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Oie Krisis der Völkerschlacht. Kräfteverzehrend für den Feink» ' In einem längeren Artikel zeigt der Militärschrist steller Generalleutnant z. D. Baron v. Ardenne die Ursachen der Ereignisse im Westen auf. Er schreibt u. a.: „Marschall Foch hat zurzeit zwischen Vier und Aisne 120 franko-britische Divisionen eingesetzt. Außerdem etwa 16 amerikanische. Die Zahl der letzteren, die kamvfbereit sind, beträgt wohl das Doppelte und wächst ständig. Dabei ist in der taktischen Verwendung dieser Kräfte das Prinzip des Marschalls Foch festgestellt morden, die in den vorderen Linien im Kampf stehenden Divisionen immer und immer wieder einzusetzen, ja bis zur Schlacke ausbrennen zu lassen, dafür aber sich möglichst starke Reserven intakt zu halten, um dem von einer wütenden Meute umstellten Edelwild schließlich den Genickfang zu geben." Baron v. Ardenne weist dann darauf hin, daß unsere durch die März-Offen- sioe gewonnene Linie mancherlei Zacken und Winkel hatte, die zu großen und flankierenden Angriffen geradezu ein luden und fährt dann fort: „Als daher am 18. Juli die deutsche Heeresleitung vor der Tatsache einer großen feindlichen Gegenoffensive mit weit überlegenen Kräften stand, hatte sie nicht die Mittel, durch Verlängerung ihrer Front der Bedrohung ihrer Flanken vorzu beugen. Sie mußte vielmehr dieser durch eine Ver legung der Kampffront nach rückwärts sich entziehen und zu gleicher Zeit die letztere glätten und die stark gewinkelten vorderen Linien durch möglichst gradlinige zu ersetzen suchen. Zudem wurde es nötig, den Kampf nur in Ab schnitten anzunehmen, die ihn „kräfteverzehrend" für den Feind und „kräfteschonend" für die deutschen Truppen gestalteten. AuS diesen Motiven heraus entwickelte sich die bewegliche Abwehr- oder Wanderschlacht. Sie bedingte für die deutsche Heeresleitung eine wesentliche Aufgabe von Gelände, die den Gewinn, den die Offensive gebracht hatte, nach und nach aufzuzehren droht, Es ist aber dabei festzuhalten, daß die deutsche Heeresleitung einem Spieler vergleichbar ist, der nur mit gewonnenem Gelbe spielt." , ' Die alte und die «ene Sommeschlacht. Der Kriegskorrespondent des Stockholmer Blattes „Dagens Nyheters" meldet vom englischen Schlachtfelder „Es ist die alte Sommeschlacht noch einmal, dieselben Städte-, Dörfer- und Wäldernamen, die gleichen Truvven. Die Szene ist dieselbe, aber das Drama selbst verschieden. Die alte Sommeschlacht war nämlich eine Schlacht der Armeen nach langwierigem, fürchterlichem Bombardement durch sehr schwere Artillerie. Hunderttausend« von Männern sprangen auf einmal aus den Schützengräben, die Divisionsfront erstreckte sich damals höchstens über einige Kilometer, der Frontalangriff war damals die einzig möglich^ Taktik. Die jetzige Schlacht dagegen ist eine Brigadenschlacht. Kleine Einheiten manövrieren unabhängig voneinander, umgehen Lie Flanke des Feindes, umringen ihn und dringen vor, wenn die Gegner nicht so stark sind wie sie selbst. Frontalangriffe sind selten, alle taktischen Hilfsmittel werden ausgenützt. Entscheidend ist das Heer führergenie. Die Truppe muß nur imstande sein, daS Gelände auszunützen und Initiative mit kleinen Einheiten zu entfalten. Das Sommeschlachtfeld ist längst keines Landschaft mehr, es ist nichts anderes mehr als ein § Schlachtfeld, seine Physiognomie hat keine andere Be- ! Leutung als eine rein strategische. Kein einziger grüner Baum, nur schwarze zertrümmerte Baumstämme, von Dörfern nicht mehr Stein aus Stein zu finden, selbst mit Landkartenhilfe kaum möglich zu bestimmen, wo Dürfe» lagen. ... Die deutschen Kriegsgefangenen in Sibirien. Berlin, 6. September. Amtlich