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299 die Mahnung, daß man sich nicht drangen lassen werde, sagen, daß das Drängen des nächsten Ab geordnetenhauses von sehr zweifelhaftem, möglicher Weise auch von verhängnißvollem Erfolge sein könne. Wenn links zu sehr gedrängt wird, kommt man leicht zu weit nach rechts. Und zu weit rechis ist Man in Preußen grade schon lange genug gewesen. Das Herrenhaus lastet wie ein Alp auf dem Lande; man fükll den Druck desselben und kann es doch nicht los werden. Die Regierung selbst muß nun mehr wissen, daß cs ikr eher gelingen wird, einen Mohren weiß zu waschen, als die Majorität des Herrenhauses zu ihren politischen Grundsätzen zu bekehren, und trotzdem Kat sie nicht selten ausge sprochen, daß sie auf den unveränderten Bestand des hohen Hauses einen großen Werth lege. Das Bürgertkum — und dazu gekoren der Gesinnung nach auch gar Manche, die ein von vor ihrem Namen führen — fühlt sich gekränkt durch das Mißtrauen, mit welchem von oben kcrab so viele seiner zeitgemäßen und heilsamen Bestrebungen be obachtet werden, und es ist verbittert, daß die Re gierung so oft gegen eine Umsturzpartei ankampft, von der man nichts sieht und nichts weiß. Das preußische Bürgertkum ist sich in seiner größten Mehrheit seiner treuen, patriotischen, aufopfernden Hingebung an König und Staat bewußt, es weiß, wer in den Zeilen der vergangenen Gefahr die größten Opfer gebracht hat und wer sie zur Abwendung künftiger Gefahren wird bringen müssen: ist ihm denn nun zu verargen, wenn es verlangt, daß es endlich ein entscheidendes Wort mitsprechcn dürfe in alle dem, wovon sein Wohl und Webe im Llaale abkängt? Und die Unbekaglichkeit im Innern wird noch erhöht durch den Hinblick auf die äußere Lage. Die Kräfte des preußischen Staates sind gewaltig angespannt, und doch wird das Bewußtsein immer allgemeiner, daß Preußen allein sich nicht selbst genug ist und durch eigene Kräfte sich nicht auf seiner Höke erhalten könne. Und was hat das Ministerium getkan, um Preußen willige und bereite Unterstützung zu verschaffen? Die Erfolge nach außen sind gering, und d'es wirkt naturgemäß zu rück auf die Stimmung im Innern. Dauer der europäischen Kriege. Von allen Kriegen, welche seit der ersten franzö sischen Revolution, dem Ausgangspunkte der neuern Kriegsgeschichte, unsern Welttkeil heimgesucht haben, ist, mit Ausnahme der kurzen Feldzüge von 1815, kein einziger zu einem so raschen Abschluß gekommen, wie der jüngste Kampf zwischen Oesterreich, Frank reich und Sardinien. Der erste Eoaütionskrieg, der von Frankreich einer- und von Oesterreich, England, Preußen, Spanien, Holland und einigen kleinen Staaten an dererseits geführt wurde, brach am 20. April 1792 aus und ward, nachdem Oesterreich von assen seinen kontinentalen Verbündeten verlassen worden war, am 18. April 1797 durch die Friedenspräliminarien von Leoben, denen der Friede von Campo Formio folgte, beendigt, dauerte also volle 5 Jakre. Der zweite Coalitisnskrieg, an dem sich haupt sächlich Oesterreich und Rußland belheiligten, begann im Decembcr 1798 und endete nach 2» Jakren, am 9. Februar 1801, mit dem Frieden von Lune- ville; England, welches nach dem Vertrage von Campo-Formio den Kampf allein fortgesetzt hatte, schloß erst am 27. März 1802 zu Amiens den Frieden, um aber schon in Jahresfrist die Waffen von Neuem zu ergreifen und sic erst nach der vollständigen Be ruhigung Europ.r's aus der Hand zu legen. Auf dem Continent entbrannte ain 9. Septem ber 1805 zwischen Oesterreich und Rußland einer- und Frankreich andererseits ein dritter Krieg, der indeß bereits am 28. Decbr., also nach kaum 4 Monaten, durch den von Oesterreich eingegangenen Frieden von Preßburg abgebrochen wmde. Der Krieg Napoleons gegen Preußen und Ruß land begann im September 1806 und endete am 7. Juli 1807 mit dem Frieden von Tilsit, hatte mithin eine Dauer von >0 Monaten. Der Krieg von 1809, in welchem Oesterreich allein gegen Frankreich und die süddeutschen Alliirten und Vasallen desselben stand, dauerte vom 8. April bis 12. Juli (Waffenstillstand von Znaym) oder etwas über drei Monate. Der große Kampf Napoleons, Anfangs gegen Rußland allein und dann gegen das verbündete Europa, nahm seinen Anfang mit dem Ucbergang der Franzosen über den Niemen am 24. Juni 1812 und kam nach ir Jahren durch den Einzug der Verbündeten in Paris zum Abschluß. Nach einer Waffenruhe von beinahe vierzig Jahren, die nur durch partielle Kämpfe — in Spa nien, der Türkei, Italien, Ungarn rc. gestört wurde, erfolgte im Octobcr 1853 der Ausbruch des orien talischen Krieges, der durch den Vertrag von Paris am 30. März 1856 sein Ende erreichte; da indessen die Wcstmächte erst seit Anfang 1854 thätig ein gegriffen hatten und der Waffenstillstand in der Krim schon im Januar 1856 zu Stande kam, so hatten die Feindseligkeiten in größerem Maßstabe eine Dauer von nicht ganz zwei Jakren. Der soeben beendete Krieg begann mit dem Ucbergang über den Ticino am 28. April 1859 und fand durch die Friedenspräliminarien von Villa- sranca am 11. Juli d. I., nach 2 s Monaten seinen Abschluß. Vermischtes. Privatuachrichten ans Rußland lauten sehr düster, auch abges, hen von den Wirren in Polen. Der Mangel an baarem Geldc ist so groß, daß man vielfach zum uranfänglichcn Tauschhandel zurückkehrt. Ein Buchhändler in Saratow hat sich mit seinen Petersburger Commissionären dahin geeinigt, daß er