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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das König!. Verichtsamt Wilsdruff und den Itadtrath daselbst. Zwanzigster Jahrgang. -freilag, den 3. Februar 1860. A. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: Albert Reinhold. Lon dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage «ine Nummer. Der Preis für den Bierteljahrgang beträgt 10 Ngr. Sämmtliche König!. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl in der Redaction, als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bi« längstens Donnerstag Vormittag, in Tharaud und Nosseu aber bis längstens Mittwoch Nachmittag erbeten. — Etwaige Beitrage, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. Die Redaction. Die Rinderpest. Die Rinderpest ist eine sremde, d. h. bei uns niemals freiwillig, aus einheimischen Ursachen sich entwickelnde Krankheit. Ihre Erzeugungsstättcn sind die Steppen im Osten Europas, namentlich die russischen Steppenländer. Von hier aus allein wird sie allen westlich gelegenen Ländern Europas durch Einschleppung eines Anstcckungsstofscs zugeführt. Diese Einschleppung kann geschehen unmittelbar durch Len Etntrieb des sogenannten potolischen oder Steppenviehes selbst, oder sie geschieht mittelbar, indem die Krankheit zunächst nach benachbarten Ländern eingeführt und von dort aus weiter verbreitet wird. Unter den bisherigen Verhältnissen erfolgte die Einschleppung der Seuche zu uns und den nächstgelegenen Ländern meistens nur in letztgedachter Weise. Die Krankheit mußte erst im Nachbarlande aufgetreten und bis zu einem gewissen Punkte der eignen Landesgrenze sich genähert haben, bevor man sie zu fürchten hatte. Das ist jetzt durch die Schienen wege ganz anders geworden. Die Seuche kann jetzt uns unmittelbar durch Vieh aus östlichen Ländern (Podolien, Ga» ltzten, Ungarn) zugeführt werden, ohne daß sie zuvor tm Nachbarstaate zum Ausbruch gekommen ist. Der jetzige Seuchen ausbruch tn Schlesien wie in Böhmen ist auf diese Weise durch Einfuhr von podolischem und galizischem Vieh veran laßt worden. Lon der preußischen Landesgrenze an wurde die Seuche Plötzlich bis tn die Umgegend von Breslau verpflanzt. Der Ansteckungsstoff ist fixer und flüchtiger Natur. Er wird schon sehr früb vom kranken Thiere entwickelt und ist gebunden an alle Körperthetle^Blut, Fleisch, Talg, Haut rc.)und an alle «uswurssstoffe (Lungen-und Hautausdünstung, Mund- und Nasenschleim rc.) Er haftet aber auch an Allem, was mit dem kranken Thiere oder dem CaLaver und dessen Abfällen in Berührung kommt oder in dessen Dunstkreis eintritt und in demselben sich befand, so z.B. an denBekieidungsgegenständen der Menschen, an andern Thieren (Rinder, Hunde, Katzen), an den Stallutensilien, an Nauhfutter und dergleichen mehr. Durch diese sogen. Zwischcnttägcr und giftsangenden Sachen läßt sich die Seuche mit verschleppen, ohne daß man eS selbst ahnt oder befürchtet. — Außer der Flüchtigkeit und daher leichten Verschleppung ist ter Ansteckungsstoff vor allen ancern auch noch ausgezeichnet durch die lange Dauer seiner Wirksamkeit. Dieses Alles zusammen macht das Contagium der Rinderpest zu den gefährlichsten und wirksamsten unter allen Contagtonen. . , Die Rinderpest ist zugleich auch die gefährlichste Seuche für unser einheimisches Rind. Man muß in allen Fällen auf einen Verlust von 95 °/o rechnen; und es würde ein sehr günstiger Fall sein, wenn derselbe einige Procente weniger be tragen und bis zu 90 °/o herabsinken sollte. — Für den Menschen und alle andern Thiere ist die Rinderpest und der Ansteckungsstoff ganz ungefährlich. Man kann das Fleisch von kranken Thieren essen, mit kranken Thieren und dem Ca- taver umgehen rc., ohne alle und jede Gefahr. , . „ . Hell- und Vorbauungsmittel gegen die Rinderpest giebt es nicht. Der einzige Schutz besteht: die Emschlkppung des Anstcckungsstofses zu verhüten. Dieses wird erreicht durch Einfuhrverbote von Vieh und sog. giftfangenden Sachen. So lange die Seuche noch in einer gewissen Entfernung von der Landesgrenze ist, genügen diese Verbote und deren Uebe» wachung von Setten ter Regierung. Sobald aber Lie Pest sich im Nachbarland« soweit der eignen Landesgrenze genähert hat, daß sie in das Gebiet des kleinen Grenzverkehrs eingetreten ist, dann gewähren die Negierungsmaßregeln keinen sichern Schutz mehr, eS muß dann zugleich noch ein Selbstschutz cintreten. Dieser Selbstschutz hat darin zu bestehen: taß Jedermann bemüht ist, die Negierung und ihre Organe bet der Durchführung der gebotenen Maßregeln kräftig zu unterstützen und alle Viehbesitzer sich selbst noch angelegen sein lassen, die Einschleppung Les Ansteckungsstoffes in Ihren Viehstamm, durch Beschränkung des Verkehrs mit den Seuchenheerden, möglichst zu verhüten. Bei" einem allseitigen, gemeinschaftlichen Zusammenwirken ist die Rinderpest mit Sicherheit abzuhalten.