wird mitgeteilt: „In tendenziöser Weise wird ; ost in der deutschfeindlichen Presse darauf hingewiesen, ! daß die deutschen Kriegsgefangenen in Sibirien regen Anteil an den dortigen Kämpfen nähmen. Von wohl unterrichteter Seite wird demgegenüber aus Sibirien ge meldet, daß, bis auf ganz verschwindende Ausnahmen, die deutschen Kriegsgefangenen sich bei den Kämpfen völlig neutral verhalten. Dies bestäiigen auch die vereinzelt immer noch aus Sibirien zurückkehrenden Gefangenen. Ebensowenig entsprechen die aus ententefreundlichen Quellen stammenden Behauptungen der tschechischen Hauptschreier der Wahrheit, daß hinter ihnen die große Masse der Kriegs gefangenen stünde; in Wirklichkeit reicht die Zahl ihrer Anhänger nicht im entferntesten an diejenige heran, von der in den bewußt übertriebenen Darstellungen berichtet wird." - i Der Krieg zur Gee. U-Boot-Veute im Mittelmeer. Berlin, 6. September. < Amtlich wird gemeldet: Unsere Mittelmeer-Untersee boote versenkten IS000 Br.-Reg.-To. Schiffsraum. Der Chef des Admiralstabes der Marine. Die Klagen über nichtangekommene Postsendungen in den Vereinigten Staaten haben sich derartig gehäuft, daß der Generalpostmeister sich zu einer Äußerung genötigt sah. Im San Francisko Examiner erklärt er die Ursache: Es sind Tausende von Briefen und Paketen durch Ver senkungen verlorengegangen. Es ist klar, daß unter Um ständen die Versenkung eines einzelnen Schiffes den Verlust mehrerer tausend Briefe zur Folge haben kann, wie z. B. Ende Juni 1917 der Untergang der „Caledonia" das Verlorengehen von 5000 Briefen zur Folge hatte, Ähnlich ist es auch zu erklären, daß die Versenkungen weniger Schiffe an der Atlantischen Küste Amerikas die Hauptursache dafür war, daß in den Vereinigten Staaten die Zuckerration um ein Erhebliches herabgesetzt werden mußte. Es waren 50 Millionen Pfund Zucker versenkt worden. Das Bündnis der Mittelmächie. Eine Rede des Staatssekretärs o. Hintze. Wien, 6. September. . Staatssekretär des Äußeren v. Hintze hielt gestern beim! Empfange österreichischer und ungarischer Journalisten eine Rede, in der er u. a. ausführte, er habe mit Freude hesehen, daß Wien mit guter Zuversicht diese vier Kriegs» fahre überstanden habe. „Es muß", fährt er dann fort, „eiH starkes Quantum an Vertrauen vorhanden sein, um unser Ziel bald zu erreichen. Sie alle, meine Herren, sind als die Schreiber der täglichen Eindrücke dazu berufen und haben Ihre Pflicht erfüllt? das Znsammenschmelzen uud die Harmonie unserer Böller zu fördern und ans die Stimmung dcS Volkes, wie sie der Krieg geschaffen hat, Ginstuß zu nehmen, sie aufrecht;«- erhalten, um sie so zu einem ehrenvollen Frieden hinüber- zul eiten. Diese Aufgabe ist nicht immer leicht, wenn die Nach richten nichts von Triumph und Lorbeer melden. Wenn wir auch manchmal auf diese verzichten müssen und aus strategischen Gründen eine taktische Rückverlegung der Truppen vornehmen müssen, so wissen Sie aus den Er- fahrungen des Krieges, wie wenig solche Wechselfälle von Dauer gewesen sind. Solche Fälle sind, wie wir im Osten, in Galizien und Ostpreußen gesehen haben, unver meidlich. Daraus ersehen wir aber für den Westen, daß wir keinen Grund haben, die Hoffnung sinken zu lassen. Ebenso, wie im Osten der Friede eiugezogen, so wird er auch im Weste» kommen, wenn eS vielleicht auch noch einige Zeit dauern wird. ES können nicht immer Rosen blühen. Der Krieg ist kein Garte«, in welchem man spazieren geht. Wenn ma« Rosen pflücke» will, m»ß «a» auch etneu Dorneusttch gewärtigen. I Wir in Deutschland und Österreich halten an einer freien Presse selbst unter dem Zwange des Krieges fest. Bei unserem Gegner dagegen stehen die Journalisten