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251 Bittschrift an unsern König in Umlauf sei, die dielen Wunsch auSsprecke. Sie sehen ein, daß die Ejecken, die jetzt schon vom Kaiser einen eigenen Minister verlangen, bald Maßregeln ergreifen wer den, die Deutschen entweder aus Böhmen zu ver treiben oder nach und nach in Czecken zu verwan- detn. Haben fie dock schon vor dem Kriege durch« gesetzt, daß in allen öffentlichen Schulen der Unter richt in czechiicker Sprache ertbeilt werden muß, gleichviel ob in deutscher oder stockböbmiscker Gegend. Durch Oesterreichs Schwächung hoffen fie nun erst recht die Oberband zu bekommen und womöglich Bödmen zum selbstständigen Königreich zu machen. Furchtbare Wunden hat der Krieg einzelnen Famiiien geschlagen, aber welches Uebermaß von Schmerz enthält die nachstehende der „N.Pr. Ztg." entnommene Anzeige! „Tiefgebeugt benachrichtige ich hiermit alle Freunde und Verwandte, daß mein deißgeliebter Mann gestern früh schnell und sanft entschlief in Folge der gewaltigen Erschütterung, die der Lod unserer Kinder hervorrief. Unsere fünf hoffnungsvollen Söbne Franz, Joseph, Ernst, Georg, Leopold und Heinrich v. Stwolinski gaben alle ihr Herzblut für ihren heißgeliebten Kaiser und Herrn. Mit mir trauern die vier jungen Wittrven und ein zige Schwester. Um stilles Beileid bitten Frau v. Stwolinska, geb. v. Radezki. Josephine v. Stow- linska." (Prag.) Eine preußische Zeitung giebt den Verlust der 2. Armer (Kronprinz^ auf 328 Offiziere und 7009 Mann an Todten und Verwundeten an. Bedenkt man, daß diese Armee in der Hauptschlacht bei König- grätz erst gegen Mittag ankam, daß unterdeß die ersteArmee unter Prinz Friedrich Karl allein kämpfte, so muffen deren verloste ungeheure sein. Die Listen find noch nicht geschlossen; in Preußen wird man ober erschrecken, wenn man die Summe erfährt. Wir zählten nur die Namen einer Compagnie des 7. brandend. Infanterieregiments aus und fanden 78. Rechnet man da» Regiment zu 3000, die Comvagnie also zu 250 Mann, so ergiebt die Liste also fast eia Drittel Tobte und Verwundete. — In den Lazarethen sterben noch sehr Viele, weil ihre Wunden in den ersten Tagen zu wenig gevflegt worden find. Sie sollen in den preußischen Laza« rethen fast alle dem Tode verfallen, die amputirt werden mußten. Auch der Prinz Anton von Hohen» zollern ist seinen Wunden erlegen. — Der östretckische Finanzminister hat die reichen Bankiers in Wien zusammenkommen lassen, um mit deren Hilfe die 20 Mill, oufzubringen, welche an Preußen zu zahlen find. Für die Herren von Rothschild, Sina, EskeleS, Rhey und Wodianer, größtentheils geadelte Juden, von denen jeder Mil lionen besitzt, iS es natürlich ein Leichte», diese Summe zu beschaffen. Sie haben denn auch bereit« willig zugesagt gegen Verpfändung verschiedener Staatseinnahmen. — Zweierlei Ansichten. „Sachsen ist ein zu hübsches Land, das müssen wir annectiren!" sagten viele preußische Lieutenant», al« fie bei unS etnzogen. „Mir gefallen Land und Leute in Sachsen so gut, daß ich nach dem Frieden den Abschied mb«« und mich hier ankaufe!" sagte der alte Oberst v. L. Locales. Schien es in vergangener Woche, als sollt« zu den Ealamitäten dieses Jahres noch ein schlech tes Erntewetter kommen, so hat doch diese Woche wieder Vieles gut gemacht. Der Roggen wird wohl nun fast überall in die Scheunen sein und hat man bereits tapfer das übrige Getreide in An griff genommen. Unsere diesjährige Ernte ge'ört, wenn man das durch den Frost stark mitgenom men« Korn abrechnet, zu den ausgezeichneten, be sonders haben die Sommerfrüchte eine seltene Höbe erreicht. Wer in den letzten Wochen nicht aus unserer Gegend herausgekomwen ist, muß glauben, daß dieses Jahr einen Uebeifluß an Getreide er zeugt habe; dem ist jedoch nickt so: wir baten uns theils mit eigenen Augen überzeugt tdeils bat man uns mitgetheill, daß fast überall nur eine mittelmäßige Ernte zu erwarten war. Nirgend-, selbst in den dockberühmten Pflegen SachsenS, haben wir so üppiges Getreide gesehen, wie in der Wilsdruffer Gegend, Da nun die harten Mai fröste nicht blos Sachsen, sondern «inen großen Theil Preußen-, besonders Pommern, Brandenburg und Schlesien, ferner Thüringen, Böhmen, ja zum Theil Unaarn getroffen haben, so dürfen wir auf niedrige Kornpresie nicht rechnen, besonders wenn die Kartoff.lkrankheit, die sich schon an viele« Orten zeigt, noch' mehr um sich greiit. Der hiesige Turnverein bat 8 Tdlr. 20 Ngr. an da» Comite für die Verwundeten nach Dre»be» abgesandt. — Die Liedertafel bat ihre Gesang-Übungen seit Freitag wieder ausgenommen. — Bet Einrichtung der Sickerbeit-wachen zeigt« fick in unserer Stadt so viel Gemeingeist, daß kein Bürger sich ausschloß, daß Beamte, Geistlichkeit und Lehrerschaft mitwirkten. Da» ist nickt in alle» Städten der Fall. In Pirna meldeten sich so we, vig Freiwillige, daß der Staktraih sich genötbigt sah Zwangsmaßregeln anzuwenden. Alle ehema ligen Communalgardenpflichtige muffen nun Wacht« dienste thun oder 10 Ngr. Strafe zahlen. — In Amerika. Transatlantische Skizze von Richard Michaeli». (Fortsetzung.» Das Verbaltniß Bergers zur Familie gestaltet« sich indeß täglich angenehmer. Obgleich er noch immer unter dem gastlichen Dacke des würdigen Reiß seine Wohnung hatte, so blieb er dock nach der Sprechzeit fast immer im Kreise der Familie. Emilie, die ältere Schwester, liebte «S, sich mit Berger über die deutsche Literatur zu unterhalten, 32*