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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Einundzwanzigster Jahrgang. Donnerstag, dm l3. Juni l86l. 24. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: Albert Reinhold. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljahrgang beträgt Ngr. Sämmlliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzekgen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl in der Redaction, al« auch in der Druckered d. Bl. in Meißen bis längsten« Donnerstag Vormittag, in Tharaud und Nosscu aber bis längstens Mittwoch Nachmittag erbeten — Erwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, solle« stets mit großem Danke angenommen werden. Dit Redaktion. Aus Nordamerika. Die Leser werden es uns Dank wissen, wenn wir ihnen einen Brief aus Nordamerika mil- tbeilen, der, aus der Feder eines wissenschaftlich und sittlich hoch stehenden, seit mehr als 40 Jahren dort eingebürgerten Deutschen, den gegenwärtigen Kampf zwischen dem Norden und Süden nicht blos von dem materiellen, sondern auch moralischen «Stand punkte betrachtet. Er lautet mit Weglassung alles Persönlichen so. „Cambridge (bei Boston) den 3. Mai 1861. — Die Entwickelung der Bereinigten Staaten ist in ein neues Stadium getreten, mit der besten Aussicht einer glücklichen Lösung des großen Problems. Der politische Kampf seit fünf zig Jahren dreht sich um einen einzigen Punkt, nämlich ob das «Sklaveninteresse das Land und seine Politik beherrschen soll, oder nicht. Die Skla venstaaten führten den Kampf mit manchen Bor theilen. Sie waren durch ein großes Interesse ver einigt, das alle anderen «Streitfragen auf die Seite schob, und die südlichen Staaten in einer beinahe unangreifbaren Stellung den nördlichen Staaten, die durch vielerlei Interessen getheilt waren, ent- gcgenstellte. Außerdem hatten sie die besseren und geschickteren Politiker. Aber nach und nach durch drang die Ueberzcugung, daß die Sklaverei unsitt lich und politisch und materiell schädlich sei, alle Schichten des nördlichen Bölkes, und die Ungleich heit der Bevölkerung und des Wohlstandes der beiden Theile wurden mit jedem Jahr größer und einleuchtender. Die Führer des Südens sahen ein, daß sie den ungleichen Kampf nicht länger sortsetzen konnten, und sahen kein anderes Mittel, als Tren nung. Süd-Carolina gab das Beispiel, und bald folgten fünf andere Staaten. Sie nahmen Vie Festungen, Arsenale und anderes Eigenthum der B. St. in Besitz und machten Anstalt, die wenigen Festungen, die übrig blieben, mit Gewalt zu nehmen. Die allgemeine Regierung verfuhr mit der größten Nachsicht, und erst als der Krieg wirklich ange fangen war durch die Beschießung und Einnahme des Fort Sumter in Süd-Carolina, rief die Re gierung ein Aufgebot von 75,000 Mann zu den Waffen. Die «Südländer hatten gehofft, daß die Parteiungen im Norden die energischen Maßregeln der Regierung vereiteln würden; allein in dieser Hinsicht haben sie sich vollkommen getäuscht. Der ganze Norden ist als ein Mann; alle Partheithei- lungen sind verschwunden; z. B. in diesem Staate (Massachusels) ist der letzte Candidat der südlichen Partei (als Gouverneur des Staates) zum General der Massachusetstruppen gemacht worden. Um ein Beispiel des Eifers des Volkes zu geben: am Mon tag, den 15. April, kam vie Proklamation des Präsidenten in Boston an, und vier Tage später traf schon das erste Massachusets - Regiment in Washington (ungefähr 500 engl. Meilen von hier) ein. Im Laufe einer Woche waren 15,000 Trup pen in Washington, und somit die Hauptstadt ge sichert. Die Gefahr einer Ueberrumpelung war die größte. Da die nun vorüber, so ist die Entschei dung des Kampfes nur eine Frage der Zeit. Die südlichen Staaten haben eine weiße Bevölkerung von 7 Millionen, die nördlichen 19 Millionen. Der Unterschied in allen anderen Hülfsmitteln ist noch größer. Dazu kommt, daß die füdlichen Staaten die Hälfte ihrer Streitkräfte auf die Bewachung