: „Ich bitte Sie, im Namen Ihrer Majestät der Kaiserin und in meinem Namen den herzlichsten und tiefgefühltesten Dank für den begeisterten Empfang an die Bürgerschaft der Stadt Stolp zu übermitteln. Wir sind mit Freuden der Einladung der Stadt gefolgt, um auch diesen Landesteil zu be suchen, dessen Treue erhobt ist während seiner Zu gehörigkeit zu unserem Hause, besonders auch durch die Waffendienste seiner Kinder. Ich bin um so lieber gekommen, als die Stadt Stolp sich den Tag unseres Besuches dazu ausgesucht hat. um das meinem seligen Großvater gesetzte Denk ¬ mal zu enthüllen. Die Stadt hat damit einen Beweis patriotischen Fühlens ge ¬ geben, welcher der Bürgerschaft in jeder Be ziehung Ehre macht. Die lange Geschichte, die die Stadt Stolp hinter sich hat, teilweise voller schwe rer Prüfungen, beweist, daß die Bürgerschaft nie mals in ihrer Treue zu unserem Hause gewankt hat, von dem Zeitpunkte an, wo sie unter die Herrschaft der Hohenzollern gekommen ist. Daß die Stadt im Laufe der letzten Jahrzehnte sich so schön hat ent wickeln können, ist von Ihnen zutreffend dem lang andauernden Frieden zugeschrieben worden. Ich hoffe von ganzem Herzen, daß die Stadt auch ferner hin in Ruhe und Frieden sich ihrer Entwicklung widmen kann. Soweit mir ein kurzer Ueberblick hat zeigen können, habe ich mich überzeugt, daß auch bei Ihnen die Tradition der Vorfahren hoch gehalten wird. Ich freue mich. Sie zum Dau des Rathauses beglückwünschen zu können, in welchem ich nunmehr auf das Wohl, die Zukunft und weitere » Entwicklung der Stadt Stolp diesen Pokal leere." Nach der Besichtigung des Rathauses fuhr der Kaiser mit Gefolge nach dem ^-idcikommisgute Schmolsin. Der Kaiser nahm die Anlagen des Gutes, das durch seine Meliorationsanlagen auf früherem Moorlande bekannt und hervorragend ist, unter Führung des Forstmeisters Kramer ein gehend in Augenschein. Aufschüttung, Drainage und elektrischer Betrieb haben einen großzügigen Acker bau, Vieh- und Pferdezucht hier ermöglicht. Der Kaiser sab auch die modernen Arbeiterwohnhäuser, und kehrte dann nach Stolp zurück. Hier fand abends um 6 Uhr ein großes Festmahl im Schiitzenbaus statt. Die Stadt war glänzend illuminiert, das Stolpeufer beleuchtet. Morgen werden die Festlichkeiten fort gesetzt. Die Kaiserin wohnte am Nachmittage in Deutsch-Carstnitz der Grundsteinlegung des Kreis- krankcnhauies für Tuberkulose bei. Sie fährt heute noch nach Potsdam zurück, während sich der Kaiser mittels Sonderzuges nach Pröckelwitz zum Jagd besuch bei dem Fürsten Dohna begab. Deutlches Reich. Leipzig, 6. September. * Kaffer und Zar. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet avs'Kronberg im Taunus: Es sind Gerüchte in die Presse gelangt, wonach ein Besuch des Kaisers auf Schloß Friedrichshof bevorstehen soll. Hktzzugefllat wurde, daß dort eine Begegnung Kaiser Wilhelms mit dem Zaren, vielleicht auch mit dem König von Eng land erfolgen könnte. Nach früheren Meldungen ist für die deutsch-russische Monarchenbegegnung Wies baden in Aussicht genommen. Wir möchten feststellen, daß alle diese Angaben müßige Kombinationen sind. Nichtig ist. daß bei der Ankunft auf deutschem Boden der Zar ein herzliches Telegramm an Kaiser Wil vogelenknhrten. Don Dr. Brun» Wagener (Straßburg). Den Tag zuvor hatte es geregnet. Ueber