unter der Kontrolle des Staates, und ein Zeitungsschreiber, der nicht die Regierungsstellen vertritt, wandert bei ihnen einfach in das Zuchthaus. Das aber widerspricht unserer Auffassung. Solche Maßnahmen sind für andere Länder, aber nicht für uns Deutsche. Es ist besser, daß Regierung lind Presse miteinander arbeiten. Wir wollen aber die öffentliche Meinung nicht knechten. Nur so verspricht die Politik einen Erfolg. Dies sage ich nicht, um Wohl wollen zu erringen, sondern es ist meine innerste llber-j Zeugung. Ein Zusammenarbeiten kann ungeheuer nützens ein Gegenüberstehen ungemein schaden, überall in Deutschs land und wo ich sonst gewesen bin, habe ich Wert darauf gelegt, in engster Fühlung mit der Presse zu bleiben. ES ist mir eine besondere Ehre gewesen^ allen Überz lieferungen gemäß dem Kaiser von Österreich vorgestelll zu werden. Den gnädigen Empfang empfinde ich tief uns dankbar. Ebenso war es mir eine Ehre, mich mit den obersten Vertretern der österreichischen und ungarischen Behörden bekannt zu machen. Ich hatte Gelegenheit, mit Seiner Majestät und den Behörden unser Bündnis ein gehend zu besprechen. Alle diese Besprechungen wäre« beseelt von dem Geiste deS Einvernehmen» der verbündeten Staate«, von dem, Wunsch, den Vicrbund immer fester und inniger z« p«r- knüpfen. Durch Opfer und Leiden unauflöslich aneinander-^ gekettet, wird sich unser Schicksal gemeinsam erfüllen. Unsere Aussichten find positiv und sicher! Bei Er örterung unserer gemeinsamen Interessen fand ich vollstes Entgegenkommen und weitgehende Übereinstimmung, was ich besonders dankbar anerkenne. Was uns noch trennt und worüber noch Zweifel herrschen, werden wir in freundschaftlichen Verhandlungen klären und ausgleichen. Wenn ich meine Eindrücke zusammenfasse, so muß ich sagen, unser Bündnis ist ein „wirkliches Bündnis". Es ist ein Bündnis, durch das wir alles, was die Zukunft uns auferlegt, gemeinsam und in bestem Einvernehmen zusammen tragen. Ich gebrauche ausdrücklich das Wort „Bündnis" ohne jeden Zusatz. Irgendein Beiwort würde den Begriff nur abschwächen. Wenn diese Auffassung ein Echo in der hiesigen Presse fände, so würde ich Ihnen zu großem Danke verpflichtet sein." Vie 9. kriegSANleibe. Während unser un»erzleichlicheS Heer in zähem Rin,en dem wilden Ansturm der Gegner tapfer standhält und alle Durchbruchsversuche unter den schwersten feindlichen Ver lusten zunichte macht, wird dcmnichst »on neuem der Ruf dec Reichsleitung zur Kriegsanleihe-Zeichnung ergehen, um weiter die Mittel »ufzubringen, die daS deutsche Volksheer in dem Vrrteidigungskampfe um Heimat und Herd in seiner bisherigen Schl«gfertigkut erhrlten sollen. Kein Deutscher darf zögern, zur Erreichung dieses Zieles beizutragen. In der Kraft unsere- MirtschaftSlebenß, in der außerordentlichen Flüssigkeit des deutschen Geldmarktes sind die Norbedingungen für einen guten Erfolg der Kriegsanleihe gegeben. Wenn jeder gegenüber dem Laterlande seine, Pflicht tut, wenn jeder sich »or Augen hält, daß die Kriegtanleihe-Zeichnung einen wesentlichen Bestandteil des Willens zum Durchhalten darstellt, der das deutsche Volk deseelt, dann wird auch die 9 Kriegsanleihe zu einer neuen, gewaltigen Großtat werden. Sie wird den Feinden gegenüber Zeugnis adlegen von dem ungebrochenen Glauben an den Erfolg unserer guten Zache und damit zu eine« weiteren Baustein des künftigen Friedenswerker werden. An den bewährten Zrichnungsbedingungen ist auch diesmal nichts geändert worden. Es werden fünfprozentige Schuldverschreibungen und »iereinhalbprozenlige auslös bare Schatzanweisungen zum Preis» von S8 Mark für 10V Mark Nennwert auSgegeben. BA Eintragung der Kriegsanleihe in daS Schuldbuch — mit Sperre bis 15. Ok tober 1919 — tritt eine Ermäßigung des Zeichnungspreises auf 97,80 Mark ein. Die Auslosung der Echatzanweisun- .gen geschieht nach dem gleichen Plane und gleichzeitig mit den Schatzanweisungen der letzten 3 Kriegsanleihen; auch die Verlosungsbedingungen sind die gleichen. Die Zeich- nnngsfrist läuft vom 23. September bis 23. Oktober. Die Zeichner können die gezeichneten Beträge vom 80. September an »oll bezahlen. Die Kriegsanleihe braucht indes zu diesem Termin nicht etwa »oll bezahlt zu werden. Gs sieht den Zeichnern vielmehr frei, die Einzahlungen in 4 Raten zu leisten (30 Prozent am - November d. I., 20 Prozent am 3. Dezember d. I., 25 Prozent am S. Januar n. I., 25 Prozent am S. Februar n. I.). Der erste Zins schein ist bei Schuldverschreibungen am Ü Oktober 1919, bei den Schatzanweisungen am I.Juli ISIS fällig. Auch diesmal können wieder die älteren fünfprozentigen Schuld verschreibungen und die Schatzanweisungen der ersten, zweiten, vierten und fünften Kriegsanleihe in Schatzan- weisungrn der 9. Kriegsanleihe unter den bekannten Be dingungen umgetauscht werden. Neueste Meldungen. Der deutsche Gesandte beim König von Norwegen. Christiani«, S. Sept. Der neu ernannte! kaiserliche Ge sandte von Mutius wurde beute vom König Haakon in feier licher Audienz zur Überreichung seines Beglaubigungsschreibens empfangen. 1 4ÜO voo Mann englische Verluste. Vern, 6. Sept. Der „Torriere della Sera" meldet aut Loudon r Amtlich werde« die englischen Verluste an Tote, bis zum 1. August auf rund 800 000 Manu angegebe« Neutrale Statistiker berechnen sie jedoch mit 1400 000. Foch- Ziele nicht erreicht. ., Aürich, 6. Sept. Der .Schweizer Preß-Telegraph" nenn! die Erfolge der Allnerten im Westen gering. Marschall Fock habe sein Ziel, den Gegner vernichtend zu treffen, nich! erreicht. Kote Rolen. Roman von H. Courths-Mahler. 76j tu dasselbe verschaffen, wenn sie Josta einmal ab wesend wußte. Draußen brach die Sonne durch die Wolken. Gräfin Gerlinde legte den Arm um Josta. „Komm ein wenig hinaus ins Freie, kleine Frau, da vergehen Kopfweh und trübe Stimmung im Sonnen schein. Und vergiß das Geheimfach nicht. Darin kannst du sicher alles bergen, was außer dir niemand leben soll " - . . I „dcun, dann ja alles gur, kleine Frau. Ode doch vielleicht nicht? Ach, Josta, ich kann «nich ja so gut in deine Lage versetzen! Auch ich habe vor Jahren meine Hand ohne mein Herz verschenkt. Glücklich ist man nicht dabei. Und ich wünschte dir nur, daß du dein Herz nicht eines Tages an einen andern verlierst, wenn ich auch sicher bin, daß dich Rainer nicht gegen deinen Willen halten würde." Josta sprang mit einer hastig abwehrenden Be wegung auf. „Nein, nein — daran ist nicht zu denken. Bitte, laß uns dieses Thema nicht mehr berühren, es quält mich/' Gräfin Gerlindes Augen leuchteten seltsam auf. „Warum diese heftige Abwehr?" dachte sie. „Das sieht ja aus wie Angst. Nun, ich werde noch dahinter kommen. Verliebt ist Josta, scheint mir, unbedingt Eine Frau, die nicht liebt, ist ruhig und gelassen und sitzt nicht tränenden Auges über ihrem Tagebuch. Dies Tagebuch! Es würde mir sicher den Schlüssel zu ihrem Wesen geben. Was gäbe ich darum, wenn ich hin ein schauen könnte!" Diese Gedanken erfüllten Gräfin Gerlinde. Aber sa Josta so dringend ein anderes Thema verlangte, wollte sie es nicht mehr sesthalten. Sie hoffte und wünschte, daß Josta ihr Tagebuch in dem Geheimfack bergen möge. Dann wollte sie sich schon Einblick - Josta neigte das Haupt. - „Ja, ja — ich danke dir." Und mit schweren, müden Schritten ging sie neben Gräfin Gerlinde ins Freie hinaus. Ihr war zumute, als habe sie eine Torheit begangen, als habe sie sich