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178 (Einheimischer Kaffee). Das;„L. T." berichtet unterm 29. Mai aus Leipzig: In voriger Woche' wurde in unsrer Stadt eine Kaffeegesellschaft auö über 20 Personen in seltenster Weise bewirthet: nämlich durch einen auS in Leipzig gewachsenen Kaffeebohnen bereiteten Trank. Eine junge Dame pflegt seit meh- rerern Jahren in Blumentöpfen einige große Kaffee bäume, welche von ihr aus Bohnen gezogen wurden, im Zimmer vortrefflich gedeihen und jährlich Blülhen tragen und Früchte zeitigen. Die Ernte der letzten Jahre war gesammelt worden und man prüfte sie auf ihre Güte durch den Geschmack. Vor aller Augen wurden die Bohnen in einer Trommel über SpirituS geröstet, dann sofort gemahlen und Ler Aufguß be reitet. Die ,,Kaffceforschende Gesellschaft" sprach sich nach sorgfältiger Prüfung einstimmig mit großem Lobe über die Trefflichkeit des Getränkes aus. Gegen über echtem „Mokka" war das Aroma der hier ge zogenen Bohnen nicht so stark; der Geschmack aber war ausgezeichnet, und das Getränk würde sowohl in gewöhnlicher Weise getrunken, als (zur schärfern Untersuchung des Geschmakcs) mittelst Strohhalmes gesogen, auch ohne Kenntniß des Ursprunges als ein sehr guter Kaffee gegolten haben. Dem „Domingo" schmeckte er am ähnlichsten. So weit man nach Zunge und Wirkung urtheilen kann, enthielten die Bohnen reichlich Lokkein. — Der liebenswürdigen Gärtnerin wurde für diese interessante Kaffecprobe warmer Dank gezollt. — Die freiwilligen Beiträge m den nörd lichen Staaten von Nordamerika, behufs der Führung des Krieges, belaufen sich bis jetzt aus 27 Mill. Dollars. Der „Chicago Daily Demo- crat" schreibt: „In den Grenzstaaten und selbst in Texas und den äußersten südlichen Staaten sind die deutschen Bürger alle loyal gesinnt und der Regierung treu. In Baltimore sind die Deutschen, wie ein Mann, für die Union. Cs waren Deutsche, welche in dieser Stadt die Secessionsflagge nieder- rissen, und in dem von ihnen hauptsächlich bewohn ten Stadttheile sieht man die meisten Unionsfahnen. In St. Louis halt das deutsche Element die Scces- sionisten vollständig im Schach. Sie haben sich bis zur Anzahl von Dreitausend unter dem Ster nenbanner cinreihen lassen, und ihnen wurden mit vollstem Vertrauen die Waffen aus dem Vereinigten- Staaten-Zeughause in die Hände gegeben. Wenn die Deutschen im Staate Missouri nicht waren, so würde dieser Staat schon längst seine Secession proclamirt haben." Unter den Freiwilligen in Chicago ist eine vcrhältnißmaßig große Anzahl Deutscher. Es ist eine Anzahl vollständig deutscher Compag- nieen da, und diese standen zuerst schlagfertig da. Die andern Compagnieen enthalten vcrhältnißmaßig viele Deutsche. Der Deutsche haßt die Rebcllen- fahne mit einem Hasse, dessen Liefe kaum begriffen wird, er will nirgends unter derselben fechten, viel mehr die Waffen dagegen ergreifen, selbst dort, wo eine noch große Ueberzahl ihm gegenübersteht. Der Haß der deutschen Race gegen alles, was nach Sclaverei schmeckt, ist ein tödtlicher. Und dieser Haß Hal ohne Zweifel seinen Grund darin, daß die Deutschen selbst ein Arbeitsvolk sind, sehr prak tisch in allem, was sie unternehmen und was sich auf das irdische Treiben bezieht, wobei sie ein un verwüstliches Vertrauen darauf haben, daß die Menschheit am Ende doch noch von allem Despo tismus, mag derselbe die bürgerliche oder religiöse Freiheit unterdrücken, befreit werden wird. Das Reuter'sche Bureau bringt Nachrichten aus New-Bork vom 18. v. M. Die Legislatur von Massachusetts hatte 3 Mill. Dollars zur Be streitung der Kricgskosten volirt und den Gouver neur des Staates zum Abschlusse einer Anleihe von 7 Mill. Dollars ermächtigt. Die Banken von Boston halten sich zur Uebernahme von 5 Mill. Dollars der Bundesanleihe erboten. — Der Gou verneur von Maryland hatte Truppen zur Unter stützung der Bundesregierung begehrt. — Die Son derbündler hatten Fort Mvnroe (bei Norfolk in Virginien- bedroht, waren jedoch zurückgeworfen worden. Man sah einem Angriffe in großartigem Maßstabe entgegen und glaubte, daß Präsident Davis selbst die Truppen befehligen werde.— Der Convent von Kentucky hatte sich für Aufrecht erhaltung der Neutralität, ausgesprochen. Der Süden der amerikanischen Union — heißt es in einem von der Weser-Zeitung mit- gethtilten Privatschreiben aus New-Orleans — bleibt hinter dem Kriegseifer des Nordens nicht im mindesten zurück. Bei uns sieht und hört man fast nichts als Soldaten. Täglich bilden sich neue Compagnien Freiwilliger von jungen Leuten aus den besten Familien und Comploiristcn. Alle Han delshäuser geben ihren Commis Freiheit, zu gehen, mit der Zusicherung, daß sie bei der Heimkehr ihre Platze offen finden und daß ihr Gehalt fortbauern werde. Für die Uniformirung armer Rekruten wird durch reichliche freiwillige Beiträge gesorgt. Gegen 2000 junge Leute sind bereits nach Pensacola ab gegangen und 1000 sind auf dem Wege nach Rich mond, um „bei der Einnahme von Washington" zu helfen. Ein großer Angriff der südlichen Staa ten wird erwartet, Präsident Icffersohn Davis führt selbst das Commando. Die Kölnische Zeitung schreibt: „Es hat sich eine ziemliche Anzahl von Offiz ieren der preu - ßischen Armee, darunter auch inactive, mit dem Gesuch an den König gewendet, ihnen die Theil- nahme an dem bevorstehenden Kriege in Amerika zu gestatten, zumal die politischen Verhältnisse in Europa sich friedlicher gestaltet hätten und es ihnen darum zu thun sei, eine praktische Ausbildung für den Krieg zu erwerben. In Berlin glaubt man, daß den Bittstellern, deren Zahl schon 80 betragen soll, gewillfahrter werden wird." — Aus Turin wird Folgendes gemeldet: Von der Ueberzeugung ausgehend, daß der europä ische Frieden, wenigstens für dieses Jahr, nicht gestört werden wird, ist das italienische Heer zufolge der Entschließung der Regierung all- sogleich auf den Friedensfuß zu setzen. Auch der Tagesbefehl deS Königs bei Vertheilung der Fahnen spricht sich in diesem Sinne aus, —