Volltext Seite (XML)
2S1 den zum Stehen zu bringen. Der Weg »ach Alexandria war mit Verwundeten bedeckt, die vor Erschöpfung nickt weiter konnten. Die Secessionisten haben die ganze Artillerie der Bundestruppen bis Fairfax .verfolgt und gezogene Kanonen, eine große Menge Waffen und viele Munition weggenommen. Eine ansehnliche Zahl von Obersten und anderen Offizieren der Bundcstruppen ist gctödtet; von beiden Seiten ist der Verlust sehr bedeutend. Es heißt, General Johnston befinde sich unter den Todten. Das 90,060 Mann starke Heer der Secessio« nisten befindet sich in Manassas. Die ganze Bun- dcsarmee hat sich nach Alexandria zurückgezogen. Man hat die Festungswerke von Washington ver mehrt. Seit der Niederlage von Manassas hat die Regierung bereits 80,000 Mann frischer Truppen erhalten. Aus Paris schreibt man dem „Dr.J." unter dem 31. Juli: General Cialdini scheint in Neapel bereits auf die Garibaldianer angewiesen zu sein. Wenn die Dinge binnen Monatsfrist sich nicht bes sern, so wird man Garibaldi herbeiholen müssen, dessen Name immer noch auf eine gewisse Classe der Bevölkerung Eindruck macht. Man soll schon bei ihm angefragt und ihm einer bezüglichen Com- bi'nation nicht abgeneigt gefunden haben. Aus Warschau schreibt man Folgendes: Wer Warschau lange nicht gesehen hat, wird die sonst so lebhafte Hauptstadt nicht wieder erkennen. Die Stadt ist öde, der gewohnte Luxus der Polen ist gänzlich verschwunden. Wer früher den lebhaften Charakter der Polen und Polinnen gekannt hat, muß jetzt erstaunen, lauter düstern Gestalten in den Straßen zu begegnen. Der einzige Sammelpunkt für die Bevölkerung ist der „Sächsische Garten", und da sogar muß die Erscheinung, alle Welt in tiefe Trauer gehüllt zu sehen, auf den Ausländer einen gewaltigen Eindruck machen. Von eleganten Equipagen ist keine Spur mehr. Die Theater und sonstigen Vergnügungslocale sind gänzlich geschlos sen, die Geschäfte stocken und das Vertrauen auf bessere Zeiten wird nicht sobald wiederkehren. Wer die letzten hiesigen Ereignisse leicht behandelt, kennt entweder die Lage des Landes nicht, oder er unter schätzt dieselbe. — Das Kapitel vom Essen und Trinken ist bekanntlich ein gar interessantes und wichtiges, auch wenn der große Mann Unrecht haben sollte, welcher behauptet: der Mensch ist, was er ißt. Ein geistvoller Politiker, den die 48gcr Stürme aus Deutschland nach England getrieben hatten, und der jetzt nach Deutschland zurückgckehrt ist, stellt in der Berl. Nat.-Ztg. allerlei interessante Vergleiche -wischen den auf etwas gespanntem Fuße stehenden Stammverwandten in Deutschland und England an z. B. vom Schlafen und Waschen, und end lich vom Essen und Trinken, „Kommt das Frühstück, in Deutschland Kaffee und Semmel, in England Fleisch, Fisch oder Eier, Brod und Thee; in Deutschland auf irgend einer freien Ecke irgend eines freien Möbels irgend einer Stube servirt, in England auf einem gedeck ten Tische, in beschrankter Haushaltung dem Eß tisch, in einer normal gegliederten Wohnung auf dem Frühstückstisch, der in der Frühstücksstube steht, die in einem freistehenden Hause nach Morgen liegen muß. In England ist das Frühstück eine Mahl zeit, die von der Familie gemeinschaftlich einge nommen und über der die Plane für den Tag fest gestellt werden; in Deutschland ein einsamer Imbiß stehenden Fußes, oder neben der Arbeit genossen. In England ißt man Fleisch und Brod und trinkt Thee dazu; in Deutschland trinkt man Kaffee und ißt eine Semmel dazu, oder raucht eine Cigarre. Kaffee giebt das Gefühl der Sättigung, man kann dazu nicht essen mit dem „herzlichen" Appetit der Engländer; Thee zehrt. Kaffee verlangt nach Tabak, dem der Thee widersteht. Welches der beiden Ge tränke ist das gesündere? Wahrscheinlich hat auch mit der Frage das Klima etwas zu thun; denn es ist Thatsache, daß in England der Thee nicht nur den Durst löscht, sondern an einem schwülen Sommcrabend, nach einer heftigen Anstrengung das beste Mittel ist, den Durst und die innere Hitze los zu werden. Die Frage mag viel wichtiger stin, als wir ahnen. Man sagt mir hier, ich sei in England frischer, gesünder geworden; welcher Ur sache ist der Erfolg zuzuschrciben? nicht vielleicht den 8030 Portionen Thee, die ich, die Schaltjahre ungerechnet, zu mir genommen, und den 8030 Por tionen Kaffee Morgens und nach Tische, die ich nicht genossen habe? Mij den Thieren macken wir die sorgfältigsten Füttcrungsvcrsuche; auf dem Londoner Weihnachtsmarkt sehen wir, lebendig und zerlegt, Ochsen, die mit Wurzeln, und Ochsen, die mit Oelkuchen gemästet sind, Hammel, die auf Kalkboden, und Hammel, die auf Moorland ge grast haben: waren wir selber nicht derselben Sorge werth? Mit ihrem englischen Frühbrod gehen Viele bis S oder 6 Uhr; Andere helfen um 2 Uhr mit einem Imbiß nach, den der Geschäftsmann in 5 Minuten, neben der Arbeit, abmacht, und das dem Körper eine schwere Verdauungsarbcit nicht zumuthet. Wenn wir des Morgens in das Geschirr gehen, so bedür fen wir längerer Zeit, ehe wir ordentlich anziehen, in den Trab kommen; allmählich wie die Sonne steigt, steigt die Spannung unserer Kräfte, die Leichtigkeit der Arbeit; wenn die Sonne culminirt, sind sie am größesten. In diesem Zustande trabt der Engländer noch vier oder fünf Stunden wei ter; der Wagen, einmal im Schüsse, rollt von selbst. Der Deutsche spannt ungefähr in der Mitte des Tages aus, füttert, muß verdauen, ein wenig dämmern, um nicht zu schlafen, und hat, wenn er nach einigen Stunden wieder an die Arbeit geht, einen neuen Anlauf zu nehmen. Alles dies gilt vorzugsweise für Personen! die mit dem Kopfe arbeiten, also dem Sozialisten nicht als „Arbeiter" 32*