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-freitag, den 24. Lugust 1866. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. N Zml 8 blatt für das Königl. Gerichtoamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Lon dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vterteljabrgang beträgt lv Ngr. und ist jedesmal vorauszub ezahlen. SLmmliiche NLnigl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Ureigen, welche im nächsten Sluck erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl (in der Redactton), al.' auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen s° fertige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welch« der Tendenz de» Blatte» entsprechen, mit großem Lant« »ngenommen,nachB«findenhonvrirl. Hie Rchaction Umschau. ES unterliegt wohl keinem Zweifel mehr, daß sich weder Frankreich noch Rußland in die deutschen Händel mischen werden. Kaiser Napoleon, ohnehin leidend, mag nicht einen Krieg anfangcn, dessen Umfang nicht abzusehen ist und dessen Ausgang möglicherweise seine Dynastie gefährden könnte. Diejenigen werden wohl Recht haben, die schon vor Ausbruch des Krieges behaupteten, daß zwi schen Paris und Berlin Alles verabredet gewesen wäre. Der französische Gesandte ist wieder in Berlin und soll die freundschaftlichsten Versicher ungen mitgebracht haben. Um den russischen Hof für die preußischen Maßregeln in Deutschland zu gewinnen, wurde der General v. Manteuffel nach Petersburg gesandt. Da Würtcmberg, dessen Kö nigin eine Schwester des Kaisers ist, in seinem Bestände nicht angetastet wird, so wird Rußland iu Allem schweigen, was sonst in Deutschland vor» geht. Von dieser Seite beruhigt, hat nun Preußen die Einverleibung von ganz Hannover, Kurhessen, Nassau und der Stadt Frankfurt den versammelten Kammern angekündigt. Ob Bayern noch einen Theil, etwa den Bezirk Culmbach abzutreten haben wird, hängt von den Unterhandlungen ab, die noch im Gange sind, ebenso wie das Schicksal Ober- Hessens. Daß Hannover ganz annectirt worden ist, soll zum Theil seinen Grund in dem Wunsche der Bevölkerung haben, die lieber ganz preußisch wer den, als das Land getheilt sehen wollte. In den Residenzstädten Hannover und Kassel, die natürlich durch den Hof große Vortheile hatten, ist die Trimmung sehr gedrückt, — Der hannöversche Finanzminister hatte seiner Zeit die Staatskasse im Betrage von ca. 19 Millionen Thalern nach Eng land geschickt und weigert sich, dieselbe herauszu- geben. Der preuß, Civilcommiffar hat nun ange ordnet, daß die fehlenden Slaatßpapiere, deren Nummern bekannt worden sind, für ungültig er klärt und daß die Einkünfte des Königs fv lange mit Beschlag belegt werden, bis die fehlende Summe an baarcm Gelbe gedeckt ist. Ueber das Schicksal Sachsens wird in Berlin verhandelt. Finanzministcr v. Friesen und Graf Hohenthal haben die schwierige Aufgabe übernom men, ihnen ist noch Legationsrath v. Zobel beige- geben. Freiherr v. Beust hat seine Entlassung er beten und erhalten; die übrigen Minister halten sich dem Gesuche des Herrn v. Beust angeschlosscn, Se. Majestät haben jedoch ihre Gesuche nicht an genommen. — Aus einer Rede, die Graf Bismarck vor einer Commission des Abgeordnetenhauses hielt und wo rin er die Gründe darlegte, die Preußen zur Ein verleibung der übrigen occupirten Staaten bestim men, geht hervor, daß Sachsen künftig zwei Herr scher haben soll, einen Militär- und einen Civil» Herrscher. Er hofft selbst nicht viel Gutes von diesem Verhältniß, da der Militarherrscher nur immer fordern müsse und dadurch verhaßt werde, von dem Cwilherrscyer aber alle Segnungen des Regiments ausgingen. Graf Bismarck bezeichnet diesen Vorschlag selbst als Experiment, In Sachsen hat diese Doppelstellung sehr wenig Anhänger; schon jetzt bürt man häufig: „Wenn wir Kriegskosten bezahlen und Loch nur eine halbe Selbständigkeit behalten sollen, dann ist es besser, gleich ganz preu ßisch zu werden!" In diese jammervolle Lage sind wir durch Oesterreich gebracht worden, das, anstatt klar und vollständig die Friedensbebingungen für Sachsen