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2VL Familien Leberbergen. Generäle und Geheimräthe müssen mit Dachstuben vorlieb nehmen. Die Pro» meuaben wimmeln von Celebritäten aller Arten. Die deutsche Sprache ist der französischen gewichen. Eine mächtige Ehrenpforte ist mitten im Orte er richtet und dient der Stadl als Speculationsodject. Dieselbe wird nämlich, je nachdem ein neuer Herr scher erwartet wird, heule ab-, morgen wieder auf- gebaut. Dieselbe Ehrenpforte muß zur Erleichte rung des Sladtiäckels in dieser Saison allen an kommenden Fürsten dienen, sie wechselt über Nacht nur die Landesfarben. — Am 25. Juni Morgens ist auf seinem Land hause Rosenstein bei Stuttgart der König von Würtcmberg gestorben. König Wilhelm erreichte ein seltenes Lebens- und Regierungsalter; denn er ist 1781 geboren und bestieg den Thron 1816. Die lange Regierungszeit des Königs ist namentlich durch die großen Fortschritte denkwürdig, welche während derselben Würtembcrg in der Laubwlilh- schaft, in der Industrie und in dem BerkehrSleben machte. In den Befreiungskriegen hat sich der König (damals noch Kronprinz) durch nicht gewöhn liche Feldherrntalente ausgezeichnet. Den Thron besteigt sein Sohn, der Kronprinz Karl, der am 6. März 1823 geboren ist. Die Todesnachricht traf ihn in Bad Kissingen, wohin er mit seiner Gemahlin Olga gereist war, um den Kaiser von Rußland zu besuchen. Kaiser Alexander ist sein Schwager, Olga die Schwester des Kaisers und Tochter des Kaisers Nicolaus. König Wilhelm hielt seinen Erden bis in die allerletzte Zeil fern von Regierungsgeschäslen, das Land weiß daher nicht, was es von dem neuen Regenten zu hoffen hat. — In Kurhrffen rühmt man sich, das Oeheimniß der Zündnadelgewehre, den Zündspiegel und die Munition, entdeckt zu haben und nennt nament lich den Artillerie-Hauptmann DierapSky als be sonders verdient. Die Zündnadelgewehre werden von der Gewehrsabrik in Herzberg am Harze gelie fert und in der kurhcsstschen Armee eingesührt. — In den Städten des Königreichs Polen herrscht bei der gänzlichen NahrungSlostgkeit durch, weg da» größte Elend und von den Landbesitzern hat etwa die Hälfte bereits ihren Besitz verloren, der in die Hände der Juden übergeht, welche die enormen Summen, die bisher zu nationalen Zwe cken beigestcueit wurden, gegen Wechsel, die nun sällig sind, vorgeschossen haben. Ein Theil der frühem Grundbesitzer ist freilich auSgewandert und ein andrer Tbeil ist gefangen abgeführt worben. Die Güter der letztem werben von Regierungs« commissarien administrirt und sollen später verstei gert werden, doch soll, wie es heißt, der Zuschlag nur an Russen oder Deutsche statifinden. Ruhe und Ordnung sind übrigens in ganz Polen jetzt vollständig hergesteül. — Ern großartiges Schauspiel war der Kampf der beiden amerikanischen Kriegsschiffe Alabama und Kearsage vor dem französischen Seehafen Eher- bourg. Alabama war das glückliche Kaperschiff der Südstaalen, überall that es dem Handel der Union Schoden und immer war es unsichtbar und ungreifbar. Bor wenigen Tagen fuhr es im H»' sen von Cherbourg ein, um allerlei Schäden auS- zubcssern. Die norbstaatliche Kriegscorvette war ibm gefolgt und wartete auf sein Auslaufen. Der Kampf ersvlgte in offener See, der Mannschaft bei Alabama gelang es nicht, das feindliche Schiff j? entern, ein Kanonenschuß zertrümmerte den Dampf' kessel der Alabama und lähmte seine Bewegung, plötzlich sank das Schiff nnd verschwand in bei« Meere; der Capilän und die Mannschaft wurde zum großen Theil von nabenden Booten gerettet. Kapilan Semmes, der kühne Führer deS Capel' schiffcs wird in Cherbourg fast vergöttert. Locales. Vorigen Freitag und Sonntag hatten wir die Krastproductionen Simon LconS auf hiesigem Markt platze zu bewundern. Er zerschlug Steine mit blo' ser Hand, spielte mit Centnergcwichten, wie mit leichte» Bällen und zog einen mit Sand beladenen Wage» weiter, den zwei starke Pferde vorher mit großer Krastanstrengung herbeigesahren hatten, ja am Sonn tage vermochten zwei an ihn geschirrie Pferde nicht, ihn in die Höhe zu bringen. Einen großen Schreck verursachte den Stadtbewohnern der aus einer Ka' none größern Kalibers hcrrührende Schuß, den er auf seinen Schultern ohne zu wanken loslies. — Nach dem neuen Brandversicherungs-Cataster für die Stadt Wilsdruff sind die sämmtlichen Ge bäude mit 495,290 Tdlr. (119,658'/, Thlr. mehr wie früher) versickert und mit 95,690 Einheiten belegt. Ungeachtet dieser Höbern Versicherungssumme find dennoch jährlich gegen früher 413 Thlr. 24 Ngr. 7 Pf. weniger Beiträge zu bezahlen. Zu spat. (Eine wahre Geschichte.) Im vorigen Jahrhunderte lebte zu Weilby, einem kleinen Flecken in Schleswig, bart an der jütlandischen Grenze, der Pastor Quist, ein durch und durch ehrenwerther Mann, geachtet und geliebt von aller Welt. Der Pastor hatte seine Frau zeitig verloren; sie Halle irm zwei Kinder hinterlassen, einen Sohn, der in Kiel Theologie studirte, um nach alter Sitte, einst dem Vater in der Pfarre folgen zu können, und eine Tochter, Meta, ein zartes, liebliches Mädchen. Die schöne Stellung, die Achtung, die dem Pastor überall gezollt wurde, und die Freude über seine wohlgerathenen Kinder hatten ihn zu einem sehr glücklichen Manne machen können, wenn nicht ein Fehler, den er nie besiegen konnte, oft die Quelle vielen Aergers für ihn geworden wäre. Er geriety so leicht in Hitze, baß er ost seine Kinder,