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M ochcn b l all _ für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath -aselbA. 62. Freitag, den 11. August 1876. Tagesgeschichte. Ueber die Auffindung einer heidnischen Begräbnißstätte in Serkowitz bei Kötzschenbroda wird dem „Dr. Anz." berichtet: „Es ist historisch nachgewiesen, daß die Sorben Mitte des 6. Jahrhunderts sich an den Elbufern hier niederließen und mehre Ortschastcn gründeten. Diese huldigten bekanntlich der Feuerbestattung. Ein schlagendes Be weismittel dafür fand man dieser Tage im nahen Serkowitz. Der Besitzer eines dasigcn, an Pfingsten abgebrannten Grundstückes sandte einen Arbeiter auf sein Feld, um Sand auszugraben. Derselbe hatte gar nicht tief gegraben, als er auf einmal auf mehre alte Töpfe stieß, welche zwar nicht mit Gold, wie er hoffte, sondern zu seinem Leidwesen nur mit Asche gefüllt waren. Er war auf eine sorbische Begräbnißstätte gestoßen. Leider zerstörte er in seiner Unkenntniß der Sache diese Urnen fast alle, nur eine nebst zwei Thräncnkrügelchen wurden ziemlich gut erhalten. Dieselben sind zur Ansicht im Gast hofe des Herrn Huhle zu Serkowitz ausgestellt. Schon vor 2 Jahren machte der Gutsbesitzer Klotzsche dasebst einen ebensolchen Fund. Wir hören, daß man beabsichtigt, eine vorsichtige Weitergrabung auf dem Felde vorzunehmcn. Hoffentlich gelingt es, im Interesse der Archäo- logi weitere wohlerhaltene Stücke zu finden." Meißen. Am 6. d. M. haben Arbeiter aus der Jutespinnerei Streit gehabt und einem jungen Mann 7 Messerstiche beigebracht. Die Linlösungssristen der herzoglich Sachsen-Meiningen'schen ein- und zehnthälerigcn Casscnbillets, sowie der Caffenscheine des Fürstenthums Neuß alt. Linie sind, wie wir den bezüglichen seitens unseres Finanzministeriums zur Veröffentlichung gebrachten Bekannt machungen entnehmen, bis zum 30. September d. I. verlängert worden. Im oberen sächsischen Elblhale trägt man sich mit der Idee, eine Vereinigung von Freunden der sächsischen Schweiz nach dem Muster des Alpenvcreins zu gründen. Dieser Verein soll sich neben der Herabminderung der an manchen Orten übertriebenen Preise, na mentlich die Erhaltung von Denkmälern und Inschriften, die wichtige Aufstellung von Wegweisern und Benennung von Oertlichkeiten aller Art, die Auffindung neuer lohnender Ausflüge und dergl. zur Ausgabe machen. Man hofft, daß die Tälhigkeit einer derartigen Vereinigung der merklich auftretenden Abnahme des Verkehrs von Vergnügungs reisenden in den Thälern und Bergen der sächsischen Schweiz wirk sam steuern wird. Eine entsetzliche Begebenheit trug sich am 1. August im Brunnen hause des Schlosses Augustusburg zu. Eine Anzahl Chemnitzer halten mit ihren Angehörigen eine Partie dorthin unternommen und sich bereits die Sehenswürdigkeiten des Schlosses, insbesondere auch den nahe an 200 Meter tiefen Brunnen zeigen lassen, als man plötzlich eine Theilnehmerin an der Partie, eine schon bejahrte Frau, vermißte. Man kehrte sofort nach dem Brunnenhause zurück und gewahrte zum größten Schreck aller Anwesenden, daß die Frau aus der den Brunnen umfassenden Barriere saß und sofort nachher in der Tiefe verschwand. Kein Mensch weiß, was die Unglückliche zu diesem traurigen Schritt mag veranlaßt haben, zumal sie sich kurz zuvor noch ganz heiter in der Gesellschaft bewegt hat. Nach 4 Tage langem Bemühen ist es am 5. August gelungen, die Leiche herauszuziehen, nachdem man das Wasser aus dem Brunnen hcrausgchoben. Schon jetzt gilt es für sicher, daß der neuzuwählende deutsche Reichstag alsbald mit Mehrfordcrung für militärische Zwecke und in Verbindung damit, mit neuen Stcuervorschlägen sich zu beschäftigen haben wird. Falls aber, wie nur allzu wahrscheinlich, der Reichs tag bei dieser Gelegenheit auf die endliche Inangriffnahme einer ra tionellen Steuerreform auf der Grundlage der progressiven Personal- Einkommensteuer dringen sollte, so wird ebenso sicher Fürst Bismark wieder als entschiedener Gegner dieses Systems auftreicn, obgleich wenigstens die jetzige Rcichsverkretung in ihrer großen Mehrheit eben jene Grundlage als den allein richtigen Ausgangspunkt für eine wirk- lsame Steuerreform betrachtet, wie sie beispielsweise in England und dtt Schweiz