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für Wilsdruff, Tharandt, Stoffen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal 1 Mark.— Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittags 12 Uhr. ^7 72. Freitag, 15. September 1876. Von dem unterzeichneten Gerichts-Amte soll den 23. September 1876 das der Marie Sophie Rößler, geborne Große in Dresden zugehörige Grundstück No. 24 des Catasters, Nr. 30 des Grund- und Hhpothekenbuches für Wildberg, welches Grundstück am 13. und 19. Juli 1876 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 39001 Mark gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsamtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 20. Juli 1876. Königliches Gerichts-Amt. vr. Gangloff. Tagesgeschichte. Wilsdruff, 14. September 1876. Staatsminister v. Friesen wird, wie der „Dr. Pr." versichert wird, erst nach Schluß der Herbstsession des Reichstags abtreten. Es soll dadurch seinem Nachfolger, dem Kreishauptmann v. Könneritz, die Füglichkeit gewahrt bleiben, noch jener Session als Reichstags- abgeoröneter beiz'uwohnen. Müßte von Könneritz das Finanzministerium früher übernehmen, so würde sein Mandat zum Reichstage erlöschen, sein Neichslagswahlkreis aber würde in diesem Jahre eine zweite Wahl vorzunehmen haben und müßte am 5. Januar 1877 doch wiederum wählen. Dresden. Der sehr natürliche Wunsch, daß dem Kriege zwischen Serben und Türken bald ein Ende gemacht werden möge, fand am Sonntag auch im Kirchengcbet einen Ausdruck. In der Hofkirche fügte nämlich der Prediger an geeigneter Stelle die Worte ein: „Auch bitten wir Dich um Deinen Segen, daß der blutige Krieg im Offen unseres Erdlheiles bald zu Ende gehe; beschütze unsere christlichen Brüder, daß sie nicht die Beute Derer werden, die Deinen Namen lästern." Leipzig. Das am Donnerstag stattgehabte Corpsmanöver des 12. ArmcecorpS ist leider nicht ganz ohne betrübenden Unfall vorüber gegangen. Der Major Portius, Director des Militärbauwesens, welcher den Ehrendienst bei Sr. Hoheit dem Herzog von Altenburg hatte, ist mit dem Pferde gestürzt und hat sehr ernste Verletzungen am Kopfe erlitten. Er befindet sich unter ärztlicher Pflege in Güldengossa. Nosfen. Am 9. September brannte das in Zella gelegene, erst in diesem Jahre neucingerichtete Thal bad nieder. Ueber die Entstehungsursache verlautet noch nichts. Am 10. d. M. Nachmittag 3 Uhr brach in dem Dorfe Roitz schen, im Triebischthale, Feuer aus, welches, durch den heftigen Sturm weiter getragen, zwei von einander ziemlich entfernt liegende Güter, sowie die zu der Roitzschmühle gehörige Scheune mit allen Borräthen binnen wenigen Stunden in Asche legte. Das Vieh konnte Man glücklicherweise retten. Alle Vorräthe waren versichert. Da das Feuer in einer verschlossenen Scheune ausbrach, so wird böswillige Brandstiftung vermuthet. Am 8. September wurde der Hausbesitzer Pö schke in Neudörfchen bei Siebeneichen von 3 Männern angcsallcn. 