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Constantinopel oder Brüssek) ist Mgewtß. Auch Kossuth hat das Bedürsniß gehabt, seine Ansichten über die orientalische Frage, wenngleich nur in der anspruchslosen Form vertraulicher Aeußeruugen einem Herrn Mezei gegenüber, der ihn jüngst darum befragt hat, vor die Oeffentlichkeit zu bringen. Auch Kossuth zweifelt nicht, daß das türkische Reich früher oder später zerfallen werde, die Befreiung der slavischen Stämme müsse aber nicht unter allen Umständen Ungarn gefährlich werden. Dieses könnte je doch dem Zusammensturz der Türkei nur dann ruhig zusehen, wenn diesem eine Schwächung Rußlands vorangegangcn wäre. Hierzu wäre aber Zweierlei erforderlich: die Herstellung Polens und Unabhängig keit Ungarns. Ein unabhängiges Ungarn könnte sich nämlich ganz gut mit den Unabhängigkeits-Bestrebungen der Südslaveu vertragen. Da aber unter den heutigen Verhältnissen ein Sieg der letzteren nur Rußland zugute kommen würde, so dürfe Ungarn den Zerfall der Türkei nicht zulassen. Auf die Frage jedoch, wie Ungarn dies hindern solle, weiß auch Kossuth nur mit einem Seufzer zu antworten. Der „St. Petcrsb. Herold" sagt: Die Annahme der russischen Forderungen von feiten der Pforte beweise, „welcher Nachdruck der Action Rußlands iunewohnt, wenu cs dieselbe entschieden und durch greifend ausnimmt, und wie sehr man gerade in Cvnstautinopel das verhängnißvolle Gewicht derselben schon zu bcurtheileu weiß. Es ist dies ein großer Sieg der russischen Diplomatie, denn daß die Pforte gern oder bereitwillig ainahm, das wird Keiner behaupten; man weiß zu genau, wohin ihre eigentlichen Wünsche sich richten." Weiter erklärt dasselbe Blatt: „Mit dem Waffenstillstand ist es noch nicht gethan. Die Hauptaufgabe beginnt erst jetzt. Mau kann es nicht genug betonen, die Garanliefrage ist die Kernfrage des Ganzen.. Die Londoner Wochenblätter sprechen sich trotz des geschlossenen Waffenstillstandes wenig hoffnungsvoll für die Erhaltung des Friedens aus. Die Schlacht von DjunlS am 29. October kostet der russo-ser bischen Armee 5000 Mann Todte und Verwundete. 117 Osficire fielen; die Verwundeten wurden gar nicht aufgesammell, also wohl von den Türken massacrirt. Wird von den Türken noch heutzutage gepfählt oder nicht? Diese Frage wird von einem Belgrader Cvrrespondenlen der „S. Z." entschieden bejaht „Ich kann aus eigener Anschauung bezeugen, daß diese scheußliche Todesart gegen Christen zur Anwendung kommt. Während meines Aufenthalts in Nordbosnien im vorigen Winter wurde der von Oesterreich in seine Heimath zurückgrkehrle bosnische Flüchtling Rade Buitsch aus Wodüschewo, Bezirk Turklsch-Kostajnitza, gefangen und auf der Bahnstation Doberlin gepfählt. Sein Kölper steckte 14 Tage lang angesichts des österreichischen Ufers, Kosibrod gegenüber, und haben Hunderte diesen Leichnam gesehen, der Vor gang wurde auch amtlich constatirt und an das Generalcommando Agram berichtet." Rom, 6. November. Der Cardlualstaats-Sccretür Antonelli ist gestorben. Der Schein trügt. Erzählung von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Es lag doch in dem Auftreten der jungen Dame ein Etwas, das selbst den eingefleischten Juristen stutzig machte und aus seiner bis herigen Sicherheit auffchcuchte, und nun kam die Justizrälhiu schon ihrer jungen Freundin rasch zu Hülse. Die heftigen Anklagen ihres Mannes hatten sie ohnehin ebenso wenig in ihrem guten Glauben er schüttert, wie den Assessor: „Da siehst Du, lieber Bruno, daß Dw