die Berge waren die Wolken dahrngeiagt, — die Nach zügler des prachtvollen Gewitters, das in der vor letzten Nacht über den Vogesen sich entladen hatte, — und der Regen war strichweise niedergegangen auf die durstigen Lande. Nach einer kalten Nacht war ein frischer Morgen gekommen. Und als ich die Fensterladen aufstieß und hinausblickte, da lag das Tal in Schleier gehüllt vor mir in seltsamer Märchen pracht. Ueber dem Grün der tiefgelegenen Wiesen wogte es weiß wie ein undurchsichtiger Milchsee, nur der Waldsaum tauchte mit scharfen Umrissen dunkel grün aus den Schwaden, und um die Mitte der Berge legte sich der Siedel wie ein breiter Kragen — ähn lich wie die Senatoren unserer freien und Hanse städte ihn tragen, — und darüber hinaus lugten mit graugrün verschwommenen Häuptern die Berge, und der Altenberg mir gerade gegenüber trug einen mäch tigen grauen Echlapphut, dessen Krempe herabhing bis über die trutziäe Frankenburg aus dem etwas niedrigeren Nebengrpfel. Und durch all das Nebel- gewoge ging ein wundersames Schimmern, — vom stumpfen mausgrau bis zum silberweiß lag es wie Watte auf den Wäldern und an den Hangen — und dazwischen triefte wie Wasser aus dem Fels das goldige Licht der um den Sieg ringenden Sonne, h'iat Iwx! Und da schießt auch schon der erste Strah- lenpseil durch die wogenden Scharen und blitzt im Tau der Wälder. Ein herrlicher Tag steigt in königlicher Pracht auf seinen Thron. Pfauchend und schnaubend mit einer mächtigen Rauchfahne hinter sich, kommt es dahergerasselt auf dem Schienenstrange, der sich das lange Tal herab zieht. Der Frühzug von Markirch. Die Lokomotive pfeift und nun chält der Zug gerade unter den Fenstern vom Gasthaus Danielsrain an der Haltestelle Wanze! der Strecke, die von Schlettstatt aus das Tal bis dicht »um Grenzwall der Vogesen riesen erschließt. Hier in Danielsrain habe ich «in paar schöne Tage verlebt. Ein Forsthaus war es einst. Jetzt ist es zum Gasthause gewandelt, und da neben ist im Taleingang, der die Pforte zur Hoh- königsburg bildet, die ragend über uns thront, ein neues, stolzes kaiserliche« Forsthaus entstanden. Danielsrain aber bildet die beliebteste Ein- und Aus gangsstation der Touristen, die an allen schönen Sommertagen und besonder» an Sonn- und Feier- tagen zur Hohkönigsburg pilgern. Aber auch wer sich auf «in paar Tage der Woche am Fuße der Berge unch doch durch herrliche Waldwege mit all ihrer Schönheit verbunden und durch die Eisenbahn zu Ausflügen nach allen Seiten instand gesetzt, ein stilles Ruheplätzchen suchen will, der findet es vier, — vielleicht schöner noch im Frühjahr und Herbst, als in den heißesten Sammeltagen mit dem für die trocke nen Mttteloogesen so charakteristischen Staub und mit der Echnakenplag« in allen ^um Rhein hin sich öffnenden Tälern. Was in den Vogesen eine ruhige, freundlich«, schattenspendende Unterkunft mit guter Verpflegung bedeutet, weiß jeder zu schätzen, der die Vogesen kennt und den naheliegenden Vergleich mit dem Schwarzwald gezogen hat, dessen Wirtshaus zustände — wie auch jeder Elsässer, der sie kennt, be reitwillig zugibt — so unvergleichlich viel besser sind. Die Melkereien und die ost nicht durch Reinlichkeit ausgezeichneten Dorfwirtschaften, die häufig noch mangelhaften Gasthäuser in den Vogesen bieten dem Reisenden, der