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330 zu erzeugen; lüste Halsbinden, Gürtel, Mieder und alle fest anliegende Kleidungsstücke, bringe den Körper, wo möglich, in eine fitzende Stellung mit herabhängenden Beinen, spritze kaltes Wasser auf Gesicht und Brust, bürste oder reibe Füße und Hände und rufe schleunigst einen Arzt herbei. Bl» Um schau. * Wilsdruff, am lö. October. Unsere Stadt hatte sich in jüngster Vergangenheit des Besuches eines Mannes zu erfreuen, den es mit gerechtem Stolze zu den Seinigen zählen kann, des dermalen zu Arnheim in Holland lebenden Pianisten Herrn E. Kretzschmar von hier, und danken wir dem hiesigen Gesangvereine „Lieder tafel" die Gelegenheit, in dem von ihm in Ver bindung mit dem hiesigen Stadtmusikchor am II. dieses Monats im Gasthof zum goldnen Löwen veranstalteten Concerte, die außerordentlichen Äunst- leistungen Hrn. Kretzschmars bewundern zu können. In seinem Pianoforte-Spicle vereinigt sich die vollendetste Technik mit wohlthuendem'Ausdrucke der zartesten Empfindung; die Töne, welche seine Hand dem Instrumente entlockt, scheinen edlerer Gattung zu sein, nicht irdischem Stoffe, sondern derSphärcn- harmonie unmittelbar zu entstammen. Unter dem Vorgerragenen sprachen am meisten Hochzeitsmarsch und Elfenrcigen aus dem Som mernachtstraum von Mendelssohn, fürs Pianoforte glanzend bearbeitet von Liszt, das Glockenspiel (carillvo) und der fantastische Galopp von Jaell an. Der Mangel jeglicher Affectation im Vortrage und eine seltene Natürlichkeit der Körperhaltung trotz der Schwierigkeit der gewählten Musikstücke erhöhten die Erfolge des Kretzschmarschen Spiels nicht un wesentlich. Durch die trefflich gespielte Ouvertüre zur Oper: „Rosamunde" erhielt das Concert eine würdige Einleitung. Wenn auch bisweilen ein „vom Stängel gefal lenes" Horn unserm wackern Mufikdirector Schmer zen bereitet (— die am Freitag den Saal erfül lende Wärme mußte übrigens auf jede Production ungünstig einwirkcn—), Wilsdruff schätzt sich glück lich, nach wie vor die Früchte seines Strebens ge nießen zu können. Die Gesangs - Produktionen der „Liedertafel" waren zwar nicht von gleichmäßig günstigem Erfolge begleitet, jedenfalls gebührt ihr aber in vollem Maße die Anerkennung des Strebens, die vorhandenen Kräfte, die sich einmal nicht beliebig steigern lassen, möglichst zu entwickeln und für den löblichen Zweck des Vereins zu verwerthen. dem fröhliches Fortge deihen zu wünschen ist, damit Wilsdruff die Statte erhalten bleibe, wo „beim Klange froher Lieder Strömt durch die erbob'ne Brust Neues Leben, neue Lust." Gewiß allgemein hat das Lied von Marschall, gedichtet von Tläger, und „die drei Zigeuner" von Zedtlcr gefallen. Letztere Eomposilion, fein nüancirt und doch ohne Künstelei, reich an neuen, durch die wohlver standene originelle Dichtung bedingten Gedanken, dieser ankommt, trinke der Erkrankte etwas starken schwarzen Kaffee; dem Ohnmächtigen oder Scheintodten lasse man den Dunst oder Brodem von heißem starken Kaffeeaufguß einathmen. an tiefer Empfindung und kraftvollem Ausdrucke, bekundeten von Neuem die herrliche Begabung un- sers Zedtler. Das den Schluß der Gesänge bildende Deutsche Lied von Kretzschmar eignet sich, wenn es wirken soll, nur für Chöre, in denen eine Stimme so stark besetzt ist, als der gejammte Liedertafel-Chor; und auch dann werden Text und Composition selbst ge wandten Sängern manche Schwierigkeit bieten. — Die aus dem Cantonnement zurückgekehrlen Soldaten können die Herzlichkeit und Freundlichkeit nicht genug rühmen, mit der sie in ihren Quar tieren in der Oberlausitz ausgenommen worden sind. Fast durchweg hört man, daß ibncn noch keine Cantonnirung so gefallen hat, als die letzte. Ein Theil der Brigade Prinz Georg kam gerade zum Kirmessonntage in das Dorf Eibau, und alle Ein- rvohner empfingen die Soldaten wie längst erwartete Kirmesgäste. Zwei Tage blieben sie da, und'diese vergingen in Lust und Freude, Essen und Trinken wechselte mit Spiel und Tanz, und vorzüglich die Mädchen, die in dem großen Weberdorfe gerade recht zahlreich sind, waren eS, welche die Soldaten am liebsten sahen und sich fast ausschließlich mit ihnen beschäftigten. Am dritten Tage, als das Signal zum Abmarsch ertönte, sah manche der Schönen mit feuchten Augen den Scheidenden nach. Doch „Soliaientreu ist immer neu" und so war bald wieder alles im atten Gleise, jedoch das An denken an ihre freundlichen Quartierwirthc wird noch lange unter ihnen bleiben. Dergleichen Er lebnisse sind Sonnenblicke unter den Strapazen der Manöver. — Am 10. October Nachmittags brach in einer Kammer des Gärtners S. zu Herzogswalde Feuer aus, in dessen Folge die Gebäude des S. und diejenigen der angrenzenden 2 Wirlhschaften (Gartennahrungen) ein Raub der Flammen wurden. In demjenigen Local, in welchem das Feuer aus- gebrochen, hat sich ein 4 Jahre altes Kind befun den, welches dabei mit verbrannt ist. Der Besitzer und seine Wirthschaflcrin (Letzterer gehörte das Kind) waren auf dem Felde mit Kartoffelausmachen be schäftigt. — Das Eisenbahnwesen in Großenhain ist fortgeschritten und es werden in der nächsten Zeit die Aufrufe zur Actienzeichnung für eine Pristewitz- Großenhainer Pferdebahn in den Zeitungen erschei nen, da der Bau einer Locomotivbahn nicht mehr rentabel erschien. Die Gemeindevertretung hat ihre moralische Beihilfe zugcsagt, von Geldunterstützun gen aus städtischen Mitteln dagegen absehen zu müssen geglaubt. Was die Capitalisten von dem Unternehmen denken, wird sich nun in nächster Zeit zeigen. — Die „L. Nachr." berichten aus Leipzig vom 14, Oclober Nachstehendes über einen großartig