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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. .Amtsblatt für das Königl. Verichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den ll. August l865. I2 Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage «ine Nummer. Der Preis für den Bierteljabrgang betrügt IO Ngr. und ist jedesmal voiavSzubezahlen. Sämmtliche König!. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, weiden in Wilsdruff sowohl (in der Redaclion), al« auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz de« Blatte« entsprechen, mit großem Dank« angenommen, nach Befinden honorirt. Die Rcdactiou Umschau. Die Spannung zwischen Oesterreich und Preu ßen wird immer ernster. Oesterreich verlangt, daß der von Preußen verhaftete Redacteur May frei- gegeben und dem Abg. Frese gestaltet werde, in Holstein zu bleiben. Außerdem beharrt es auf der früheren Forderung: Einsetzung des Herzogs, der allein berechtigt sei, die Ansprüche Preußens zu befriedigen. Preußen dagegen wird den Redacteur May nach Berlin abfüyren und durch den StaatS- gerichtshof als Hochverräter abunheilen lassen. Es verlangt, daß der Herzog aus Holstein entfernt werde, nötigenfalls mit Gewalt, bis das Schick sal der Herzogtümer entschieden ist. Die Räthe des Herzogs sind bereits abgereist, um nicht das Schicksal des Red. May zu thcilen. Den letzten Veriuch zur Erhaltung des Friedens macht der öster reichische Gesandte Graf Blome, der fortwährend zwischen Wien und Gastein, wo der König von Preußen eine Badekur gebraucht, hin und herreist; bis jetzt freilich vergeblich. Herr v. Bismarck scheint so zu rechnen: Oesterreich kann jetzt keinen Krieg anfangen, weil seine Finanzen erbärmlich sind und Italien blos auf die Verlegenheiten Oesterreichs wartet, um ihm Venedig zu nehmen. Deshalb muthig zugegriffcn und nicht vor Protesten zurückgewichen. In Wien scheint man sehr kriegerisch gestimmt zu sein; Preu ßen armirt seine Festungen in Schlesien und zieht so viel Silber ein, als cs bekommen kann. Viel leicht gelingt es dem sächsischen Minister v. Beust noch, in d,r elften Stunde, den Sturm zu bc- scdworen. Er befindet sich in Wien und batte be reits eine Audienz bei dem Kaiser, er wird sich von da nach Gastein begeben, und wahrscheinlich auch mit dem König von Preußen sprechen. — Bei einem Kriege zwischen Oesterreich und Preußen käme Sachsen am schlechtesten weg; seine Lage zwischen beiden Großstaaten würde eS zum Schlacht felde machen, wie im 7jahrigen Kriege. — Wien hat soeben das SOVjähriße Bestehen seiner Universität gefeiert. Sämmtliche deutsche Universitäten hatten Abgeordnete gesandt. Der Jubel, besonders bei den Studenten, war unge heuer ; der Rektor wurde beim Festmahle im Saale herumgetragen und fast erdrückt. Merkwürdig ist eine Rede: „Auf Wiedersehen in Frankfurt!" rief Herr v. Schmerling in seinem Toaste auf die deutschen Universitäten. Der Tag wird und muß kommen, wo die Vertreter des deutschen Volke» in Frankfurt sich zusammenfinden, um die Macht stellung Deutschland» zu befestigen für immerdar. Vor 18 Jahren etwa war es, als sich die Edel sten des deutschen Volkes in Frankfurt zusammen gefunden, um die Einheit Deutschlands herzustel len. Das Werk ist damals nicht gelungen. Aber mals vor zwei Jahren war cs, daß unser ritter licher allverehrter Kaiser vom Donaustrome aus« zog, um in der alten Kaiferstadt, begrüßt vom Jubel des ganzen Deutschen Volkes, das Werk zu vollbringen. Es mißlang. Was aber ein zwei tes Mal nicht gelang, wird, ich bin dessen gewiß, zum drittenmale gelingen. (Großer Beifall) Daß dieses Ziel errungen werde, gebe ich vor Allem den deutschen Universitäten anheim. Sie mögen die Männer bilden und vorbereiten, die dereinst in Frankfurt zu sitzen haben werden. Dem che- maligen Deutschen Reichsminister sei es darum vergönnt, das Glas zu leeren auf die Deutschen Universitäten. Sie leben hoch! (Beifall!) Nach solch' einem Trinkspruch verlangte man allgemein