nicht auf seine Bequemlichkeit ver zichten will, herzlich wenig. Die teuren Prachthotels an einzelnen Orten — wie Altenberg an der Schlucht — und die vereinzelten wirklich guten Pensionen, Forstbäuser und Hotels bieten dem reisenden Publi kum dafür keipen ausreichenden Ersatz. Und so kommt es, daß einzelne bevorzugte Punkte in den Vogesen im Sommer völlig überfüllt sind und die Gäste nicht fassen können, im übrigen aber die Berge und Täler, die sich an Schönheit mit den allcrjchönsten ganz Deutschlands messen können, einsam liegen und lange nicht so bekannt sind, wie sie es verdienen. Der rührige Vogesenklub hat sich ein großes Verdienst er worben, indem er diesen Mängeln Abhilfe zu schaffen, für Reinlichkeit und Ordnung auch in den einfachen Wirtschaften zu sorgen und auch einer Uebervortei- lung der Gäste zu steuern sucht; aber es bleibt noch viel in dieser Richtung zu tun. Das glänzende Vor bild des Schmarzwaldes sollte dabei nie aus den Augen gelassen werden. Wenn jeder einzelne —, Ortsverwaltungen und Vereine, die ganze Bevölke rung, vor allem aber die Wirte selbst und nicht zuletzt die Reisenden durch stete Mahnung und freundliche Fingerzeige — Mitarbeiten wollte, so müßte es selt sam zugehen, wenn es nicht gelänge, den Fremden itrom von Jahr zu Jahr mehr in die unvergleichlich schöne Bergwelt unseres Elsaß zu lenken. Im Gasthaus Da nielsrain, das be sonders bei den Weidmännern beliebt ist, die die benachbarten Jagden gepachtet haben — es sind meistens Offiziere aus Straßburg und Schlettstadt, die hier dem gehörnten Vock nachpürschen oder das Schwarzwild zur Strecke bringen —, habe ich nach anstrengenden Bergwanderfahrten Tage der Ruhe verbracht im Angesicht der lieblichsten Landschaft, die das Auge erfreuen kann. Vorher aber hatte mich mein Weg in die Hochvogesen geführt, deren mächtige Bergwelt das Herz erhebt, die Lungen des Wandernden füllt mit köstlicher Luft und di« Sehnen und Muskeln stählt. In Mittlach hatte ich mich zuerst festgesetzt — eine Stunde zu Fuß von der End- statlon oer Bahn Münster-Metzeral. Da» prächtig gelegene Forsthau, Herrenberg — mktten in Waldwiesen gelegen mit weitem Talblick auf jen seitige Bergriesen — war leider besetzt. Aber man konnte dort essen und die Frau Försterin bot da» Beste. Im Dorfgasthause fand ich Unterkunft, wie man sie eben hinnehmen muß. Aber vor meinen Fenstern welch herrlicher Blick! Gerade gegenüber stieg sonnig grün die steile Wand des Kastelberges aus. zur Rechten flankiert von dem trutzigen Burg- köpsle (850 Meter), dessen stolze Form den von Metzeral herauf Wandernden durch seine Schönheit fesselt. Wenn man sich ein wenig zum Fenster Helm richtete, da» ebenso herzlich erwidert wurde. — Diese offiziöse Neuigkeit scheint uns nicht ganz klar zu sein. Soll der Kaiser erst später mit dem Zaren Zusammentreffen oder überhaupt nicht? An dem herzlichen Telegrammwechsel hat unseres Wissen»^ doch niemand gezweifelt. * Die 40jährige Wiederkehr der Kaiserproklama tion in Versailles wird dem Vernehmen nach in Berlin auf Wunsch des Kaisers durch eine feierliche und prunkvolle Staatszere monie begangen werden. Gegenwärtig finden zwischen Berlin und den Höfen der Äun- desfürsten Verhandlungen statt, die auf eine mögli chst geschlossene Teilnahme der deutschen Bundesfürsten an der 40jährigen Jubelfeier der deutschen Kaiserreichsgründung ad- zielen * Ein religiöses Bekenntnis des bayrischen Thron folgers. Fast zur gleichen Zeit, als der Kaiser auf der Marienburg seine große Rede hielt, hat der bayrische Thronfolger Prinz Ludwig in Maricn- ort-Altötting anläßlich der Grundsteinlegung der St.