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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 28. Freitag, den 7. April 1876. WM UL Nimm Abschied! Mit dem Einen Tag Schließt sich das gold'ne Eden, Das sonnig Dir zu Füßen lag Mit seinen Blumenbeeten. Du stehst am ersten Wanderziel; Dahin sind Mailuft, Tanz und Spiel; Erloschen ist für immer Der Kindheit Morgenschimmcr. Ein Wort ans Eonsirmandcnherz. Nimm Abschied! In die Fern' hinaus Heißt Dich das Schicksal schreiten, Und bald wirst Du vom Vaterhaus, Vielleicht für immer, fcheiden. Die Blumen, die die Seele fand, Wo Deiner Kindheit Wiege stand, Schon sind sie im Verblühen; Du mußt von dannen ziehen. Nimm Abschied! Deine Mutter weint, Die Theure, die das Leben, Dess' Sonne Dir so freundlich scheint. Die Alles Dir gegeben; Das Mutterherz schlug nicht für sich, Das Mutterherz schlug nur für Dich. Und das auch sollst Du meiden, Von ihm auch mußt Du scheiden. Nimm Abschied! Wo Dir Lehrerhand Das Reich des Lichts erschlossen; Wo Du geknüpft der Freundschaft Band Mit blühenden Genossen, Da kehrst Du fürder nicht mehr ein, Da wirst Du vald ein Fremdling sein. Der Erde Kränze reißen, Wie fest sie immer heißen. Nein, nein! Mach' an der Grenze Halt Und laß den Ernst auch reden. Bald werden Deine Füße, bald Das neue Reich betreten. Da aber giebts nicht Matten nur, Die grün, und Blumen auf der Flur, Da giebt's auch Wüsteneien, Wo Blüthen nicht gedeihen. Fürwahr, das ist der Trennung viel. Und dennoch stand Dein Sehnen Allein nach diesem ersten Ziel; Hast Du auch Deine Thränen? Wie, oder hüpfest fröhlich Du Darüber hin dem Lande zu, Desf' weite Thore offen Dem ungestümen Hoffen? Fühlst Du, was alles hin Du giebst, Da dieser Tag gekommen? , Viel, viel, was Du von Herzen liebst, Wird heute Dir genommen. Nimm Abschied; doch vergiß den Dank, Vergiß ihn nicht Dein Leben lang, Und wähle Dir zum Führer Den mächtigsten Regierer! L. 6r. Nimm Abschied! Der Dein Führer war Bisher auf Deinen Wegen; Deß' treue Hände immerdar Geschafft zu Deinem Segen, Der Vater kann nicht mit Dir geh!n, Bald wirst allein Du draußen steh'n; Drum denn in seine Arme Und an sein Herz, das warme! Tagesgeschichte. Altenberg. Ueber das schwere Brandunglück, welches die alte Bergstadt in der Nacht vom 31. März zum 1. April abermals heim gesucht hat, liegen jetzt weitere Mittheilungen vor. Kurz nach 10 Uhr brach in dem feuergefährlichsten Theile der Stadl, im Gasthof „zum Löwen", Feuer aus und legte binnen wenigen Stunden 24 Wohnhäuser, darunter das Diaconat, die Kirche, den isolirt stehenden Glockenthurm und eine Scheune in Asche. Was die Entstehungsur sache des Feuers anlangt, so wird Brandstiftung vermuthet und ist der Besitzer des Gasthofs „zum Löwen" persönlich eingezogen. Im Ganzen sind 53 Familien mit circa 200 Köpfen obdachlos geworden. Drei Familien sind im Armenhause untergebrackt worden, während für die klebrigen ehr vorläufiges Unterkommen bei hiesigen Bürgern zu beschaffen gewesen ist. An Mobiliar war nichts versichert und konnte nichts versichert werden wegen der feuergefährlichen Bauart der Häuser. Ein großer Theil des Mobiliars ist zwar gerettet worden, immerhin aber haben gerade der ärmsten Klasse angehörige Ein wohner empfindliche Verluste erlitten. Am schwersten sind die Haus besitzer betroffen worden, von denen der größte Theil ganz außer Stande ist, mit der aus der Landeskasse zu erwartenden und bei der leichten Construction der Häuser sehr niedrigen Vergütung wieder aufzubauen. Nächst diesem Unglück eines großen Theils der Ein wohnerschaft ist für die Stadt der Verlust des Gotteshauses beson ders zu beklagen. Wegen der Höhe der Kirche war es der Feuer wehr nicht möglich, sie vor den Flammen zu schützen. Schon in früheren Jahrhunderten ist die Kirche zweimal vom Feuer zerstört worden, und jetzt ist abermals die im Jahre 1678 erbaute Kirche bis aus die Umfassungsmauern niedergebrannt. Für den Augenblick macht sich die Zerstörung der Kirchenuhr und der Glocken sehr fühl bar. Am 2. April langten Kreishauptmann v. Einsiedel lind Amts hauptmann v. Bosse von Dresden hier an, nahmen in Begleitung des Bürgermeisters Adler und der Rathsmänner Büttner und Bachmann die Brandstätte in Augenschein, überzeugten sich von der Unterbringung der Calamitosen und händigte Ersterer dem Bürgermeister seiten der Kreishauptmannschaft 500 M. zur vorläufigen Beköstigung der Calamitosen ein, während Letzterer zum Erlaß eines von dem so fort zusammengetretenen Hülsscomito entworfenen Hülferufs die er forderliche Genehmigung ertheilte. In Neinhärdsdorf bei Krippen ist am 2. April in der Scheune des Gutsbesitzers Hänsel Feuer ausgebrochen und ist diese, sowie das Wohn- und Seitengebäude vollständig niedergebrannt. Durch Flugfener wurden noch 4 Güter mit Scheunen und den darin befindlichen Vorrälhen vollständig eingeäschert. Dabei sind mehrere Stück Vieh mit verbrannt. Außer Hänsel hat keiner der Calami tosen versichert gehabt und der angerichtete Schaden ist ein ganz be deutender. In Rochlitz sind am 2. April in der Schloßgasse mehrere Ge bäude niedergebrannt. Die Entstehungsursache ist unbekannt. Aus Zittau wird berichtet: Dem Vernehmen nach wird unser hohes Königspaar im Monat April zu einem 14tägigen Aufenthalte nach Ohbin kommen und in der Villa des Commerzienrath Dannen berg Quartier nehmen. Die Vorbereitungen dazu sollen in vollem Gange sein. In Roßwein ist es in derVeerdigungshalle auf dem Friedhöfe in diesen Tagen versucht worden, eine daselbst beigesetzt gewesene weibliche Leiche, bei der jedenfalls Schmucksachen vermuthet worden, zu berauben. Da die Frevler, welche durch ein eingedrücktes Fenster in die Halle gelangten, indessen das Gesuchte nicht vorfanden, so haben sie sich, ohne irgend welche andere Beschädigung vorzunehmen, wieder entfernt. Die criminalrechtlichen Erörterungen sind im Gange. In Sörmitz bei Döbeln benutzte am 30. März ein Trupp von 12 Personen die Fähre zur Ucberfahrt nach dem rechten Muldenufer. Trotz der Versicherung des Fährmanns, die Fähre habe Tragkraft für so viel Personen, war dies nicht der Fall, dieselbe schlug viel mehr um und sämmtliche darauf Befindliche fielen ins Wasser. Zum