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.großen Verlusten zurückgeschlagen, während die serbische Armee ihre aus den Höhen innegehabten Positionen behauptete. Dämonisch. Novelle von Ludwig Habicht. Verfasser der Romane; „Schein und Sein." „Am Genfer See." (Fortsetzung.) „Da wir einmal in's Erzählen gekommen sind, will ich auch eine Geschichte zum Besten geben, die ich vor Kurzem gelesen," sagte Hugo, als wolle er den unheimlichen Eindruck des Citates verwischen. „Von wem ist sie?" fragte seine Schwägerin. „Ich habe auf den Namen des Verfassers nicht geachtet," sagte Schönwald ausweichend. Das ist sehr Unrecht. Ein moderner Schriftsteller hat die Be hauptung aufgestellt, daß es ein Kriterium wahrer Bildung sei, aus die Namen der Autoren zu achten, und ich kann ihm nicht ganz Un recht geben, bemerkte Armgard mit ihrer gewohnten Rückhaltlosigkeit. „Ich stimme Dir vollkommen bei, versetzte ihr Schwager, „Dein Vorwurf trifft mich aber nicht, denn die Novelle erschien anonym." „Das ist etwas Anderes." „Nun, die Geschichte," drängte Berthold. Der Held meiner Geschichte ist Arzt," begann Hugo, lehnte sich nach Erzählerart im Stuhle zurück, ohne jedoch seinen Schwager aus den Augen zu verlieren, der schon bei den ersten Worten un ruhig wurde. „Ah, ein Arzt! das wird interessant!" scherzte Armgard. „Dr. Müller gehörte zu den hervorragendsten Aerzten," erzählte Hugo weiter, „er war der liebenswürdigste, geistreichste Gesellschafter, der feinste Lebemann, voll Witz und Humor; selbst das hartnäckigste Unglück, daß ihn verfolgte, konnte ihn nicht niederdrücken. Er hatte zwei Frauen rasch hintereinander verloren und suchte jetzt sein Heil bei einer dritten." „Die Geschichte wird prosaisch," unterbrach ihn Armgard. „Das liegt nur an meiner Erzählungsweise, entgegnete Hugo und fuhr ruhig fort: „Dr. Müller hatte jedesmal eine reiche Frau geheirathet und die zweimaligen Verluste derselben hatten ihm ein bedeutendes Vermögen eingetragen. Auch die dritte Wahl seines Herzens fiel auf ein reiches Mädchen. Der Bruder desselben hatte vor der Verbindung mit dem Doctor gewarnt, denn er hatte gegen einen Wittwer, der sich so rasch zu trösten wußte, einen ganz be stimmten Widerwillen, ja er wurde den Gedanken nicht los, daß der schnelle Tod der beiden Frauen keine natürliche Ursache gehabt." „Puh! eine Kriminalgeschichte, damit hättest Du uns verschonen sollen," rief Armgard völlig entsetzt. „Du bist undankbar," lachte Hugo, das ist ein so unfreundliches Wetter draußen, daß sich solche Geschichten am Kamin recht gut an hören." Wirklich peitschte ein heftiger, kalter Regen an das Fenster, der Wind heulte um das Schloß — es war nach einigen herrlichen Frühlingstagen wieder Winter geworden und man konnte das warme .Zimmer heut recht gut vertragen. „Erzähle nur weiter," drängte seine Frau, die sich des Ge dankens nicht erwehren konnte, daß ihr Mann mit dieser Geschichte irgend eine bestimmte Absicht verbinde. Der Baron ließ sich auch in der That nicht irre machen; erfuhr hartnäckig fort: „Die Frau des Doctors war durch das Vorurtheil des Bruders und seine beständigen Warnungen aufmerksam geworden und beschloß aus ihrer Hut zu sein. Sie wollte in der letzten Zeit eine gewisse Düsterheit und Unruhe an ihrem Manne bemerkt haben, die besonders kurz vor Mitternacht zunahm. Einmal, als sie schon im Bette lag, war es ihr, als beuge sich ihr Gatte mit bleichem, verzerrten Antlitz über sie herab; sie öffnet die Augen, srägt, was ihm sei, da ist er wieder