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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Verichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Einundzwanzigster Jahrgang. Freitag, den 8. Februar l86l. 6. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: Albert Reinhold. Bon dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljabrgang beträgt 'S Ngr. Sämmtlichc Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl in der Redaction, als auch in der Druckerei d. Bl. in Müßt» bi» längsten« Donnerstag Vormittag, in Tharaud und Rosst» aber bis längsten« Mittwoch Nachmittag erbeten. —^Etwaige Beiträge, welche Ler Tendenz des Blatte« entsprechen, sollen stets mit großem Dank« angenommen werden. Die Redaction. U M s ch a U. Wilsdruff, am 6. Februar. Am 7. Januar d. I. — bekanntlich einem der kältesten Tage dieses Winters — ging in der sechs ten Stunde des Morgens der in den fünfziger Jahren stehende Tagelöhner Wittig von Lampersdorf nach Lotzen, wo er die Herberge hat. Beide Dorf schaften liegen kaum eine Viertelstunde auseinander. Unterwegs hat Wittig das Unglück, zu fallen, und da seine Beine contract sind, mag ihm das Auf stehen schwer geworden sein und einige Zeit in An spruch genommen haben. In seiner Behausung angekommen, ergicbt sich, daß die durch das Her umtappen im Schnee bei den Versuchen sich in die Höhe zu heben naß gewordenen Finger — er hatte keine Handschuhe — so total erfroren waren, daß beim Zusammenschlagen derselben ein Ton ent stand, als wenn wälsche Nußschalen aufeinander klappten. Die Bemühungen eines herbeigerufenen hiesigen Arztes mußten bei der Beschaffenheit des Falles natürlich nutzlos bleiben, denn es war alles Leben in den zwei ersten Gliedern der Finger an beiden Händen verschwunden. Die betreffenden Glieder wurden ganz schwarz und ein unerträglicher Geruch entströmte ihnen. Die Gefahr, daß der Brand hinzutreten werde, war ganz nahe und die Amputation der sämmtlichen Finger, mit Ausschluß der beiden Daunzen, stellte sich als unvermeidlich heraus. Da* die Gemeinde mittellos ist und die Pflege des Mannes eine nur unvollständige hätte sein können , wurde derselbe am 1. d. M. in die äußere Klinik nach Dresden gebracht, wo sofort zur Amputation verschritten wurde, die sich, wegen der Schwäche des Kranken, zunächst nur auf zwei Finger erstrecken konnte. Sechs Finger müssen noch abgenommen werden, wenn der Aermste am Leben bleiben soll. Wir werden nicht unterlassen, über den ferneren Verlauf der Operation, wenn sie über haupt noch zum Vollzug kommen kann, in der nächsten Nummer d. Bl. Bericht abzustatten. — Am vergangener Mittwoch wurde von der hier weilenden Schauspieler-Gesellschaft zum Besten des Herrn Bühring „Die Hochzeitsreise" von Benedix zur Darstellung gebracht. Das Stück wurde sehr gut gegeben und, was bei derartigen Vorstellungen die Hauptsache ist, rasch abgespielt. Herr Bühring gab den „Professor" ganz vorzüg lich, nur paßt die äußere Erscheinung desselben nicht zum trockenen Stubengelehrten. Er wurde von Frl. Feist wacker unterstützt. Auch der „Famulus" des Ftl. Werner war ganz nett. Dasselbe gilt vom „Hahnensporn" des Hrn. A. Feist. Höchst ergötzlich wirkte das Spiel der Fr. Fe ist als„Guste." Der zweite Akt sprach weniger an, weil Manches einem großen Theile des Publicums unverständlich blieb. Die Rollen der „Adolphine" des Frl. Feist und des „Palm" des Hrn. Bühring in dem darauf folgenden einaktigen Lustspiele „Ein Fuchs oder so fängt man Raben" wurden mit großer Gewandtheit zur Darstellung gebracht. Herr A. Feist als „Ruhleben" war wohl nicht ganz an seinem Platze. Am Freitag kam ein Melodrama von Ca stelli: „Das Verbrechen im Walde bei Briär", zur Darstellung. Das Stück leidet an vielen Schwächen. Ein Mörder, der sich gleich in