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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Einundzwanzigster Jahrgang. — —— Keitag, dm 13. September 186l. 37. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: Albert Reinhold. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Dierteljahrgang beträgt Ngr. Sämmliiche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück "Ichlinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl in der Nedaclton, als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittag, in Tharaud und Nossen aber bi« längstens Mittwoch Nachmittag erbeten Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, sollen stets mit großem Dank« angenommen werden. . Die Redaktion. u m sch a u. Am Freitag Nachmittag sand auf der in der Nähe Tharandts befindlichen sogenannten Fahrwicse «Ne großartige Festlichkeit statt, die von den Unter nehmern der Tharandt-Freiberger Bahn, den Herren Gersten und Spate, dem Arbeiterpersonal gegeben wurde. In der 4. Stunde bewegte sich ein schön orrangirter Festzug von der edlen Krone aus nach dem Festplatze, aus dem zur Belustigung mehrere Buden und Zelle ausgestellt waren. Dieser Zug erregte seiner komischen Gestaltung wegen unter dem versammelten Publikum die allgemeinste Heiterkeit. Das größtcntheils festlich gekleidete Arbciterpersonal zog mit Fahnen und Standarten unter den fröhlichen Klangen der Musik mit seinen Insignien einher. Nach Auflösung des Zuges begann die Speisung der Arbeiter, indem durch die Munisicenz der Herren Unternehmer die Arbeiter freies Bier und Essen erhielten, was bei diesen Leuten die ungetrübteste Heiterkeit hervorrief. Da fehlte es denn auch nicht an Lebehochs, die sowohl von Arbeitsgebern als auch von Arbeitern ausgebracht worden sind. Dm Theilnebmern wird dieser Tag noch lange in frischer Erinnerung bleiben und gewiß werden alle stets in Freuden ihrer freundlichen Geber eingedenk sein,— Auf dem jüngsten Jahrmärkte zuLorenz- kirchen ereignete sich der unglückliche Fall, daß von dasigcn Marklsieranten ein zweijähriges Kind an dasige Bekannte zur einstweiligen Uebcrwacbung übergeben, von diesen aber das schlafende Kind einstweilen in eine Jahrmarktskiste gelegt wurde. Aus Versehen hatte nun Jemand den Deckel der Kiste zugeklappt, ohne etwas von dem darin schla fenden Kinde zu wissen, und man fand dasselbe einige Stunden darauf erstickt. — Ein Engländer berichtet aus dem Lager von Chalons von der französischen Kavallerie, die von Hause aus sich immer durch Mangel an guten Pferden, gutem Sattelzeug und guten Reitern aus- zcichnete. Durch die Energie des Kaisers Napoleon und die praktischen Uebungen, die er eingeführt hat, habe sich auch in diesem Zweige des französischen Heerwesens vieles geändert. Seit Solferino sei es um so viel anders geworden, daß er, der die fran zösischen Cürassiere in der Krimm und in,Italien zu belächeln pflegte, sie jetzt mit andern Augen arischen müsse. Er schließt: Infanterie, Artillerie und Cavallerie — überall Fortschritt. Wenn das Schicksal wieder einen Krieg über die Welt verhängen sollte, so wird man wahrscheinlich wieder Veran lassung zum Erstaunen habest. — Die neuesten kommerziellen Briefe aus Ame rika sind düsterer gehalten als alle bisherigen. Man scheint an Allem zu verzweifeln und spricht sich dahin aus, daß die gegenwärtigen Zustände zu einer Convulsion führen müssen, durch welche alle Berechnungen der Politiker .umgestoßen werden dürften. Durch die hohen Zölle sind fast sämmt- liche Geschäfte ins Stocken gerathen, mit alleiniger Ausnahme etwa derer, die mit den Erfordernissen des Krieges zu schaffen haben. Der Geschästscredit liegt so sehr im Argen und die Zukunft erscheint in so düsterm Lichte, daß sich nur Wenige in Credit- gcschäfte einlassen wollen. Es heißt, daß viele Leute der Sicherheit wegen Geld nach Europa schicken. Vorerst fürchtet man weniger einen An griff auf Washington, als einen Versuch der Sepa-