verschwunden. — Sic glaubt geträumt zu haben und will wieder cinschlafen; aber der Schlummer flieht sie, allerhand düstre, unheimliche Vorstellungen verfolgen sie, die sie nicht los wird. Ihr Mann ist noch immer nicht an ihrer Seite, eine unerklärliche Unruhe erfaßt die junge Frau, sie vermag es nicht länger im Bett auszuhalten und steht auf. Leise geht sie ins andere Zimmer — dort sitzt ihr Mann in einem Lehnstuhl und ist eingeschlafen. Er hat eine lange spitze Nadel in einer Schale vor sich liegen und die Hand nach ihr ausgcstreckt. So muß ihn der Schlaf übermannt haben. Neu gierig näherte sich die Frau und will die seltsame Nadel näher in Augenschein nehmen; da erwacht der Doctor und.starrt erschrocken in bas Gesicht seiner Gattin, dann aber ist sein erster Griff, trotz seiner Schlaftrunkenheit, nach dem kleinen dicht vor ihm liegenden In strument; doch die Frau kommt ihm zuvor—sie ringen um.die Na del und in dem ckleinen Kampfe wird die Hand des Doctors gestreift. Mit dem Aufschrei: „Ich bin werloren!" — sinkt er zurück, wenige Minuten darauf -ist er eine Leiche." „Wie kannst Du uns eine solch grauenhafte Geschichte erzählen," rief Armgard ganz entrüstet, die zuletzt dennoch mit großer Spannung zugehört hatte. „Du hast meinen armen Mann damit ganz.nervös gemacht." Aller Blicke wandten sich jetzt auf den Doctor, der vergebens sich bemühte, seine Selbstbeherrschung wieder zu gewinnen. Er war bei der Erzählung seines Schwagers immer unruhiger geworden, mehrmals schien er in» Begriff aufzuspringen, um das Zimmer zu verlaffen, aber er sank wie gebannt aus seinen Stuhl zurück. Wie verstört, ja, wie geistesabwesend blickte er vor sich hin und mehrmals strich er sich mit der Hand über die heißgewordene Stirn und ver suchte dann zu lächeln und eine unbefangene Miene anzunehmen, doch trotz all seiner Anstrengungen wollte es ihm nicht gelingen. Erst jetzt, wo durch die Worte seiner Gattin die Aufmerksamkeit der übrigen auf ihn gelenkt wurde, raffte er sich gewaltsam auf und mit einem halb erstarrten Lächeln sagte er hastig: „Du hast recht, Armgard. Ich begreife selbst nicht, wie mich solche Ausgeburten einer krank haften Phantasie so bewegen können." „Du meinst also nicht, daß sdie Geschichte nur wahrscheinlich ist?!" — fragte Hugo und fixirte sehr scharf seinen Schwager. Noch ehe Hartung antworten konnte, warf Berthold ein: „Warum sollte sie es nicht?! — Hat es nicht von je in der Gesellschaft Menschen gegeben, die aus reiner Mordlust gerade an den Ihrigen zum Ver brecher geworden?" „Glaubst Du überhaupt nicht an solche Mordlust, die dämonisch zur That ausstachelt, wenn auch das bessere Sebst vergeblich dagegen anzukümpfeu sucht?" fragte der Baron hartnäckig Weiler. Dem Doctor drohte der Athem zu vergehen; ihm war es als drehte sich Alles im bunten Wirbel mit ihm herum, er hielt den Mund krampfhaft geschloffen, um den Angstschrei zu unterdrücken, der sich aus seiner Brust Herausringen wollte. Armgard bemerkte mit liebender Sorge den Zustand ihres Gatten. „Ist Dir nicht wohl? fragte sie erschrocken. „Nein!" brachte er mühsam hervor. „Dann wollen wir nach Hause fahren." „Bei diesem entsetzlichen Wetter!" rief der Varon, „da lassen wir Euch nicht fort! Dein Mann wird sich gewiß von feinem An fall bald erholen; hört doch, wie cs draußen heult und stürmt. Nein, für heut ist Euch der Rückweg abgeschnittcn, es ist schon viel zu spät." Wirklich schlug jetzt die Negulatoruhr die zehnte Stunde. „Deine unheimliche Geschichte ist an Allem Schuld," meinte Armgard. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. Sturm. Aus Sydney meldet ein Telegramm vom 14. Sept., daß während eines Orkans, der daselbst beträchtlichen Schaden an richtete, das Schiff „Davednong" auf der Reise von Melbourne nach Sydney unweit Jervis Bay scheiterte, wobei 60 Personen — Pas sagiere wie Mitglieder der Bemannung — ertranken. Die Mütter dürfen stolz sein auf die Ehrennamen, die ihnen die Sprüchwörtcr aller Völker geben. Muttertreu, sagt der Deutsche, wird täglich neu. — Ist die Mutter noch so arm, gibt sie doch dem Kinde warm. — Wer der Mutter nicht folgen will, muß zuletzt dem Gerichtsdiener folgen. — Besser, einen reichen Vater verlieren als eine arme Mutter. — Was der Mutter ans Herz geht, geht dem Vater nur ans Knie. — Im Hindostan'schen heißt es: Mutter mein, immer mein, möge reich oder arm ich sein. — Der Venetianer sagt: Mutter, Mutter! wer sie hat, ruft sie, wer sie nicht hat, vermißt sie. — Der Russe sagt: Das Gebet der Mutter holt vom Meeresgrund herauf. — Czcche und Lette sagen: Mutterhand ist weich, auch wenn sie schlägt. — Fast alle Völker haben das Sprüchwort: Eine Mutter kann eher sieben Kinder ernähren, als sieben Kinder eine Mutter. Ueber den Verlust der Mutter sagt ein Sprüchwort der Russen: Ohne die Mutter sind die Kinder verloren wie die Bienen ohne Weisel. Ein unheilvolles Gewitter hat sich, wie wir der „St. Pet. Wed." entnehmen, zu Anfang der vorigen Woche in der Nacht über dem russischen Lager von Bjeljany entladen, woselbst 4 Regimenter der 3. Grenadierdivision staiionirt sind. 7 Mann wurden vom Blitz getödtet und über 60 Untcrmilitärs aus dem II. Fanogorischen Grenadierregimenle des Fürsten Ssuworow mehr oder weniger er heblich verletzt. Fast alle Verwundeten befanden sich in bewußtlosem Zustande. Der herabströmende Regen hatte die Zelte zum Glück so stark durchnäßt, daß sie vom Feuer nicht ergriffen wurden und nur stellenweise Brandspuren aufweisen. Uebrigens sollen an dieser Stelle die Gewitter fast alljährlich bedeutende Verheerungen anrichten. Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Sonntag den 17. x. Iism.: Vormittags: AAschievSPredigt des Herrn Diac. Canitz. Nachmittags: Betstunde. Früh 8 Uhr Beichte. Getauft: Anna Antonie, Carl Ernst Decherts, ans. B. u. Fuhrwerksbes. hier, Tochter; Henriette Martha, Gustav Moritz Oehmes, Tagarbeiters in Gauer nitz, Tochter; Gustav Udo, Friedrich Gustav Kunzes, ans. B. u. Cigarrcnfabrikants hier, Sohn; Helene Adelheid, Gottfried Heinrich Majors, ans. N. u. Tischlers hier, Tochter; Heinrich Paul, Heinrich Adolph Hennigs, Einw. u. Tagarbeiters hier, Sohn; Horst Camillo, Johann Gottlieb Günthers, Besitzer der Restauration zum Lindenschlößchen hier, Sohn; Agnes Selma, Carl Hermann Richters, ans. B. u. Bäckers hier, Tochter; Clara Hedwig, Carl Traugott Baumgartens, B. u. Korb machers hier, Tochter. Getraut: Gustav Hermann Teichert, ans. B. u. Tischler hier mit Emma Mathilde Knobeloch hier; Franz Wenzel Nödl, Revisionsschlosser an der K. K. österr. Nordbahn in Bodenbach, mit Emma Bertha Haubold hier. Beerdigt: Johann August Bormann, Wirthschaftsbss in Niedergrumbach, 57 I. 28 T. alt; Anna Martha, Carl August Adams, ans. B. u. Oelhändlers hier, Tochter, 9 M. 16 T. alt; Georg Alfred, Johann August Klotzsches, ans. B. u. Fleischers hier, Sohn, 4 M. 14 T. alt; Christian Friedrich Erler, ans. B. U- Töpfer hier, 48 I. 4 M. 6 T. alt; Anna Minna, Ernst Eduard Traugott Wust- lichs, ans. B. u. Handelsmanns hier, Tochter, 4 I. 6 M. 20 T. alt.