-Anna-Kirche ebenfalls seinen Glauben offen be kannt. Er begann seine Rede mit Len Worten: „Sch danke dem lieben Gott, daß ich von katholischen Eltern bin... Ich bin stets für unsere katholische Reli gion eingetretcn, weil ich überzeugt bin, daß sie die einzig wahre und echte Religion ist." Ferner sagt der Prinz: „Die katholische Religion gestattet jedem Katholiken. Toleranz gegen Anders gläubige zu üben. Es ist fatsch, anzunehmen, daß die Uederzeugung Andersgläubiger von uns Katho liken nicht hochgehalten werden dürfe. Desgleichen verlangen auch wir, daß gegen unsere Uederzeugung Toleranz geübt werde." Er schloß: „Wir wissen wohl, daß nicht die Mutter Gottes, sondern Gott im Himmel allein unsere Bitten erfüllt oder ab schlägt, weil er am besten weiß, ob die Erfüllung unserer Wünsche zum Vorteil ist oder nicht. Trotz dem eilen wir zur seligen Jungfrau Maria hin und wenden uns an sie im Vertrauen auf ihre Macht bei Gott. Auch ich habe Sorgen und Kummer, und habe sie niedergelegt am Altar der heiligen Kapelle. Wir alle sind ja Zeugen, was im Laufe der Jahr hunderte durch die Fürbitte der allerhöchsten Jung frau erreicht worden ist" Die zur Charakteristik des bayrischen Thronfolgers^interessante Rede wird jetzt erst durch die Zentrumspresse bekanntgegeben, obwohl die Rede am 28. August gehalten worden ist. In diesem Zusammenhangs darf daran erinnert werden, daß die Mutter des Vaters des Prinzen Ludwig Protestantin war wie die beiden Ge mahlinnen seiner weiteren Vorfahren auf dem Thron des ersten Baqernkönigs, die Prinzessinnen Auguste von Hessen-Darmstadt und Karoline von Baden. Auch König Max tl., der Bruder des jetzigen Regenten, hatte eine protestantische Prinzessin, Marie von Preußen, geheiratet, die dann allerdings «um katholischen Glauben übergetreten ist, und die Vor fahren der heute in Bayern regierenden Wittels bacher sind Opfer und Vorkämpfer des Protestantis mus in Deutschland gewesen. * Der Verband Deutscher Mietervereine hat in Nürnberg unter zahlreicher Beteiligung seine 11. Hauptversammlung abgebalten. Die Verhand lungen wurden eröffnet durch den Vorsitzenden des Versandes Rechtsanwalt Dr. V o r n st e i n - Leipzig, der betonte, daß der Verband keine Kampfesorgani- sation gegen die Hausbesitzer sein wolle, sondern nur Auswüchse und Schäden, wie die Bodenspekulation, bekämpfe, die das Wohnen verteuerten. Nachdem Schriftsteller Mcißgeier - Leipzig über „Die Strei tigkeiten im Baugewerbe und der Wohnungsmarkt" rejariert hLUL,. wurde uach.Lager«».. LsduU» ein stimmig eine Resolution angenommen, in der es heißt: „Durch die bis in den Sommer sich er streckende Aussperrung im deutschen Baugewerbe sind die Wohnungsverhältnisse an vielen Orten sehr un günstig beeinflußt worden. Der Derbandstag erblickt in der Errichtung eines Reichseinigungsamtes einen Weg, der geeignet ist, der Gefahr einer monatelangen Stillegung der Bautätigkeit vorzubeugen. Der Ver bandstag ersucht die Reichsregierung, oem Reichstage baldigst eine Vorlage