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331 verpflichten, die katholische Welt zu versöhnen im Stande ist. Alle Proteste, mögen sie noch so feier lich sein, sind nutzlos geschriebene Papiere, und alle Bannflüche, kleine oder große, weiche Eier, gegen eine Mauer geworfen. Die niedere italienische Geistlichkeit lacht darüber und gehorcht den Bischöfen nicht, wenn diese die Bekanntmachung derselben befehlen. Wir wiederholen, die Sacken gehen da unten nach Napoleons Wunsche, und ein König reich Italien wird ehestens fertig sein. Die sardi nischen Staatsmänner sind, jeder in seiner Art, Tausendkünstler, Virtuosen und Meister im An- nexiren. Farini bringt Deputationen aus fremder Herren Landern zusammen, die um Annexion bitten, Cavour laßt sich von den Kammern Vollmacht geben, diese Annexion zu bewerkstelligen, und Meister Ricasoli schließlich die Maschine der allgemeinen Abstimmung spielen und so und so viele Provinzen sind zu Sardinien geschlagen, ehe man die Hand umdreht. Und nun sträuben die um ihre Lander gebrachten Potentaten sich mit Händen und Füßen gegen solche furchtbare Verletzung ihrer Rechte, und alle Blatter, die ihre Partei nehmen, schreiben sich die Finger wund über dasselbe Thema, — verge bens, die Annexion gebt ihren Gang, die alte Wahr heit in der Politik "bestätigt sich auf's Neue: wer die Gewalt hat, hat oder nimmt sich das Recht. Was nun Cavour und Garibaldi an langt, so dürste es nicht ohne Interesse sein, die Grunde ihres Zwiespalts etwas näher zu beleuchten. Cavour und dessen Partei fordert, daß ganz Italien dem Königreiche Sardinien sich anschließe. Gari baldi behauptet, daß ein Staat wie Sardinien, der sammt seiner jetzigen Vergrößerung durch Mitlel- italien kaum 8 Millionen Seelen in sich saßt, nicht den Anspruch machen könne, daß sich ihm das übrige Italien von mehr als 12 Millionen Ein wohnern blos anschließc. Er will ein Königreich Italien gegründet wissen, in welchem Sardinien aufgeht. Die Gründe für Cavours Plan sind diplo matischer, die Garibaldi's nationaler Natur. Auf Seiten Cavours macht man geltend, daß gegen wärtig ein Königreich Sardinien als eine von ganz Europa anerkannte Macht dastehe. Wenn auch Europa vorläufig die bisherigen Anschlüsse der mit- teiitalienischen Staaten noch nicht anerkannt habe, so habe doch Niemand diescrhalb den diplomatischen Verkehr mit ihm abgebrochen oder gar eine Kricgs- srage daraus gemacht. Schließe sich gegenwärtig auch das übrige Italien ganz in gleicher Weise dem Staate Sardinien an, so möge die Anerkennung dieser Thatsache wohl auf Schwierigkeiten stoßen, doch habe sie Aussicht auf Erfolg. Garibaldi, da gegen hält es Sardiniens und Victor Emanuels halber nicht für angemessen, ein neues großes Reich so ohne Weiteres sich in den Schooß fallen zu lassen. Der Ausgang dieses Prjncipienstreites ist abzuwarten. Indessen geht der Kampf zwischen den Gari- baldiancrn und den Königlichen seinen Gang fort. Garibaldi ist s bis jetzt nicht gelungen, den, Capua auf drei Seiten emschließenden Fluß Volturuo zu überschreiten und sich der Position von Cajazzo zu bemächtigen, die der Schlüssel von Capua ist und die Verbindung mit Gaeta bewirkt. Die seit dem 16. Septbr. zu diesem Zwecke geführten Gefechte haben kein günstiges Ergebniß geliefert. Die Zahl der Verwundeten, welche nach dem Kampfe am 1. October nach Neapel gebracht wurden, soll eine enorme gewesen sein. Alle Wagen in Neapel wur den zum Transport derselben mit Gewalt requirirt. Der König Victor Emanuel ist in Giulianu- ova, der ersten neapolitanischen Stadt auf der längs des adriatiscken Meeres aus dem Päpstlichen ins Neapolitanische führenden Straße eingezogen. Nach seinem feierlichen Einzuge in Neapel will der König die Leitung der militärischen Overationen selbst übernehmen. Die Vereinigung der pjemou- tefiscken Armee mit der Garibaldi's soll zu Aquila stattfinden. In Neapel sind LOOO Piemontesen mit vier Batterien gezogener Kanonen gelandet. Den neuesten Nachrichten vom >5. October zu folge berrsckt in Turin große Bestürzung. Die Gesandten Preußens und Rußlands haben förmliche Proteste gegen den Einmarsch der Piemontesen in Neapel überreicht. Der russische Gesandte würde im Falle der Nichtbeachtung dieses Protestes seine Paffe verlangen. Einem in Turin sehr verbreite ten Gerücht zufolge soll das sardinische Kabinet gegenüber der Bewegungspartci die Verpflichtung übernommen haben, Venetien in sechs Monaten an zugreifen, wenn nicht innerhalb dieser Zeit die Freiheit Venetiens auf diplomatischem Wege er langt sein werde. Die sardinische Armee soll auf 250,000 Mann gebracht werden. Vermischtes. Zn München sind mit einem vom Büchsen macher Heinlein in Bamberg erfundenen Präci- sionsschießgewehr sehr gelungene Versuche an gestellt worden. Das Gewehr bedurfte bei 1000 Schüssen keiner Reinigung, die Trefffähigkeit war auf 1300 Schritte dieselbe wie auf 150. Zn einer Minute konnten 4 Schüsse und darüber gethan wer den, da das Gewehr von hinten und mit einer ganz kunstlosen Patrone geladen wird. — Kopenhagener Blätter schätzen die vom Director Renz während seines dreimonatlichen Aufenthaltes in der dänischen Hauptstadt erzielte Einnahme auf 70,000 Thlr. R. M. — Die bereits todt gesagte Lola Montez be findet sich wieder so weit auf dem Wege der Besserung, daß sic ihrem Krankenwärter zwei Ohrfeigen geben konnte. — Der König von Hannover hat aus dem nassaui schen Dominialkcller zu Ebcrbach ein halbes Stück (— ZOO Maß) 18t6er Kabinetswein bezogen, wofür 6000 fl. bezahlt worden sind, so daß die Masche auf 10 fl. kommt. — Der „Tagesb. aus Böhmen" berichtet: In der Gegend von Blatna besteht seit vielen Jahren ein Institut zurHcranbildung vonJagdhunden.