Volltext Seite (XML)
386 Häusern und Grundstücken ist es wenig sauber her gegangen, die Stadt hat sehr thcuer gekauft und ein Stadtverordneter ist bereits ausgeschlossen und in Untersuchung gezogen. Ein anderer Fall kam in öffentlicher Sitzung zum Vorschein. Stadtver ordneter W. hatte der Stadt Ländereien zu einer Parkanlage, die ihm vor dem Verkaufe nur zum kleinen Theile gehörten, verkauft. Mit dem Be sitzer der Ländereien hatte W. einen ev. Vertrag abgeschlossen unter dem Vorbehalte, davon zurück- treten zu können. Erst am Tage nach gefaßtem Beschlusse der Stadtverordneten erstand W. die Ländereien, welche er der Commune für 61,000 Thlr. verkaufte, für 32,500 Thaler und zog einen Gewinn von 28,500 Thalern. Es gab sehr leb hafte Auftritte. — In Berlin ist eine Häuser-kaniguo. Kein Haus gilt mehr für sicher und die Hypotheken werden in Massen gekündigt; seit 14 Tagen täg lich für 100,000, an manchem Tag für 2 bis 300,000 Thaler. Schon jetzt stehen beim Stadt gericht bis zum Juni nächsten Jahres Tag für Tag Subhastationstermine und häufig zwei an einem Tage. — Der schwedische Pastor Lind back, der 5 Personen seiner Gemeinde aus Habsucht vergiftete und zum Tode verurtheitt wurde, hat sich im Ge- fängniß erhängt. — Der älteste Lehrer wohl im preußischen Staate und vielleicht auch in ganz Deutschland, der noch in voller Wirksamkeit ist, lebt in der Nähe von Unna, in Südcamen. Der alte Herr feiert im nächsten Februar seinen 92. Geburtstag, ist rüstig und munter und — hält nach wie vor seinen Schulunterricht. Bis vor circa 12 Jahren bezog er ein Gehalt von 30 Thlrn., nicht etwa monatlich, viertel« oder halbjährig, sondern ganzjährig. Dann rückte er damit höher, wenn wir nicht irren, bei Gelegenheit seines 50- oder 60jährigen Jubiläums, aus 50 Thlr. jährlich, und die bezieht er noch heute. — Die ThamSbrücker bei Nordhausen sind ge« waltig überrascht worden. Vor drei Jahren war ein derber Schmiedegeselle hinüber nach Ame rika gewandert und vor ein paar Wochen kam er zum Besuch zurück als — Pastor. Er führt den Hammer des göttlichen Wortes gar gewaltiglich.—- Chlorkalk, das bekannte Desinfektionsmittel, wird von der neapolitanischen Bevölkerung fast durchweg als „ Cholerasamen " bezeichnet. Ein Offizier ging neulich durch eine der Straßen Nea pels und ließ aus einem Päckchen, das er unter dem Arme trug, etwas Mehlartiges herausfließen. Hinter ihm her sammelte sich ein Pöbelhause, der ihn endlich umringte und zum Stillstehen zwang. Was war's? Er hatte in einem Papiersäckchen Zucker, der durch einen Riß des Papiers durchrann. Er zeigte den Leuten den Inhalt und aß davon vor ihren Augen. Kaum daß er einige bewegen konnte, den Zucker ebenfalls zu kosten. Aber er hatte noch einen andern Pack unter dem Arme; diesen mußte er ebenfalls öffnen. Es waren Wachs kerzen darin. Hätte der Mann unglücklicher Weise, anstatt des Zuckers, Chlorkalk, den man nicht essen kann, in seinem Päckchen gehabt, so wäre er wahr scheinlich, ohne Barmherzigkeit, todt geschlagen worben. — Es wird an ein viel bewährtes Mittel zur Heilung derTollwuth erinnert. Die preußische Regierung hat es einer Familie Thömer ln Stolpe abgekauft, die es durch mehre Geschlechter hindurch als Geheimniß bewahrt hatte. Cs besteht in Fol gendem: Präparirte Austernschalcn 2 Loth, Enzian wurzelpulver 2 Loth, Myrrhengummi Loth, rother Bolus 1 Loth; alles zum feinsten Pulver gemischt und 3 Tage nacheinander Morgens nüchtern 3 Mes serspitzen in Warmbier genommen und den daraus folgenden Schweiß im Bette abgewartet. Dasselbe Mittel befindet sich auch in einer uralten geschrie benen Hausmittclsammlung und in einem medizini schen Buche, daS unter dem Titel öleäulla clostilla- torrs et meclioa anno 1623 in Hamburg heraus gekommen ist, mit der einzigen Abänderung, daß statt der Austerschalen pulveristrte Krebsaugen an gegeben sind und alles zu gleichen Theilen genom men wird. — Das Scheusal Würtz, der berüchtigte Gc- sangenen-Aufseher in Andersonville, den Tausende von Opfern an Gottes Thron verklagen, erlitt den Tod am Galgen so gefaßt und ruhig als wäre er der beste Mann. Löse Einer die Räthsel der mensch lichen Natur. — Ein Pferdehändler aus Hannover hat mit der Regierung Italiens Contract abgeschlossen auf Lie ferung von 5000 Pferden. Was wird Oestreich dazu sagen? — Scheint die Cholera in Werdau im Erlöschen begriffen, so taucht sie an verschiedenen Orten frisch aus. Zunächst ist in den Dörfern Stöcken und Langenbernsdorf bei Werdau je ein Fall mit tödt- lichem Ausgange vorgekommen. Von Zwickau haben wir schon berichtet, es starben dort 11 Personen von 18 Erkrankten. Glauchau zählt bereits 7 an der Cholera Gestorbene. Am schlimmsten tritt die schreckliche Krankheit in Elsterberg im Voigtlande auf. Bis jetzt zählt die kleine Stadt 14 Lodte und die Krankheit ist in raschem Zunehmen. Eigen- thümlich ist es, daß in allen diesen Orten der größte Theil der Kranken gestorben ist; in Werdau war das Verhältniß der Gestorbenen zu den Erkrankten ein weit günstigeres. — Locales. Der Vortrag des Improvisators Prof. Herr mann am vergangenen Montag war leider nicht so zahlreich besucht, als man es bei der Seltenheit eines solchen Genusses hätte erwarten können. Wohl mochte dazu mit beigetragen haben, daß durch die auf's Land ausgesandtcn Programme der Sonntag zu der Soiröe bestimmt war, an welchem Tage der Improvisator jedoch zu einem Vortrage vor Sr. Majestät befohlen wurde, War schon die Person-