über die Errichtung eines Reichseinigungsamtes zugehen zu lassen." Derselbe Referent behandelte sodann das Thema „Landcsver- stcherungsanstalten und Wohnungsresorm". Hierzu gelangte »ach lebhafter Debatte eine Resolution zur Annahme, des Inhalts, die Frage einer Bolksbau- Sparbank, die sich über das ganze Reich erstrecken soll, der Verbandsleitung zur Bearbeitung zu überweisen und den Plan der nächsten Generalversammlung vor- zulcgen. Gestern sand die diesjährige Tagung mit einer zweiten öffentlichen Versammlung, in der der Schriftsteller Meißgeier-Leipzw über „Kommunale Wohnungspolitik" sprach, ihr Ende. O. Abgewiesene Beschwerde. Die Ferienstraf kammer des Landgerichts 3 zu Berlin hat die Be schwerde des Regierungsrats Martin gegen den Beschluß des Charlottenburger Amts gerichts, das sich weigerte, in der Prioatbeleidigungs- klage gegen den verantwortlichen Redakteur der „Königsberger Hartungschen Zeitung" Christian Saß das Verfahren zu eröffnen, verworfen. In der Begründung heißt es, daß der Ausdruck „dreiste G e s ch i ch t s f ä l s ch u n g" des Beklagten in der Form zwar scharf sei, daß der zu grunde liegende Gedanke aber kaum in anderer Form hätte ausgedrückt werden tönnen. Der Ausdruck gehe über eine erlaubte Kritik nicht hinaus. * Reisepläne des Staatssekretärs des Auswär tigen. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, von Kiderlen-Wächtcr, gedenkt gegen die Mitte dieses Monats nach Bukarest zu reisen, um dem König Carol von Rumänin sein Abberusungsjchreiben zu überreichen. Für die Rückreise beabsichtigt er, sich einige Tage in Wien aufzuhalten, wo er voraussichtlich vom Kaiser Franz Josef empfangen werden wird. Möglicherweise wird er gleichzeitig mit dem Deutschen Kaiser in Wien sein, der am 20. und 21. September in Wien weilen wird. * Der Bereln zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen Deutscher Apotheker beschäftigte sich auf seiner 4. Hauptversammlung in Braunschweig u. a. auch mit der Reichsversicherungsordnung. Der Referent Dr. Wildt-Eupen wandte sich gegen die Verschlechterung sowohl der Arzneiverjorgung des Publikums, wie auch der wirtschaftlichen Lage des Aporhekerstanbes durch die soziale Gesetzgebung, be zeichnete dir Einführung von zwangsweise vor geschriebenen Preisnachlässen als Ungerechrigleit und stellte schärfste Gegenmaßregeln als unausbleib liche Folge in Aussicht, wenn der Entwurf derReichs- tagslommission in heutiger Gestalt angenommen werden sollte. Eine entsprechende Resolution ge langte zur Annahme. Ueber das bisherige Verhält nis der Apotheken zu den Krankenkassen er stattete Generalsekretär H o l tz - Liebertwolkwitz Be richt. Zum Schutze vor übertriebenen Anforderungen der Krankenkassen wurden die 63 Bezirksleiter mit den Vorarbeiten zu Gegenseitigkeitsverträgen beauf tragt. Der zweite Vorsitzende L ü e r - Charlottenburg berichtete über die bisherigen Schritte des Vereins zur Sanierung der Kreditverbätlnisse deutscher Apo theker und teilte den Wortlaut einer Eingabe an den Bundesrat nm Genehmigung einer Pfandbrief bank für Apotheken mit. Einen breiteren Raum nahm die Behandlung der Frage des Arzneimittelhanoels außerhalb der Apotheken ein. Die einmütige Meinung der Versammlung über die Regelung des Verkehrs mit Arzneimitteln außerhalb der Apotheken ging dahin, daß