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29N ratisten, die Unionstruppen aus Missouri hinaus zuwerfen. So viel steht übrigens wohl fest, daß die Bereinigten Staaten von Nordamerika bereits aufgehört haben zu existiren. Es hat sich schon genugsam gezeigt, baß die Unterjochung des Sü dens nahezu unmöglich und seine Ergebung im höchsten Grade unwahrscheinlich ist. Die Gebiete der ehemaligen Union werben sich trennen und die Theilung wird sich nicht auf das Gebiet allein be schränken. Zwischen dem Norden und Süden werden sich die Schranken verschiedener Denkungsart, Inter essen und Ucberlieferungen erheben. Lange werken sie mit Eifersucht und Argwohn, wenn nicht mit schlimmem Empfindungen, auf einander blicken und die „Grenze" wird dieselben Besatzungen und Maß nahmen, wie die zwischen zwei Monarchien des europäischen Contincnts erheischen. Dies wiederum setzt stehende Heere und drückende Besteuerung vor aus, wädrend diese Bürden wieder auf alle socialen und politischen Staats-Einrichtungen zurückwirken werden. Niemals hat sich der Welt ein wunder bareres Schauspiel gezeigt. Wir sehen jetzt schon den Einfluß, den der Krieg auf die Bundesregie rung ausübt. Die Befugnisse des Präsidenten sind ungeheuer vermehrt. Man hat sich schon im Con- gresse über das tyrannische Aerfahren von Regie rungsbeamten beschwert. Die Verhaftungen wegen Verrath sind häufig und die Gefängnisse voll von Staatsgefangenen. In der Armee der Unionisten sind Meute reien ausgebrochen, in den Lagern beiWasbington allein in sechs Regimentern. Die verhafteten Meu terer, deren Zahl schon bedeutend in die Hunderte gebt, sollen nach den Felsen-Eilanden an der Küste von Florida deportirt werden, doch bei einigen Re gimentern ist ihre Zahl so groß, daß die ganze Organisation Hal aufgelöst werden müssen. Unter solchen Umständen gehen natürlich die Anwerbungen von Freiwilligen sehr langsam vor sich. — Auf dem Kriegsschauplätze im Westen scheint binnen Kurzem auch Kentucky eine Rolle übernehmen zu sollen. Der Gouverneur dieses Staates läßt keinen Zweifel mehr über seine Absicht, Kentucky gewaltsam in die Rebellion mit fortzureißen. Bricht sie los, so ist der Bürgerkrieg in Kentucky da, denn es giebt dort Zehntausende von Unionsmänncrn, die bereit sind, Leib und Leben an die Erhaltung der Nationaleinheit zu setzen. Die Unionsmänner im östlichen Tennessee sind schon zum Tbeil bewaff net und warten nur auf eine günstige Gelegenheit, um gleichfalls loszuschlagen. — Der südwestliche Tbeil des Staates Missouri ist durch die Schlacht bei Springfield vollständig in den Besitz der Se- cessionisten gelangt und es stehen diese kaum noch 50 Meilen von der Hauptstadt Jefferson-City, die sich schwerlich gegen sie behaupten lassen wird. In Bezug auf jene Schlackt ist nachträglich zu bemer ken, daß sich der Verlust darin auf 2000 bis 3000 Lobte und Verwundete belaufen hat, der der Bun destruppen immerhin auf 1200 Mann, was in Betracht ihrer geringen Zahl immerhin sehr viel ist. Das erste deutsche Regiment ging 723 Mann in die Schlacht und hatte 313 Tobte, Verwundete und Vermißte. — Die „Unita Jtaliana" theilt mit, daß Gari baldi ein Schreiben aus Amerika erhalten hat, worin er aufgefordert wird, sich mit 10,WO Mann dahin zu begeben und an dem Kriege gegen die Sevaraiisten Theil zu nehmen. Die Patrioten, welche Garibaldi geschrieben haben, erklären, daß alle Bedingungen, die er stellen würde, im Vor aus angenommen seien. — Die Nachrichten gus Constantin opel lassen wichtige Ereignisse ersehen. Es scheint, daß der Sultan es nicht besser treibt als sein Bruder und sich denselben Leidenschaften wie dieser hingiebt; Trinkgelage, kostbare Feste und dergl. folgen ein ander auf dem Fuße. Einem Pariser Blatte wird Folgendes geschrieben: Die Unzufriedenheit nimmt täglich zu. Das Mißtrauen ist sehr groß. Alle Lebensmittel sind theuer. Kein Handel und kein Verkehr. Hunderte von Weibern verfolgen den Sultan mit ihren Petitionen. Als vor einigen Tagen Abdul-Aziz sein Pferd nicht anhiclt, um die Petitionen zu empfangen, warfen diese Weiber ihm wüthend ihre Kinder in den Weg, ausrufend: Du hast uns unser Brod genommen, zertrete auch unsere Kinder, damit sie nicht vor Hunger sterben. Aehnliches war unter Abdul-Medjid niemals vor- gekommen. — Auch in Syrien spukt es von Neuem. Daud-Pascha, zu dem weder die Maronilen noch die Drusen Vertrauen haben, batte seine Entlassung angeboten; Fuad Pascha wollte sie aber nicht an- nchmcn. — Als eine Probe amerikanischen Zeitungsstyls aus dem Lager der südstaatlichen Secessionisten thei- len wir Folgendes mit: Der »monistische General Prentiss wird in dem , Crescent", welcher in Ken tucky erscheint, also charakterisier: „Zu Cairo in Illinois vegctirt gegenwärtig ein Mensch namens Prentiss, der die Truppen commandirt; ein nieder trächtiger, ekelhafterHund, ein verrätherischer Schurke/ ein notorischer Dieb, der fünf Jahre im Zellenge- fängniffe gesessen hat und seine Haut mit Whisky aus Cincinnati ausfüllt, den er aus Oeconomie faßweise kauft." Seine Krieger, „mit denen Lin coln den Süden unterdrücken" will, sind „säbel beinige, holzbeschuhte, nach Sauerkraut riechende, wurstgestopfte Bastarde, Schufte und Kehlabschnei der." — Zur Tagesgeschichte. Das Nationalgefühl der Völker hat etwas Un sterbliches an sich, auch wo man cs entschlummert glaubte, erwacht es von Zeit zu Zeit wieder; es antwortet auf jeden Ruf und steht auf, um selb Dasein zu beweisen. Es kämpft und unterliegt gegen gewaltige Nachbarn, aber die Gewalt, die ein Volk zerreißt und seinen Namen aus dem Buche der Staaten streicht, hat keine Macht über das Gedächtniß der Unterdrückten; — es auszulöschen sind oft Jahrhunderte nöthig. Wir sehen dies zu-