eine arge Verwechselung begangen und Dich sehr zu entschuldigen hast. Fräulein von Klausenegg wird hoffentlich so liebenswürdig sein und Tür Deine Ucbcreilung noch einmal verzeihen," sie ergriff die Hand Franziskas und führte sie ihrem Manne näher, als wolle sie damit eine völlige Aussöhnung heibcisühren. „Aber wer sagt Dir denn, daß Du wirklich ein Fräulein von Klausenegg vor Dir hast und daß —" entgegnete der alte Herr, in dessen Seele von Neuem das Mißtrauen erwachte. „Sie haben Recht, Herr Justizrath," unterbrach ihn Franziska, die ihre völlige Sicherheit wieder gewonnen hatte. „Ich bin den theuren Ihrigen sehr dankbar, daß sie mir auf mein bloßes Wort hin ein solch' unbedingtes, grenzenloses Vertrauen geschenkt haben, doch ich sehe auch vollkommen ein, daß Sie es nicht zu lheilcn ver mögen, denn der Scbeiu muß doch ein wenig gegen mich sprechen. Ich bin sehr hart dafür bestraft worden, daß ich der liebenswürdigen Außenseite eines Menschen traute und mich von dem etwas schroffen Auftreten eines andern Herrn abstoßen ließ," und sie verbeugte sich mit einem beinahe iGermüthigen Lächeln gegen den Justizrath, „aber hoffentlich trifft bald ein Brief meines Vormundes, des Gerichtsralhs Wehrenmüllcr, ein lind verscheucht die dunklen Schatten, die mich noch umgeben, denn ich habe ihm bereits schriftlich von meinem Aben teuer Miltheilung gemacht." „Gerichtsrath Wehrenmüllcr?!" wiederholte der alte Herr nach denklich: „Paul Wehrenmüllcr?" lind seine grauen Auge» ruhten fragend auf Franziska. Diese nickte ruhig mit dem Kopfe. „Kennen Sie meinen Vor mund?" fragte sic zurück. „Paul Wehrenmüllcr ist ein altcr Studienfreund von mir, wir waren in Heidelberg ein Herz und eine Seele. O, das waren glück liche Tage!" und das sonst trockene Gesicht des alten Juristen belebte und dicsmaleifriger mit dem schönen Haupte: „Mein Vormund hat wirklich in Heidelberg studirt, und wie er mir erzählt, bat er dort eine Schmarre über die linke Backe erhallen, auf die er noch stolz ist." „Ein Nhenane hat ne ihm beigebracht!" rief der alte Herr leb haft. „Also meinem alten Wehrenmüller geht es gut," fuhr der Justizrath gemüthlich fort, er schien ganz vergessen zu haben, daß er noch eben kurz vorher die junge Dame schwer beschuldigt. Die wach gerufene glückselige Vergangenheit riß ihn mit fort und ließ ihn plötz lich sein Mißtrauen ganz vergessen, das sonst nicht so leicht auszu rotten war. In diesem Augenblick klopfte der Postbote und brachte einen Brief an Fräulein von Klausenegg. Anstatt das Schreiben zu öffnen, reichte es Franziska, nachdem sie einen flüchtigen Blick darauf ge worfen, dem alten Herrn und sagte mit ihrer gewinnenden Freund lichkeit: „Wollen Sie den Brief zuerst lesen, dies wird am leichtesten die letzten Zweifel zerstreuen." „Ach, das brauch' ich eigentlich wohl nicht mehr," entgegnete der Justizrath, dennoch nahm er das Schreiben in Empfang und seine grauen scharfen Augen überflogen den Inhalt. „Sie haben Recht!" sagte er mit großer Herzlichkeit, ihr den Brief zurückgebcnd: „da müssen selbst einem alten mißtrauischen Juristen alle Zweifel schwin den! Und denken Sie, gnädiges Fräulein, der alte Spund hat mich auch noch nicht vergessen. Entschuldigen Sie, -- das war der Kneip name Wehrenmüllers, — er fragt Sie, ob Justizrath Altberg sich nicht erinnere, mit einem Paul Wehrenmüllcr in Heidelberg studirt zu haben? Ja, freilich erinnere ich mich daran!" setzte der alte Herr mit großer Lebhaftigkeit und freudig strahlendem Gesicht hinzu: „Es wäre das doch cin zu merkwürdig hübscher Zufall, der Sie gerade in mein Haus geführt, und weich' ein hübscher Zufall! 