thatsächlich bereits durchgcführt ist. Von den deutschen Mitgliedern der Jury für die Weltausstellung in Philadelphia sind bereits nach Deutschland zurückgekehrt: Commer- zienrath Wegcller auS Coblenz, Hosrath von Wagner aus Würzburg, Or. Weigert aus Berlin und Or. Deinhardt aus Deidesheim. Die übrigen Mitglieder sind thcils abgereist, theils wollen dieselben dem nächst Philadelphia verlassen. Professor Reuleaux wird am 15. d. M. die Heimreise antreten. Unter den deutschen Jurors herrscht über die Beurtheilung, welche Professor Reuleaux der deutschen Industrie auf der Ausstellung zu Theil werden ließ, einhellige Verstimmung, welche in einzelnen Entgegnungen ihren Ausdruck finden soll. Auch der „Technische Verein für Eisenhüttcnwesen" hat jetzt eine „öffentliche Verwahrung gegen die Verunglimpfung der deutschen Industrie durch den Herrn Geheimrath Professor Reuleaux, der zeit Vorsitzender der deutschen Ausstellungs-Commission in Philadelphia" erlassen. Anknüpfend an das Versprechen des Herrn Reuleaux, nächstens eine nähere Analyse liefern und die trostreichen Ausnahmen hervor heben zu wollen, woran sich sein Wunsch anreiht, daß recht viele deutsche Industrielle hinüber kommen möchten, um zu sehen, wie viel sie noch zu lernen und wieviel sie zu vergessen hätten, wird in obiger Verwahrung beklagt, daß Herr R. seit Veröffentlichung seines be kannten scharfen Unheils 5 Wochen habe verstreichen lassen, ohne die nähere Analyse der Ausstellungs-Objecte zu bringen und die trost reichen Ausnahmen namhaft zu machen. Von dem unermeßlichen Schaden, den der Herr Commissar durch seine indiscrete Kundgebung der deutschen Industrie zusügt, scheine derselbe eben so wenig eine Ahnung zu haben, wie von seiner Pflicht, nicht auf allen Ausstellern fortgesetzt das Gewicht seiner Anklagen ruhen zu lassen, sondern un gesäumt diejenigen zu bezeichnen, die seiner Meinung nach zu den trostreichen Ausnahmen gehören. „Wenn auch" — fährt die Schrift fort — „das Selbstgefühl verdienstvoller Aussteller guter Fabrikate von den unmotivirten Aeußerungen des Herrn R. unberührt bleibt, so doch nicht ihr geschäftliches Interesse, weil die amtliche Stellung desselben seinen Auslassungen einen „maßgeblichen" Charakter sichert. Während der Vorsitzende der deutschen Ausstellungs-Commission einer seits den engeren Kreis der Aussteller bcnacbtheiligte, indem er sich selbst die Möglichkeit benahm, mit Erfolg für die Prämiirung der Verdienstvollen einzutreten, hat er andererseits dem concurrircndcn Auslande Gelegenheit gegeben, in Hellen Haufen über Deutschland herzusallen und in Circularen und Zeitungen die Erbärmlichkeit der deutschen Fabrikate — verbrieft und besiegelt von einem „eminenten" deutschen Fachmanns — zu constatiren, um dann ihre eigenen Er zeugnisse mit besserem Erfolg anzupreisen. Wir müssen es der vor gesetzten Behörde des Herrn R. anheimstellen, darüber zu befinden, ob es zu den Oblicgenhenen des Vorsitzenden der deutschen Ausstellungs- Commission gehören kann, seine in der kurzen Frist weniger Tage nach Eröffnung der Ausstellung gewonnenen subjektiven Wahrnehmungen mit ausgedehntesten Rückschlüssen auf die gejammte deutsche Industrie ohne Weiteres an die Oeffenllichkeit zu bringen; gestatten uns aber, Zweifel darüber auszusprechen, ob jemals wieder ein deutscher In dustrieller zu bewegen sein dürfte, einer regierungsseitigen Auffor derung zur Beschickung einer Ausstellung zu entsprechen, wenn das Verfahren des deutschen Commissars nicht ebenso öffentlich, wie seine Kundgebung es war, von Seiten der Reichsregicrung desavouirt wird." (Bravo! D. R.) Aus dem Nheingan wird gemeldet: Reife schwarze und Weiße Trauben sind seit den letzten Tagen des Juli in sonnig gelegenen Gärten und an Hausstöcken bei uns zu finden. Die wahrhaft tropische Hitze der letzten Tage wirkt in der That bezaubernd auf die edlen Beeren, die zur Zeit fast allenthalben schon die normale Größe erreicht haben. Für die nächsten zwei Monate bedürfen wir aber noch ähnliche warme Witterung, um die Trauben zu einer gleichmäßigen Reife zu bringen. Auch in quantitativer Hinsicht bietet der kommende Herbst sehr günstige Aussichten. — In Würzburg wurden am 4. August die ersten reifen Trauben aus den Markt gebracht.