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25V Sonnenschein, wenn sie nicht verfaulen soll, und wenn auch in den milderen und fruchtbareren Ge genden Deutschlands, die an sich und überhaupt weniger von Nässe zu leiden haben und hatten, die Frucht großentheils schon in der Mitte des Juli geerntet wurde, — in München war schon vor drei Wochen neuer Roggen auf der Schranne — so brauchen doch die Bewohner aller deutschen, menr oder minder gebirgigen Landstriche dringend, dringend Erntewetter, wenn nicht der diesjährige so überaus reiche Gottessegen dem Verderben verfallen soll. Ist auch in Amerika und Ungarn, wie berichtet wird» die Ernte ganz beendet und außerordentlich reich ausgefallen, so daß man in Regensburg auf einmal vierzig Getreideschiffe aus Ungarn zählte; haben selbst in Südrußland die Heuschrecken im Gan zen nur wenig geschadet, und rechnet man in den bairischen Ebenen und fruchtbaren Gauen Frankens, in letzteren mit Ausnahme des Weizens, wie in ganz Deutschland, im Ganzen auf eine gute Mit telernte, so daß also eine Lheucrung um so weni ger zu fürchten ist, als sich selbst in England und Frankreich, diesen bedeutenden Berzchrungsländern, in Folge der von dort gemeldeten schönen Witte rung die Ernte besser gestaltet, als man anfänglich fürchtete, — so möchten doch auch wir und andere auf fpäteres Ernten angewiesenen Gegenden das einbringen, was so erfreulich draußen steht. Des halb ist gewiß unsere flehentliche Bitte uin heiteren Himmel gerechtfertigt. In den Obststrichen, an der Elbe, an der thüringischen und fränkischen Saale, am Main, Neckar, Rhein, Bergstraße steht cine Obsternte in Aussicht, wie sie kaum je dagewcsen; ja, in den letzteren Gegenden hofft man geradezu, es möchte wenigstens die Hälfte des Obstes noch abfallen, weil sonst alles und jedes Stützen der Obstbäume nicht im Stande sein dürfte, diese ihre ungeheure Last tragen zu machen. Der Weinstock hat so überreich angesetzt, daß man aller Orten versichert, die Menge der Beeren werde noch die der vorhergegangenen drei fetten Weinjahre über treffen, wenn — günstige Witterung eintrete, deren freilich auch der Obstsegen bedarf. Unser alter böser Feind, die Kartoffelfäulc, hat leider auch wieder sich eingestellt. Möchte er wenigstens so gelind als möglich verfahren, wenn er nun einmal seine so ungern gesehenen Besuche noch immer nicht lassen kann! Größeres Unheil, als die ersten Berichte über die durch die neulichen Regengüsse herbeigeführten Beschädigungen vcrmuthen ließen, ist leider durch dieselben in unserm Vaterlande herbeigeführt worden. Wir geben nach Zeitungsberichten im Auszuge eine Uebersicht derselben. Schwer wurde der Plauensche Grund durch die Ueberfluthungen betroffen. Deuben, Hainsberg und Neudöhlen standen vollstän dig unter Wasser. Viele Bewohner der genannten Orte flüchteten sich mit ihrer Habe. Die Römer- schen und Reichard'schen Fabriken erlitten sehr bedeutende Beschädigungen und Verluste. In Plauen wurde das Wellenbad fortgerissen, Bei Neudöhlen stand die Chaussee 500—600 Schritt unter Wasser. In und um Löbau trat am 31. Juli von Nachmittags 6 Uhr ein wolkenbruchartiger Regen unter orcanähnlichem Winde ein und wahrte bis 0 Uhr. Das Obst wurde von den Bäumen ge rissen, die Felder, Gärten und Wiesen schwammen im Wasser, das außerdem in die Wohnungen, Keller, Scheunen und Stalle der Landbewohner drang. Die Löbau stieg bis Nachts 10 Uhr zu einer Höhe, wie seit 1804 nicht wieder vorgekommen. Einem Bleicher in Ebersdorf wurde ein Garn- wenh von 3000 Tylr. entführt. Das Wasser durch brach die Mauern der Scheunen und führte das bereits eingeerntete Getreide hinweg. Kostspielige Uferbauten und Gartenanlagen wurden vernichtet, Brücken weggerissen. Der mit großen Kosten und Mühe angelegte Garten des Mineralbadebesitzers Seitz in Löbau ist gänzlich zu Grunde gerichtet. Daß das Wasser auch auf den Feldern großen Schaden angerichtet, ist selbstverständlich. In Tharand sind außer sämmtlichen Brücken und Stegen, die von den Fluthen mit fortgerissen wurden, 3 Häuser unterwaschen worden. Die Eisen bahn- uno Wasserbauten sind unterbrochen, zum Theil gänzlich wieder vernichtet worden. In Sebnitz hatte sich durch mit fortgerissene Klötzer ein Schutz gebildet, daß der ganze Markt einem Teiche gleich 2 Ellen unter Wasser stand. In Bautzen erreichte der Wasserstand am 1. August in der dritten Morgenstunde eine solche Höhe, daß er den vom I. August 1858 um 1z Elle überstieg. Die Uferbewohner haben an ihren Häu sern, Garten und sonstigen Grundstücken großen Schaden erlitten. Die Dämme sind mehrfach durch brochen, die Bade-Anstalten weggeschwemmt, viele Holz- und Strohvorräthe fortgerissen worden. In den Niederungen hat das Hochwasser furchtbare Verheerungen angerichtel. Auch aus Neusalza wird von dem großen Schaden berichtet, welchen das Wasser angerichtet. Die von Oppach nach Fuga führende Straße ist sächsischer Seils zerstört. Die Abends 11 Uhr von Oppach nach Ebersbach fahrende vierspännige Post kam in Niederebersbach in ein in der Cvaussee ein gerissenes Loch, der erst neugebaute Postwagen stürzte um, der Postillon durchschnitt die Stränge und ret tete dadurch bei Verlust des Hutes und der Peitsche mit Noth sich selbst und den Pferden das Leben. Der Postwagen selbst ward im Scich gelassen und ist sehr beschädigt. In NiedereberSbach stand die ganze Chaussee ellenlief unter Wasser. Mehrere Hauser wurden weggeschwemmt, nachdem das Wasser die Wände durchbrochen. Aus Nossen wird dem „Dr. I." unter dem I. August Folgendes geschrieben: „Gestern in den später» Nachmittagsstunden hatten wir in hiesiger Gegend einen wolkenbruchahnlichen Regen, der mehrere Stunden andauerte. Der atmosphärische Vorgang, wodurch jener gewaltige Niederschlag verursacht wurde, war sehr interessant. Ln den Vormittagsstunden des Tages zeigten die Fahnen