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L76 Egidi ist herangenaht, Nun wuchert eure Leidenssaat, Nun leih' ich euch den Heller nicht Auf euer aller Lebenslicht. Ach wüßtet ihr, daß euch der Tod Aus tausend Feuerschlünden droht, Ihr stürbt vor Angst und Herzeleid Gewiß noch vor der Drangssalszeit, Bald ist im Hasenalmanach Ganz unbedingt der trübste Tag, Auf den sich traun schon lange Zeit Selbander Mensch und Hund gefreut. Schon hör' im Geist ich, daß cs kracht, Wie weiland bei der Leipz'ger Schlacht, Entstiegen aus der Hölle Schooß Seh' allcrwarts den Tod ich los. Nichts helfen eure Litanei'», Nichts euer „gnädig, gnädig" Schrei'n, Mit wahrer Kannibalenwuth Schnaubt man nach eurem Unschuldsblut. Denn nicht mit Wölfen, Sau und Bär Befaßt man heut'gen Lags sich mehr, Ihr edlen Hasen seid das Wild, Dem jetzt des Nimrods Kampflust gilt. Selbst Leute, die sonst weislich gern Vom Pulverdampf sich halten fern, Es lachet ihr entmenschtes Herz Zu eurem Jammer, eurem Schmerz. Die Köchin in der Küche dort Holt schon den Speck an Stell' und Ort, Hat sie damit euch wohl besetzt, Geht's in die Röhre gar zuletzt, Der Kaufmann hinter'm Ladentisch Verkaufet Schrot und Pulver frisch Und freut sich, daß in blaue Luft Umsonst manch lieber Schuß verpufft. Dies muß auch einzig und allein, Ihr Häschen, euer Trost noch sein, Daß, knallt auch furchtbar Schuß auf Schuß, Gleichwohl nicht jeder treffen muß. Vermischtes. In Wien (und wohl auch anderwärts) war der 17. August nicht nur der heißeste Tag dieses Sommers, sondern auch der heißeste Tag der zweiten Hälfte des August seit 1775. Die Hitze stieg im Nordschatten über 28 Grad und sank während der Nacht nicht unter 17 Grad. Im Jahr 1775 wurden in Wien die ersten meteorologischen Beobachtungen eingestellt. — UebrigenS hat ein gelehrter und spcculativer Wetterkundiger in Wien die Absicht, eine An stalt zu gründen, in welcher Landwirthen, Gastwirthen, Unternehmern von Landpartien u. s. w. prompte Auskunft über die muthmaßliche Witterung dcs TagcS ertheilt wird. Aus Italien hat man sehr traurige Nachrich ten erhalten. Die schreckliche Hitze hat dort alle Feldfrüchte vernichtet. Die Hitze war so groß, daß alte Eichen in den Wäldern verdorrten. Futter gibt es gar keines, Wasser ist nirgends zu haben; alle Bäche und Flüsse sind ausgetrocknet und in Parma und Modena mußte man das Vieh wegen Mangels an Wasser schlachten. Die Italiener durchziehen Städte und Dörfer in Prozessionen. Atte Kirchen sind überfüllt, um Regen zu erflehen. — Aus Wien wird ein merkwürdiger Todesfall berichtet. Ein Kindermädchen hatte den ihr anver- trauten Säugling auf das Burgglaeis in das Gras niederlegt, uni mit ihrem Liebhaber plaudern zu können. Als sie wieder zum Kinde zurückkam, fand sie dasselbe regungslos mit verzerrtem Gesicht. Als das Kind nach Hause gebracht und ein Arzt herbei- gerufen war, erklärte dieser, daß dasselbe erstickt sei. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß dem Kinde eine Maus in den Schlund und von da in die Kehle geschlüpft war. Das Thier wurde eben falls erstickt aus dem Schlunde des Kindes hervor- gezogen. — Eine recht hübsche, schließlich aber unglückliche Badereise hat ein Thunfisch gemacht. Die hei mischen Fluthcn des MittelmeercS, namentlich der sizilischen und sardinische» Küste waren ihm allzuheiß geworden, er schwamm daher in die kühlere Ostsee. Bei Colberg ward er von einem Nordweststurme au Lie Küste getrieben und gefangen und wird von den nordischen Barbaren ausgestopft werden. — Zu Breitenbach beiSchlüchtcrn starb am am 9. Aug. d. Js. ein Mann im 42. Jahre seines Alters, nachdem er seit einigen Jahren ein unerklärliches Leiden im Unterleibs und der Gegend des Magens verspürte und verschiedene Acrztc zu Rathe gezogen hatte; der letzte wandte starke Mittel zum Erbrechen an, diese hatten zur Folge, daß der Patient eine Blindschleiche und etwas später zwei Unken von sich gab, zwei Tage darauf aber verschied. Bei Oeffnung der Leiche fand sich noch ein ganzer Laichstock der Unken. — In diesen Tagen ereignete sich in Wien folgen der tragischer Vorfall: Einem Herrn wurde von einem Diebe in einer belebten Straße eine goldene Uhr entwendet. Der Eigcnthümcr und eine hcrbeigeeilte Polizei-Civilwache ergriffen den Thätcr, der unter dem Vorwande, Lie Uhr aus der Tasche zu nehmen, sein Messer hervorzog und dem Civilwachmanne einen so gefährlichen Stich versetzte, Laß dieser nach we nigen Schritten todt niederstürzte. Der Mörder suchte sich durch die Flucht zu retten , verwundete auf derselben noch eine Militärpolizeiwache und wurde endlich von einem Kanonier festgcnommen, der jedoch auch noch einen Stich in die Schulter erhielt. Nun wurde der Thäter von der Patrouille auf die Wache gebracht, vor welcher sich alsbald Hunderte von Menschen versammelten und den Mörder herausver langten, um, wie cS scheint, eine Lynchjustiz an ihm auszuüben. Beim Erscheinen einer größern Militär- abthcilung stob die Kllengc auseinander. —