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354 herbcigeführt sein würde; der Mörder scheint aber des Erfolges nicht ganz sicher gewesen zu sein und darum noch zu einem kolcharkigen Messer gegriffen zu baden, mir dem er sein ruchloses Werk in schreck licher Weise vollbracht hat. Die benutzten Instru mente sind bisher nicht aufgefunden worden. Vermißt werden an der Leiche: ein goldener Trauring mit Buchstaben und Jahreszahl, ein kleiner goldener Siegelring, eine kleine goldene Damcncyiinderubr mit Goldrand und eine kurze goldene Panzerukrketle mit einem Uhrschlüssel in Pistolenform. In der Lademasse fehlt die Tages einnahme von circa 25-30 Thlr., darunter ein Fünfihalerschein, ein Einthalnschein und verschie dene Münzsorlen; größere Summen Geldes Haden sich ebenfalls im Gewölbe befunden, sind aber noch vorhanden. Als dringend verdächtig des Verbre chens ist ein Schncidergesell verhaftet worden, wel cher früher die Srclle eines Markihelfers bei Mar kert versehen bat und schon bestraft ist; er heißt Heinrich Wil'elm Künschner ist aus Zschölkau bei Delitzsch gebürtig und 27 Jahre alt. Er leugnet die That beharrlich und benimmt sich auffallend ruhig; selbst der Anblick der Leiche und das Be rühren derselben, wozu er vom Untersuchungsrich ter aufgefordert wurde, vermochte ihn nicht zu er schüttern. Eins der wichtigsten gegen ihn sprechen den Judicien ist die Thatsache, daß ibn der Span- genberg'sche Oberkellner, welchem Künschner von früher her genau bekannt ist, am Donnerstag Abend Oh Ubr (also zu ter Zeit, wo jedenfalls der Mord geschehen ist) in der HauStrür, auf welche die Hinterihür de.- Markerl'schcn Gewölbes ausmündet, gesehen hat. Ueverdies sind Blutspurcn an seinen Beinkleidern und Stiefeln vorgefunden worden, und zwar in ziemlicher Menge. — Zwickau, 3. Nov. Die heutige Nachricht über die Choleraepidemie in Werdau ist wieder weniger günstig als die gestrige. Es sind danach am I.d. M.im ganzen 34 und am 2. d. M. früh 10 Erkrankungen voegekommen und gestorben am I. d. M. 8 Personen und am 2. d. M. früh I Person. Heute Hal sich der Präsident des Landes- medicinalcollegiums, Geh. Mecicinalrath Or. Wal- Iber, in Gemeinschaft mit dem Gek. Medicinalrath lir. Reinhardt von Dresden nach Werdau begeben, um sich vom Stande der Epidemie zu überzeugen. Zu einiger Abhülfe der in zahlreichen Familien zu Werdau infolge der Cholera herrschenden drücken den Noth bat die hiesige Regierungsbehörde aus einem unter ihrer Verwaltung stehenden Fonds Heuke 150 Tblr. an den käsigen Stadtralh zur entsprechenden Lerwendung, insbesondere zur Be schaffung einer nahrhaften Kost, gelangen lassen. Utber die Zustande in Werdau enthält das Dresdner Journal aus D-esken vom 4. Nov. fol genden Arlt el: ,.Der Bericht des Präsidenten vo. Walther und des Geh. Medicmalraths Oo. Rein hardt, welche sich gestern wiederum nach Werdau begeben tauen, um süv über den Stand der dort noch herrschenden Edolcracpiremie zu unterrichten, hat dem königlichen Ministerium des Innern Ver anlassung gegeben, die Absendung von Leib- und Bettwäsche, sowie Lagerdecken und Leibbinden, wo ran es sowohl im Krankenhause, als auch, unge achtet auch von der Kreisdirection zu Zwickau be reits dahin birigirter Unterstützung an Geld und Lagerdccken, noch vielfach mangelt, nach Werdau zu vermitteln. Gleichzeitig haben sich die genann ten Herren zu Erlassung eines Aufrufs zu milden Beiträgen für Werdau bewogen gesunden. Aus dem letzten möge man übrigens nicht die Annahme schöpfen, daß die Epidemie in Werdau eine plötz liche ungünstige Wendung genommen habe. DieS ist nicht der Fall; allein die Bedrängniß, in welche die Stadt durch die lange Dauer der letzern ge- rathen ist, muß nothwendig eine große sein.'' — Die sonderbarsten Milthettungcn aus Oester reich sind im Umlauf. Graf Menskorff, der Minister, habe die Drohnote nach Frankfurt zwar unterzeichnet, aber nicht geschrieben; sie sei ibm vielmehr einfach aus dem Miliiärcadinet zum Ex- pediren zugeschickt worden. Die Generale hätten einmal wieder im höchsten Rathe die Oberhand; sie wollten Deutschland an Preußen überlasten, um mit Hülfe Preußens die Lombardei zurück zu erobern. Deshalb werde Preußens Bündniß so sehr culti« vlrt und Dcuischland im Stiche gelassen — um Italiens willen. Der Himmel weiß, wie viel Wahres daran ist. Manches wäre vielleicht anders, wenn Oester reich Geld hätte. Es soll in seiner Noth nicht verschmäht haben, in Berlin um ein kleines Dar lehen anzuklopfen, aber ohne Erfolg. Dagegen liest man wieder einmal, Preußen winke Oesterreich mit 40 Millionen Thalern als AblölungSpreiS für Holstein. Eine gefährliche Versuchung! Die Preußen haben in Paris Eroberungen gemacht, doch nicht wie vor 50 Jahren mit ihren Kanonen, sondern mit den Instrumenten des Musik- corpS des 34. Regiments. Am zweiten Tage nach ihrer Ankunft mußten sie im Schloßhofe zu St. Cloud vor der kaiserlichen Familie spielen. Der Kaiser kam vom Balcon zu ihnen herab, an der Hand den Prinzen führend, der eine preußische Soldatenmütze trug und unterhielt sich mit ihnen. Er bestellte die Ouvertüre zum Freischütz und sagte, als die. Kaiserin am Schluß tapfer klatfchie: Meine Frau ist entzückt von Ihrem Spiel. Darauf be gaben sich die Musikanten in oie Reitbahn, die rotb ausgeschlagcn und mit französischen und preu ßischen Fahnen geschmückt war. Dort war für sie eine große Tafel gedeckt. ZurZSeite des preußi schen Musikers saß immer ein sranzöfischer vom 1. Grcnadierregiment. Am Schluß, wo der Cham pagner reichlich floß, erschien abermals der Kaiser mit dem Prinzen und wurde mir unendlichen HochS empfangen. Er machte Lie Runde und unterhielt sich mit vielen Preußen in deutscher Sprache. Einige sehr komische Scencn fielen dabei vor. So erwi derte ihm ein Preuße, Ler den Kopf verlor, als der Kaiser ihn anredete, auf die Frage, wie alt er sei: „Zwei Jahre", und gab zugleich seine Dienst zeit auf l9^ Jahr an. Der Kaiser und alle Um-