2 derselben sind fcst- genommen und auch der dritte ist ermittelt. Ueber den Zuzug von Volksschullehrern von auswärts her nach Sachse,, bringt die „Sächs. Schulzeitung" erfreuliche Kunde. . ^^bgentlich einer Revision Ler Schullehrerwittwen- und Walsencassen ergeben haben, seien allein aus dem Regierungsbezirke Merseburg im Jahre 1875 62 Schullehrer nach Sachsen übergesiedelt. Ebenso bedeutend sei die Einwanderung aus den thüringischen Staaten, besonders aus Weimar. Die Jungtürken, gleichviel ob Christen, Juden oder Mo- hamedaner, sind sich gar wohl bewußt, daß die Osmanen das ge lammte Europa durch ihre Wirtschaft gegen sich empört haben. Auch wird der leibhaftige Türke im vertraulichen Gespräche ohne Um schweife gestehen, daß diese Entrüstung gerechtfertigt ist, er wird die Nothwendigkeit der Gleichberechtigung der Christen mit den Moha- medanern, der Unterdrückung von Gräuelthaten, kurz alles zugeben, aber mit fanatischem Schmerzensrufe schließen: Allah! Reformen sind bei uns unmöglich! Alle vergangenen, gegenwärtigen und künf tigen Versprechungen haben den einzigen Zweck, da§ europäische Publicum vorläufig zu beruhigen. Natürlich sind eS die Diplomaten, die noch weniger als die Türken selbst an Reformen glauben und die, den römischen Auguren gleich, sich einander nicht ansehen können, ohne zu lachen, wenn von Verbesserungen die Rede ist. Die Türken kennen die Verlegenheit der türkischen Diplomatie zu genau, als daß sie nicht ihre ganze Politik daraus bauen würden. So hört man denn den aufgeklärtesten osmanischen Minister Khalil Pascha, in Con- stantinopcl in Diplomatenkreisen offen drohen: „Man will uns aus Europa verjagen. Nun, wir werden bis aus Ende kämpfen und wenn wir unterliegen, so werden wir wenigstens die Genugthuung haben, einen Krieg auzufachcn, welcher Europa Ströme von Blut kosten wird." — Der europäische Krieg mit dem Schlagworte: Wir werden bis Belgrad und Wien vorrücken! bildet das Thema der ge- sammten türkischen Presse. Sultan Hamid ist am 8. September mit dem Schwerte des Propheten feierlich umgürtel worden und hat nach dem alten Glauben des Volkes eigentlich erst damit die höchste Weihe als Nachfolger des Propheten erhalte». Ein Bischen Prophetcngabe würde ihm jetzt mehr nützen, als das beste Schwert; denn er steht vor der größten Krisis seines Landes und Volkes. Am Montag erwarteten die Groß mächte von ihm und seiner Negierung die schriftliche Antwort I) ob er den verlangten Waffenstillstand annimmt 2) welche — sehr mäßigen — Friedensbedingungen er stellt. Man will wissen, daß er auf dem Einmarsch seines Heeres in Belgrad, der serbischen Hauptstadt, und auf Absetzung deS Fürsten Milan bestehen werde, während die größte Mäßigung seinerseits die größte Klugheit sein würde. Rußland steht auf dem Sprunge, de» Krieg mit ihm anzufangen. Fürst Bis marck arbeitet mit aller Energie für eine Einigung Rußlands und Englands; gelingt ihm diese, so ist der Eckstein für den Frieden ge funden. Die Sendung des Feldmarschalls v. Manteuffel zum Kaiser Alexander in Warschau hat auch im Interesse des Friedens stattgesunden. Manteuffel, der bei dem Czaarcn viel gilt, hatte die schwere Aufgabe, denselben in seiner friedlichen Gesinnung gegenüber dem kriegerischen Audrängen des Thronfolgers und des Hofes zu stärken. Ob ihm seine Sendung geglückt? Er reiste von Warschau unmittelbar zu Kaiser Wilhelm in Merseburg, hielt ihm Vortrag und reiste dann sofort zum Fürsten Bismarck nach Varzin. Nur ne benbei sei erwähnt, daß ihn Kaiser Alexander zum Chef eines Dra- gonerregiments ernannt hat. — Ma» sagt, die Großmächte würden dem schwankenden Sultan ein Ultimatum stellen. Wie »ah und ernst die Krisis ist, davon mögen folgende De peschen zeugen. I) Constantinopel, 9. Sept. Der türkische Bot schafter in Petersburg hat an den Großvezier berichtet: wenn nicht eine rasche befriedigende Entscheidung eintrete, so werde Kaiser Alexan-