nur durch namentliche Aufzählung der dem freien Verkehr überlassenen Mittel in der Kaiserlichen Verordnung eine klare, im Interesse des arzneibedürftigen Publikums liegende Rechtsnorm geschaffen werden könne. Kuslsnü. .frsnkretül. * Internationale Konferenz der Telegraphen techniker. Unter dem Vorsitz des Ministers der öffentlichen Arbeiten Miller and wurde heute die zweite internationale Konferenz der Techniker der Telegraphen- und Telephon-Verwaltungen eröffnet. Zwecundzwanzig Staaten sind vertreten. er- sich Da am auf ein hinausbog, konnte man zur Linken den Herrensitz über dem niedrigen Kindifels im Waldesgrün blicken. Und wenn der Abend kam, dann hüllte diese Berglandschaft in tiefe graue Schatten, drüben am Hange des K a st e l b e r ge s, wo Tage der Ziegenhirt seine Herde auftreibt und seinem Horne bläst, hatte sich wenige Tage zuvor düsteres Trauerspiel zugetragen. Da oben, wo das beite Dach einer Viehhüte, die zur höher gelegenen Melkerei gehört, aus dem Abenddunkel sich abhebt, hatten zwei Kerle einem armen, geistig beschränkten Mädchen ausgelauert, das mit einem Esel zu Tale stieg. Das Grauen der Nacht bedeckte die schaurige Tat. Am Morgen sand man das Mädchen mit ge- lpaltenem Schädel. Bon den Tätern leine Spur. Wohl sitzen zwei Männer hinter Schloß und Riegel. Aber wrrd es gelingen, ihnen den Mord nachzu weisen? Nur einer war Zeuge der Tat — der eine, der auch im Dunkel der Nacht sieht und mit der Sprache des Gewissens in Les Mörders Brust redet. Von Mittlach aus bietet sich schönste Gelegenheit zu großen Ausflügen nach allen Seiten, — freilich anstrengend und jede nur ausführbar unter Mit nahme genügenden Proviants, wenn man nicht völlig auf Milch und Käse in den Melkereien und den oft recht erfrischenden und guten, dabei billigen Lnnd- wecn angewiesen sein will. Am lohnendsten für die rüstigen Wanderer ist von hier aus die Besteigung des Herrenberges (Sattel 1186 Meter) und die Kammwanderung zum Batteriekopf, dem großartig zu Tal und steilen Fels abstürzenden Rotenbachkopf und zum Rainkopf und Kastelberg, dem prachtvoll in mächtiger Wiesenkuppe sich wölbenden Nachbarn des Hoheneck, — sodann der Anstieg zum Schnepfenriedkopf (1254 Meter) durch Hochwald von einer so großartigen Sckwnheit, wie man sie nur selten trifft, auf bequemem "^ade unter riesigen Tannen und Fichten und hell leuchtenden Buchenkronen, — immer mit dem Blick aus smaragd- arüne Talwiesen und Aussicht auf den jenseits sich hinztehenden Hochkamm der Vogesen, auf dessen Hängen da» schwarzbunte Vogesenvieh weidet mit melodischem Glockengetön, das weithin über die Matten bimmelt. Endlich sind wir oben. Der Wald hat ein Ende. Wcideflächen bedecken den kahlen Giofel, und nun tut sich eine Welt von Wundern auf. Wer ist's, der da gen Süden rund und stark den riesigen Buckel wölbt, wie ein Atlas, der das Himmelsgewölbe trägt? Der große Belchen grüßt uns. Um Haupteslänge überragt er alle die anderen Nieken — den kahlen Wasen, seinen kleineren Zwillingsbruder, und den fern am Ausgang des Mllnstertales wie ein hehrer Wächter ragenden Staufen, und selbst den großen Hohneck, an den sich der scharfe Erat der Spttzköpse wie ein Felsenriff aus dem Meere der Wälder und Matten schmiegt. Weithin zieht sich der Voqcsenkamm. Aber hinter ihm im Südwest türmen sich