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370 liche Hochzeitsgesellschaft hinreichend räumlichen Sa lons des Schiffes einnahm. In Schandau blieben die Neuvermählten zurück, während die Hochzeits gaste Abends nach Dresden retournirten. Dieser Tage ist auf einem zur Stadt Eiben stock gebörigen Jagdrevier ein Damhirsch mit 16 Schaufeln geschossen worden. Da diese Wild gattung im größten Theile von Deutschland nur noch in Lhiergärten existirt, so ist anzunehmen, daß der Hirsch aus einem Wildgarten in Böhmen ausgebrochen war. — D<n neueren Nachrichten aus America zu folge steht es um die Sache der Union in Virginien nicht eben günstig. Der Poto,mac ist jetzt durch die Conföderirtcn gänzlich geschlossen. Dieselben haben an einer Strecke, wo der Fluß nicht über drei englische Meilen, an einigen Stellen nur zwei Meilen breit ist, eine Reihe von Batterien errichtet und ihr Feuer auf die passirenden Schiffe eröffnet. Ein Transportschiff und verschiedene Kriegsschiffe wurden arg zugerichtet. Die Woche vorher waren noch über 60 Schiffe hcraufgekommcn und ebenso viel waren im Begriffe abzusegeln. Sie sind jetzt alle umgekehrt und nach Annapolis gesteuert. Sie ist die Hauptstadt, deren 60.000 Einwohner schon in friedlichen Zeiten die Wasserstraße nicht entbehren können und nun mit einer Armee von eircs 200,000 Mann und 20,000 Pferden in ihrer Communicatiov mit der übrigen Welt lediglich auf einen Schienen strang, ein einfaches Gleis, angewiesen sind. Die wichtige Baltimore- und Ohio-Bahn, welche den Verkehr mit dem Westen vermittelt, befindet sich in der Hand des Feindes, und selbst wenn es ge lingen sollte, ihn zu verdrängen, so müßte dennoch eine gute Zeit vergehen, ehe die Compagnie ihre Fahrten wieder aufnehmen könnte. Es führten nämlich vier massive Brücken über beträchtliche Ströme, welche ebenso wie die minder bedeutenden aber zahlreichen hölzernen Ucberbrückungen, ja selbst Dämme, von den Rebellen zerstört worden sind. Schwellen und Schienen haben sie ausgerissen und mit allen Locomotiven und Wagen fortgcscbafft, um damit eine neue, strategisch für sie wichtige Bahn von Fredericksburg nach Gordonsville anzu legen. Der Zweig der Baltimore- und Ohio-Bahn, welcher wiederum den Zweig von Annapolis auf nehmend nach Washington führt, kann den Unge heuern Andrang von Personen und Gütern nicht entfernt bewältigen. Es wird als ein wahres Wun der bezeichnet, daß bei dem einfachen Gleise noch kein Unglück passirt ist; sollte indessen die Bahn auch nur für kurze Zeit unfahrbar werden, so sind die Folgen davon nicht abzusehen. Uebrigens sind Klagen über schlechte Verpflegung der Unionstruppen, Betrügereien der Lieferanten und mangelhafte Dis- ciplin an der Tagesordnung. So äußert sich u. A. die „New-Pork-Tribüne" folgendermaßen: Verge bens werden Rum und Branntwein im Lager ver boten, die Offiziere ergeben sich ihm in ihren Zelten, wie sollte da der gemeine Mann enthaltsam sein! Hier ein Beispiel aus vielen: Ein Regiment am Potomac hatte vor Kurzem Befehl erhalten, etwa 20 engl. Meilen weit vorzurücken. Am ersten Nach mittage hatte es 3 Meilen zurückgelegt und dann über Nacht Halt gewacht. Am folgenden Morgen fehlten gegen 100 Mann, und nach langem Suchen fand man sie eine Meile weit vom Lager betrunken in einem Wirthshause, in dem sie sich geprügelt und einen Mann im Zanke erschlagen hallen, gar nicht zu reden von andern: Unfug, den sie getrieben. Das Regiment mußte zurückgcschickt und durch ein anderes ersetzt werden. Für den im Wirthshause angerichteten Schaden muß der Staatsschatz mit 1000 Dollars aufkommen. Zur Trunkenheit gesellt sich die Zerstörungs- und Plünderungssucht. Jede Armee läßt auf ihren Marschen traurige Spuren zurück, aber nicht immer aus verbrecherischem Ueber- muth, wie die unsrige thut. Unsre Journale schwei gen darüber, aber die Geschichte ist darum nicht minder wahr. Wo unsere Truppen ihr Nachtquar tier aufschlagen, reißen sie flugs meilenweit die werthvollsten Zaune nieder, um ihre Lagerfeuer an zuzünden, wenn auch sonst Feuerungsmaterial genug bei der Hand ist. Sie reißen Thüren aus den Angeln, schlagen Ställe und Außengebäude in Trümmer, um nur möglichst rasch Brennholz zu bekommen. Wenn gar ein Haus ohne Bewohner angetroffen wird, kennt die Zerstörungslust keine Grenzen. Das Ende ist gewöhnlich, daß sie cs ganz und gar niederbrennen. Freilich wissen unsere Commandanten ven diesen Schandthaten nichts, freilich Hausen die Rebellen noch schlimmer, aber letztere sind auf Raub angewiesen, wahrend unsere Truppen im Allgemeinen gut besoldet und verpro- viantirt sind." — In Washington fehlte es, wegen der Sperrung des Potomac, so sehr an Fut ter, daß die Rationen der Pferde und Maulesel auf die Hälfte herabgesetzt werden mußten. — Die seit Monaten vorbereitete See-Expedition ist von Fort Monroe in See gegangen. Die ganze Flotte besteht aus 68 Schiffen von den größten Scedampfern und Segelschiffen von 3300 Tonnen last bis zu den kleinsten Kanonenbooten herab. Hiervon sind 36 Transportdampfer, an deren Bord sich die aus 15 Regimentern (12- bis 15,000 Mann) und mehreren Batterien bestehende Landungsarmee, befehligt vom General Scherman, befindet. Die Annahme ist, daß, nachdem diese Armee irgendwo an der Küste eine feste Stellung genommen hätte, eine zweite, eben so starke Armee nachgcschickl wer den würde. Da anzunehmen ist, daß die Armee auf eine oder die andere Weise mit Sclaven in Berührung kommen wird, so hat der Kriegsminister dem General Scherman die wichtige Instruction ertheilt, daß Sclavenhaltcr, deren Sclaven auf Grund militärischer Nvthwendigkeiten befreit werden, nicht auf Rückerstattung dieser Sclaven, sondern nur auf eine Entschädigung An spruch haben sollen. Diese Instruction enthält ein Todesurtheil für die Sclaverei innerhalb des Gebiets, das zu erobern die Bundestruppen im Stande sein werden, vorausgesetzt, daß die Sclaven ihre Dienste den Bundesgeneralen anbieten, was noch keineswegs ausgemacht ist. — Neueren Nach-