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^39 Sein Hauch belebt den Strom und, Schiff und Barke, Von ihm getrieben, seine Fluch durchstreicht — Und vor uns sehn wir heut' im schmucken Kleid Ein neues Schiff zu unserm Dienst bereit. So möge denn das Banner sich entfalten, Um das sich unsre Burger einst geeint, Doch nicht zum Kampfe gegen die Gewalten, Mit denen uns bedroht des Landes Feind, Nur treue Wacht mag's ob dem Schlffe halten, Das Pirna's Namen trägt. Auf, ruft vereint, Das neue Boot des Stromes hier, soll leben, Sam.nt denen, die den Name» ihm gegeben! — und brachte ein Hoch auf die Direktion der Dampf schifffahrts-Gesellschaft Und das Dampfboot Pirna, wobei die von der Stadt gewidmete Flagge am Schiffsmaste aufgezogen wurde und, durch den Ost wind entrollt, in den Stadtfarben prangte. Nach diesem Weiheakte betraten die aus der Stadt ge ladenen Gaste das Schiff. Nach gegenseitiger Be grüßung ergriff noch der Herr Amtsbauptmann von Holtzendorf das Wort, den Wunsch und die Hoffnung aussprcchend, daß das Schiff nur loyalen Zwecken dienen möchte, und schloß mit einem Hoch auf Se. Maj. den König. Hierauf wurde die Probe fahrt angetreten, welche wohl sammtlichen Theil nehmern, sicher aber den geladenen Gasten gewiß unvergeßlich bleiben wird. — Bilder für den Nationalsiolz. Wir lagen, so erzählte uns ein schleswig-hol- steinscher Offizier, vor einem Walde an der Küste in Biwacht. Plötzlich kam von den Vorposten die Meldung, ein Schiff sei in der nahen Bucht ein gelaufen, ob Freund, ob Feind sei in der Dunkel heit nicht zu erkennen, die Mannschaft habe sich in einem Häuschen am Strand cinquartirt. Ich erhielt den Befehl, auszukundschaften und ging mit meiner Mannschaft vor. Plötzlich riefs: Wer da? — Die Unbekannten waren Freunde, Schleswig-Hol steiner, deren Kanonenboot in der Bucht und deren Mannschaft im Häuschen lag. Ich trat in die tiefe Stube des Häuschens, auf dem Boden lagen an vierzig Matrosen und Seesoldaten und'schliefen den Schlaf des Gerechten. In der Ecke saß ein sam an einem Tischchen der Capitän., Wir saßen bald einander gegenüber und zwischen uns stand der Punschnapf, Ich lernte einen Mann kennen, so ernst, so fest, wie sie selten sind; die geheimsten Gedanken, die kühnsten Hoffnungen, die bangsten Befürchtungen tauschten wir aus. Er erzählte mir zum Abschied aus seinem Leben und ich wills wieder erzählen. Aus Braunschweig gebürtig, war er mit seinen Eltern jung nach Rostock übergesiedelt und See mann geworden. Jahrelang diente er auf Kauffar- teischiffen, trat dann in die englische Marine, um auch den Kriegsdienst zu lernen, und brachte es — eine Seltenheit bei Ausländern — zum Offizier. Eine Wunde zwang ihn zu quittiren. Wiederum Capitän auf einem Kauffahrcr geworden, führte ihn seine Fahrt nach Buenos-Ayres. Kaum im Hafen eingefakren, dictirte ikm der dortige Diktator eine Strafe von meinen hundert Gulden wegen Uebertretung eines Hafengesctzes. Ich weigerte mich zu zahlen, erzählte der alle Seemann; denn es gab kein Gesetz, das ich übertreten hätte und ich sollte nur geprellt werden. Ich benachrichtigte mei nen, den Mecklenburg'schen Consul, und war selber auf dem Wege zu ihm, als auch schon der Hafen kapitän auf mein Mecklenburgisches Schiff Beschlag legte und mich gefangen abführen ließ. Endlich kam der Consul, aber kein Trost. Ich müsse nach geben, mich ins Unvermeidliche schicken, sagte er, und die unterdeß verdreifachte Strafe zahlen; denn Gewalt gehe vor Recht, er, der Consul habe trotz allen Laufens und Bittens nicht einmal die Stun dung der Summe erlangt. Trotze ich langer, so gehe am Ende das ganze Schiff verloren. Daheim in Deutschland kümmere sich keine Katze um mich und mein Schiff. Unentschlossen, die Ohnmacht meines deutschen Vaterlandes und seiner Vertreter verwünschend, saß ich noch drei Tage in Haft, — da schoß mir ein Gedanke durch den Kopf; mir fiel mein Pa tent als königl. großbrittanischer See offizier ein. Sofort schickte ich es mit der An zeige der mir widerfahrenen Gewalt an den engli schen Gesandten. Zwei Stundcy spater war ich ein freier Mann, noch eine Stunde später — und die Beschlagnahme meines Schiffes war aufgehoben, mir war Abbitte geleistet und eine klingende Ent schädigung für Verzögerung meiner Handelsgeschäfte ausgezablt. Wie ging das zu? — Der Ge sandte Englands war sofort zu dem Diktator geeilt, hatte Frkigebüng und Genugtbuung für den Capitän verlangt als einen Offizier in englischen Diensten. Als der Diktator schwieg, schlug der Engländer mit der Faust auf den Lisch und drohte mit blauen Bohnen. Da eilte der Diktator nachzugeben. Dank- und schamerfüllt nahm ich Abschied. Die Seefahrt mit deutschen Schiffen war mir verleidet, ich setzte mich zur Rukc, der schleswig holsteinische Krieg erst machte mich wieder mobil, ich übernahm das Com- mando des Kanonenboots da draußen. So weit der Alte, er batte andern Tags ein keckes Seemannsstückchen, einen Angriff auf ein dänisches Schiff vor. Ich batte ihn zum ersten- und letztenmal gesehen. Andern Morgens lobte ein heftiger Sturm. Auf der hohen See überfielen die Wogen das nicht gedeckte unpraktische Fahrzeug, vor den Augen der Strandbewohner versank nach mutkigem Kampf das kleine Kriegsschiff ,,Meer- jungfcr." Die tobende See warf mehre Leichen an den Strand, Schiff und Capitän sah Niemand wieder. L3*