zackig und schroff neue Berg«. Die stehen auf Frankreichs Boden und arüßen herüber ins Elsaß. Ein Hoheslied der Schönheit möchte man hier oben anstimmen. Wie seit ihr o-oß und gewaltig, und wie groß und gewaltig die hehre Krast, die euch getürmt und emporgehobcn aus oer Tiefe zu granitenen Kuppen und über sie gebreitet den grünen Hochzeitsmantel der urechten Wälder und der fröhlichen Matten! Wie unbeschreiblich groß und schön, ihr Seen, eingebettet wie Augen Gottes in die Bergespracht! Du feierlicher Alten- welher, du stiller Schießrotweiher und du lieblich in die Tiefe geheimnisvoll hinavgejunkenes Fisch- bödle mit dem Eießbach, der hinunler>chäumt von steiler Bergeswand! Predigen könnte man! Aber was wollen Menjchenzungen, wo die Schönheit der Gottheit und ihre Weisheit und Krast mit tausend Zungen predigt ohne alle Worte? Das Prachtstück der Vogesen aber ist und bleibt die Schlucht. Von Münster steigt man hlnan. Am besten jährt man mit der Bahn bis zur Station Säg matt mrt schönem Gasthauje. Der Fußweg bis hierhin ist weniger lohnend und die Bcrohänge des Klcintales im unteren Teil kahl und sonnig. Von Sägmatt an beginnt die Zahnradstrecte der Bahn nach Hotel Altenberg und der Schlucht. Die Fahrt ist für diese Strecke recht teuer, und der Fuß weg verhältnismäßig wenig beschwerlich, trotz des starten Aufstieges. Immerfort durch schattigen Hoch wald wandern wir hier aus Zickzackwegen mit großen Kehren. Grün und lachend ist dieser W"ld, ab »"> zu grüßt uns ein Wasserrinnsal. Und wo ein Aus blick sich bietet, da liegt,vor uns das reiche Tal mit den bunten Häusern von Nmpfersbach, Stoßwerher und tief drunten die Stadt Münster, ein liebliche- Bild. Je höher wir kommen, desto schöner wird der Wald. In großen Windungen zieht sich durch ibn und am Hange dahin, ohne je die unberührte Schön heit der Natur zu stören, die Bahnstrecke, die herrliche Ausblicke gewährt. Aus einer Lichtung lädt uns cine Mclkerei zu kurzer Rast, und nun biegen wir rn die große Säiluchtstraßc ein, auf der leider allzuviel Automobile den Staub aufwirbeln. Hotel Altenberg ist erreicht. Hier habe ich schon früher — ehe die Saison begann und als es noch itlll und leer war hier oben — einen herrlichen Abend und eine träumerische Mondscheinnacht ver bracht. Drüben stand der alte Geselle mit dem runden Gesicht über dem Nächftebühl und goß fein mildes Licht über den Hohneck, daß es wre ge schmolzenes Silber herabtroff an seinem 5 ange. lind in die tiefe Schlucht, die in schwarzem Dämmern zu meinen Füßen sich zwischen steilen Berawänden e>" schnitt, lugte er von oben herein, daß die Wipfel leise schimmerten. Der Berawind kam von Frank reich yergeflogen und sang in den Tannen und be moosten Wctlerbuchen ein heimlich Lied. Die Lichter leuchteten im Tale. Oben war es feierlich still nd friedlich. Als ich morgens erwachte, hingen bleierne Wolken am Himmel und spielten Haschen an Berges- ecken und auf den Waldmattcn. Immer drob:-'-"- türmten sich die Gewitterkörffe. Dann brach es aus mit prasselndem Regen und leuchtenden Blitzen. Bald hier, bald da verschwand ein Bergeshaupt in den Wolken. Ueber dem kahlen Wasen rast« ein Wolkenheer heran, — wie zündende Funken huschten di« Blitze hin und her, gleich Schlangen, deren Leiber
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