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L3Ü begrüßt, daß sie sich hier so heimisch fühlen mögen, al- die- unter den dermaligen Verbälmiffen über haupt nur möglich ist. Auch die sächsischen Trup pen sind sehr beliebt bei den Wienern. Schaaren- weise sind die gemütolichen Wiener in den Prater, wo die Sachsen einige Tage campirlen, gepilgert und wurden nicht müde, sich zum hundertsten Male die Ereignisse ter letzten Wochen erzählen zu lassen. Insbesondere bewundern die Wiener an den Sach sen ihre Nettigkeit und ihre stramme Haltung. Heute nach den Strapatzcn eines Feldzuges sehen dir Sachsen noch so sauber aus, als ob sie erst vor acht Logen ins Feld gerückt wären. Auch die Intelligenz und das ganze Benctmen der Sachsen finden an den Wienern laute Bewunderer, und wenn ihnen auch anfangs der norddeutsche Dialekt unsirer braven Berbünteten nicht ganz zuzusagen sbien, so finken sie denselben jetzt durchaus nicht medr so komisch, wie früher. Mit unseren viel: sprachigen Soldaten scheinen sich die Sachsen sehr gut zu verständigen, obgleich der gemeinsam ver ständliche Wörtervorrath jedenfalls nur ein sehr beschiänkrer sein wird. Wie stark das sächsische Eonlingent noch sein mag, weiß ich zwar nicht, allein daß es nicht so viel gelitten hat, wie es erst hieß, konnte man unter Anderem aus dem Um stande entnehmen, daß der am letzten Freitag er folgte Aufbruch der Sachsen aus dem unter den gegenwärtigen Witterungsverhältnissen ungesunden Lager im Prater mehrere Stunden lang bauerte. Heute campiren die Sachsen in der reizenden Um- g bung Wiens bis gegen Baden hin. Der König und der Kronprinz haben das kaiserliche Lustschloß Hetzendorf bezogen, wo sie so ziemlich im Mittel punkt der Canlonnirung ihrer Truppen sind,'' Auf dem Damplschiffe trafen wir am vergang nen Sonnabend zwei bet Königgrätz verwundete Sachsen, die an- dem Lazareih in Potsdam in ihre Heisrath bei Meißen entlassen worden waren. Der «ine, von der Brigade Friedrich August (früher Max) hakte «inen Schuß durch den Oberarm, der andere, «in Jäger, durch das Gesäß. Sie bestätigten, was wtc ichon früher meldeten, daß der Sieg anfangs auf de« linken Flügel auf Seiten der Oestreicher utid Sachsen geweien war, und daß die Preu ßen erst nach Umgebung der beiden Flügel Fortschritte gemacht halten. Preußische Zeitungen brachten damals die Nachricht, die Sachsen, beson der- die Jäger, hätten mit weißen Tüchern gewinkt, a>S wollten sie sich ergeben; die Thatsache wurde un- durch den verwundeten Jäger bestätigt, aber mchl den Preußen galt das Schwenken der Tücher, sondern den Oestreichern, die fortwährend unsere Leute, deren Uniform ihnen unbekannt war, beschossen. Erst nachdem wiederholt Oifiziere zu dem östrelchi- schen Corps geritten waren, Hörle bas Schießen ans dieser Richtung auf. Auch wurde unS versichert, daß ein östreichlsves Regiment mehrere Stunden im Feuer au-haltcn mußte, ohne einen Schuß lhun zu könNerr, wert — die Munition noch nicht eingetroffen war. Unser Jäger würde sich, nach seiner Erzählung, trotz -roß»» Blutverlustes vielleicht Haden noch retten können, wenn ihn nicht sein Nebenmann, der durch die Brust geschossen war, flehentlich gebeten däitet Bruder, ich muh sterben, verlaß mich nickr! Wäh rend sie sich nun gegenseitig ihre Wunden noto- dürftig verbanden, erichienen zwei preußische Offi ziere, die ihnen mit den Worten: Kameraden, ihr habt euch brav gehalten! die Feldflasche reichten. Was auS seinen Kameraden geworden war, wußte der Jäger nicht zu sagen, da man sie »och am Abend getrennt hatte. U^ver die Behandlung im Lazareth in PotS- dam sprachen sie sich sehr anerkennend auS: Unsere Mutter Halle unS nicht besser pflegen können! Da men, die Erfrischungen brachren, halten die 13 Sachsen reichlich bedacht und geäußert): Wir wissen, daß unsere Verwundeten in Sachsen auch gut ge halten werben. Daß eS den beiden Landsleuten auf dem Dampfschiffe au NichlS fehlte, dafür sorgten die Passagiere, die fortwährend die Soldaten umstanden und ihren Erzählungen lauschten. — In der Ernte, wo jeder Mann und jede- Pferd nolhwenöig ist, fühlt man doppelt die Last der Spannsuhren. Dazu kommt noch die Angst vor dem möglichen Verluste de» ganzen Geschirre-, Wochenlang hört der Besitzer nicht da» Geringste von seinem Fuhrwerke und schon mancher furcht, samer Knecht hat Alles im Stiche gelassen und ist davon gelaufen. Ein Gutsbesitzer 8. in S. batte semen einzigen Sohn milgeichickl; als nach 3 Wochen keine Nachricht elngehk, schickt er 2 Leute nach und verspricht demjenigen 50 Thlr., der ^en Sohn wieder- dcingt. Bor einigen Tagen traf dieser denn auch ein, aber ohne Pferde. — Der Knecht des Guts besitzer H. in K. macht seinem Herrn in einem Briele dlitere Vorwürfe, baß er ihn sammt den Pferden an die Preußen verkauft habe. — In P. Halle ein Lohnkulscher die Spannfuhre für einen Gutsbesitzer gegen eine nicht unbedeutende Summe übernommen; nach «4 Tagen kehrt er zurück: bl« Pferde sind gefallen und den Wagen Hal er hinter Brünn zurücklassen müssen. Er verlangt nun Er satz von der betreffenden Gemeinde, wird aber wohl vom Gericht abgcwiesen werden. — Ein Gutsbesitzer aus der Meißner Gegend reist, da er von feinem Knechte keine Nachricht er hält, selbst nach Bödmen und findet glücklich seinen Wagen, aber weder Pferde noch Knecht. Er weiß sich jedoch z» helfen, spannt ein Paar der vielen ohne Herrn herumlaufenben Pferde ein und kommt Wohlgemuth nach Hause. Einige Tage darauf be sucht ihn ein mehrere Stunden entfernter GulS- b.sttzer, der ebenfalls die Reise nach Böhmen unter nehmen will und sich nach der Richtung erkundigt. Zufällig erblickt er auch die milgebrachten Pferde und erkennt in ihnen die scinigen. Natürlich for dert er dieselben zurück, der jetzige Besitzer weigert sich jedoch, sie herauSzugeben. Wem gehören nun die Pferde? — Die Deutschen in Böhmen hegen den sehn lichsten Wunsch, sich an Sachsen anschließen zu dürfen. An der Grenze erzählte man, daß ein«