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2SS mit dem vielbezeichnenden Namen „BuS"*) beehr ten, nach dem Landungsplätze. Dort angekommen hielten die interessanten Fuhr werke, der Kutscher blieb zur Beaufsichtigung der Pferde zurück, während der Diener vom Boden sprang und den Passagieren entgegen eilte. Die fünf oder sechs anwesenden Diener be gannen sofort ihr Merk. „^sler Kou««", uef der Eine. „Das beste Haus in der Stadt. Gute Zimmer, gute Speisen, gut« Bedienung und billige Rechnung." Man sollte meinen, diese Versprechen müßten auch den anspruchvollsten Reisenden befriedigt, und jede Concurrenz aus dem Felde geschlagen haben. Dem war aber nicht so; denn: „Hier der „Bus" für das Union Hotel", rief ein langer Yankee mit Fistelstimme. „Das beste Hotel westlich von Newyork. Nur zwei Dollar per Tag. Keine Wanzen." Das ließ sich hören. Eine Anzahl Reisende schwankten. „Washington Home", rief da ein kräftiger Kerl, der offenbar den Dandy herausbeißen wollte, denn er befand sich im Besitze eines Frackes und eines schwarzseidenen Hutes. „Washington Home. Das einzige Hotel ersten Ranges in der Stadt. Alles für Gentleman eingerichtet. Nobel, gut und billig. Keine Wanzen, keine Schmutzerei in Küche und Belten. Von anderen Vortheilen nicht zu reden." Dieser Würdige schien den Vogel abgeschosscn zu haben, Die meisten Reisenden neigten sich ihm zu. Da machten die vereinigten Diener der andern Hotels einen erfolgreichen Angriff auf die Fremden. fielen gebeimnißvolle Andeutungen von allen möglichen Schrecken des eben so gepriesenen Wa shington Houses, und obgleich der „Mann im Frack" von seinen Lungen einen sehr liberalen Gebrauch machte, so gelang es ihm dennoch nickt, seine Gegner niederzuschreien, und er konnte sich gratu- li«n. daß sein Frack und Cylinder einigen kühnen Passagieren so viel Vertrauen einflößte, ihn in sei nen Bus zu folgen, und sich dem gastlichen Dache deS Washington Hotels anzuvertrauen. Unter den Angekommcnen befand sich auch Berger. In den sechs Monaten, welche seit dem Tode Ellas vergangen waren, hatte sich sein Aeußeres, namentlich der Ausdruck seines Gesichtes wesentlich verändert. Der frische jugendliche Zug um den Mund war einem tiefen Ernst gewichen. Die Leiden der Seele hatten den Jüngling zum Manne reifen lassen. Nach dem Tode Ella's faßte er den Entschluß, nach dem Westen zu gehen und nur den Bitten der niedergebeugten Familie gelai g eS, ihn auf einige Monate von seinem Vorhaben abzubringen. Der gemeinsame Schmerz hielt die Zurückge bliebenen für einige Zeil beisammen. Als aber der Frühling kam und sein Gram täglich durch die Umgebung, welche ihn stets an *) Bus, Abkürzung von Omnibu». die Geliebte erinnerte, neue Nahrung erhielt; at er der Zeit gedachte, in der er vor zwölf Monaten zum ersten Male dieses Haus betrat, ließ eS ihn nicht länger in Watertown. Er setzte sich mit seinem Kompagnon auseinan der und schiffte sich in Buffelo nach Milwanku ein. Mit nahezu zweitausend Dollar aber wenig Lebensmuth betrat er Wisconsin. Ohne sich an die Lungenübungen der Diener zu kehren, schritt er auf den Omnibus zu, der am anständigsten aussah, nahm in demselben Platz und rollte dem Washington Hotel zu. AlS er in den Bar-Room trat, fand er den selben angesüllt mit Agenten, Landspeculanten und Kaufleuten aller Art. Nachdem er dafür gesorgt hatte, daß sein Ge päck von dem Boote heraufgcfchafft wurde, mischte er sich unter die Menge, um seine trüben Gedanken zu zerstreuen. Seine Aufmerksamkeit wurde zuerst gefesselt durch einen Agenten, welcher mit schöner Bered samkeit einem deutschen Handwe.ker einige Bau stellen aufschwatzen wollte. Beide Männer sta dr n vor einem an der Wand hängenden Plane der „Eity of Milwanku." Der Deutsche starrte mit einer Miene auf die Straßen und Bauplätze, der er vergebens bemüht war, den Ausdruck eines überlegenden Speculanten zu geben. Es war sehr wahrscheinlich, daß der Yankee mit unserem Landsmann ein Geschäft machen werde, bei welchem Letzterer sicherlich nicht der Gewinner werden konnte. — Agenten von neu zu etablirenden Eisenbahnen, Farmer, welche aus dem Innern der „Back-Conlry" mit Weizen, den Erdrusch deS Winters nach der Stadt gekommen waren, und Spieler, welche sich bemühten, einige Opfer ausfindig zu machen, schwatz ten und lärmten durcheinander. (Fortsetzung folgt.) Dreyse, der Erfinder des Zündnodetgemehrs, ist im Jahre 1787 im thüringischen Städtchen Söm merda geboren. Sein Vater trieb außer der Schlos serei noch etwas Landbau, und der geweckte Knabe mußte bald mit feilen, oder fertige Arbeit austra gen, bald auf dem Felde helfen, oder auch Abends, wenn seines VaterS Haus der Rciheschank traf, die Gäste bedienen. Aus der dürftigen Schule seiner Geburtsstatt entlassen, lernte er bei seinem Vater die Schlosserei. Kaum Gesell geworden, trieb es ibn in die Fremde, weit und immer weiter; viele Jahre arbeitete er in Paris und lernte dort so Manches, wovon man sich in den thüringischen Bergen moch nichts träumen ließ. Im Anfänge der 20ger Jahre kehrte er zurück und begann die Fabrikation von Zündhütchen, die er in Paris ken nen gelernt hatte. Aber dazu gehörte Geld und da seine Eltern, durch den langen Krieg herunter gekommen, ihm nicht helfen konnten, wandte er