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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das König!. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. -freitag, den 23. Juni l865. 25, Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von Lieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljabrgang beträgt 10 Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmlliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl (in der Redaction), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, »ach Befinden honorirt. Rcdaction Umschau. Deutschland feierte am 18. Juni den 50. Ge denktag des Sieges bei Waterloo. Dieser Sieg bereitete der Herrschaft Napoleons ein Ende mit Schrecken; wir hatten aber schwerlich einen solchen zu feiern, wenn nicht zwei Tage zuvor eine höhere Hand den alten Blücher gerettet hatte. Napo leon hatte sich am 16. Juni mit aller Macht bei Ligny auf die Preußen geworfen, die gegen Abend unterlagen. Da setzte sich der alte Held noch ein mal an die Spitze von 12 Schwadronen Reiter, er fragte sie, ob sie jetzt vor den Franzosen fliehen und ihn verlassen wollten? und sührte sic gegen die französischen Kürassiere. Umsonst: im übereilten Lauf der Pferde, im vorzeitigen Hurrah der Reiter löst sich der Angriff auf, noch ehe die feindlichen Reihen recht erreicht sind; im gefährlichsten Augen blick wird des Feldmarschalls Pferd von einer Kugel tödllich getroffen, es rast mit wilden Sprüngen vorwärts und stürzt plötzlich zusammen, den Reiter unter seiner Wucht begrabend. Ein schweres Ge schick drängt sich in ein Paar Minuten zusammen. Die französischen Panzerreiter brausen vorüber, ohne Blücher zu erkennen; sie jagen geschlagen wieder rückwärts und ahnen wiederum Nichts von der kostbaren Beute, die sie machen konnten; die ver folgenden preußischen Reiter hören aber den Hilfe ruf und retten ihren Fcldherrn. Graf v. Nostitz, Blüchers Adjutant, war es, dessen Stimme sie ge hört, er war bei dem Sturz seines Generals vom Pferde gesprungen und hatte sich mit gezogenem Schwerte neben ihn gestellt. Die Preußen waren geschlagen, aber zwei Tage darauf führte sie ihr alter Marschall Vorwärts, der kaum mehr ein Glied rüh ren konnte, zum entscheidenden Siege bei Waterloo. Es war ein Marsch voll der größten Hindernisse, die Truppen blieben im Kothe stecken, die Kanonen waren kaum aus der Stelle zu bringen, brennende Städte und Dörfer verlegten den Weg, cs geht nicht mehr! riefen seine Preußen. Es muß gehen, rief der Alte; Kinder, ick hab's dem Wellington versprochen; ihr werdet mich nicht wortbrüchig ma chen wollen! — Und es ging. Mit der scheidenden Sonne traf Blücher auf dem Schlachtfelde ein und entschied den Tag. Napoleons Stern erlosch. — Der preußische Landtag ist am 17.Juni durch Herrn v. Bismarck geschlossen worden. Der Budgetstreit hat seine Schatten auf die Verhand lungen geworfen, viele wünschcnswerthe Dinge sind nicht zu Stande gekommen: auf Dornen wachsen keine Trauben. Hr. v. Bismarck schiebt die Schuld den Abgeordneten zu. Er sagte in seiner Schluß rede: „Das Abgeordnetenhaus hat Forderungen ver weigert, welche die Staatsregierung stellen mußte; es hat Beschlüsse gefaßt, welche die Negierung nicht ausführen kann. Statt mit der ersehnten Verstän digung schließt die Sitzung abermals unter dem Eindruck gegenseitiger Entfremdung der zum Zu sammenwirken berufenen Kräfte. Seiner Majestät Regierung hat nur ein Ziel im Auge: die Wahrung der Rechte und der Ehre des Königs und des Lan des, sowie sie verbrieft sind, sowie sie neben einan der bestehen können und müssen. Dem Lande ist nicht gedient, wenn seine gewählten Vertreter die Hand nach Rechten ausstrccken, die ihre gesetzliche Stellung im Verfassungslebcn ilmen versagt. Nur wenn sie diese Stellung dazu benutzen, mitzuarbei- ten an dem von unserem Fürsten begonnenen und bisher durchgeführten Werke, Preußen unter starken Königen groß und glücklich zu machen, nur dann werden sic das Mandat erfüllen, welches des Königs