0 Uaka! — Ja so" — brach er erschrocken ab, „Sie müssen nämlich wissen, meine gute Frau hat mir streng verboten, in ihrer Gegenwart Latein zu sprechen. Aber nun seien Sie mir herzlich in meinem Hause will kommen, und verzeihen Sie mir, daß ein heilloser Jrrthnm mich ver mocht hat, auf Sie einen so häßlichen Verdacht zu Wersen!" Der Juuizrath war wie verwandelt, von seiner früheren Schroffheit zeigte sich nicht die geringste Spur und ihr beide Hände enlgegenstreckcnd, bewies er seinem schönen Gast eine wahrhaft gewinnende Herzlichkeit. Gattin und Neffe athmeten, wie von einer großen Last befreit, freudiger auf und dies vorangegangene Mißverständniß trug nur da zu bei, die gute Stimmung der kleinen Gesellschaft zu erhöhen. Franziska bekannte jetzt offenherzig, daß sie Gleiches mit Gleichem vergolten und ihrerseits den Justizrath im Verdacht des Diebstahls gehabt habe, und dieser wurde nicht wenig davon belustigt. Er hatte sich eingebildet, daß man an ihm den Rechtsgeiehrten und streng rechtlich handelnden Mann sofort erkennen müsse. „Sie zeigten sich so feindselig gegen meinen armen Lucido," sagte Fräulein von Klausenegg lächelnd. „Ja Sie zwangen mich so gar, mich von meinem Liebling zu trennen, so daß ich Ihnen nun auch das Schlimmste gern zutraute." „Der andere Herr war freilich weit liebenswürdiger," entgegnete der Justizrath in bester Laune. „Er hat sich dafür bezahlt gemacht, und dennoch bereue ich jetzt den schlimmen Streich nicht, den er mir gespielt," bemerkte Franziska, „denn ohne ihn hätte ich niemals solch liebenswürdige, prächtige Menschen kennen gelernt," ihre schönen Augen ruhten zwar nur auf dem allen Ehepaar, aber dem Assessor war es doch, als blitzten sie auch zu ihm freundlich hinüber. „Sic scheu also, daß der Schein zuweilen trügt," meinte der Justizrath. „Dieser Spruch gilt auch für Dich, lieber Bruno," schaltete seine Gattin sogleich ein. „Muß ich leider zugestchen," entgegnete der alte Herr gut ge launt, „aber hoffentlich 'wird der Dieb, der uns Beide so schlau zu bestehlen verstanden, noch erwischt." Wirktich führte die gestohlene Tasche zur Entdeckung des artigen Reisenden. Er hatte die Frechheit gehabt, sie bei sich zu behalten und war damit in Berlin eingezogen. Gleich ans dem Bahnhofe halte er in aller Geschwindigkeit einer Dame die Börse aus der Tasche ziehen wollen, war aber leider bei diesem Geschäste von einem Schutz mann abgefaßt worden. Auch die Uhr Franziskas wurde noch bei ihm gefunden. In dem Verhafteten wurde ein berüchtigter Berliner Taschendieb erkannt, der schon längst vom Gericht gesucht worden und der eine Geniereise in die Provinz unternommen hatte, um dort seine Kunst zu üben. Es war ein ehemaliger Gcrichtsaktuar, den aber Unterschlagungen ins Zuchthaus geführt und der seitdem als höchst gewandter Taschendieb geglänzt hatte. Der Justizrath erhielt zu seiner großen Freude seine werthvvllen Akten und Fräulein von Klausenegg ihre kostbare Uhr zurück. (Schluß solgt.) Ocrtliches. Wilsdruff. Am Dienstag Abend wurde von unserm Stadtge- mcinderalhe der Buchhalter Herr Oswald Harder, gebürtig von hier, zur Zeit in Dresden, zum Stadt- und Sparkassenkassircr ge wählt. Es hatten sich gegen 70 Bewerber um diese einträgliche Stelle gemeldet. Äirchennachrichtcn aus Wilsdruff. Sonntag den 22. p. Prin.: Vormittags predigt Herr U. Schmidt. Nachmittags: Betstunde.