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306 Zll 3. Der hiernach abgeänderte Postgebühren «Tarif, welcher an die Stelle des Tarif) D zu tz. r»O oer Postordnung tritt, wird mit dieser Beiordnung im Gesetz" und Verordnungblatte be- kannt gemacht. Dresden, den 17. September 1864. Finanz-Ministerium. Für den Minister: von Schimpfs. Schreiner. Umschau. Dom Frieden ist noch Nichls zu vermelden. Herr v. Bismarck ist von Wien abgereist und sitzt auf seinem Gute in Pommern, angeblich seiner kranken Frau wegen. Die Oesterreicher aber sagen, er sei zornig, weil nicht Alles nach seinem Kopfe geben wolle. An seiner Stelle sind zwei andere Diplomaten eingetrosfen, der Engländer Clarendon und der sächsische Minister v. Beust. Man scheint denn doch zu guter Letzt in Wien und Berlin ein gesehen zu haben, daß die Mittel- und Kleinstaaten auch ein Wörtchen über das Schicksal der Schleswig- Holsteiner mitzureden haben, besonders da Holstein von sächsischen Truppen besetzt ist. — Dielleicht hangen die Diplomaten den Frieden an den Christ baum und überraschen das deutsche Doik damit. Die Preußen machen sich die Winterquartiere in Jüiland zurecht. — Ehe Prinz Friedrich Carl die Stadt Apen rade in Schleswig verließ, gab er einen Abschieds- und Dersöhnungsball. Zu dem Balle waren die dänischen Damen so gut wie die deutschen ge laden, Alles war auf's Glänzendste eingerichtet und allerlei Leckerbissen aus Berlin verschrieben; aber aus der Dersöhnung wurde nichts; denn von den Dänen stellten sich weder Mannlein noch Fräulein ein. Als der Prinz abreiste, sagte er verdrießlich, die Schroffheit der Parteien mache Apenrade zur ungemülhlichsten Stadt. Napoleon versteht's die Welt zu überraschen und hat es wieder einmal mit einem Beitrag ge- than, den er mit Victor Emanuel abgeschlossen hat. Die Parole des jungen Italiens war: auf nach Rom! und die Front desselben Italiens war gegen dasselbe Rom gerichtet; denn Rom sollte des italienischen Königreiches Haupt- und Residenzstadt werden, der Papst seine weltliche Herrschaft ver lieren. Der Anfang dazu war gemacht, als Victor Emanuel 1859 dem Papste ein paar Provinzen wcgnahm und seinem Reiche einverleibte. Plötzlich Hal Napoleon die Front des italienischen Heeres verändert und die Feinde des Kirchenstaates in die Schützer desselben verwandelt. Victor Emanuel hat sich verpflichtet, den Kirchenstaat nicht anzu greifen und sogar ibn gegen jeden Angriff von anderer Seite zu schützen; er hat sich ferner ver pflichtet, seine Residenz nicht nach Rom, sondern nach Florenz, der Hauptstadt Toskana's zu verlegen und für die dem Papste abgenommenen Provinzen eine gute Portion der päpstlichen Schulden zu übe^treymen. Dagegen hat sich Napoleon verpflich tet, seine Truppen, die seil 1848 Rom besetzt kalten, binnen 2 Jahren zurückzuziehen. Beide, Napoleon und Victor Emanuel, verpflichten sich gemeinschaft lich, jede Intervention in den Kirchenstaat zurüek- zuweisen, d. h. z. B. keine Oesterreicher einrücke» zu lassen. Die Turiner sind über den bevorstehen- den Wechsel der Residenz so aufgebracht, daß es bereits zu Unruhen gekommen, bei denen Blut ge- flossm 'st- Geeren wen der Vertrag eigentlich zielt, M nicht schwer einzusehen. Die bisherige Hauptstadt Turin konnte in wenigen Märschen von den Oestel- reichern erreicht werben. Florenz liegt viel weiter von der Grenze. In Wien fühlt man recht gut, daß ein Kampf um den letzten Rest von Italien, den bas österreichische Kaiserhaus noch besitzt, be vorsteht, und die österreichischen Finanzen, denen eine Verminderung des Heeres allein helfen könnte, mögen sich nur auf langehin gedulden. Es scheint/ daß die gegenseitigen Besuche der nordischen Mon archen den Kaiser Napoleon verschnupft und ihn zum engen Anschluß an das neue Jialien getrieben haben. Andere wollen wissen, er habe sich im Stillen schon ein Stück Italien, die Insel Sar dinien, verschreiben lassen. Der Vertrag sagt mehr durch das, was er verschweigt, als durch das, was durch Worte aus gedrückt wird. Wer ihn unbefangen liest, muß denken, das Wohlsein des Papstes und der römi schen Kirche habe einzig und all>in den beiden Monarchen am Herzen gelegen. Aber Etwas und gerade das Wahrscheinlichste ist nicht darin vorge sehen. Was wird geschehen, wenn das eigne Bost den Papst aus seiner Hauptstadt vertreibt, wie bereits 1848 geschehen? Dann wird Napoleon die Achseln zucken und sagen: Ja, warum regiert Isst so schlecht; ich kann nicht mehr helfen! — „Und die Dummheit bat so 'ne gesunde Natur" singt der Dichter im „Quackbrünnla" und das hat er nicht gedichtet, sondern aus dem Leben abkonterfeit. Man höre: Auf dem Jacobimarkt in München hatte Christine Flohr aus Mainz mst einem Affentkeater ihre Bude aufgeschlagen. Außer tanzenden Affen und Pudeln konnte man bei dieser Dame auch die Zukunft kennen lernen; denn str trieb üuch das Geschäft einer Wahrsagerin und Zauberin. Bald verbreitete sich hier das Gerückt von der Kraft der „weisen Frau", die nicht nut Mephisto, sondern mit dem Papste in geheimer Ver bindung stehen sollte. Es fanden sich viele Personen, besonders aus dem weiblichen Geschlechte bei ibr ein. Gegen Geld erhielten die Rath und Hülst Suchenden sogenannte Amulette, welche „unter Ge bet und Anrufen der Walkysen" mit der „Zauber kraft des Magus" versehen waren und, am bloße» Leibe getragen, Gewährung aller Wünsche bringe»