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L58 ließ, mit leuchtenden Augen begrüßtund wie ein liebster Schatz abgeküßt wurden. So eine Rarität ist die klingende, blinkende Münze für österreichische Augen. Aber wer fragt jetzt nach Silber, seitdem so gar die alten Papierlappen zur Seltenheit werden? ES lautet für unsere Ohren geradezu unglaublich, waS jüngst ein österreichischer Freund erzählte. In der Nähe vonCilli, sagte er, verfiel ein Land gut dem Eoncurs, dessen Werth zu 8000 bis 10,000 Gulden allgemein bekannt ist. Die erste Forderung aus dasselbe von 500 Gulden, kam der Obersteuer behörde in Graz zu. Das Gut kam zur Verstei gerung und zu welchem Preis mußte cs zugeschla gen werden? — Keine noch so ergreifende Schilde rung kann uns ein Bild von der ungeheuren Geld- noch im Lande, von der Angst, überhaupt Geld sehen ober nur bei sich abnen zu lassen, geben, als die Tbatsawen: daß die Obersteuerbehörde in Graz an ihrer Forderung von 500 Gulden noch fünf zig Gulden einbüßte! — Ein Landgut von 8 bis 10,000 Gulden Werth mußte um 450 Gulden hingeschleudert weiden. Erne andere Geschichte erzählte ein Leipziger Kaufmann. Derselbe mußte von einem Schuldner in Prag eine Forderung von 200 Gulden durch einen Advocaten ausklagen lassen. Nach anständiger Zeit war endlich das schöne Geld in der Hand des Prager Advocaten ausgezahlt worden; aber nun wollte der es nicht loslassen, und es blieb dem Leipziger nichts übrig, als durch einen andern Ad- vocaten dem ersten mit Rechlsgewalt die Summe entwinden zu lassen, wobei natürlich Etliches davon in den tapfern Händen hängen blieb. Was helfen, waS lehren uns nun diese Ge- schichlchen? Die rechte Würdigung eines wohlge ordneten Staats« und Volkshaushalts muß Jedem von selbst sich aufdrävgen, der seine heimathlichen Verhältnisse, und wären es selbst mecklenburgische, mit diesen österreichischen vergleicht. Und dies ist in einem Lande möglich, das Himmel und Erde mit ihrem reichsten Segen überschüttet hat, das unerschöpfliche Schätze der Erde besitzt und den fruchtbarsten Boden, und den mächtigsten Strom und daS Meer! Nur das Auge, das diese Schätze erkennen sollte, wird von den Pfaffen geblendet, und die Hand, die sie heben müßte, ist nicht frei. In Oberösterreich allein bestehen jetzt 18 Klöster mehr, als Kaiser Joseph dort aufgehoben hatte. Dieses eine Rechenexempel erklärt die anderen. So ist's! H. D. Rußland schreitet auf seinem Wege, Polen zu rusfifictren, eifrig fort. Sein Hauptaugenmerk hat es daraus gerichtet, die Macht des Adels und der Geistlichkeit zu brechen und dieß wird es in kurzer Zeil erreichen, wenn die neuen Gesetze in Kraft getreten sind. Polen wird in 11 Gouvernements u. in 80 Kreise getheilt werden. Die Abstufung der Verwaltungs behörden bleibt mit geringen Modifikationen die selbe wie bisher. Der Landesregierung in Warschau, an deren Spitze der Statthalter steht, sind die GouvernementSregierungen, diesen die Landräthe, und diesen die Wählämter untergeordnet. Die Gemeinden werden nach russischer Art organifirt, sodaß die Gemeinde die eigentliche Besitzerin des bäuerlichen Areals ist, und über die Erhaltung des selben zu wachen hat. Die Gutsbesitzer sind Mit glieder der Gemeinde. Die Pfarrländereien meiden eingezogcn und die Psarrgeistlichen auf fixirte Ge halte gesetzt. Wegen der bevorstehenden Rekrutirung ist zur Verhütung von Entweichungen der Militärpfltchli- gen russWersejts eine stärkere soldatische Besetzung der polnischen West- und Südgrenze angeordnet worden. Auch Preußen ist bereits wieder zur^Hand. In der Provinz Posen und in Westvreußen sind Militärabtheilungen in Form von fliegenden Ko lonnen nach der Grenze des Königreichs Polen de- tachirt worden, zu dem Zwecke, die polnischen Flücht linge, die infolge der im Königreiche Polen bevor stehenden Mililäraushebung erwartet werden, aas- Mangen." In letzter Zeit haben deutsche Kapitalisten sehr bedeutende Flächen in Polen angekauft; Rußland begünstigt die Einwanderung Deutscher und sind erst die bäuerlichen Verhältnisse vollständig geregelt, so werden sich noch weit mehr deutsche Landwirthe dort ansiedeln. In Köln ziehen allabendlich die Kinder durch die Straßen und singen: Der Bachem, Schauerte und Eich, Das sind Gesellen aus Einem Teig, Jedoch der Elassen-Kappelmann, Das ist und bleibt ein Evrenmanu. Kein Drohen der Polizei Hal bis jetzt diesen Ge sang stören können. Wenn er aus einem Punkte beschwichtigt ist, hebt er auf einem andern desto stärker an und wälzt sich von Straße zu Straße. Der Emir Abd-el-Kader begegnete vor einigen Tagen in der Straße Rivoli zu Paris einem ältlichen Herrn, beide blickten sich in einem Moment an und grüßten sich dann schweigend. Der Emir fuhr in einer kaiserlichen Prachtcarrosse, der andere ging unbeachtet im Civilrock stolz zu Fuß. Es war der General Lamoriciere, der einst in Afrika den Emir gefangen nahm und ibn an Frank reich auslieferte. Sie sahen sich seit jener Zeit zum erste' Mal wieder. In Italien greift die Cholera immer weiter um sich. Zwar ist sie in Ancona seit einem hefti gen Gewitter, das die Luft reinigte, etwas schwächer geworben, aber sie tritt in immer weiteren Kreisen auf. Die Stadt Ancona hat 26,000 Einwohner, davon sind 14,600 ausgewandert, um der furcht baren Seuche zu entfliehen. Aller Verkehr stockt natürlich. Auch in Spanien ist die Krankheit be reits aufgetreten und ein englisches Blatt prophe zeit, daß sic ihren Weg über ganz Europa machen werde trotz aller Absperrungsmaßregeln. Nur durch ein solides, geregeltes Leben könne man mit Erfolg der Seuche widerstehen. In Konstantinopel wüthet sie in einer furcht baren Weise. Im Arsenal und allen kaiserlichen Fabriken sind die Arbeiten eingestellt worden und