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389 das ganze Leben noch vor mir habe; — aber was für ein Leben würde das sein? Boller Gram und Qualen. — Ha! wie schnell würde Schildberg auf die Nachricht vom Tode meines alten Mannes die häßliche und arme Wilhelmine von sich stoßen — selbst wenn er schon mit ihr den Verlobungsring gewechselt hatte —, und in die Arme seiner gelieb ten und liebenden Ulrika, der viel Hübschern und reichen Wittwe, eilen! — Ja, der Augenblick ist nun gekommen, wo es sich entscheiden muß, ob ich den durch das Geschwätz der Weiber in mir geweckten Gedanken zur That werden lassen und den seit jenem Augenblick still gereisten Plan ans führen soll oder nicht. Sagten sie nicht, das sei das einfachste Mittel, sich von einem alten Manne zu befreien? Und daß es mit uns Beiden kein gutes Ende nehmen würde, weil Winter und Frühling nicht zusammen passen? — Sie haben Recht, die Weiber: Winter und Frühling, Alter und Jugend passen nicht zusammen, aber Du — mein Geliebter Und ich — wir sind von der Vorsehung für ein ander geschaffen, wie es die Stimme der Liebe in unsern Herzen deutlich genug vcrräth; — ja, Du sollst mir und ich will Dir gehören — aber ach! durch eine Sünde, durch eine schreckliche Sünde muß ich Dich erkaufen! Doch cs sei! cs muß sein! — ich kann nicht anders wählen! —" Ihr Kopf glühte und ihre Schläfen und ihr Herz klopften wie im Fieber. Seufzend erhob sie sich, um Licht anzuzünden. In demselben Augenblicke flog dicht vor dem Fenster eine große Eule kreischend vorbei: du du! du du! du du! — Sie erschrak. Ein Schauder rieselte durch ihren Körper und sie fühlte ihre Glieder fast gelähmt.„h sich inmitten der Stube festgebannt. Doch bald gewann sie ihre Kraft und Fassuig wieder und mechanisch zündete sie die Lichter eines doppelarmigen Silberlruchters an. Sie ergriff denselben und trat auf den Corri- dor, wo in einem kleinen Wandschranke neben vielerlei alten Scharteken auch ein Fläschchen mit Arsenik zur Tödtung der Ratten und Mäuse auf- bewabrl wurde. Eine unheimliche Stille herrschte im Schlosse und weit und breit in der Runde. Kein Laut war vernehmbar als das stürmische Klopfen ihres Herzens. LZorsichlig schlich sie über den Corridor, als befürchte sie, daß die Wände desselben zu Ver- rathern werden könnten, und ängstlich schaute sie sich mit verstörten Blicken nach allen Seiten um, bevor sie mir zitternder Hand die Thür des kleinen Behälters öffnete. Ein rascher Griff — und sie hatte das ver hängnißvolle Fläschchen erfaßt; doch wie eine glü hende Kohle brannte es in ihrer Hand. Sie beeilte sich daher, cs in ihrem Busen verschwinden zu lassen — auf ihrem Herzen, dem liebeglühenden, dem falschen, teuflischen Herzen! — Wie von unsichtbaren Furien verfolgt, kam sie athemloS und erschöpft in ihrem Zimmer wieder an, vor dessen Fenstern in demselben Augenblicke der schaurige Ruf der Eule auf's Neue ertönte: du du! du du! du du! — (Fortsetzung folgt.) Zttrcheil-NachriMen von Wilsdruff. Am 2. Advent predigt früh Herr Rector Beck; Nachmit tags : Betstunde., Bekanntmachungen. VeksuntmneNunK. Nachdem am 30. October d. I. ein unbekannter Mann, welcher sich Hempel genannt, gegen 40 Jahr alt und von langer, starker Statur gewesen, dunkle Haare und Augen und rotheS, breites, bartloses Gesicht gehabt, in dem Laden des hiesigen Schnütwaarenhändlers Earl August Wehner unter dem unwahren Borgeben, daß er eine Wirthschast in Sora besitze und von dem Gutsbesitzer Nitzsche daselbst — welcher jedoch schon vor einigen Jahren verstorben ist — beauftragt sei, verschiedene Waaren zu erschwindeln versucht hat, so wird Solches behufs Ermittlung des beschriebenen unbekannten Schwind lers mit dem an alle Criminal- und Polizeibehörden gerichteten Ersuchen hiermit zur öffentlichen Kennt- niß gebracht, alle zur möglichen Entdeckung dieses Unbekannten führenden Spuren ungesäumt anher anzeigen zu wollen. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 2. December 1865. Leo n h üü vr. Gangloff. Auetion. Nächsten Montag, den 11. December 1865, von Nachmittags 2 Uhr an, sollen im hiesigen Gerichtsamtshause verschiedene Mobilien, Haus- und Wirthschaftsgeräthe gegen sofortige baare Bezahlung versteigert werden, was hiermit bekannt gemacht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, den 5. December 1865. LevNkarÄ!. In Blankenstein Nr. 21 ist ein noch brauchbares Pferd billig zu verkaufen. Ein tüchtiger Zughund ist zu verkaufen beim Wächter in Kleinschönberg.