wider Willen in Gerlindes Hände gegeben, obwohl sie ihr nichts von ihrem eigenen Empfinden verraten hatte. Es bedrückte sie, daß sie Gerlinde den Namen der Frau zu danken hatte, die Rainer liebte. Wie ein Unrecht erschien es ihr nun, daß sie in sein Geheim nis eingedrungen war, gegen seinen Willen. Aber von diesem Tage an hütete Josta ihrem Gatten gegenüber noch ängstlicher ihr Geheimnis und zeigte sich ihm noch zurückhaltender. Seinen Zärtlich keiten wich sie ängstlich aus, und wenn er ihr nur nahte, bekamen ihre Augen einen Ausdruck, als spähe sie nach einem Ausweg zur Flucht. Rainer merkte das nur zu genau, und er wurde mutloser denn zuvor. In ihr Tagebuch schrieb Josta am Abend dieses Tages: „Nun weiß ich, wem Rainers Liebe gehört, und nun bin ich ganz hoffnungslos. Diese Frau kann er nie vergessen. Ob sie ihn vergessen kann? Ob sie auf ihrer einsamen Höhe sich in Sehnsucht nach ihm verzehrt, wie ich es tue? Un,d ob er sehr leidet, daß er aus diesen Besitz verzichten mußte? So lange habe ich mich danach gesehnt, diese Frau zu kennen, ihren Namen zu wissen. Und nun ich ihn kenne, nun Gerlinde ihn mir verraten hat, ist mir, als wäre mir besser gewesen, ich hätte ihn nie gehört. Warum hat. ihn mir Gerlinde verraten? Und warum wollte sie so unbedingt den Grund für meine Tränen kennen? Mein Gott, wie erschrak ich, als sie mir -sagte, sie wisse, warum ich weine. Mag sie denkens .was sie will, — wenn sie nur die Wahrheit nichh stennt. Die soll nie ein Mensch erfahren — — nie-, malS!" - — — — — — —- — — — Wenige Tage später sah -Gräfin Gerlinde Josta und Rainer am Witwenhaus vorüber reiten. Sie war nun sicher, daß die Beiden in der nächsten Stunde nickt ins Scklofi rurückkebren würden. Elttgst ging sie hinüber, sie wollte sehen, os Josta ihr Tagebuch in das Geheimfach gelegt hatte. Ohne Zaudern suchte sie Jostas Boudoir auf und, nachdem sie sich überzeugt hatte, daß kein Lauscher rn der Nähe war, trat sie an den Schreibtisch heran und öffnete das Geheimfach. Zu ihrer Enttäuschung war das Buch nicht da rinnen Josta hatte, einem bestimmten Argwohn fol gend. ihr Tagebuch an dem alten sicheren Platz gelassen. Und den Schlüssel trug sie stets bei sich. Aber statt des Tagebuches erblickte Gräfin Gerlinde einen Brief. Schnell zog sie ihn heraus, und — fast hätte sie einen Freudenschrei ausgestoßen — dieser Brief trug, von Jostas Hand geschrieben, die Adresse des Grafen Hen ning Ramberg. Anscheinend war er erst kürzlich geschrieben wor den. — Gräfin Gerlinde betrachtete ihn von allen Seiten. Er war leider versiegelt. Das Siegel zeigte den über drei Rosen springenden Eber. Graf Rainer hatte seiner jungen Frau das Petschaft mit diesem Wappen geschenkt. Ohne dies Siegel zu verletzen, konnte der Brief nicht geöffnet werden, sonst hätte sie es sicher getan. Nasch trat sie an das Fenster und hielt den Brief gegen das Licht, um zu versuchen, ob man etwas von dem Inhalt aus diese Art entziffern konnte. Aber, vergebens, das Papier war viel zu stark und undurch lässig. Acrgeclich legte sie das Schreiben wieder in das Geheimfach. Immerhin war ihr Streifzug nicht ganz erfolglos für sie gewesen. Sie wußte nun wenig stens, daß Josta mit Henning korrespondierte, und daß sie diesen Brief hatte sorglich verbergen wollen. Es war also anzunehmen, daß Ratner nichts von diesem Briefe wissen sollte. Das ließ auf ein geheimes Ein verständnis zwischen Josta und Henning schließen. So kombinierte Gräfin Gerlinde frohlockend. Was man wünscht, glaubt man gern. Sie sah sich ihrem Ziele um vieles näher gerückt durch die Tatsache, daß Josta und Henning im Briefwechsel standen. Ob es ein heimlicher Briefwechsel war. wollte sie bald ergründen.