Volltext Seite (XML)
307 Eigentum keinen Schutz mehr finden, so daß ruhige Leute fich nur ungern auf die Straßen unter die Menge wagen. Jedermann sieht mit Grauen dem Nahenden Winter entgegen, wo die Brodlosigkeit gewöhnlich sehr überhand nimmt. Niemand glaubt an eine Besserung der Zustande, da eine solche bei der fanatischen Aufregung der nieder» Volksklassen nicht zu erwarten ist. Am 16. d. M. wurde vom Pöbel am lichten Tage die Conditorei eines Deutschen demolirt. Auch am andern Tage wurde der ver schiedenste Unfug getrieben, ohne daß das Militär demselben Einhalt thät. Es erschien zwar eine kurze Zeit eine Abtheilung Soldaten auf dem betreffenden Platze, indessen nahm das Volk hiervon nicht nur keine Notiz, sondern prügelte in Gegenwart des Militärs einen Polizeimann dergestalt durch, daß er verblutet und fast leblos weggetragen wurde. Zu derselben Zeit fanden in einem andern Stadt viertel ähnliche große tumultuarische Austritte statt, indem man bei zwei deutschen Bäckermeistern die Fenster einwarf. — Neueren Nachrichten zufolge haben sich die Gewaltthätigkeiten der Polen gegen die Deutschen fortgesetzt. Es wurden wiederum Mehrere Läden demolirt. Die Lage der Deutschen ist gefahrvoll. Die Behörden lassen das Volk ge währen, — Dieser Tage wurde ein Druckcrgehülfe MN Tage auf einer der belebtesten Straßen ouf's furchtbarste mißhandelt, weil er wegen des Druckens der revolutionären Schriften nicht reinen Mund gehalten haben soll. Manner und elegante Damen, Mädchen und Knaben schlugen auf den armen Menschen los und stießen ihn, als er schon aus Vielen Wunden blutete, noch mit Füßen. Der junge 21jäyrige Mann ist an diesen Wunden ge storben. — Zu Lande stehts vorläufig besser um die rebel lischen Südländer in Nordamerika als um die Unionsstaatcn. Der Norden verspricht sich zunächst große Dinge von einer geheimen Schiffs,Expedition. Eine Flotte von 150 kleinen Fahrzeugen, alle schwer mit Steinen rc. befrachtet, ist ausgefallen, um die verwickelten Wasserstraßen zu sperren, welche Nord- Earolina in Verbindung mit dem Meere erhalten. Die Auswege sollen (s la Owborick?) unfahrbar gemacht und die Befestigungen am Ufer zerstört werden. Gelinge das, sagen die Amerikaner, so sei es mehr als drei gewonnene Schlachten wcrth. Die Schiffe sollen auch 4000 Mann Soldaten rc. führen. — Am 23. d. M. stand Oskar Becker, der bekanntlich den Mordversuch auf den König von Preußen unternommen, vor dem Schwurgericht zu Bruchsal? Derselbe nahm sein früheres Zuge- ständniß zurück und behauptete, er habe nur ein Scheinattentat und hierdurch eine moralische Wir kung beabsichtigt; er habe nur aus Versehen ein scharf geladenes Tcrzerol genommen. Sein Vor bild sei Orsini gewesen und habe er Folgen, wie sie dessen Lhat bervorgebracht, von der seinigen erwartet. Der Wahrspruch der Geschwornen hat Becker des vollendeten Mordversuchs auf Sr. Maj. den König von Preußen für schuldig erklärt und die Frage wegen Unzurechnungsfähigkeit verneint. Der Gerichtshof erkannte auf 20jährige Zuchthaus strafe, wovon die ersten 9 Jahre in 6 Jahre Einzel haft zu verwandeln sind, und auf Landesverweisung. Der Angeklagte vernahm lächelnd das Urtheil. — Landwirthschaftliches. Im Jahre 1852 brachten wir in Nr. 37 d. Bl. ein vom landwirthschaftlichen Vereine zu Reichenbach empfohlenes Mittel gegen den Schnecken fraß zur. Kenntniß der Landwirthe. Von einem Gutsbesitzer d« Umgegend, welcher damals das Mittel mit dem besten Erfolge angewendet, ver anlaßt, bringen wir dasselbe nachstehend noch ein mal zum Abdruck, da die Calamität des Schnecken fraßes gegenwärtig wieder in hohem Grade einge treten ist, in der Hoffnung, daß die Herren Land wirthe davon Gebrauch machen werden. Man löse in einer kleinen Dresdner Kanne Branntwein 3 Loth ossa koetilla (Teufelsdreck) auf und gieße so viel Wasser zu, daß circa 2 Scheffel Samen (Roggen oder Weizen) damit angefeuchtet werden. Den auf diese Weise angefeuchteten Samen säe man dann aus. Zum Beweis, daß dieses ein fache Mittel sich bereits bewährt hat, diene folgende Thatfache: Ein Landwirlh, der dieses Mittel im vorigen Herbst angewendet, hat, insoweit er sein Feld mit diesem angefeuchteten Samen besäet, kei nen Schneckenfraß gehabt und in diesem Jahre den schönsten Winterroggen geerntet, dagegen ist die Saat auf der Anwand desselben Feldes', auf welche er gewöhnlichen, nicht auf obige Art angefeuchteten Samen gesaet hatte, gleich dem vom Nachbarfelde, wo dieses Mittel gleichfalls nicht angewendet wor den war, von den Schnecken im vorigen Herbste gänzlich zerstört worden. Vermischtes. In Ler Friedrichsstadt in Magdeburg waren am 18. Scptbr. auf dem Durchmarsch befindliche Reservisten des schlesischen Füsilir-Regimentes Nr. 38 einguarttrt, von denen zwei Offiziere nach Mitternacht aus der Stadt znrückkehrten und im „Regenbogen" Einlaß begehrten, wo Ler Premierlieutenant v. Sobbe Ouarticr hatte. Der im ersten Schlafe liegende Haus knecht erwachte erst nach wiederholtem Klopfen und soll anfangs nicht wissend, wer vor der Thür stehe, in der Meinung den Einlaß verweigert haben, daß ein angetrunkener Fremder cinkchrcn wolle. Als er die Thür öffnete, wurde er von dem Lieutenant von Sobbe mit dem Degen auf der linken Brustseite durchbohrt, so daß die Degenspitze auf der Rückcn- seite wieder hinrnsdrang. Wie erzählt wird, wollten die Offiziere sich nach dieser That entfernen, in der von dem einen ausgesprochenen Meinung, daß sie keine Zeugen hätten. Ein solcher war aber mittler weile in einem auf dem Hofe desselben Gasthofs 39*