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die Leute nach Hanse geschickt. Die Börse wird nicht abgebalten. Die meisten Geschäftslocale, Khans und BazarS sind geschlossen. Die Mauth wird nur täglich Stunden geöffnet. Alle Proceß- Verhandlungen sind auf einen Monat hinaus ver schoben." In der Provinz Palermo hatte der Räuber Fricano seit längerer Zeit Furcht und Schrecken verbreitet und seinen Horst auf dem fast unzugäng lichen Berge Monte Corvo aufgcschlagen. Am 30. Juli ist nun dieser Berg umzingelt und militärisch re« cognoscirt worden, ohne daß sich eine Spur von den Räubern gefunden hätte. Plötzlich erblickt ein Soldat, ein armer Junge aus Pistoja, hinter einem Gebüsch zwei glänzende Augen. Darauf losstürzen und von einer Kugel todt niedergestreckt werden, war das Werk eines Moments. Der commandi» reiide Offizier ließ nun die Höhen ringsum besetzen. Er überzeugte sich, daß das Gebüsch den Eingang zu einer Grotte maskire, und forderte nun die da rin Weilenden zur Ergebung auf. Ein Mann, in dem später ein entflohener Sträfling erkannt wurde, und ein wunderschönes Weib, die Geliebte Fricano's, kamen dem Rufe nach. Fricano selbst drohte, jeden Herankommenden erschießen zu wollen, wurde aber im eigentlichen Sinne des Wortes aus der Grotte herausgeräuchert. Als die Soldaten ihn fassen wollten, stieß er mit herkulischer Kraft die sich ihm Nahenden über den Haufen und ergriff die Flucht. Eine Kugel streckte ihn todt zu Boden. Auch der andere Räuber entriß sich den Soldaten, rollte sich den Abhang hinab und mußte ebenfalls erschossen werden. Das Weib allein konnte gefangen abge- führt werden. Bon ihr weiß man, daß sie die Gattin eines Diebsheblers, Namens Lentini aus Termini, ist und dort schon die Geliebte Fricano's war. Als die drei eines Abends in der Wohnung Lentini's von Carabinieri überfallen wurden, erschoß Fricano zwei seiner Gegner und rettete sich durch die Flucht, Das Weid sagte aus, ihr Mann habe die Carabinieri erschossen, brachte ihn dergestalt auf die Galeere und sich in die Berge zu ihrem Geliebten, von dem sie seitdem nicht gewichen ist. In Iowa in Nordamerika hatte sich ein junger Mann mit einem Mädchen, Maria Smith, verlobt. Nach einiger Zeit nahm der Bräutigam in der Unionsarmee Kriegsdienste und als er aus dem Felde zurückkam, erhielt er in Washington eine An stellung im Mnisterialbüreau, vergaß die alte Flamme und heirathete eine andere, mit der er ganz glück lich lebte. Die Verlassene, empört über diese Treu losigkeit, machte sich auf den Weg und kam nach einerlangen und beschwerlichen Reise nach Washington. Dort lauerte sie dem Untreuen aus und schoß ihn, als er eben aus seinem Büreau zum Mittagstische gehen wollte, mit einem Revolver nieder. Die Mörderin wurde vor das Geschwornengericht ge stellt und da, obschon auch nicht ein einziger Grund zur Milderung ihres Verbrechens vorhanden war, so gut vertheidigt, daß die Geschwornen sie ein stimmig freisprachen. Sie eilte in die Arme ihres Retters, der sie, als sie vor Freuden ohnmächtig wurde, auf seinen Armen binaustrug und sie bald wieder zu sich brachte. Das Volk jubelte und über häufte die Freigesprochene mit Geschenken aller Art. Locales. Bor dem Hause des Herrn Schneidermeister Kirsten allhier (vor dem Freiberge Thore) steht ein Apfelbaum, welcher nicht nur Früchte hat. sondern auch an verschiedenen Aesten blüht. Ebenso hat Herr Lobgerbermeistcr Friedrich Franke einen Hol lunderbaum in seinem Garten, welcher gleichzeitig reifende Beeren und Blüthen hat. — So viele Besucher, als jetzt, hat wohl die Struttb noch nie gehabt! Nicht um kalifornische Goldminen aufzusucheu, nein, Wilsdruff ist be scheidener, nur Pilze werden gesucht und in so reichem Maaße gefunden, daß man dreist behaup ten kann, es werde» die Pilze malterweise berein- gebracht. - Unter den Mädern hat sich wiederum die große Unart emgeschlichen, daß sie die Sensen blank und unverwahrt durch die Stadt tragen; wie bald verwunden sie durch plötzliches Umwenden ein hinter ihnen stehendes Kind. Möchten doch alle Arbeitgeber ihren Dienstboten und Arbeitern das Verwahren der Sensen mit Scheiden nach drücklich befehlen. -- Das Jahr 1865 scheint das Jahr der Feste zu sein. Kaum waren die Klänge des Sängerfestes in Dresden verhallt, als auch schon wieder der Gauturnerbund der Niederelbe vorig-» Sonntag die Turner nach Meißen berief. Vertreten waren die Städte Meißen, Oschatz, Großenhain, Riesa, Strehla, Wermsdorf, Dahlen, Radeburg, Ortrand, Elsterwerda, Lommatzsch und Wilsdruff, letztere mit 34 Mann. Im Ganzen hatten sich 4 bis 500 Turner ein gefunden und wurden in der prächtig geschmückten Stadt auf's Freundlichste empfangen und einquar« ticrt. Nach 2 Uhr bewegte sich der Zug mit 2 Mustkchören und den Meißner Gesangvereinen durch die Straßen nach dem Festplatze neben dem Schützen hause. Leider hatte das Fest auch damit so ziem lich sein Ende erreicht; ein heftiges Gewitter trieb Turner und Zuschauer in die nächstgclegenen Häuser, die die Menschenmasse nicht zu fassen ver mochten, und da der Regen bis zum späten Abend in Strömen bcrabgoß, mußten die Turner sich auf gemüthiiches Zusammensein beschränken. Für das nächste Jahr wurde Lommatzsch als Festort bestimmt. Wilsdruff, von vielen Seiten vorgeschlagen („es steht noch vom Sängerfcste her in gutem Andenken" hieß es) mußte ablehnen, da es im Jahre 1866 in seinen Mauern schon ein Fest haben wird. Der Gustav-Adolph. Verein will im nächsten Jahre in unsern Mauern tagen. 33*