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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Verichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Einundzwanzigster Jahrgang. -freitag, den L. Zlovemker l86l. 44. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: Albert Reinhold. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den VIertekiabrgang beträgt t« Ngr. Sämmtliche Königl. Postämter nebmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl in der Redaktion, als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittag, in Tharaud und NoffkU aber bts längstens Mittwoch Nachmittag erbeten. — Etwaig« Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. Dir Redaktion. Umschau. Die in der letzten Zeit oft angeregte und viel seitig erörterte Frage: Ob Zunftwesen mit zeitgemäßen Reformen oder Gewerbe- freihcit? hat nun auch in Sachsen ihre Be antwortung gefunden. Die Würfel sind gefallen und zwar zu Gunsten der Gewcrbefrciheit. Das seit Jahrhunderten bestandene Jnnungswesen hört mit Ablauf dieses Jahres auf und mit dem 1. Ja nuar 1862 tritt das neue Gewerbegesetz ins Leben. Verschieden sind die Ansichten, welche sich aus den Gcwerbtreibendcn vernehmen lassen. Ein Theil der unter den jetzigen, Jnnungsverhältnissen herange reiften Gewerbsgenössen blickt nicht ohne Bangigkeit in die Zukunft, weil er in ihr eine, seine Existenz bedrohende Concurrenz von anderen Seiten als den Mherigen Jnnungsgenossen wahrnimmt, gegen welche ihn jetzt noch die Verbietungsrechte seiner Innung, wenigstens in der Hauptsache, schützen. Ein anderer Theil, der trotz aller Bestimmungen in den General- und Special-Jnnungsartikeln fast ganz verkümmert ist, blickt mit neuem Mutke in die Zukunft und erwartet mit Sehnsucht den Tag, an welchem die jetzt noch gezogenen Schranken der Innungen fallen und die Pforten der erweiterten Gebiete sich öffnen. Wir wollen hier nicht weiter erörtern, welche Urtheile über die nahe bevorstehen den Aenderungen, welche durch den Eintritt des neuen Gewerbegesctzcs eintreten, richtig oder falsch sind; wir wollen jetzt nicht untersuchen, in wie weit die Befürchtungen des einen oder die Hoffnungen des andern Theils gegründet sind oder auf falschen Boraussetzungen beruhen, sondern nur kürzlich die Frage beantworten: Was muß für die jüngeren Gewerbsgenossen, die Lehrlinge und vielleicht auch die Gesellen, geschehen, wenn sie sich bei der, na mentlich nach dem Eintritt der Gewerbefreiheit, auf allen Gewerbsgebielen eintretcndcn Concurrenz künftig aufrecht erhalten und derselben widerstehen wollen? Freiheit der Arbeit! ist gegenwärtig die Parole, diese Freiheit ist die Basis, auf welcher das neue Gewerbegesetz ruht und nach welchem Jeder das treiben kann und soll, wozu er von der Natur die geeignetsten Anlagen und Fähigkeiten erhallen Hal, wozu er die meiste Neigung besitzt, auf welchem Gebiete er am erfolgreichsten zu wir ken, zu schaffen, zu verbessern, zu eisinden und das Meiste zu verdienen glaubt. Es soll Niemand mehr verurthcilt sein, sein ganzes Leben hindurch einen Beruf zu treiben, wozu ihm jede Neigung abgeht ober der nicht mehr lohnend ist. Wer mag in Abrede stellen, daß auf allen gewerblichen Ge bieten eine nicht unbedeutende Concurrenz eintritt, daß es auf denselben an Fortschritten nicht fehlen wird, wenn Jeder sich in seinem Fahrwasser besinoet und auf dem Gebiete bewegt, wozu ihm persönliche Anlage und angeborne Neigung Hinweisen! Mit dem, in den letzten Jahrzehnten unter und durch den Einfluß der Wissenschaften, wie der Anwendung und Mitwirkung der Maschinen, stalt- gefundenen Aufschwünge der Gewerbe haben sich auch die Anforderungen und Ansprüche an die Ge- werbtreibenden gesteigert und durch den Eintritt der Gewerbesieiheit, durch die Befreiung der Arbeit von allen Beschränkungen müssen sich dieselben noch mehr steigern. Wie und wodurch wird nun der